Liturgie

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Die Liturgie (von griechisch λειτουργία leiturgía ‚öffentlicher Dienst‘,<ref>Das aus dem Griechischen stammende Wort »Liturgie« wird in der vorchristlichen griechischen Übersetzung des Alten Testaments (Septuaginta) und im Neuen Testament regelmäßig im Sinn von »Dienst (vor Gott)« gebraucht. Die ursprüngliche Wortbedeutung im alten Griechenland »Dienstleistung für das Volk« liegt hier nicht mehr zugrunde. Noch weniger zutreffend ist die Deutung »Dienst des Volkes«. in: Klaus Gamber: Probleme der Liturgiereform: in: Hans Pfeil (Hrsg.): Unwandelbares im Wandel der Zeit, 19 Abhandlungen gegen die Verunsicherung im Glauben Paul Pattloch Verlag Aschaffenburg , Band I: 1976, S. 293 (440 Seiten; ISBN 3-557-91109-8).</ref> ist der öffentliche Gottesdienst der Kirche. Sie umfasst insbesondere die Feier der Sakramente, vor allem der Eucharistie, und das Stundengebet. Liturgie ist der gemeinschaftliche, amtliche Gottesdienst im Unterschied zur privaten Frömmigkeit. Die Regelung der Liturgie hängt einzig von der Autorität der Kirche ab; und zwar liegt diese beim Apostolischen Stuhl und beim Bischof.<ref>Redemptionis sacramentum 14, 16; II. Vat. Ökum. Konzil, Konst. über die hl. Liturgie Sacrosanctum concilium, Nr. 22 § 1; vgl. Codex Iuris Canonici, can. 838 § 1.</ref> Die irdische Liturgie soll an die himmlische Liturgie anknüpfen.<ref>SC, Nr. 8; Johannes Paul II. Ansprache Den Sinn für das Sakrale bewahren vom 27. Oktober 1984</ref>

Wesen der Liturgie

Jede liturgische Feier ist das Werk Christi, des Priesters, und seines Leibes, der die Kirche ist, in vorzüglichem Sinn heilige Handlung, deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht (SC 7). Die Liturgie ist der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt. Die apostolische Arbeit ist darauf hingeordnet, dass alle, durch Glauben und Taufe Kinder Gottes geworden, sich versammeln, inmitten der Kirche Gott loben, am Opfer teilnehmen und das Herrenmahl genießen. Aus der Liturgie, besonders aus der Eucharistie, fließt uns wie aus einer Quelle die Gnade zu; in höchstem Maß werden in Christus die Heiligung der Menschen und die Verherrlichung Gottes verwirklicht, auf die alles Tun der Kirche als auf sein Ziel hinstrebt (SC 10).

Dem anbetenden und Dank sagenden Gebet des Menschen als zu Gott aufsteigender Bewegung (anabatisch-kultisch) entspricht die Gabe Gottes an den Menschen im Wort und im Sakrament (katabatisch-heilshaft).<ref>Aimé-Georges Martimort (Hrsg.): Handbuch der Liturgiewissenschaft. Bd. I, Herder Verlag, Freiburg/Basel/Wien 1963, S. 201f.208-211; vgl. Sacrosanctum concilium Nr. 10.</ref> Somit ist die Liturgie "zugleich göttlich und menschlich, sichtbar und mit unsichtbaren Gütern ausgestattet, in der Welt zugegen und doch unterwegs, und zwar so, dass dabei das Menschliche auf das Göttliche hingeordnet und ihm untergeordnet ist, das Sichtbare auf das Unsichtbare, die Tätigkeit auf die Beschauung, das Gegenwärtige auf die künftige Stadt, die wir suchen Hebr 13, 14". (Sacrosanctum concilium Nr. 2).

