Saepe nos (Wortlaut)

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Enzyklika
Saepe nos

von Papst
Leo XIII.
an die Bischöfe Irlands
über die Unruhen, die dem christlichen Geist widersprechen
24. Juni 1888

(Offizieller lateinischer Text: ASS XXI [1888] 3-5)

(Quelle: Die katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung, Hsgr. Arthur Utz + Birgitta Gräfin von Galen, XXIII 44-48; Scientia humana Institut Aachen 1976, (Imprimatur Friburgi Helv., die 2. decembris 1975 Th. Perroud, V.G. Die Nummerierung folgt der englischen Fassung)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Ehrwürdige Brüder,
Gruß und Apostolischen Segen !

Einleitung

1 Oft haben Wir von der Höhe Unseres Apostolischen Amtes Unsere Sorgen und Unsere Gedanken Euren katholischen Landsleuten zugewandt; Unsere Gesinnung ist in zahlreichen öffentlichen Schreiben dargelegt, aus denen jeder unzweideutig erkennen kann, welche Gefühle Wir Irland gegenüber hegen. - Außer den Anordnungen, die in den verflossenen Jahren die HI. Kongregation für die Glaubensverbreitung in Unserem Namen für Irland erlassen hat, sind die Briefe, die Wir Unserem Ehrwürdigen Bruder, Kardinal MacCabe, Erzbischof von Dublin, zu wiederholten Malen übersandt haben, beredt genug; ebenso die Ansprache, die Wir kürzlich vor zahlreichen Katholiken aus Eurem Volk gehalten haben, von denen Wir nicht nur Glückwünsche und die Wünsche für Unser Wohlergehen empfingen, sondern zugleich auch Äußerungen der Dankbarkeit für Unser den Iren bewiesenes Wohlwollen. - Noch in den letzten Monaten, als in dieser ehrwürdigen Stadt eine Kirche zu Ehren des heiligen Patrik, des großen Apostels der errichtet werden sollte, haben wir dieses Vorhaben von ganzem Herzen unterstützt und Wir werden es auch in Zukunft nach Kräften fördern.

Die Ziele und die Mittel=

2 Wenngleich Wir nun ebendiese väterliche Liebe unverändert für Euch empfinden, so können Wir doch nicht verhehlen, wie sehr Uns in letzter Zeit die Nachrichten aus Eurem Lande betrübt und bedrückt haben. Wir meinen die unerwartete Erregung der Gemüter, die so plötzlich ausbrach, weil das Heilige Offizium entschieden hatte, dass es nicht erlaubt sei, jene Kampfmassnahrne, die "plan of campaign" und "boycotting" genannt wird und von vielen bereits angewandt wurde, als Druckmittel gegen die Feinde der Kirche zu benutzen. - Vor allem ist zu bedauern, dass es nicht wenige gibt, die nicht aufhören, das Volk zu turbulenten Versammlungen zusammenzurufen; in diesen Versammlungen werden unüberlegte und gefährliche Meinungen verbreitet und nicht einmal die Autorität des Dekretes wird geschont, vielmehr wird sein eigentlicher Sinn durch lügnerische Interpretationen vollständig verdreht. Man leugnet sogar, dass aus ihm eine Gehorsamspflicht entsteht und dass es die wahre und eigentliche Aufgabe der Kirche ist, über Gut und Bös der menschlichen Handlungen zu befinden.

3 Diese Handlungsweise weicht weit ab vom Bekenntnis des Christentums, das von den Tugenden der Mäßigung, der Ehrfurcht und des Gehorsams gegenüber der legitimen Obrigkeit begleitet sein muss. Zudem ist es nicht zulässig, in einer guten Sache sich in irgendeiner Weise den Anschein zu geben, jene Menschen nachzuahmen, die das, was sie nicht rechtmäßig fordern können, durch Unruhestiftung zu erreichen versuchen.

4 Und all dies ist umso schwerwiegender, als Wir mit größter Umsicht vorgegangen sind, um die Verhältnisse in Eurem Land und die Gründe der Misshelligkeiten unter der Bevölkerung genau und irrtumsfrei zu ergründen. Wir haben hierfür glaubwürdige Bürgen; Wir haben Euch persönlich befragt; darüber hinaus haben Wir im vergangenen Jahr einen Legaten zu Euch entsandt, einen bewährten und angesehenen Mann, der mit höchster Sorgfalt die Wahrheit erforscht und Uns getreulich berichtet hat. - Das irische Volk hat Uns gerade für diese Fürsorge öffentlich seinen Dank abstatten wollen. Ist es also nicht leichtfertig zu behaupten, Wir hätten ohne genügende Sachkenntnis geurteilt? Vor allem, da Wir Dinge verworfen haben, über deren Verwerflichkeit alle rechtlich denkenden-Menschen übereinstimmen, die nicht in Eure Streitigkeiten verwickelt sind und daher ein besonnenes Urteil abgeben können.

