Tugend: Unterschied zwischen den Versionen
Oswald (Diskussion | Beiträge) |
Oswald (Diskussion | Beiträge) (lit) |
||
(28 dazwischenliegende Versionen von 7 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
'''Tugend''' ist die erworbene natürliche Tüchtigkeit und Fertigkeit etwas zu tun. Sie ist eine durch Übung erlangte kraftvolle Gewohnheit. So ist z.B. das erlernte Skifahren, das in „Fleisch und Blut übergegangen“ ist, eine Tugend. | '''Tugend''' ist die erworbene natürliche Tüchtigkeit und Fertigkeit etwas zu tun. Sie ist eine durch Übung erlangte kraftvolle Gewohnheit. So ist z.B. das erlernte Skifahren, das in „Fleisch und Blut übergegangen“ ist, eine Tugend. | ||
− | Was wir jedoch im strengen Sinne als '''Tugend''' bezeichnen, ist eine natürliche '''Fertigkeit des sittlichen Lebens''', die der Mensch durch Betätigung und Übung seiner natürlichen Veranlagung erwerben kann. | + | Was wir jedoch im strengen Sinne als '''Tugend''' bezeichnen, ist eine natürliche '''[[Habitus|Fertigkeit]] des sittlichen Lebens''', die der [[Mensch]] durch Betätigung und Übung seiner natürlichen Veranlagung erwerben kann. "Die Tugend ist eine Fertigkeit im Guten, die man dadurch gewinnt und erobert, dass man das Gute wiederholt tut." <ref>[[Pius XII.]], [[Ansprache]] [[Quanto è gradita]] vom [[8. Juli]] [[1942]] an Neuvermählte, S. 201.</ref> Die Tugend hat bezug auf das Verhalten zu [[Gott]], zu sich selbst, den Mit[[mensch]]en oder anderen [[Geschöpf]]en. |
==Einteilung der Natürlichen Tugenden == | ==Einteilung der Natürlichen Tugenden == | ||
*'''Intellektuelle oder Verstandestugenden ''' (Tugenden im weiten Sinne) <br> | *'''Intellektuelle oder Verstandestugenden ''' (Tugenden im weiten Sinne) <br> | ||
− | z. B. Einsicht | + | z. B. Einsicht. So wichtig sie für das Kulturleben auch sind, haben sie an sich nicht die Kraft, den Menschen sittlich gut zu machen. |
*'''Sittliche oder Willenstugenden''' <br> | *'''Sittliche oder Willenstugenden''' <br> | ||
− | Die Willenstugenden (Tugenden im strengen Sinne) teilt man seit ältesten Zeiten ein in die vier [[Kardinaltugenden|Kardinal- oder Grundtugenden]]: [[Klugheit]], [[Gerechtigkeit]], [[ | + | Die Willenstugenden (Tugenden im strengen Sinne) teilt man seit ältesten Zeiten ein in die vier [[Kardinaltugenden|Kardinal- oder Grundtugenden]]: [[Klugheit]], [[Gerechtigkeit]], Starkmut oder [[Tapferkeit]] und [[Mäßigung]]. Alle anderen Tugenden sind „Untertugenden“ derselben. |
Die sittlichen Tugenden werden durch menschliches Bemühen erworben. Sie sind Früchte und zugleich Keime sittlich guter Taten; sie ordnen alle Kräfte des Menschen darauf hin, mit der göttlichen Liebe vereint zu leben. Sie verleihen dem Menschen Leichtigkeit, Sicherheit und Freude zur Führung eines sittlich guten Lebens. Der tugendhafte Mensch tut freiwillig das Gute | Die sittlichen Tugenden werden durch menschliches Bemühen erworben. Sie sind Früchte und zugleich Keime sittlich guter Taten; sie ordnen alle Kräfte des Menschen darauf hin, mit der göttlichen Liebe vereint zu leben. Sie verleihen dem Menschen Leichtigkeit, Sicherheit und Freude zur Führung eines sittlich guten Lebens. Der tugendhafte Mensch tut freiwillig das Gute | ||
Zeile 18: | Zeile 18: | ||
