Iucunda laudatio

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Apostolischer Brief
Iucunda laudatio

unseres Heiligen Vaters
Johannes XXIII.
an den Präsidenten, Prälaten Hyginus Anglés Jamies, zur 50-Jahr- Feier des Päpstlichen Instituts für Kirchenmusik
über Kirchenmusik und Liturgie
8. Dezember 1961

(Offizieller lateinischer Text AAS 53 [1961] 810-813)

(Quelle: Herder-Korrespondenz, Herder Verlag, Sechszehnter Jahrgang 1961/62; Sechstes Heft, März 1962, S. 248: veröffentlicht im "Osservatore Romano" vom 13. Dezember 1961)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


"Lobet den Herrn! Denn es ist schön, unsern Gott zu lobpreisen" (Ps. 146, 1). Wenn Wir diese Worte des heiligen Psalters im Geiste und mit den Ohren vernehmen, so bestärken sie Uns in dem immer schon lebendigen Bemühen, all das besonders zu fördern, was dazu beiträgt, den Gottesdienst feierlicher und reiner zu gestalten. Da aber die Kirchenmusik, deren Größe und Bedeutung immer mehr begriffen wird, mit der Feier der Liturgie aufs engste verbunden ist, wollten Wir, als Wir hörten, dass das Päpstliche Institut für Kirchenmusik in Rom den 50. Jahrestag seines Bestehens feiern werde, gestützt auf diese Überzeugung, diesen feierlichen Anlass nicht mit Schweigen übergehen und wollten deshalb Dir, geliebter Sohn, und dem Institut, dem Du in würdiger Weise vorstehst, durch dieses Schreiben Unsere Glückwünsche, Unsere Ermahnungen und Unser Lob aussprechen.

Als Unser heiliger Vorgänger Pius X. daranging, die liturgische Erneuerung in die Wege zu leiten, hat er scharfsinnig und ohne zu zögern die nicht geringe Bedeutung einer reinen und echt religiösen Kirchenmusik für eine solche Erneuerung erkannt. Darum veranlasste er nach der Herausgabe des Motu proprio Tra le sollecitudini dell'ufficio pastorale, durch das die traditionellen Regeln und Prinzipien hinsichtlich dieser Materie neu eingeschärft und den notwendigen Erfordernissen der neueren Zeit besser angepasst wurden, in kluger Weise die Gründung dieser römischen Hochschule für Kirchenmusik.

Die Hoffnung Unseres heiligen Vorgängers wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil! Seine Erwartungen wurden mit reichen Früchten belohnt. Durch 50 Jahre hat das Institut, dem Du vorstehst, das ihm gesetzte Ziel bewusst und mit Eifer verfolgt. Unsere Vorgänger Benedikt XV., Pius XI. und Pius XII. haben es durch hohes Lob ausgezeichnet. Das Lob, das Wir jetzt spenden, da Wir Uns mit Genugtuung über seine Aktivität und seine Entwicklung freuen dürfen, soll aber keineswegs geringer sein. Die Tätigkeit des Instituts ist ganz der Erhaltung und Entfaltung jenes geistlichen Erbes gewidmet, dessen unschätzbare Werte jedermann in der Kirche anerkennt. Durch die kirchenmusikalische Ausbildung der Alumnen, die einmal durch Rat und Tat auf die Gestaltung der Liturgie Einfluss nehmen werden, im Geiste der Liturgie, erfüllt das Institut für Kirchenmusik eine hochbedeutsame Aufgabe. Außerdem hat es auf Grund seiner Zweckbestimmung und auf Grund der Eigenart seiner Lehrfächer die Aufgabe, die Denkmäler der römischen liturgischen Musik zu erhalten. Es überliefert dieses Material unversehrt und macht es zum Gegenstand sorgfältiger Forschung und genauen Studiums. Obwohl der Tätigkeitsbereich des Instituts weiter gespannt ist, so weist es doch mit vollem Recht der Pflege des Choralgesangs, der wunderbaren Stimme der Einheit des Volkes Gottes, der nach Gregor dem Großen als Gregorianischer Gesang bezeichnet wird und vom heiligen Pius X. zum Fundament der Kirchenmusik gemacht worden ist, einen Ehrenplatz zu. Aber mit nicht weniger Eifer und Sachkenntnis unterweist es die Alumnen in der vokalen Polyphonie, die im 15. und 16. Jahrhundert zu vollendeter Höhe emporwuchs, im mehrstimmigen Gesang unserer Zeit und in der Kunst und der Technik des Orgelspiels.

Unsere Vorgänger Pius XI. und Pius XII. haben, durch religiösen Eifer und kluge Vorsorge dazu veranlasst, durch die Apostolische Konstitution Divini cultus sanctitatem und die Enzyklika Musical sacrae disciplina in dieser Sache mehrere Vorschriften erlassen, die sich vor allem jene vor Augen halten sollen, die auf Grund ihres Amtes dazu verpflichtet sind. Ebenso sorgfältig zu beachten ist die Instructio De musica sacra et sacra Liturgia, die die Ritenkongregation am 3. September 1958 erlassen hat.

