Sempiternus rex (Wortlaut)

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Enzyklika
Sempiternus rex

unseres Heiligen Vaters
Pius XII.
durch göttliche Vorsehung Papst
an alle Ehrwürdigen Brüder Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe
und die anderen Oberhirten, die in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle leben
über die vor fünfzehn Jahrhunderten zu Chalcedon abgehaltene Kirchenversammlung über die Menschheit Christi
8. September 1951

(Offizieller lateinischer Text: AAS 43 [1951] 625-644)

(Quelle: Typis Polyglottis Vaticanis 1951. Die Nummerierung folgt der englischen Fassung)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Ehrwürdige Brüder,
Gruß und Apostolischen Segen !

Einleitung

1 Bevor Christus, der ewige König, dem Petrus, dem Sohn des Johannes, das Oberhirtenamt in der Kirche verhieß, fragte er die Jünger, was die Menschen und die Apostel selbst von Ihm dächten, und spendete ein ganz besonderes Lob dem Glauben, der alle Erschütterungen und Stürme der Unterwelt überwinden sollte und den Petrus, vom Licht des himmlischen Vaters erleuchtet, mit den Worten bekannt hatte: «Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes».<ref>{{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Sempiternus rex (Wortlaut) |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 16{{#if:16|,16}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}.</ref> Diesen Glauben, der die Kronen der Apostel, die Palmen der Martyrer und die Lilien der Jungfrauen schafft und der eine Gotteskraft zur Rettung für jeden ist, der glaubt,<ref>Vgl. {{#ifeq: Vorlage:Röm (Bibel) | Sempiternus rex (Wortlaut) |{{#if: Röm|Röm|Vorlage:Röm (Bibel)}}|{{#if: Röm |[[Vorlage:Röm (Bibel)|Röm]]|[[Vorlage:Röm (Bibel)]]}}}} 1{{#if:16|,16}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}.</ref> haben hauptsächlich drei Allgemeine Kirchenversammlungen wirksam verteidigt und lichtvoll erläutert: die von Nizäa, die von Ephesus und jene von Chalzedon, deren 15. Jahrhundertfeier in das Ende dieses Jahres fällt. Nun geziemt es sich, dass zum Gedächtnis eines so frohen Ereignisses sowohl in Rom wie in der ganzen katholischen Welt Feiern veranstaltet werden, die Wir, nach gebührender Danksagung gegen Gott, den Urheber aller heilbringenden Entschlüsse, in inniger Ergriffenheit des Herzens anordnen.

2 Wie nämlich Unser Vorgänger sel. Ang. Pius XI. im Jahre 1925 das Gedächtnis der heiligen Kirchenversammlung von Nizäa in dieser Ewigen Stadt feierlich begehen wollte, wie er auch jene von Ephesus im Jahre 1931 durch das Rundschreiben Lux veritatis in Erinnerung rief, so gedenken auch Wir durch dieses Rundschreiben mit gleicher Wertschätzung und Aufmerksamkeit des Konzils von Chalzedon. Da, die Kirchenversammlungen von Ephesus und Chalzedon gerade auf die hypostatische Vereinigung des menschgewordenen Wortes Bezug nehmen, sind sie ja durch ein unlösliches Band miteinander verkettet. Beide stehen schon im Altertum in hohen Ehren sowohl in der Ostkirche, in der ihrer auch in der Liturgie Erwähnung geschieht, wie auch in der Kirche des Abendlandes, was kein Geringerer bezeugt als der heilige Gregor der Grosse, der sie nicht weniger als die beiden vorhergehenden Konzilien, nämlich die von Nizäa und Konstantinopel, preist und den denkwürdigen Satz prägt: «Auf ihnen erhebt sich. wie auf einem Quaderstein, der Bau des heiligen Glaubens; und jeder, der nicht auf ihrem Felsengrunde steht - sein Leben und Handeln mag sein, wie es will -, der befindet sich außerhalb des Baues, selbst wenn er ein Stein zu sein scheint ».<ref>Registrum Epistularum, I, 25 (al. 24): PL 77, 478; ed. Ewald, 1. 36.</ref>