Voraussetzung für die Liturgie ist die Offenbarung und Selbstüberlieferung Gottes in die Geschichte. "Gott hat sein erlösendes Handeln an der Menschheit [...] vollzogen in der Geschichte des ersterwählten Volkes Israel, die in der Auferweckung und Erhöhung des am Kreuz 'für die Menschheit' gestorbenen Jesus Christus [...] zu ihrer Vollendung gelangt ist. Dieses partikulär-geschichtliche Handeln Gottes ist in Christus ein für allemal vollendet."<ref>Reinard Meßner: Einführung in die Litiurgiewissenschaft, Paderborn 2001, S. 27.</ref> Liturgie hat Antwortcharakter: Gott handelt, und das Volk Gottes antwortet in der Tat. Liturgie ist dabei mehr als der Austausch von Worten zwischen Gott und seinem Volk, sie hat manifeste Symbole, körperliche Zeichen, Haltungen und Gesten, sie benutzt materielle Dinge, die im Sakrament bewirken, was sie bezeichnen.<ref>Aimé-Georges Martimort (Hrsg.): Handbuch der Liturgiewissenschaft. Bd. I, Herder Verlag, Freiburg/Basel/Wien 1963, S. 163f.</ref>

Die Liturgie hat trinitarische Struktur: "In der Liturgie der Kirche wird der Segen Gottes vollkommen geoffenbart und mitgeteilt: Der Vater wird als Ursprung und Ziel allen Segens der Schöpfung und des Heiles anerkannt und angebetet; in seinem fleischgewordenen, für uns gestorbenen und auferstandenen Wort überhäuft er uns mit seinen Segnungen und durch das Wort legt er uns die Gabe aller Gaben, den Heiligen Geist, ins Herz." (vgl. KKK 1082) Sie muss in ihrer mystagogischen Funktion "vom Geiste der Ehrfurcht vor Gott, der Anbetung und seiner Verherrlichung durchtränkt sein" und "den Sinn für das Heilige fördern und ihn aufleuchten lassen". Liturgie besteht "nicht nur in äußerlicher Aktivität, sondern vor allem in innerer und geistlicher Teilnahme, in einer lebendigen und fruchtbringenden Teilhabe am österlichen Geheimnis Jesu Christi".(Bischofssynode 1985, Schlussdokument Exeunte coetu secundo II. B b) 1)

"Die christliche Liturgie ist Liturgie der erfüllten Verheißung, der ans Ziel kommenden Suchbewegung der Religionsgeschichte, aber sie bleibt Liturgie der Hoffnung. Auch sie trägt noch das Zeichen der Vorläufigkeit an sich. Der neue, nicht von Menschenhand gemachte Tempel ist da, aber er ist zugleich noch im Bau. Die große Geste der Umarmung, die vom Gekreuzigten ausgeht, ist noch nicht ans Ziel gekommen, sondern erst begonnen. Die christliche Liturgie ist Liturgie auf dem Weg, Liturgie der Pilgerschaft auf die Verwandlung der Welt in, die dann geschehen sein wird, wenn "Gott alles in allem" ist." Der Papst schreibt dann weiter, dass das christliche Opfer zwar längst angenommen ist, es aber als Stellvertretung noch nicht zu Ende ist. "Das Semel (einmal) will sein Semper (immer) erreichen. Dieses Opfer ist erst ganz, wenn die Welt Raum der Liebe geworden ist, wie Augustinus es in seinem 'Gottesstaat' sieht. Dann ist der vollendete Kult, die Vollendung des Geschehens auf Golgotha.<ref>Kardinal Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.) Der Geist der Liturgie (2000)</ref>

Irdische und himmlische Liturgie

"In der irdischen Liturgie nehmen wir vorauskostend an jener himmlischen Liturgie teil, die in der heiligen Stadt Jerusalem gefeiert wird, zu der wir pilgernd unterwegs sind, wo Christus sitzt zur Rechten Gottes, der Diener des Heiligtums und des wahren Zeltes<ref>Vgl. Offb 21, 2; Kol 3, 1; Hebr 8, 2</ref>. In der irdischen Liturgie singen wir dem Herrn mit der ganzen Schar des himmlischen Heeres den Lobgesang der Herrlichkeit. In ihr verehren wir das Gedächtnis der Heiligen und erhoffen Anteil und Gemeinschaft mit ihnen. In ihr erwarten wir den Erlöser, unseren Herrn Jesus Christus, bis er erscheint als unser Leben und wir mit ihm erscheinen in Herrlichkeit." (SC, Nr. 8: Vgl. Phil 3, 20; Kol 3, 4; Offb 4). Die westeuropäische liturgische Tradition unterstreicht mehr den Aspekt der Gemeinde und der Teilnahme am Gottesdienst. Die östliche Tradition ist empfänglicher für die mystischen und sakralen Aspekte der Liturgie. Der ökumenische Austausch kann hier zur Bereicherung des liturgischen Erbes nützlich sein.<ref>vgl. Johannes Paul II., Ansprache vom 1. Juli 1986, Nr. 3.</ref>

