Franziskaner
Der Franziskanerorden (ordo fratrum minorum "Orden der Minderbrüder") wurde 1209 von Franz von Assisi gegründet. Die Franziskaner sind neben den Dominikanern der bedeutendste Bettelorden.
Inhaltsverzeichnis
Lebensweise
Für die Brüder gilt in erster Linie das Evangelium als Lebensregel. Die Franziskaner lehnen jeglichen Besitz ab. Das Ordenskleid besteht aus einer einfachen Kutte mit Kapuze, einem Strick und Sandalen.
Die Franziskaner leben, wie alle Bettelorden, in Armut und verdienen ihren Lebensunterhalt durch Arbeiten handwerklicher, sozialer, pastoraler und pädagogischer Art. Franziskus von Assisi schreibt in seinem Testament an seine Brüder: „Ich arbeitete mit meinen Händen und will arbeiten; und es ist mein fester Wille, dass alle anderen Brüder eine Handarbeit verrichten, die ehrbar ist. Die es nicht können, sollen es lernen […]“. Auch Betteln diente dem Lebensunterhalt der Brüder.
Ein wichtiger Bestandteil des franziskanischen Lebens war die Seelsorge, die sie intensiver betrieben als andere kontemplative Orden. Daher siedelten sie sich vornehmlich dort an, wo der Bedarf an geistiger Fürsorge am größten war, in den langsam aufblühenden Städten. Da sie dennoch die notwendige Distanz zur laikalen Welt wahrten, können ihre Spuren vor allem in städtischen Randgebieten gefunden werden.
Gottes Wort vom Frieden und der Erlösung sollen sie vor allem durch ihr Beispiel, aber auch durch das Predigen verkünden. Die Predigt erlangt durch ihr vorbildliches apostolisches Leben, die vita apostolica, gewissermaßen eine höhere Glaubwürdigkeit. Das Leben der Franziskanerbrüder war und ist sehr bescheiden. Der Selbstanspruch, ein bewusstes Leben mit der Schöpfung zu führen, hängt eng mit der Abkehr von irdischem Reichtum zusammen. Durch die Betonung dieses Aspektes erlangen die Franziskaner seit Beginn der ökologischen Bewegung in den 1980er-Jahren ein verstärktes Ansehen. Papst Franziskus wählte 2015 für seine Enzyklika Laudato si'. Über die Sorge für das gemeinsame Haus zum Thema Umwelt- und Klimaschutz als Titel und Incipit den Anfang des Sonnengesangs des heiligen Franziskus.
Die Kirchen der Franziskaner sind als Bettelordenskirchen eher schlicht gehalten und beherbergen kaum Kunstschätze. Bemerkenswert ist allerdings die Größe der Bauten, die notwendig war, um die wachsenden Stadtbevölkerungen seelsorglich zu versorgen.
Das Taukreuz, auch bekannt als das Antoniuskreuz, ist das von Franz von Assisi gewählte Kennzeichen des Ordens. Er verstand es als Segenszeichen und verwendete es selbst als Unterschrift. Die Franziskanerknoten zieren das Ende der Kordel, die Zingulum genannt wird und mit der der Habit zusammengebunden wird. Es sind drei mehrfache Überhandknoten und symbolisieren die drei Evangelischen Räte der Armut, der Ehelosigkeit und des Gehorsams, zu denen sich jeder Franziskaner in der Profess verpflichtet.
Aufgaben
Grundlegend für die franziskanische Spiritualität ist ein brüderliches Leben in einer evangeliumsgemäßen Lebensweise mit apostolischem, den Armen zugewandten Akzent. Die Aufgaben, die die Brüder übernehmen, erwachsen aus dieser Lebensweise und müssen mit ihr vereinbar sein. Daher sollen nach dem Willen des Franziskus Machtpositionen ausgeschlossen bleiben.<ref>Herbert Schneider: Die Franziskaner im deutschen Sprachgebiet. Leben und Ziele. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl 1988, S. 61.</ref>
In Mitteleuropa haben die Franziskaner heute schwerpunktmäßig folgende Aufgaben übernommen<ref>Herbert Schneider: Die Franziskaner im deutschen Sprachgebiet. Leben und Ziele. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl 1988, S. 61–87.</ref>:
- Pfarr- und Beichtseelsorge
- Wallfahrtsseelsorge
- Seelsorge für Franziskanerinnen und Mitglieder des Ordo Franciscanus Saecularis (OFS), früher „Franziskanischer Dritter Orden“ bzw. „Franziskanische Gemeinschaft“
- Kategoriale Seelsorge (Jugendseelsorge, Altenseelsorge, Krankenhausseelsorge, Gefängnisseelsorge, Militärseelsorge)
- Exerzitien und religiöse Erwachsenenbildung
- Schulen und Internate
- Wissenschaft und Forschung
- Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden.
