Actuosa participatio

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Actuosa participatio (lat., auch Participatio actuosa; dt.: aktive Teilnahme) ist die bewusste, fruchtbare, aktive und volle Teilnahme<ref> Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreibens: Sacramentum caritatis über die Eucharistie, vom 22. Februar 2007, Actuosa participatio, Nr. 52; Vgl. Konst. über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, 14-20; 30f; 48f.</ref> am liturgischen Geschehen, besonders der Heiligen Messe, "entsprechend der Verschiedenheit von Stellung und Aufgabe".<ref>vgl. Kongregation für den Gottesdienst Erklärung In celebratione missae zur Konzelebration vom 7. August 1972</ref> Die beste Bedingung dafür ist die Ars celebrandi, welche Sache des ganzen neutestamentlichen Volkes Gottes ist.<ref>Sacramentum caritatis, Nr. 38.</ref>

Der Begriff geht auf den hl. Papst Pius X. zurück und war ein Schlüsselbegriff der liturgischen Erneuerung im 20. Jahrhundert. Die westeuropäische liturgische Tradition unterstreicht mehr den Aspekt der Gemeinde und der Teilnahme am Gottesdienst. Die östliche Tradition ist empfänglicher für die mystischen und sakralen Aspekte der Liturgie.<ref>vgl. Johannes Paul II., Ansprache vom 1. Juli 1986, Nr. 3.</ref>

Ziel und Wesen der tätigen Teilnahme an der Liturgie

Alle Teilnehmer am Gottesdienst, Priester und Gläubige, sollen durch tätige Teilnahme am öffentlichen feierlichen Gebet der Kirche als erste, unentbehrliche Quelle wahrhaft christlichen Geist schöpfen können. "Es gebührt jenen Lob, die sich darum bemühen, dass die Liturgie auch nach außen eine heilige Handlung werde, an der tatsächlich alle Umstehenden teilnehmen."<ref>Mediator Dei, Nr. 105</ref> Sie sollen "nicht müßigen und gleichgültigen Geistes sein, der zerstreut anderen Dingen nachgeht, sondern so innerlich und selbsttätig, dass sie aufs engste mit dem Hohenpriester sich verbinden, gemäß dem Worte des Apostels: 'Seid so gesinnt wie Christus Jesus'<ref>{{#ifeq: Brief des Paulus an die Philipper | Actuosa participatio |{{#if: Phil|Phil|Brief des Paulus an die Philipper}}|{{#if: Phil |Phil|Brief des Paulus an die Philipper}}}} 2{{#if:5|,5}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref>; zusammen mit ihm und durch ihn sollen sie jenes Opfer darbringen und zugleich mit ihm sich selbst aufopfern".<ref>Enzyklika Mediator Dei über über die heilige Liturgie, Nr. 80.98.</ref>

Die aktive Teilnahme soll "vor allem innerlich, voll geistiger Aufmerksamkeit und herzlicher Ergriffenheit" sein<ref>Ritenkongregation: Instruktion De musica sacra über sakrale Musik und Liturgie, 3. September 1958, Nr. 22 a).</ref> und zur tieferen Besinnung auf das Wort Gottes führen.<ref> Instruktion Redemptionis sacramentum, Nr. 39. </ref> Ebenfalls soll durch die aktive Teilnahme "immer wieder neu der Sinn für das echte Staunen vor der Größe jenes Glaubensmysterium geweckt werden, das die Eucharistie ist, in deren Feier die Kirche immerfort 'von der alten in die neue Wirklichkeit' übergeht".<ref> Instruktion Redemptionis sacramentum, Nr. 40.</ref>