3 Wenn man jenes Ereignis und dessen Umstände aufmerksam betrachtet, so treten zwei Punkte besonders hervor, die Wir möglichst klar darlegen wollen: einerseits der Primat des Bischofs von Rom, wie er in dem schwerwiegenden christologischen Meinungsstreit offen zutage trat, und anderseits die große Bedeutung und Wichtigkeit der dogmatischen Entscheidung von Chalzedon. Den Primat des Bischofs von Rom mit gebührender Achtung nach den Weisungen und Beispielen ihrer Vorfahren anzuerkennen, mögen jene nicht zögern, die durch die Ungunst der Zeiten, besonders in den Ländern des Ostens, vom Schoss und der Einheit der Kirche getrennt sind; die dogmatische Entscheidung aber mögen, mit reinerem Blick des Geistes in das Christusgeheimnis eindringend, jene endlich vollständig sich zu eigen machen, die in nestorianische und eutychianische Irrtümer verstrickt sind. Im Bemühen um vertiefte Wahrheitserkenntnis mögen ebendiese Entscheidung auch jene durchdenken, die aus übergroßer Sucht nach Neuem bei der Erforschung des Erlösungsgeheimnisses die heilig und unverletzlich festgelegten Grenzmarken in etwa zu verschieben wagen. Schließlich sollen alle, die sich Katholiken nennen, die Gedächtnisfeier zum mächtigen Ansporn nehmen, die unvergleichlich kostbare Perle, von der das Evangelium spricht, mit Herz und Mund zu behüten indem sie einen makellosen Glauben bekennen und bewahren und Ihm, was die Hauptsache ist, das Zeugnis ihres eigenen Lebens hinzufügen, von dem mit Hilfe der Barmherzigkeit Gottes alles fernbleibe, was ungeziemend, unwürdig und tadelnswert ist, und worin statt dessen der Glanz der Tugenden erstrahle; so werden sie der Gottheit Dessen teilhaftig werden, der sich herabgelassen hat, unsere Menschennatur anzunehmen.

I. DIE ANFÄNGE DER HÄRESIE DES EUTYCHES

4 Um nun geordnet voranzugehen, müssen Wir die Ereignisse, deren hier gedacht wird, von ihren Anfängen an darlegen. Der Urheber der ganzen Streitfrage, um die es sich auf dem Konzil zu Chalzedon handelte, war Eutyches, Priester und Abt eines berühmten Klosters in Konstantinopel. Während er die Häresie des Nestorius, die zwei Personen in Christus behauptete, scharf bekämpfte, verfiel er dem entgegengesetzten Irrtum.

5 « Sehr unklug und allzu unerfahren »,<ref>Leo M. ad Flavianum (Ep. 28, 1: PL 54, 755 s.).</ref> stellte er mit maßloser Hartnäckigkeit folgende Behauptungen auf: Zwei Zeitpunkte sind zu unterscheiden: Vor der Menschwerdung gab es zwei Naturen Christi, die menschliche und die göttliche. Nach der Vereinigung aber bestand nur eine, da das Wort den Menschen aufgesogen hatte. Aus der .Jungfrau Maria entstand der Leib des Herrn, doch ist er nicht von der gleichen Substanz und Materie, wie unser Leib; denn er ist zwar menschlich, aber nicht uns wesensgleich und auch nicht Jener wesensgleich, die Christus dem Fleische nach geboren hat;<ref>Flavianum ad Leonem M. (Ep. 26: PL 54, 745).</ref> Deshalb wurde Christus nicht in einer wahren menschlichen Natur geboren, noch hat er in einer solchen gelitten, ist gekreuzigt worden und aus dem Grabe auferstanden.

6 Dabei bedachte Eutyches nicht, dass vor der Vereinigung die menschliche Natur Christi überhaupt nicht existierte, da sie ja erst im Augenblick Seiner Empfängnis zu bestehen begann; widersinnig aber wäre es zu meinen, dass nach der Vereinigung zwei Naturen zu einer einzigen verschmelzen; denn zwei wahre und wirkliche Naturen können in keiner Wese zu einer einzigen werden, um so mehr da die göttliche Natur unendlich und unveränderlich ist.