Die allgemeinen Prinzipien der Gerechtigkeit und der Liebe

5 Ein nicht geringes Unrecht ist es, zu argwöhnen, dass Uns die Sache Irlands wenig interessiere und dass Wir Uns wenig um das Geschick Eures Volkes bemühten. Im Gegenteil berührt Uns das Schicksal der Iren mehr als jeden anderen; und nichts ersehnen Wir mehr, als dass sie nach Erlangung der verdienten und ihnen zukommenden Ruhe und Wohlfahrt endlich aufatmen können. Niemals haben Wir ihnen das Recht abgesprochen, für eine Verbesserung ihrer Verhältnisse zu kämpfen. Soll aber deswegen in diesem Kampf der Zugang zu Freveltaten freigegeben werden? Gerade deswegen, weil unter dem Einfluss von Leidenschaften und von Interessen der politischen Parteien in ein und derselben Sache Recht und Unrecht sich vermischen können, haben Wir Uns beständig bemüht, das, was recht ist, von dem, was nicht recht ist, zu scheiden und die Katholiken von allem abzuhalten, was das christliche Sittengesetz nicht gutheißt.

6 Deshalb haben Wir die Iren in angemessener Weise gemahnt, ihres katholischen Bekenntnisses eingedenk, nichts zu tun, was der natürlichen Sittlichkeit widerspricht oder durch das göttliche Gesetz verboten ist. - Das kürzlich erlassene Dekret konnte sie daher nicht unerwartet treffen; umso weniger, als Ihr selbst, Ehrwürdige Brüder, bei Eurer Zusammenkunft in Dublin im Jahre 1881, dem Klerus und dem Volk befohlen habt, alles zu unterlassen, was der öffentlichen Ordnung und der Liebe widerspricht, als da sind: Rechtlich Geschuldetes nicht zurückzugeben oder die Rückerstattung zu verhindern; jemandem an seiner Person oder seinem Besitz zu schaden; den Gesetzen oder jenen, die ein öffentliches Amt ausüben, Gewalt entgegenzusetzen; Geheimbünde zu schließen und dergleichen. Alle diese gerechten und höchst angebrachten Vorschriften wurden von Uns gutgeheißen und approbiert.

Spezielle Vorschriften für Irland

7 Da sich das Volk jedoch durch die Glut alteingewurzelter Leidenschaften hinreißen ließ und es auch nicht an Elementen fehlt, die täglich neu das Feuer schüren, haben Wir eingesehen, dass klarer umrissene Vorschriften vonnöten sind als jene, die Wir zuvor ganz allgemein bezüglich der Wahrung von Gerechtigkeit und Liebe erlassen hatten. Unser Amt verbot es Uns zu dulden, dass so viele Katholiken, deren Heil Uns vor allem anvertraut ist, einen abschüssigen und schlüpfrigen Weg einschlagen, der eher zur Zerstörung von allem als zur Beseitigung des Elends führt.

8 Man muss daher die Sache der Wahrheit gemäß beurteilen; und Irland muss gerade in diesem Dekret Unsere Liebe zu ihm und Unser Bemühen um sein Wohlergehen erkennen, denn auch einer noch so guten Sache ist nichts so abträglich wie ihre Durchsetzung mit gewaltsamen und ungerechten Mitteln.

9 Was Wir Euch hier schreiben, Ehrwürdige Brüder, möge ganz Irland durch Eure Unterweisung erfahren. Durch angemessene Eintracht im Denken und Wollen verbunden und nicht nur auf Eure eigne, sondern auch auf Unsere Autorität gestützt, werdet Ihr, so hoffen Wir zuversichtlich, viel erreichen, insbesondere, dass das Dunkel der Leidenschaften nicht länger die Erkenntnis der Wahrheit verhindert, und vor allem, dass die Volksaufwiegler ihr frevlerisches Tun bereuen. Da es viele gibt, die nach Vorwänden suchen, um ihre Pflichten, und seien sie noch so offensichtlich, zu umgehen, so sorgt dafür, dass über den Charakter dieses Dekrets kein Anlass zu Zweifeln bestehen bleibt. Alle mögen einsehen, dass es in keiner Weise erlaubt ist, die von Uns verbotenen Mittel anzuwenden.

10 Sie mögen ihre sittlich vertretbaren Ziele in sittlich vertretbarer Weise verfolgen, vor allem, wie es für Christen angemessen ist, unter Wahrung der Gerechtigkeit und des Gehorsams gegenüber dem Apostolischen Stuhl; denn in diesen beiden Tugenden hat Irland zu allen Zeiten Trost und Kraft gefunden.

Segen

11 Unterdessen erteilen Wir Euch, Ehrwürdige Brüder, und dem Klerus und Volk Irlands als Unterpfand himmlischer Gaben und Zeichen Unseres Wohlwollens voll Liebe im Herrn den Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom bei St. Peter, am 24. Juni des Jahres 1888,

dem elften Jahr Unseres Pontifikats.

Leo XIII. PP.

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