Die innerliche Haltung wird durch äußere Handlungen zum Ausdruck gebracht wie die Körperhaltung (Knien, Stehen, Sitzen), rituelle Gesten, die Akklamationen, Gebete und Gesänge wie auch das "heilige Schweigen". 1958 sah die Ritenkongregation hier noch den zelebrierenden Priester und seine Ministri als "hauptsächliches Vorbild" innerer Frömmigkeit und sorgfältiger Beobachtung der Rubriken und Zeremonien.<ref>3. September 1958 Ritenkongregation: Instruktion De musica sacra über sakrale Musik und Liturgie, Nr. 22 b).</ref> Nach dem Verständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils vollziehen sowohl die ganze Gemeinde als auch liturgische Aufgabenträger wie Ministranten, Lektoren, Kommentatoren und Mitglieder der Kirchenchöre einen eigenständigen "wahrhaft liturgischen Dienst", den sie "in aufrichtiger Frömmigkeit" und einer dem Dienst geziemenden Ordnung erfüllen sollen.<ref>Sacrosanctum concilium Nr. 28-30.</ref>

Theologische Begründung

Das gemeinsame Priestertum verlangt in der Liturgie, dass die Gläubigen nicht auf eine bloß passive Weise anwesend sind, sondern eine wahre Ausübung des Glaubens und der Taufwürde vollziehen. Auf diese Weise drückt das christliche Volk "seine ihm entsprechende und hierarchische Ordnung aus".<ref>Benedikt XVI.: Sacramentum caritatis vom 22. Februar 2007, Actuosa participatio, Nr. 53; 25. März 2004 Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung: Instruktion Redemptionis sacramentum über einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie, die einzuhalten und zu vermeiden sind, Nr. 36.</ref>

Damit die einzelnen Gläubigen durch die Liturgie im Blute des Lammes reingewaschen werden, bedarf es deren Mitwirkung. Wie durch die tätige und persönliche Teilnahme die Glieder des mystischen Leibes Christi immer mehr ihrem göttlichen Haupte angeglichen werden, so wird auch das vom Haupt herabströmende Heil den Gliedern zuteil. Christus Jesus hat, „während er am Kreuze starb, den unermesslichen Schatz der Erlösung seiner Kirche vermacht, ohne dass sie ihrerseits dazu beitrug (so genannte objektive Erlösung). Wo es sich aber darum handelt, den Schatz auszuteilen (so genannte subjektive Erlösung oder Rechtfertigung), läßt er an diesem Werke der Heiligung seine unbefleckte Braut nicht nur teilnehmen, sondern will, dass dies sogar in gewissem Sinn durch ihre Tätigkeit bewirkt werde.“ <ref> 20. November 1947 Enzyklika Mediator Dei über über die heilige Liturgie, Nr. 78; Rundschreiben Mystici corporis vom 29. Juni 1943.</ref>.

Persönliche Bedingungen für eine aktive Teilnahme an der Liturgie

Vorraussetzung und Element der actuosa participatio der Gläubigen ist der Geist fortwährender innerer Umkehr, der das Leben aller Gläubigen kennzeichnen muss. Man kann keine aktive Teilnahme an der eucharistischen Liturgie erwarten, wenn man nur oberflächlich dabei ist, ohne zuvor das eigene Lebens überprüft zu haben. Eine solche innere Bereitschaft wird gefördert zum Beispiel durch Sammlung und Schweigen, zumindest einige Momente vor Beginn der Liturgie, durch Eucharistische Nüchternheit und, wenn nötig, durch die sakramentale Beichte. Ein mit Gott versöhntes Herz in der heiligmachenden Gnade befähigt zu wahrer Teilnahme.<ref>vgl. Sacramentum caritatis, Actuosa participatio, Nr. 55</ref> Zu Beginn jeder Eucharistiefeier stehen daher ein Schuldbekenntnis und eine Vergebungsbitte.