==Wert der Tugend== | ==Wert der Tugend== | ||
− | Der Wert der Tugend liegt in der größeren Leichtigkeit, in der ermöglichten Stetigkeit, in der stärkeren Kraft zum sittlich guten Tun. Dadurch unterstützen die Tugend die guten Charakteranlagen und lassen dem Menschen das Gute und Edle zur zweiten Natur werden, so dass er für sein Leben nicht mehr der äußeren Anleitung noch weniger der zwingenden Gewalt der Gesetze bedarf. Tugend besagt also nichts Schwächliches oder Verächtliches, sondern Kraft und [[Charakter]]. Der Tugendhafte ist das nützlichste Glied der [[Gemeinschaft]], das Bild und Gleichnis des [[Schöpfer]]s. Nach der Lehre der Kirche kann auch der durch die [[Erbsünde]] geschwächte Mensch mit seinen natürlichen Kräften, ohne die Hilfe der Gnade, natürlich gute Handlungen vollbringen. Dagegen vermag er nicht ohne die Hilfe der Gnade das ganze natürlichen [[Sittengesetz]] auf längere Zeit zu beobachten. Dies kann nur das Gotteskind, dem besonders Gnaden zur Verfügung stehen. | + | Der Wert der Tugend liegt in der größeren Leichtigkeit, in der ermöglichten Stetigkeit, in der stärkeren Kraft zum sittlich guten Tun. Dadurch unterstützen die Tugend die guten Charakteranlagen und lassen dem Menschen das Gute und Edle zur zweiten Natur werden, so dass er für sein Leben nicht mehr der äußeren Anleitung noch weniger der zwingenden Gewalt der Gesetze bedarf. Tugend besagt also nichts Schwächliches oder Verächtliches, sondern Kraft und [[Charakter]]. Der Tugendhafte ist das nützlichste Glied der [[Gemeinschaft]], das [[Bild und Gleichnis]] des [[Schöpfer]]s. Nach der Lehre der Kirche kann auch der durch die [[Erbsünde]] geschwächte Mensch mit seinen natürlichen Kräften, ohne die Hilfe der Gnade, natürlich gute Handlungen vollbringen. Dagegen vermag er nicht ohne die Hilfe der Gnade das ganze natürlichen [[Sittengesetz]] auf längere Zeit zu beobachten. Dies kann nur das Gotteskind, dem besonders Gnaden zur Verfügung stehen. |
==Merkmal der Tugend== | ==Merkmal der Tugend== | ||
Der heilige [[Augustinus von Hippo|Augustinus]] beschreibt in seinen Bekenntnissen (4. Buch, Kapitel 15) sehr deutlich die Frucht der Tugend, wenn er sagt: „Da ich aber in der Tugend den Frieden liebte, im Laster aber den Zwiespalt hasste, so gab ich für jene die Einheit, für dieses den Zwiespalt als charakteristisches Merkmal an.“ | Der heilige [[Augustinus von Hippo|Augustinus]] beschreibt in seinen Bekenntnissen (4. Buch, Kapitel 15) sehr deutlich die Frucht der Tugend, wenn er sagt: „Da ich aber in der Tugend den Frieden liebte, im Laster aber den Zwiespalt hasste, so gab ich für jene die Einheit, für dieses den Zwiespalt als charakteristisches Merkmal an.“ | ||
+ | |||
+ | Kardinal Jules-Géraud Saliège sagt über die Tugend: " Die echte Tugend erkennt man daran, dass sie unser Wollen dem Wollen Gottes angleicht, besonders wenn der Wille Gottes unseren Neigungen widerspricht. Eingebildete Tugenden erkennt man daran, dass sie in rührseligen Träumen schwelgen. Der sicherste Weg zu Gott besteht darin, seinen Willen zu tun." | ||
== Mutter aller Tugenden == | == Mutter aller Tugenden == | ||