7 Wer mit gesundem Sinne solche Meinungen erwägt, der sieht unschwer ein, dass damit das ganze Geheimnis der göttlichen Heilsordnung in leere und unfassbare Schatten zerfließt. Urteilsfähigen Menschen erschien jene Meinung des Eutyches ohne weiteres als etwas durchaus Neues, Widersinniges, den Aussprüchen der Propheten und den Worten des Evangeliums sowie dem apostolischen Glaubensbekenntnis, und dem in Nizäa verkündeten Glaubenssatz vollständig entgegengesetzt und aus den Rüstkammern eines Valentin und Apollinaris hervorgeholt.

8 Auf einer Partikularsynode in Konstantinopel, auf der der heilige Flavian, der Bischof jener Stadt, den Vorsitz führte, wurde Eutyches, der seine Irrtümer in den Klöstern herum hartnäckig und vielerorts verbreitete, von Bischof Eusebius von Dorylaeum offen der Häresie beschuldigt und daraufhin verurteilt. Dagegen legte er bei einigen sehr einflussreichen Bischöfen Berufung ein, als ob die Verurteilung ein Unrecht wäre gegen ihn, der die wiederauflebende nestorianiscbe Häresie bekämpfe. Einen derartigen Beschwerdebrief erhielt auch der heilige Papst Leo der Grosse, der Inhaber des Apostolischen Stuhles, dessen glänzende und gründliche Tugenden, dessen wachsame Sorge für Religion und Frieden, dessen tapferes Eintreten für die Wahrheit und für die Würde des Römischen Stuhles, dessen Geschicklichkeit in der Führung der Geschäfte, die ebenso bedeutend war wie der Wohlklang seiner Sprache, die unerschöpfliche Bewunderung aller Zeiten erregen. Niemand schien fähiger und geeigneter, den Irrtum des Eutyches zurückzuweisen, als er, der in seinen Ansprachen und Briefen in frommer Erhabenheit und erhabener Frömmigkeit das Geheimnis der einen Person und der doppelten Natur in Christus, das nie genug gepriesen werden kann, zu betonen und zu feiern pflegte: « Die katholische Kirche lebt und wächst durch diesen Glauben, dass in Christus Jesus weder die Menschheit ohne die wahre Gottheit noch die Gottheit ohne die wahre Menschheit angenommen wird ».<ref>S. Leonis M. Ep. 28. 5 (PL 54, 777).</ref>

DIE «RÄUBERSYNODE» VON EPHESUS

9 Da nun aber der Abt Eutyches der Behandlung seiner Streitfrage durch den Bischof von Rom misstraute, verlegte er sich auf List und Ränke. Durch Chrysaphios, seinen vertrauten Freund, der bei Kaiser Theodosius II. in hoher Gunst stand, erlangte er von diesem Fürsten, dass sein Rechtsstreit wiederaufgenommen, nach Ephesus ein neues Konzil berufen und dessen Vorsitz Dioskoros, dem Bischof von Alexandrien, übertragen wurde. Dieser war ein großer Freund des Eutyches und ein Gegner des Bischofs Flavian von Konstantinopel; durch eine vermeintliche Ähnlichkeit der Dogmen irregeleitet, äußerte er immer wieder: Wie Cyrillus, sein Vorgänger, eine Person in Christus verteidigt habe, so wolle er in Christus nach der «Einswerdung» eine Natur mit aller Entschiedenheit verteidigen. Um des Friedens willen weigerte sich Leo der Grosse nicht, dorthin Legaten zu schicken, die u. a. zwei Briefe überbringen sollten, den einen an die Synode, den anderen an Flavian gerichtet, in denen die Irrtümer des Eutyches in klarer, vollkommener und ausführlicher Darlegung der Lehre widerlegt wurden.

10 Doch auf dieser Versammlung in Ephesus, der Leo mit Recht den Namen « Räubersynode » beilegte, begann man, unter dem von Dioskoros und Eutyches ausgeübten Druck, alles mit handgreiflicher Gewalt zu verwirren. Den Apostolischen Legateh wurde der Vorsitz in der Versammlung verweigert; das Vorlesen der Briefe des Papstes wurde verhindert; durch Ränke und Drohungen wurden die Stimmen der Bischöfe erpresst; nebst anderen wurde Flavian der Häresie beschuldigt, seines Hirtenamtes entsetzt und in den Kerker geworfen, wo er starb. Darauf ging Dioskoros in seiner Wut und Verwegenheit so weit, dass er es wagte, - ein unerhörtes Verbrechen! - gegen den höchsten Träger der apost01ischen Gewalt den Bannstrahl zu schleudern. Sobald Leo durch den Diakon Hilarus von dem feindseligen Vorgehen der Räubersynode erfuhr, verwarf er alles, was dort beschlossen oder getan worden war, und ordnete dessen Zurücknahme an, von bitterem Schmerz ergriffen, der oft genug auch durch die Berufungen vieler abgesetzter Bischöfe an seinen Urteilsspruch veranlasst wurde.