Praxis der aktiven Teilnahme

Innere und äußere Mitfeier des Gottesdienstes

Die vollkommenste Form der Teilnahme an der Liturgie ist die Teilnahme an der heiligen Kommunion.<ref>vgl. Sacramentum caritatis, Actuosa participatio, Nr. 55; Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1388; Zweites Vatikanisches Konzil, Konst. über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, 55.</ref> Wenn man nicht kommunizieren kann oder darf, "ist es gut, das Verlangen nach der vollen Vereinigung mit Christus zu pflegen, zum Beispiel mit der Praxis der geistlichen Kommunion, an die Johannes Paul II. erinnert"<ref>Vgl. Enzyklika Ecclesia de eucharistia (17. April 2003), 34: AAS 95 (2003), 456.</ref> und die von heiligen Lehrmeistern des geistlichen Leben empfohlen wird.<ref>Darunter zum Beispiel Thomas von Aquin, Summa Theologiae, III, q. 80, a. 1,2; Theresia von Jesus, Weg der Vollkommenheit, Kap. 35. Die Lehre ist vom Konzil von Trient maßgebend bestätigt worden: 13. Sitzung, Kap. VIII.; zitiert aus: Sacramentum caritatis, Actuosa participatio, Nr. 55.</ref> Die "beständige Lehre der Kirche über das Wesen der Eucharistie, die nicht nur ein Gastmahl, sondern auch und vor allem ein Opfer ist", wird zu den grundlegenden Kriterien für eine volle Teilnahme aller Gläubigen an diesem so großen Sakrament gezählt".<ref> Instruktion Redemptionis sacramentum, Nr. 38.</ref>

Um den inneren Sinn für die liturgische Teilnahme zu wecken, zu fördern und zu nähren, sind auch die eifrige, ausgedehnte Feier des Stundengebetes, der Gebrauch der Sakramentalien und die Übungen der christlichen Volksfrömmigkeit sehr nützlich.<ref> Instruktion Redemptionis sacramentum, Nr. 41. </ref>

Die Rolle der gesamten Gemeinde

Die Gemeinde bekräftigt das vom Priester gesprochene eucharistische Hochgebet durch ihr "Amen". Auch unmittelbar nach der Wandlung schwingt sie in die eucharistische Handlung ein durch eine neu in die Liturgie aufgenommene Akklamation, die ein knapp gefasstes Bekenntnis zu den zentralen Mysterien des christlichen Glaubens darstellt. Auch das Gebet der Gläubigen wurde vom 2. Vatikanischen Konzil wieder besonders betont. Außerdem "müssen alle Anstrengungen unternommen werden, damit alle Anwesenden — Kinder und Erwachsene — sich angesprochen fühlen, indem ihre volle Einbindung in die von der Liturgie empfohlenen Formen aktiver Teilnahme gefördert wird.<ref> Johannes Paul II. Apostolisches Schreiben Dies Domini, Nr. 51 an die Bischöfe, den Klerus, die Ordensleute und an die Gläubigen über die Heiligung des Sonntags vom 31. Mai 1998; Vgl. II. Vat. Konzil, Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, Nr. 14 und Nr. 26; Johannes Paul II., Apostolisches SchreibenVicesimus quintus annus (4. Dezember 1998), 4.6.12: AAS 81 (1989), 900-901; 902; 909-910.</ref> Der Papst empfiehlt dazu, "wenn die Umstände es angeraten sein lassen, die Feier von Kindermessen". Insbesondere für Messfeiern mit Kindern wird auf eine altersgerechte aktive und anschauliche Einbeziehung Wert gelegt: "Kinder haben ihren eigenen Selbststand. [...] Deshalb ist es wichtig, sie nicht nur als Personengruppe zu sehen, für die etwas gemacht wird, sondern sie als Subjekte der Liturgie wahr- und ernst zu nehmen. Das bedeutet konkret, Kinder nicht nur aktiv an der Durchführung, sondern auch an der Vorbereitung des Gottesdienstes zu beteiligen."<ref>Erzbistum Köln, Hauptabteilung Seelsorge (Hrsg.): Mit Kindern den Glauben feiern.Eine Arbeitshilfe zur Gestaltung von Gottesdiensten mit Kindern, Köln, 2008, S. 9 [1]</ref> Inzwischen wurden auch vier Eucharistische Hochgebete für Kindermessen zugelassen.