− | Der heilige Benedikt sagt in seiner Regel über den Abt (Kapitel 64), dass er die maßvolle Unterscheidung (Discretio), die die Mutter aller Tugenden sei, haben muss. | + | Der [[Regel des hl. Benedikt|heilige Benedikt sagt in seiner Regel]] über den Abt (Kapitel 64), dass er die maßvolle Unterscheidung ([[Discretio]]), die die Mutter aller Tugenden sei, haben muss. |
− | [[Gregor der Große]] bezeichnet in seiner "Regula pastoralis" die [[Liebe]] als die Mutter und Hüterin, die [[Klugheit]], die Pflegemutter aller Tugenden. | + | [[Gregor der Große]] bezeichnet in seiner "[[Regula pastoralis]]" die [[Liebe]] als die Mutter und Hüterin, die [[Klugheit]], die Pflegemutter aller Tugenden. |
Für Christen sind die [[Göttliche Tugenden]] (eingegossene Tugenden): ([[Glaube]], [[Liebe]], [[Hoffnung]]) wichtig, die auf [[Paulus]] zurückgehen. | Für Christen sind die [[Göttliche Tugenden]] (eingegossene Tugenden): ([[Glaube]], [[Liebe]], [[Hoffnung]]) wichtig, die auf [[Paulus]] zurückgehen. | ||
+ | |||
+ | == [[Lehramt]]liches == | ||
+ | '''[[Klemens VIII.]]''' | ||
+ | * 1598 [[Robert Bellarmin: Großer Katechismus#Kapitel X: Die Tugenden im allgemeinen]] | ||
+ | |||
+ | '''[[Pius XI.]]''' | ||
+ | * 1925 Deutscher [[Einheitskatechismus#Sei tugendhaft !]] | ||
+ | |||
+ | '''[[Pius XII.]]''' | ||
+ | * [[7. April ]] [[1943]] [[Ansprache]] [[Siate i bevenuti]] an Neuvermählte. Was ist Tugend ? | ||
+ | * [[14. April]] [[1943]] [[Ansprache]] [[Di tutti i tesori]] an Neuvermählte. Von der Übung der Tugenden. | ||
+ | |||
+ | '''[[Johannes XXIII.]]''' | ||
+ | * 1960 [[Österreichische Bischofskonferenz]]: [[Katechismus der katholischen Religion#73. LEHRSTÜCK: WER STÄNDIG DAS GUTE TUT, LEBT TUGENDHAFT]]. | ||
+ | |||
+ | == Literatur == | ||
+ | * [[Romano Guardini]]: ''Tugenden. Meditationen über Gestalten sittlichen Lebens'', [[Matthias-Grünewald-Verlag]] 2021 (184 Seiten, 10. Auflage, ISBN 3786730873, unveränderter Nachdruck der 2. Auflage im Werkbund-Verlag Würzburg 1967; 1. Auflage 1963). | ||
+ | * Willibald Kammermeier: ''Nach dem Vorbild des Meisters, Christliche Tugenden heute'', Verlag Aktuell 1994 (125 Seiten, ISBN 9783930309092). | ||
+ | * Werk der Heiligen Liebe (Hrsg.): ''Die Stufen der [[Heiligkeit]], Belehrungen über die Tugenden an Maureen Sweeney-Kyle'', [[Parvis-Verlag]] 2009 (128 Seiten; ISBN 9782880228231). | ||
+ | * [[Albertus Magnus]]: ''Des seligen Albert des Großen, Bischof von Regensburg, Handbuch von den wahren und vollkommenen Tugenden der Seele'', Schorner Straubing Verlag [https://books.google.de/books?id=vh9RAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ViewAPI&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false 1847 (195 Seiten)]; Verlag des katholischen Büchervereins München [https://books.google.de/books?id=vCWtVUsXpCIC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ViewAPI&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false 1876 (176 Seiten)]. | ||
+ | * Dominikus Mettenleiter: Des heiligen [[Thomas von Aquin]] Himmelsleiter, oder Uebung der vorzüglichsten Tugenden., Bearbeitet und herausgegeben von D. Mettenleiter, in der Reihe: Kleine religiöse Bibliothek in Miniaturausgaben, [[Georg Joseph Manz Verlag]] Regensburg [https://books.google.de/books?id=04BRAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ViewAPI&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false 1854 (202 Seiten)]. | ||