Wir möchten jetzt auf einige Einzelheiten hinweisen. Es gefällt Uns ganz besonders, dass durch dieses Institut der Vorrang der lateinischen Sprache in der Liturgia solemnis nach den geltenden Vorschriften besonders gepflegt und geschützt wird. Denn diese ist, abgesehen von ihrer Schönheit, mit den Melodien der römischen Kirche aufs engste verknüpft und bildet ein offensichtliches und glanzvolles Zeichen der Einheit. Diese verehrungswürdige und erhabene, durch ihren Charakter selbst dem musikalischen Rhythmus sich anschmiegende, ernste und wohlklingende Sprache, die Muttersprache der Kinder der Kirche, enthält in ihrer erhabenen Form Schätze der Wahrheit und der Frömmigkeit. Sie ist kraft rechtmäßigen Brauches in die Liturgie eingeführt und muss deshalb darin auch den ersten Platz behalten, der ihr aus mehr als einem Grunde zukommt.

Die liturgische Katechese muss aber in noch geeigneterer Form erteilt werden. Ebenso muss alles gefördert werden, was einer Stärkung des Gebrauchs von liturgischen Andachtsbüchern dient. Denn dann können die Gläubigen der heiligen Handlung mit Andacht und Verständnis folgen. Damit werden ohne Zweifel auch die Voraussetzungen geschaffen, auf Grund derer sich der Sinn der liturgischen Handlungen auch dem einfachen Volke erschließen kann. In dieser Weise wird der liturgische Fortschritt bei Einhaltung des rechten Weges sich aufrichtiges Verständnis erwerben.

Unsere besondere Zustimmung wird dieses Institut finden, wenn es mit besonderer Sorgfalt die religiösen Gesänge in der Volkssprache, und zwar sowohl die von den Vorfahren überkommenen wie die neuvertonten, pflegt und lehrt. Wird die Liturgie nicht in der Form der Liturgia solemnis gefeiert, so sind solche Rufe und Gesänge, die seit langer Zeit in Unseren Kirchen Gastrecht genießen, von nicht zu unterschätzendem geistlichem Nutzen. Trotzdem wird es immer eine heilige Verpflichtung bleiben, dass in der Liturgia solemnis in den bekanntesten Domen wie in den einfachen Landkirchen das Latein sein königliches Szepter und seine erhabene Herrschaft beibehält. Wenn aber einerseits die Pflege des kirchlichen Volksgesangs notwendig ist als einheitliche Stimme und als Symbol ein und derselben Liebe, so finden Wir doch die Bemühungen lobenswert, die Dich und andere weise und eifrige Männer dazu führten, die "Scholae cantorum " in Ehren zu halten und dort, wo sie verfallen sind oder stagnieren, sie zu neuem Leben zu erwecken. Wir möchten vor allem auf die Chöre in den großen Kirchen hinweisen, auf die Chöre der Abtei- und Klosterkirchen, die oft von besonderem Wert und von historischer Bedeutung sind, aber auch auf die Chöre, die in den Pfarrkirchen errichtet worden sind oder in Zukunft noch errichtet werden, ebenso auf die Chöre in den Seminaren und Kollegien. Die Mühen werden sicher nicht gering, die Früchte aber um so größer sein, für die größere Ehre Gottes und den Fortschritt des christlichen Lebens.

In diesem Institut wurde bisher nicht wenig Arbeit geleistet. Es besteht deshalb die berechtigte Hoffnung für eine noch bessere und wirkungsvollere Tätigkeit in der Zukunft. Sehr freuen Wir Uns mit Dir, geliebter Sohn, über den Fortschritt, den es dank Deines unermüdlichen Eifers erzielt hat. Unter anderem ist es für Uns eine ganz besondere Freude, dass jüngst durch einen hochverdienten Mann, dem Gott seine Verdienste vergelten möge, ein eigener Lehrstuhl zur Pflege der Musik für die Missionsländer errichtet worden ist. Die Völker, denen die Verkünder des Evangeliums das Wort und das Licht Gottes bringen, verfügen oft über alte musikalische Schätze und freuen sich ganz besonders über ihre eigenen Lieder. Darum ist der Entschluss sehr zu begrüßen, zu ihrem geistlichen Nutzen diese einheimischen Gesänge zu sammeln, zu bearbeiten und sie für den katholischen Gottesdienst brauchbar zu machen. Das soll so geschehen, dass für die einheimische religiöse Musik ein Fundament geschaffen wird.

Alles, was unter Gottes Führung bereits zu einem guten Erfolg geführt hat, bildet einen Anreiz für eine noch wirksamere Entwicklung. Dieses Uns teure Institut für Kirchenmusik möge immer bestehen bleiben, möge wachsen und möge zu den alten Verdiensten noch neue hinzufügen. Es möge danach streben, unter dem Beistand und im Geist der Kirche täglich mit neuem Eifer jene Musik zu pflegen, die, wenn sie von außen mit Unserem Ohr vernommen wird, aus dem Herzen einen neuen gottgefälligen Gesang, eine milde Opfergabe, ein frei gegebenes Geschenk emporsteigen lässt. Und daran muss auch der einfachste Mensch teilhaben können: "Beten wir singend und singen wir betend" (Augustinus, Sermo 342, 1).

Indem Wir das aus tiefstem Herzen wünschen, erteilen Wir Dir, geliebter Sohn, dem eifrigen Präsidenten des Päpstlichen Instituts für Kirchenmusik, der sich mit bewusster Ausdauer seinem Amte widmet, dessen Professoren und Alumnen, die es jetzt sind und die es einst waren, den dem Institut angeschlossenen Schulen und allen, die es in irgendeiner Weise unterstützen und fördern, den Apostolischen Segen. Das sei das bleibende Unterpfand Unseres Wohlwollens und Unserer Liebe.

Gegeben zu Rom, bei St. Peter, am 8. Dezember 1961,
im vierten Jahre Unseres Pontifikates
Johannes XXIII. PP.