Ein nicht zu unterschätzendes Element des Gottesdienstes ist das gemeinschaftliche "heilige Schweigen". Es hat seinen ausdrücklichen liturgischen Ort in der erneuerten Messliturgie beim Bußakt, nach den Lesungen und nach der Homilie sowie nach der Kommunion.<ref>Grundordnung des Römischen Messbuchs. Vorabpublikation zum Deutschen Messbuch (3. Auflage, 2007), Nr. 45.</ref>

Aktive Teilnahme durch liturgische Dienste

Eine aktive Teilnahme an der Liturgie drückt sich auch aus in verschiedenen Diensten wie dem Amt des Lektors, des Akolythen bzw. Ministranten, durch Sänger, Musiker und Organisten oder den Küster. "Alle, "sowohl Amtsträger als auch christgläubige Laien, sollen in der Ausübung ihres Amtes oder ihrer Aufgabe nur das und all das tun, was ihnen zukommt" und bei der liturgischen Feier wie auch bei ihrer Vorbereitung dafür sorgen, dass die Liturgie der Kirche würdig und schön vollzogen wird."<ref>vgl. Instruktion Redemptionis sacramentum, Nr. 44+46.</ref>

Papst Benedikt XVI. betont jedoch, dass die aktive Teilnahme an der Liturgie nicht unbedingt mit der Ausübung eines besonderen Dienstes zusammenfällt. Im besonderen sei es notwendig, dass bezüglich der spezifischen Aufgaben des Priesters Klarheit herrscht. Wie die Tradition der Kirche bestätigt, ist er in unersetzlicher Weise derjenige, welcher der gesamten Eucharistiefeier vorsteht, vom Eröffnungsgruß bis zum Schlusssegen. Kraft seiner Priesterweihe vertritt er Jesus Christus, das Haupt der Kirche, und in der ihm eigenen Weise auch die Kirche selbst.<ref>vgl. Sacramentum caritatis, Actuosa participatio, Nr. 53.</ref>

Verwendung des ganzen Reichtums der Liturgie

In der Auswahl der Gesänge, der Melodien, der Orationen, der Eucharistischen Hochgebete (auch für Kinder)<ref>vgl. Rundschreiben vom 10. Dezember 1977 und Rundschreiben vom 15. Dezember 1980</ref>, der Präfationen<ref>vgl. Dekret vom 23. Mai 1968</ref> und der biblischen Lesungen, in der Homilie, die zu halten ist, in der Vorbereitung der Fürbitten, in den Hinweisen, die manchmal zu verlesen sind, und im Schmuck der Kirche entsprechend den verschiedenen Zeiten gibt es vielfältige Möglichkeiten, in jede Feier eine gewisse Abwechslung einzufügen, die dazu beiträgt, den Reichtum der liturgischen Tradition deutlicher in Erscheinung treten zu lassen und der Feier mit Sorgfalt unter Beachtung der pastoralen Erfordernisse eine besondere Note zu verleihen, so dass die innere Teilnahme gefördert wird. Die Instruktion Redemptionis sacramentum erinnert daran, "dass die Wirksamkeit der liturgischen Handlungen nicht in der ständigen Änderung der Riten liegt, sondern in der tieferen Besinnung auf das Wort Gottes und das Mysterium, das gefeiert wird."<ref> Instruktion Redemptionis sacramentum, Nr. 39. </ref>

Eucharistiefeiern in kleinen Gruppen

Bei einigen pastoralen Gelegenheiten ergibt es sich, dass man "gerade zugunsten einer bewussteren, aktiveren und fruchtbareren Teilnahme die Feier in kleinen Gruppen vorzieht". Dabei müssen die kleinen Gruppen "dazu dienen, die Pfarrgemeinde zu einen, nicht sie zu zersplittern"; sie "müssen die fruchtbare Teilnahme der ganzen Versammlung begünstigen und dabei so weit wie möglich die Einheit der einzelnen Familien im liturgischen Leben bewahren."<ref> Sacramentum caritatis, Eucharistiefeiern in kleinen Gruppen, Nr. 63.</ref>

"Actuosa participatio" und kirchliches Leben

Eine "actuosa participatio" ist nicht zu realisieren, wenn man nicht zugleich versucht, aktiv am kirchlichen Leben in seiner Ganzheit teilzunehmen. Das schließt den missionarischen Einsatz ein, die Liebe Christi in die Gesellschaft hineinzutragen.