+ | * ''Der Weg der kleinen Schritte. Salesianisches Tugend-ABC'', [[Franz Sales Verlag]] 2009 (280 Seiten; ISBN 978-3-7721-0301-8). | ||
+ | * Anton Kner: ''Was uns im Leben trägt. Die Tugenden des Christen im Alltag''. Ausgewählt und herausgegeben von [[Reinhard Abeln]]. [[Kanisius Verlag]] Freiburg/Schweiz; Konstanz, [[Kanisiuswerk]] Konstanz 1994 (96 Seiten). | ||
+ | * [[Juan Eusebio Nieremberg]]: ''Richtige Tugendstrasse : oder: Hundert auserlesene geistliche Lehrpunkten die wahre Tugend und christliche Vollkommenheit, wie auch die innerliche Gewissensruhe durch völlige Vereinigung mit dem Willen Gottes zu erlangen]'', Schmid Verlag Eichstätt 1795 (48 Seiten). | ||
'''siehe auch''': [[Jesus Christus|Der Tugendreichste]], [[Muttergottes|Die Tugendreichste]]. | '''siehe auch''': [[Jesus Christus|Der Tugendreichste]], [[Muttergottes|Die Tugendreichste]]. | ||
+ | {{Vorlage:Leiste Vitia et Virtutes}} | ||
+ | {{Vorlage:Leiste Sanitas}} | ||
+ | |||
+ | == Weblinks == | ||
+ | * [https://radiomaria.bz.it/01_audiodaten/radioakademie_im_glaubensforum/moraltheologie/RA_161031_Kampowski_Prof_Stephan-Moraltheologie-Was_wir_wirklich_wollen-Teil_6.mp3 Die sittlichen Tugenden] von [[Stephan Kampowski]] bei [[Radio Maria Südtirol]] (ca. 2016/2017) | ||
+ | |||
+ | == Anmerkungen == | ||
+ | <references /> | ||
[[Kategorie:Tugenden|!]] | [[Kategorie:Tugenden|!]] |
Aktuelle Version vom 19. Dezember 2023, 11:52 Uhr
Tugend ist die erworbene natürliche Tüchtigkeit und Fertigkeit etwas zu tun. Sie ist eine durch Übung erlangte kraftvolle Gewohnheit. So ist z.B. das erlernte Skifahren, das in „Fleisch und Blut übergegangen“ ist, eine Tugend.
Was wir jedoch im strengen Sinne als Tugend bezeichnen, ist eine natürliche Fertigkeit des sittlichen Lebens, die der Mensch durch Betätigung und Übung seiner natürlichen Veranlagung erwerben kann. "Die Tugend ist eine Fertigkeit im Guten, die man dadurch gewinnt und erobert, dass man das Gute wiederholt tut." <ref>Pius XII., Ansprache Quanto è gradita vom 8. Juli 1942 an Neuvermählte, S. 201.</ref> Die Tugend hat bezug auf das Verhalten zu Gott, zu sich selbst, den Mitmenschen oder anderen Geschöpfen.
Inhaltsverzeichnis
Einteilung der Natürlichen Tugenden
- Intellektuelle oder Verstandestugenden (Tugenden im weiten Sinne)
z. B. Einsicht. So wichtig sie für das Kulturleben auch sind, haben sie an sich nicht die Kraft, den Menschen sittlich gut zu machen.
- Sittliche oder Willenstugenden
Die Willenstugenden (Tugenden im strengen Sinne) teilt man seit ältesten Zeiten ein in die vier Kardinal- oder Grundtugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Starkmut oder Tapferkeit und Mäßigung. Alle anderen Tugenden sind „Untertugenden“ derselben.
Die sittlichen Tugenden werden durch menschliches Bemühen erworben. Sie sind Früchte und zugleich Keime sittlich guter Taten; sie ordnen alle Kräfte des Menschen darauf hin, mit der göttlichen Liebe vereint zu leben. Sie verleihen dem Menschen Leichtigkeit, Sicherheit und Freude zur Führung eines sittlich guten Lebens. Der tugendhafte Mensch tut freiwillig das Gute
Aufforderung zur sittlichen Tugend
„Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht!“ (Phil 4,8).