Europäische Franziskaner sind als Missionare vor allem in Südamerika und Afrika tätig. Auch China war bis zum Zweiten Weltkrieg ein Schwerpunkt für das Engagement mehrerer deutscher Ordensprovinzen. Inzwischen sind überall einheimische, unabhängige Franziskanerprovinzen entstanden, in denen einheimische und europäische Brüder in „brüderlicher Assistenz“ zusammenarbeiten.<ref>Herbert Schneider: Die Franziskaner im deutschen Sprachgebiet. Leben und Ziele. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl 1988, S. 88–93.</ref>
Leitung
An der Spitze des Ordens steht der Generalminister, zurzeit (seit 2021) der Italiener Massimo Fusarelli.<ref> Franziskaner wählen römischen Ordensmann zum neuen Leiter: Fusarelli wird Generalminister, Nachricht auf Domradio.de, abgerufen am 15. Juli 2021</ref> Er repräsentiert den Orden als Nachfolger des Ordensgründers Franziskus nach innen und außen und wird vom Generalkapitel des Ordens für 6 Jahre gewählt, einmalige Wiederwahl ist möglich. Dem Generalminister steht ein ebenfalls gewähltes Generaldefinitorium zur Seite. Sie bilden die Generalkurie des Ordens in Rom. Von 2017 bis 2021 gehörte der deutsche Franziskaner Bruder Jürgen Neitzert als Generaldefinitor der Leitung des Gesamtordens an. Der Generalkurie arbeiten die Generalsekretariate für „Mission und Evangelisierung“ und für „Ausbildung und Studien“ sowie das Generalbüro für „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ zu, sie koordinieren die Aktivitäten des Ordens in ihrem Bereich und geben Anregungen.
Der Orden hat eine föderative Struktur, der zufolge die meisten Angelegenheiten von den einzelnen Provinzen des Ordens geregelt werden; die Ordensleitung des Gesamtordens hat für die Provinzen eine koordinierende, unterstützende und impulsgebende Funktion. Mehrere Provinzen tauschen sich jeweils in regionalen länderübergreifenden „Konferenzen“ aus. Die beiden Konvente in der Türkei und einige Konvente mit speziellen Aufgaben für den Gesamtorden sind direkt der Generalkurie unterstellt, ebenfalls die franziskanische Universität, die Päpstliche Universität Antonianum.<ref>Unser Mann in Rom. In: Franziskaner. Magazin für franziskanische Kultur und Lebensart, Herbst 2018, S. 26f.</ref> An der Spitze einer Provinz steht ein Provinzialminister (meist kurz Provinzial genannt), sein Stellvertreter ist der Provinzvikar und zur Leitungsebene gehört ein Definitorium; alle werden für sechs Jahre vom Provinzkapitel gewählt.
Hausoberer oder Superior eines Konvents ist der Guardian, vertreten vom Vikar, einer kleineren Niederlassung steht ein Präses vor. Die Oberen werden vom Provinzkapitel bestimmt.
Gliederung
Der Franziskanerorden war in der Bundesrepublik Deutschland bis 2010 in vier Ordensprovinzen gegliedert:
- Bayerische Franziskanerprovinz vom heiligen Antonius von Padua (Bavaria) mit Provinzialat in München (siehe Franziskanische Niederlassungen in Bayern)
- Kölnische Provinz von den heiligen drei Königen (Colonia) mit Provinzialat in Düsseldorf
- Sächsische Franziskanerprovinz vom heiligen Kreuz (Saxonia) mit Provinzialat in Werl (1929-1998) und Hannover (1998-2010)
- Thüringische Provinz von der heiligen Elisabeth von Thüringen (Thuringia) mit Provinzialat in Fulda
Sie schlossen sich 2010 zur Deutschen Franziskanerprovinz von der heiligen Elisabeth (Germania) mit Provinzialat in München (St.-Anna-Kloster) zusammen. 2022 besteht die Provinz aus etwa 230 Brüdern in Niederlassungen an 27 Orten.
In Österreich gab es 2007 einen Zusammenschluss. Die
- Österreichische Franziskanerprovinz vom hl. Bernhardin von Siena (Provinzialat in Wien) und die
- Tiroler Franziskanerprovinz vom seligen Engelbert Kolland (Provinzialat in Innsbruck)
schlossen sich zur Franziskanerprovinz Austria zum heiligen Leopold in Österreich und Südtirol zusammen. Das Provinzialat befindet sich seitdem in Salzburg.
2009 schlossen sich die Franziskaner in der Schweiz als abhängige Kustodie Christkönig der Austria an.
Im südöstlichen Mittermeerraum existiert die Kustodie des Heiligen Landes, die auch zahlreiche christliche Pilgerstätten betreut.
Literatur
- Kajetan Esser: Der Orden des hl. Franziskus, Dietrich Coelde Verlag 1952 (56 Seiten, 2. Auflage).