Es ist feste Überlieferung der Kirche, dass die Gläubigen, geleitet von frommer und kirchlicher Gesinnung, dem eucharistischen Opfer auch eigene Opfergaben hinzufügen, um daran inniger teilzunehmen - in der frühen Kirche, indem sie Gaben zur Eucharistiefeier mitbrachten und im "Opfergang" zur Kirche brachten, die dann an die Bedürftigen der Gemeinde verteilt wurden, heute in Form der Messstipendien. Auf diese Weise tragen sie zu ihrem Teil für die Bedürfnisse der Kirche bei, vor allem zum Unterhalt ihrer Diener (Paul VI. in Firma in traditione). Die Messstipendiumgeber sollen nach Möglichkeit an "ihren" Messen auch teilnehmen, um damit dem Sinn des Messstipendiums gerecht zu werden und die durch das Messstipendium für sich, aber auch fürbittweise für die Verstorbenen zu gewinnende Frucht zu vermehren.<ref>Gerhard Podhradsky: Lexikon der Liturgie. Ein Überblick für die Praxis. Tyrolia Verlag Innsbruck-Wien-München 1967, Sp. 239 (490 Spalten, 2. Auflage; Imprimatur des Bischöfl. Ordinariates Innsbruck Nr. 1693/2 vom 23. Oktober 1966 Mons. Dr. Josef Hammerl, Generalvikar).</ref>

Probleme

Die Tatsache, dass es bei einer aktiven Teilnahme "einige Missbräuche gegeben hat, trübt nicht die Klarheit dieses Prinzips, das den wirklichen Bedürfnissen der Kirche entsprechend beibehalten werden muss."<ref> Sacramentum caritatis, Actuosa participatio, Nr. 54.</ref> "Tätige Teilnahme" bedeutet nicht, dass alle über die Gesten und Körperhaltungen hinaus unbedingt tatsächlich etwas tun müssten (Aktionismus), so als ob jeder zwingend irgendeine besondere liturgische Aufgabe verrichten müsste. In der katechetischen Ausbildung muss gewissenhaft dafür gesorgt werden, dass oberflächliche Auffassungen und Gewohnheiten korrigiert werden, die sich mancherorts eingeschlichen haben.<ref> Instruktion Redemptionis sacramentum, Nr. 40.</ref>

Communicatio in sacris

Geschichte des Begriffs

Pius X.: Das Motu Proprio Tra le sollecitudini vom 22. November 1903

Den Begriff "tätige Teilnahme" (italienisch: partecipazione attiva) prägte der liturgische Reformpapst Pius X. persönlich.<ref>Theodor Maas-Ewerd in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Band 1, Artikel "Actuosa participatio", S. 122.</ref> Er sprach in seinem Motu Proprio Tra le sollecitudini vom 22. November 1903 zum ersten Mal von der „actuosa communicatio“ bzw. Participatio actuosa, der "tätigen Teilnahme [der Gläubigen] an den heiligen Mysterien und am öffentlichen feierlichen Gebet der Kirche" als erste unentbehrliche Quelle, aus der die Gläubigen "wahrhaft christlichen Geist" schöpfen können.<ref>Albert Gerhards, Benedikt Kranemann: Einführung in die Liturgiewissenschaft." Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. Aufl.,Darmstadt 2008, S. 102f.</ref> Liturgie soll nicht allein Amt der zelebrierenden Kleriker sein: "Die Sänger bekleiden in der Kirche ein liturgisches Amt im eigentlichen Sinne", so der Papst in seinem Motu Proprio (Nr. 13). Somit ist "die Liturgie weder privater noch klerikaler Natur", sondern "wesensgemäß Feier der Kirche".<ref>Theodor Maas-Ewerd, Art. Liturgische Bewegung in LThK, 3. Auflage, Bd. 6, Sp. 992.</ref>