Tugend ist die reife Frucht vielfältiger Bemühungen. Auch im Sittlichen ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Bei Vernunftwesen kann äußere Abrichtung nicht in Frage kommen. Mit der Willensübung muss die Einsicht in den Wert und die Schönheit der Tugend Hand in Hand gehen. Drill allein hält in den Stürme der wachsenden Leidenschaften nicht stand. Der edle und feste Charakter erwächst nur aus der Selbsterziehung, die angefeuert wird durch das Vorbild der Erzieher, der Heiligen und besonders Christi selbst. Die Kraft des Tugendlebens hängt auch von seinem inneren Zusammenhang ab. Wenn auch in etwa eine Tugend ohne die andern erworben werden kann, so hängen sie doch aufs innigste zusammen. Wie leicht kann z. B. der Tapfere durch unklugen Eifer daneben greifen oder der Kluge es an der Tapferkeit fehlen lassen. Je höher man im Tugendstreben steigt, umso weniger darf man der Einseitigkeit huldigen. Auf dem Gipfel. d. h. beim heroischen (heldischen) Tugendgrade ist eine Teilung nicht mehr möglich.
Wert der Tugend
Der Wert der Tugend liegt in der größeren Leichtigkeit, in der ermöglichten Stetigkeit, in der stärkeren Kraft zum sittlich guten Tun. Dadurch unterstützen die Tugend die guten Charakteranlagen und lassen dem Menschen das Gute und Edle zur zweiten Natur werden, so dass er für sein Leben nicht mehr der äußeren Anleitung noch weniger der zwingenden Gewalt der Gesetze bedarf. Tugend besagt also nichts Schwächliches oder Verächtliches, sondern Kraft und Charakter. Der Tugendhafte ist das nützlichste Glied der Gemeinschaft, das Bild und Gleichnis des Schöpfers. Nach der Lehre der Kirche kann auch der durch die Erbsünde geschwächte Mensch mit seinen natürlichen Kräften, ohne die Hilfe der Gnade, natürlich gute Handlungen vollbringen. Dagegen vermag er nicht ohne die Hilfe der Gnade das ganze natürlichen Sittengesetz auf längere Zeit zu beobachten. Dies kann nur das Gotteskind, dem besonders Gnaden zur Verfügung stehen.
Merkmal der Tugend
Der heilige Augustinus beschreibt in seinen Bekenntnissen (4. Buch, Kapitel 15) sehr deutlich die Frucht der Tugend, wenn er sagt: „Da ich aber in der Tugend den Frieden liebte, im Laster aber den Zwiespalt hasste, so gab ich für jene die Einheit, für dieses den Zwiespalt als charakteristisches Merkmal an.“
Kardinal Jules-Géraud Saliège sagt über die Tugend: " Die echte Tugend erkennt man daran, dass sie unser Wollen dem Wollen Gottes angleicht, besonders wenn der Wille Gottes unseren Neigungen widerspricht. Eingebildete Tugenden erkennt man daran, dass sie in rührseligen Träumen schwelgen. Der sicherste Weg zu Gott besteht darin, seinen Willen zu tun."
Mutter aller Tugenden
Der heilige Benedikt sagt in seiner Regel über den Abt (Kapitel 64), dass er die maßvolle Unterscheidung (Discretio), die die Mutter aller Tugenden sei, haben muss.
Gregor der Große bezeichnet in seiner "Regula pastoralis" die Liebe als die Mutter und Hüterin, die Klugheit, die Pflegemutter aller Tugenden.
Für Christen sind die Göttliche Tugenden (eingegossene Tugenden): (Glaube, Liebe, Hoffnung) wichtig, die auf Paulus zurückgehen.
Lehramtliches
- 1925 Deutscher Einheitskatechismus#Sei tugendhaft !
- 7. April 1943 Ansprache Siate i bevenuti an Neuvermählte. Was ist Tugend ?
- 14. April 1943 Ansprache Di tutti i tesori an Neuvermählte. Von der Übung der Tugenden.
- 1960 Österreichische Bischofskonferenz: Katechismus der katholischen Religion#73. LEHRSTÜCK: WER STÄNDIG DAS GUTE TUT, LEBT TUGENDHAFT.
Literatur
- Romano Guardini: Tugenden. Meditationen über Gestalten sittlichen Lebens, Matthias-Grünewald-Verlag 2021 (184 Seiten, 10. Auflage, ISBN 3786730873, unveränderter Nachdruck der 2. Auflage im Werkbund-Verlag Würzburg 1967; 1. Auflage 1963).
- Willibald Kammermeier: Nach dem Vorbild des Meisters, Christliche Tugenden heute, Verlag Aktuell 1994 (125 Seiten, ISBN 9783930309092).