BERUFUNG FLAVIANS UND THEODORETS AN DEN APOSTOLISCHEN STUHL

11 Erwähnung verdient; was damals Flavian und Theodoret von Cyrus an den obersten Hirten der Kirche schrieben. Flavian äußerte sich folgendermaßen: « Da ,wie auf Verabredung alles sich feindselig gegen mich wandte, legte ich nach dem ungerechten, willkürlichen Spruch, den er (Dioskorus) gegen mich fällte, Berufung ein beim Thron des .Apostolischen Stuhles des Apostelfürsten Petrus sowie bei der gesamten, Eurer Heiligkeit unterstehenden Synode; aber sofort umringte mich eine Menge Soldaten, hinderte mich, als ich zum heiligen Altar flüchten wollte, und suchte mich aus der Kirche zu zerren ».<ref>Schwartz, Acta Conciliorum Oecumenicorum. II, vol. II. pars prior, p. 78.</ref> Theodoret aber schreibt: « Wenn Paulus, der Herold der Wahrheit, ... den großen Petrus aufsuchte, ... so eilen noch weit mehr wir Geringe und Kleine zu Eurem Apostolischen Stuhl, um von Euch Heilung für die Wunden der Kirche zu erlangen. Euch steht ja in allem der Vorrang zu ... Ich erwarte das Urteil Eures Apostolischen Stuhles ... Vor' allem bitte ich, von Euch darüber belehrt zu werden, ob ich mich mit dieser ungerechten Absetzung abfinden soll oder nicht; Eure Entscheidung nämlich erwarte ich ».<ref>Theodoretus ad Leonem M. (Ep. 52, 1.5. 6: PL 54, 847 et 851; cfr. PG 83. 1311 s. et 1315 s.).</ref>

EINGREIFEN DES PAPSTES

12 Um eine so schwere Schmach zu tilgen, drang Leo mit wiederholten Briefen in Theodosius und Pulcheria, dass sie den allzu traurigen Verhältnissen abhelfen möchten dadurch, dass innerhalb der Grenzen Italiens ein neues Konzil einberufen werde, um die Untaten von Ephesus Wiedergutzumachen. Als er eines Tages, inmitten zahlreicher Bischöfe, den Kaiser Valentinian III., seine Mutter Galla Placidia und seine Gattin Eudoxia bei ihrem Eintritt in die Vatikanische Basilika empfing, drang er unter Flehen und Tränen in sie, dass sie unverzüglich der wachsenden Schmach der Kirche nach Kräften abhelfen möchten. Es schrieb der Kaiser dem Kaiser, es schrieben ebenso die königlichen Frauen. Umsonst! Von Trug und Tücke umstrickt, tat Theodosius nichts, um die rechtswidrigen Maßnahmen rückgängig zu machen. Nach seinem plötzlichen Tode aber kam seine Schwester Pulcheria zur Herrschaft und nahm sich Marcian zum Gemahl und Mitregenten, beide gerühmt ob ihrer Frömmigkeit und Weisheit. Hierauf unterschrieb Anatolius, der von Dioskoros widerrechtlich an die Stelle Flavians gesetzt worden war, den Brief Leos an Flavian über die Menschwerdung des Herrn; die Gebeine Flavians wurden feierlich nach Konstantinopel übertragen; die von ihren Sitzen vertriebenen Bischöfe wurden wieder in ihre Rechte eingesetzt; nach und nach wurde die allgemeine Ablehnung der verderblichen Eutychianischen Irrlehre so stark, dass es kaum mehr nötig schien, ein Konzil einzuberufen, zumal da infolge der Einfälle der Barbarenvölker die Lage im römischen Reiche unsicher war.

13 Trotzdem wurde das Konzil auf Wunsch des Kaisers mit Zustimmung des Papstes abgehalten.

[Fortsetzung folgt]

Anmerkungen

<references />