Pius X.: Die Kommuniondekrete

Die vollkommenste Form der Teilnahme der Gläubigen an der Liturgie, ist die Teilnahme an der Eucharistie (Kommunion). <ref>vgl. 1. Juni 1972 Sekretariat für die Einheit der Christen: Instruktion In quibus rerum über besondere Fälle der Zulassung anderer Christen zur eucharistischen Kommunion in der Katholischen Kirche; "Perfektion Missae participatio" (Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum concilium, Nr. 55). Vgl. Instructio de cultu mysterii eucharistici: Eucharisticum mysterium vom 25. Mai 1967, Nr.12, AAS 59 (1967) p. 549.
Der Empfang derselben Taufe reicht noch nicht aus, den Zugang zur eucharistischen Kommunion zu gestatten. In der Tat drückt die Teilnahme an der Eucharistie das vollständige Bekenntnis des Glaubens und die völlige Eingliederung in die Kirche aus, zu denen das Sakrament der Taufe hinführt. Die Taufe begründet ein sakramentales Band der Einheit zwischen allen die durch sie wiedergeboren sind. Dennoch ist die Taufe nur ein Anfang und Ausgangspunkt, da sie ihrem Wesen nach hinzielt auf die Erlangung der Fülle des Lebens in Christus. Daher ist die Taufe hingeordnet auf das vollständige Bekenntnis des Glaubens, auf die völlige Eingliederung in die Heilsveranstaltung, wie Christus sie gewollt hat, schließlich auf die vollständige Einfügung in die eucharistische Gemeinschaft" Unitatis redintegratio, N. 22).</ref>. Darum beschloss der Papst das Dekret Sacra tridentina synodus vom 20. Dezember 1905. Er wollte die häufigere und tägliche Kommunion der Gläubigen fördern, nachdem bis dahin die Meinung verbreitet war, die Kommunion dürfe den Gläubigen nur selten und unter außerordentlichen Bedingungen gestattet werden.<ref> In dem Dekret Sacra tridentina synodus (20. Dezember 1905) heißt es: "Die häufige und tägliche Kommunion ist Christus dem Herrn und der Katholischen Kirche sehr erwünscht; daher soll sie allen Christgläubigen jeden Ranges und jeden Standes zugänglich sein, so dass niemand, der im Stande der Gnade und mit rechter und frommer Absicht kommuniziert, vom Tische des Herrn ferngehalten werden kann." Als Voraussetzung nannte der Papst, dass die Kommunikanten "von Todsünden frei seien und den Vorsatz haben, in Zukunft nicht mehr zu sündigen. Wenn dieser aufrichtige Vorsatz vorhanden ist, wird sich die Seele ohne Zweifel durch die tägliche Kommunion auch von lässlichen Sünden und vom Hang dazu allmählich befreien." (Nr. 14-15)</ref> Auf dieser Linie lag auch die Entscheidung im Dekret Quam singulari vom 8. August 1910, Kinder früher als bis dahin üblich, zum ersten Empfang der heiligen Kommunion zu führen.<ref> "Das Unterscheidungsalter, sowohl für die Beichte, als auch für die heilige Kommunion, ist dann, wenn das Kind zu denken beginnt, das bedeutet, ungefähr ab dem siebten Lebensjahr, manchmal etwas später, jedoch auch früher. Von dieser Zeit an beginnt die Pflicht, dem Doppelgebot der Beichte und der Kommunion Genüge zu leisten."</ref>

Pius XI.: Die Konstitution "Divini cultus sanctitatem" vom 20. Dezember 1928

Papst Pius XI. nimmt in der Apostolischen Konstitution Divini cultus sanctitatem über die Kirchenmusik vom 20. Dezember 1928 auf das Motu Proprio Tra le sollecitudini des Papstes Pius X. Bezug und betont die "tätige Teilnahme [der Gläubigen] an den heiligen Mysterien und am öffentlichen feierlichen Gebet der Kirche" als erste unentbehrliche Quelle, aus der die Gläubigen "wahrhaft christlichen Geist" schöpfen können.

Pius XII.: Enzyklika "Mediator Dei" vom 20. November 1947

Papst Pius XII. macht in der Enzyklika Mediator Dei über die heilige Liturgie, (Nr. 78-120) auf die Notwendigkeit persönlicher Teilnahme der Gläubigen an der Liturgie aufmerksam. Er behandelt das allgemeine Priestertum der Gläubigen, nämlich "dass die Darbringung des Opfers durch die Priester zusammen mit dem Volke" geschehe. Alle sollen "zusammen mit ihm (Christus) und durch ihn jenes Opfer darbringen und zugleich mit ihm sich selbst aufopfern." Endlich werde "das hochheilige Opfer des Altares mit der Teilnahme am göttlichen Mahl beschlossen", der sakramentalen und geistigen Kommunion.