Liturgie, Verkündigung und Caritas

"In der heiligen Liturgie erschöpft sich nicht das ganze Tun der Kirche." (Sacrosanctum concilium Nr. 9) Zum Gottesdienst müssen die Glaubensverkündigung und die tätige Nächstenliebe hinzutreten: "Das Wesen der Kirche drückt sich in einem dreifachen Auftrag aus: Verkündigung von Gottes Wort (kerygma-martyria), Feier der Sakramente (leiturgia), Dienst der Liebe (diakonia). Es sind Aufgaben, die sich gegenseitig bedingen und sich nicht voneinander trennen lassen." (Papst Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est Nr. 25).

Papst Benedikt XVI. weist in seiner Enzyklika Deus caritas est (2005) darauf hin, dass Jesus die Eucharistie am Vorabend seines Leidens und seiner Hingabe als Zeichen seiner bleibenden Gegenwart gestiftet hat. Der Papst folgert daraus die Verpflichtung zu Gemeinschaft und Nächstenliebe: "Die Eucharistie zieht uns in den Hingabeakt Jesu hinein. Wir empfangen nicht nur statisch den inkarnierten Logos, sondern werden in die Dynamik seiner Hingabe hineingenommen [...] Die ,,Mystik’’ des Sakraments hat sozialen Charakter. [...] Die Kommunion zieht mich aus mir heraus zu ihm hin und damit zugleich in die Einheit mit allen Christen. Wir werden ,,ein Leib’’, eine ineinander verschmolzene Existenz. Gottesliebe und Nächstenliebe sind nun wirklich vereint." (Deus caritas est Nr. 13f.)

Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer brachte dies 1935 pointiert zum Ausdruck in dem Satz: "Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen."

Zitate

„Wo immer man bei liturgischen Besinnungen nur darüber nachdenkt, wie man Liturgie attraktiv, interessant, schön machen kann, ist Liturgie schon verfallen. Entweder ist sie opus Dei mit Gott als dem eigentlichen Subjekt oder sie ist nicht.“ (Papst Benedikt XVI. anlässlich seines Besuchs im Zisterzienserstift Heiligenkreuz am 9. September 2007).<ref>Dokumentation der Reise.</ref>

"Die Schönheit der Riten wird sicherlich niemals erlesen, gepflegt und durchdacht genug sein können, weil nichts zu schön sein kann für Gott, der die unendliche Schönheit ist. Unsere irdischen Liturgiefeiern können immer nur ein blasser Abglanz jener Liturgie sein, die im himmlischen Jerusalem, dem Ziel unserer irdischen Pilgerreise, gefeiert wird." (Papst Benedikt XVI. bei der Vesper mit Klerus und Ordensleuten in Paris am 12. September 2008).

"Der Mensch von heute ist nicht fähig zu einem liturgischen Akt. Für eine solche Handlung genügt nicht die Unterweisung, es braucht die Erziehung, ja sogar die Initiation, die im Grunde nichts anders ist als die Einübung dieses Aktes." (Romano Guardini in der Zeitschrift Humanitas 20 [1965]).

"Die Riten mögen den Glanz edler Einfachheit an sich tragen und knapp, durchschaubar und frei von unnötigen Wiederholungen sein. Sie seien der Fassungskraft der Gläubigen angepaßt und sollen im allgemeinen nicht vieler Erklärungen bedürfen." (Zweites Vatikanisches Konzil, Konstitution Sacrosanctum Concilium Nr. 34.

Päpstliche Schreiben

Pius X.

Pius XII.

Paul VI.

Johannes Paul II.

Literatur

Siehe auch: Liturgiewissenschaft, Subjekt der Liturgie, Liturgische Bewegung, Liturgiereform, Neue liturgische Bewegung, Liturgische Kleidung, Kirchenmusik, Liturgiesprache, Rubrik, Jahreskreis, Liturgiemissbräuche, Kölner Liturgische Tagung, Institutum Liturgicum Ratisbonense,

Anmerkungen

<references />