- Werk der Heiligen Liebe (Hrsg.): Die Stufen der Heiligkeit, Belehrungen über die Tugenden an Maureen Sweeney-Kyle, Parvis-Verlag 2009 (128 Seiten; ISBN 9782880228231).
- Albertus Magnus: Des seligen Albert des Großen, Bischof von Regensburg, Handbuch von den wahren und vollkommenen Tugenden der Seele, Schorner Straubing Verlag 1847 (195 Seiten); Verlag des katholischen Büchervereins München 1876 (176 Seiten).
- Dominikus Mettenleiter: Des heiligen Thomas von Aquin Himmelsleiter, oder Uebung der vorzüglichsten Tugenden., Bearbeitet und herausgegeben von D. Mettenleiter, in der Reihe: Kleine religiöse Bibliothek in Miniaturausgaben, Georg Joseph Manz Verlag Regensburg 1854 (202 Seiten).
- Der Weg der kleinen Schritte. Salesianisches Tugend-ABC, Franz Sales Verlag 2009 (280 Seiten; ISBN 978-3-7721-0301-8).
- Anton Kner: Was uns im Leben trägt. Die Tugenden des Christen im Alltag. Ausgewählt und herausgegeben von Reinhard Abeln. Kanisius Verlag Freiburg/Schweiz; Konstanz, Kanisiuswerk Konstanz 1994 (96 Seiten).
- Juan Eusebio Nieremberg: Richtige Tugendstrasse : oder: Hundert auserlesene geistliche Lehrpunkten die wahre Tugend und christliche Vollkommenheit, wie auch die innerliche Gewissensruhe durch völlige Vereinigung mit dem Willen Gottes zu erlangen], Schmid Verlag Eichstätt 1795 (48 Seiten).
siehe auch: Der Tugendreichste, Die Tugendreichste.
Nr. | Vitium | Laster 👎 | Virtus | Tugend 👍 | Bereich am Leib des Menschen | |
---|---|---|---|---|---|---|
1. | Amor saeculi | Weltliebe | Amor caelestis | Liebe zum Himmlischen/Himmelsliebe | oberhalb der Schultern ↓ | |
2. | Petulantia | Ausgelassenheit/Frechheit | Disciplina | Zucht/Disziplin | ↓ | |
3. | Joculatrix | Vergnügungssucht/Spaßmacherei | Verecundia | Schamhaftigkeit/Ehrfurcht | ↓ | |
4. | Obduratio | Herzenshärte/Verhärtung | Misericordia | Barmherzigkeit | ↓ | |
5. | Ignavia | Feigheit | Divina victoria | Gottes Sieg | ↓ | |
6. | Ira | Zorn | Patientia | Geduld | ↓ | |
7. | Inepta laetitia | Ausschweifung/Törichte Freude | Gemitus ad Deum | Sehnsucht nach Gott/Seufzen vor Gott | ↑ | |
8. | Ingluvies ventri | Schlemmerei/Völlerei | Abstinentia | Enthaltsamkeit | Brust- und Rückenbereich ↓ | |
9. | Acerbitas | Engherzigkeit/Bitterkeit | Largitas | Freigebigkeit | ↓ | |
10. | Impietas | Gottlosigkeit | Pietas | Frömmigkeit | ↓ | |
11. | Fallacitas | Lüge/Falschheit | Veritas | Wahrheit | ↓ | |
12. | Contentio | Streitsucht/Streit | Pax | Friede | ↓ | |
13. | Infelicitas | Schwermut/Unglückseligkeit | Beatitudo | Seligkeit | ↓ | |
14. | Immoderatio | Maßlosigkeit | Discretio | Maß/Unterscheidung | ↓ | |
15. | Perditio animarum | Verstocktheit/Verdammnis der Seelen | Salvatio animarum | Seelenheil/Erlösung der Seelen | ↑ | |
16. | Superbia | Hochmut | Humilitas | Demut | von den Schenkeln bis zu den Knien ↓ | |
17. | Invidia | Missgunst/Neid | Charitas | Liebe | ↓ | |
18. | Inanis gloria | Ruhmsucht/Eitle Ruhmsucht | Timor Domini | Gottesfurcht | ↓ | |
19. | Inobedientia | Ungehorsam | Obedientia | Gehorsam | ↓ | |
20. | Infidelitas | Unglaube | Fides | Glaube | ↓ | |