Die Liturgische Erneuerung und die tätige Teilnahme

Die Liturgische Bewegung am Beginn des 20. Jahrhunderts schrieb sich die "tätige Teilnahme" auf ihre Fahnen.
Auf dem gesamtbelgischen Katholikentag in Mechelen am 23. September 1909 machte der Benediktiner Lambert Beauduin das bis dahin kaum beachtete Anliegen der "tätigen Teilnahme der Gläubigen an den heiligen Mysterien" als "erste unentbehrliche Quelle" christlichen Geistes zum Ausgangspunkt seiner Ausführungen über die Liturgie. Durch Beaudin wurde das Anliegen publik und prägte von nun an die Liturgische Bewegung.<ref>Theodor Maas-Ewerd in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Band 1, Artikel "Actuosa participatio", S. 122.</ref>

Durch das Wirken der Liturgischen Bewegung wurden Volksmessbücher – wie zum Beispiel der „Schott“ –, sowohl in lateinischer als auch der Muttersprache, editiert. Wegweisend war die Schrift Romano Guardinis "Vom Geist der Liturgie" (1918). Der Maria Laacher Benediktinerabt Ildelfons Herwegen gab eine Reihe mit 22 Bändchen verschiedener Autoren unter dem Titel "Ecclesia orans" (1922-1939) zur Einführung in die Liturgie heraus. Der österreichische Augustinerchorherr Pius Parsch, gründete ein Volksliturgisches Apostolat in Klosterneuburg bei Wien und gab liturgische Schriften in deutscher Sprache heraus.<ref> z.B. Pius Parsch: das Rituale Romanum (1936); einen liturgischen Kalender für das Kirchenjahr (Das Jahr des Heiles 1938 - 12. Auflage) usw. siehe dort; vgl. Benedikt Baur: "Werde Licht!, Liturgische Betrachtungen an den Sonn- und Wochentagen des Kirchenjahres".</ref>

Die Gemeinschaftsmesse<ref>vgl. Philipp Harnoncourt: Art. Gemeinschaftsmesse in: LThK, 3. Aufl., Bd. 4; Adam Gottron: Singende Gemeinde. Briefe zur kirchenmusikalischen Praxis. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1935, S. 32.</ref> bezeichnete eine dialogische Gottesdienstform in der deutschsprachigen römisch-katholischen Liturgie, in welcher die tätige Teilnahme der ganzen Gottesdienstgemeinde bei der Heiligen Messe stärker betont wurde, als es bis dahin üblich war. Wichtig war die Verwendung der Volkssprache für gemeindliche Elemente der Messfeier zusätzlich und parallel zum Latein der priesterlichen Liturgie. Die häufigste Form war die "Betsingmesse". Der für das gemeinsame Beten notwendige "deutsche Einheitstext" wurde von einigen Liturgiewissenschaftlern und Seelsorgern um den Kölner Pfarrer Theodor Schnitzler 1928 entwickelt; er verbreitete sich vor allem ab 1930 durch das Gebetbuch "Kirchengebet", zunächst in der katholischen Jugendbewegung und bald auch in der Gemeindeliturgie. Der Text wurde von den deutschen Bischöfen zunächst geduldet und 1943 von der Fuldaer Bischofskonferenz amtlich gebilligt.

Zweites Vatikanisches Konzil: Sacrosanctum concilium

Ein Leitmotiv des Zweiten Vatikanische Konzil war es in der Liturgiekonstituition Sacrosanctum concilium, zu einer kommunikativeren und mehr pastoralen Form der Messfeier überzugehen, zu einer stärkerer aktiven, vollen und fruchtbaren Teilnahme des ganzen Gottesvolkes an der Eucharistiefeier. Die wichtigen Passagen zur tätigen Teilnahme, außer der Nr. 36, welche die Liturgiesprache regelt, sind:

Nr. 14: Die Mutter Kirche wünscht sehr, alle Gläubigen möchten zu der vollen, bewußten und tätigen Teilnahme an den liturgischen Feiern geführt werden, wie sie das Wesen der Liturgie selbst verlangt und zu der das christliche Volk, "das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, der heilige Stamm, das Eigentumsvolk" (1 Petr 2,9; vgl. 2,4-5) kraft der Taufe berechtigt und verpflichtet ist. Diese volle und tätige Teilnahme des ganzen Volkes ist bei der Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie aufs stärkste zu beachten, ist sie doch die erste und unentbehrliche Quelle, aus der die Christen wahrhaft christlichen Geist schöpfen sollen. Darum ist sie in der ganzen seelsorglichen Arbeit durch gebührende Unterweisung von den Seelsorgern gewissenhaft anzustreben. Es besteht aber keine Hoffnung auf Verwirklichung dieser Forderung, wenn nicht zuerst die Seelsorger vom Geist und von der Kraft der Liturgie tief durchdrungen sind und in ihr Lehrmeister werden. Darum ist es dringend notwendig, dass für die liturgische Bildung des Klerus gründlich gesorgt wird. Deswegen hat das Heilige Konzil folgende Bestimmungen zu treffen beschlossen.
Nr. 19: Die Seelsorger sollen eifrig und geduldig bemüht sein um die liturgische Bildung und die tätige Teilnahme der Gläubigen, die innere und die äußere, je nach deren Alter, Verhältnissen, Art des Lebens und Grad der religiösen Entwicklung. Damit erfüllen sie eine der vornehmsten Aufgaben des treuen Spenders der Geheimnisse Gottes. Sie sollen ihre Herde dabei nicht bloß mit dem Wort, sondern auch durch das Beispiel führen.
Nr. 21: Bei dieser Erneuerung sollen Texte und Riten so geordnet werden, dass sie das Heilige, dem sie als Zeichen dienen, deutlicher zum Ausdruck bringen, und so, dass das christliche Volk sie möglichst leicht erfassen und in voller, tätiger und gemeinschaftlicher Teilnahme mitfeiern kann.
Nr. 30: Um die tätige Teilnahme zu fördern, soll man den Akklamationen des Volkes, den Antworten, dem Psalmengesang, den Antiphonen, den Liedern sowie den Handlungen und Gesten und den Körperhaltungen Sorge zuwenden. Auch das heilige Schweigen soll zu seiner Zeit eingehalten werden.
Nr. 48: So richtet die Kirche ihre ganze Sorge darauf, dass die Christen diesem Geheimnis des Glaubens nicht wie Außenstehende und stumme Zuschauer beiwohnen; sie sollen vielmehr durch die Riten und Gebete dieses Mysterium wohl verstehen lernen und so die heilige Handlung bewußt, fromm und tätig mitfeiern, sich durch das Wort Gottes formen lassen, am Tisch des Herrenleibes Stärkung finden. Sie sollen Gott danksagen und die unbefleckte Opfergabe darbringen nicht nur durch die Hände des Priesters, sondern auch gemeinsam mit ihm und dadurch sich selber darbringen lernen. So sollen sie durch Christus, den Mittler[38], von Tag zu Tag zu immer vollerer Einheit mit Gott und untereinander gelangen, damit schließlich Gott alles in allem sei.
Nr. 55: Mit Nachdruck wird jene vollkommenere Teilnahme an der Messe empfohlen, bei der die Gläubigen nach der Kommunion des Priesters aus derselben Opferfeier den Herrenleib entgegennehmen. Unbeschadet der durch das Konzil von Trient festgelegten dogmatischen Prinzipien, kann in Fällen, die vom Apostolischen Stuhl zu umschreiben sind, nach Ermessen der Bischöfe sowohl Klerikern und Ordensleuten wie auch Laien die Kommunion unter beiden Gestalten gewährt werden, so etwa den Neugeweihten in der Messe ihrer heiligen Weihe, den Ordensleuten in der Messe bei ihrer Ordensprofeß und den Neugetauften in der Messe, die auf die Taufe folgt.

Päpstliche Schreiben

Pius X.

Pius XII.

Paul VI.

Johannes Paul II.

Benedikt XVI.

Literatur

  • Paul Josef Cordes: Actuosa participatio – tätige Teilnahme. Pastorale Annäherung an die Eucharistiefeier in kleinen Gemeinschaften, Paderborn 1995.

Weblinks

Anmerkungen

<references />