21. | Desperatio | Verzweiflung | Spes | Hoffnung | ↓ | |
22. | Luxuria | Wollust/Lüsternheit | Castitas | Keuschheit | ↑ | |
23. | Injustitia | Ungerechtigkeit | Justitia | Gerechtigkeit | Waden- und Fußbereich ↓ | |
24. | Torpor | Stumpfsinn | Fortitudo | Tapferkeit | ↓ | |
25. | Oblivio Dei | Gottvergessenheit | Sanctitas | Heiligkeit | ↓ | |
26. | Inconstantia | Unbeständigkeit | Constantia | Beständigkeit | ↓ | |
27. | Cura terrenorum | Sorge für das Irdische/Weltsorge | Caeleste desiderium | Sehnsucht nach Himmlischem/Himmelsverlangen | ↓ | |
28. | Obstinatio | Verschlossenheit/Hartnäckigkeit | Compunctio cordis | Zerknirschung/Herzenszerknirschung | ↓ | |
29. | Cupiditas | Habsucht/Begierde | Contemptus mundi | Weltverachtung | ↓ | |
30. | Discordia | Zwietracht | Concordia | Eintracht | ↑ | |
31. | Scurrilitas | Spottsucht/Albernheit | Reverentia | Ehrfurcht/Ehrerbietung | unter den Fußsohlen ↓ | |
32. | Vagatio | Umherschweifen/Unstetigkeit | Stabilitas | Stetigkeit/Beständigkeit | ↓ | |
33. | Maleficium | Magische Kunst/Zauberei | Cultus Dei | Gottesdienst | ↓ | |
34. | Avaritia | Geiz/Habsucht | Sufficientia | Genügsamkeit/Zufriedenheit | ↓ | |
35. | Tristitia saeculi | Weltschmerz/Welttrauer | Coeleste gaudium | Himmlische Freude/Himmelsfreude | ↑ |
Tabellarischer Überblick zur Heilung des Einzelmenschen
Wertung | Zustand der Leibessäfte | Ausdünstender leiblicher - Geruch |
materielles Universalheilmittel |
Leibliche natürliche Folge |
Wille | Zustand der Seele | Ausstrahlender seelischer - Geruch |
geistliches Universal- heilmittel | seelische übernatürliche Folge |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Positiv |
Freude |
Weihrauch) |
Wein, Öl ➕ |
Gedeihen |
Heiligmachende Gnade - GdH |
(Liebe) |
➕ |
Ewiges Leben 😇 | |
👎 |
Traurigkeit |
Reinigung, Ausleitung ⬆︎ ➖ |
(Schwarzgalle) Tod |
Eigenwille |
Todsünde bis Verstocktheit |
(Hass) |
➖ |
Ewiger Tod ☠️ |
Gebet: Komm herab, o Heil'ger Geist, der die finstre Nacht zerreißt, strahle Licht in diese Welt. Vater aller Armen Du, Aller Herzen Licht und Ruh, Komm mit Deiner Gaben Zahl ! Tröster in Verlassenheit, Labsal voll der Lieblichkeit, Komm, Du süßer Seelenfreund! In Ermüdung schenke Ruh, In der Glut hauch Kühlung zu, tröste den, der Tränen weint. O Du Licht der Seligkeit, mach Dir unser Herz bereit, dring in unsre Seelen ein! Ohne Dein lebendig Wehn, kann im Menschen nichts bestehn. Wasche, was beflecket ist; heile, was verwundet ist; tränke, was da dürre steht; beuge, was verhärtet ist; wärme, was erkaltet ist; lenke, was den Weg verfehlt ! Heil'ger Geist, wir bitten Dich: Gib den gläubig Schauenden, Den auf dich vertrauenden, Deiner sieben Gaben Kraft ! Gib den Lohn der Tugend ganz, Gib' des Heiles vollen Glanz, und dereinst die Seligkeit. Amen. Halleluja (Pfingstsequenz). |
Anmerkungen siehe https://www.kathpedia.de/index.php?title=Vorlage:Leiste_Sanitas&diff=190155&oldid=190154
Weblinks
- Die sittlichen Tugenden von Stephan Kampowski bei Radio Maria Südtirol (ca. 2016/2017)
Anmerkungen
<references />