Pastoraltheologie: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Pastoraltheologie fragt, wie die christliche Botschaft, salopp gesagt, “an den Mann gebracht” werden kann: Was kann der einzelne Laie, was kann der einzelne Priester, was der Pfarrer von der menschlichen Seite her tun, um mehr und bessere Christen “hervorzubringen” ? Was kann menschlich getan werden, um Christen zu einem engeren Leben mit Gott zu führen oder Nichtchristen zu Jesus zu führen ?
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'''Pastoraltheologie''' ist eine Spezialdisziplin im Fächerkanon der christlichen Theologie, die der [[Praktische Theologie|praktischen Theologie]] zugeordnet ist.  
(Zweifellos ist die Gnade Gottes für dieses unverzichtbar. Da wir -außer indirekt und oft ohne die Früchte zu sehen, durch das Gebet Gott nicht beeinflussen können- behandelt die Pastoraltheologie vorwiegend den "menschlichen" Anteil von Neuevangelisierung und ).
 
  
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== Thematik und Aufgabe ==
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Die Pastoraltheologie sucht nach zeitgemäßen Wegen der Vermittelbarkeit der christlichen Botschaft:
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::Was kann der einzelne Laie, was kann der einzelne Priester, was der Pfarrer von der menschlichen Seite her tun, um mehr und bessere Christen "hervorzubringen"?
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::Was kann menschlich getan werden, um Christen zu einem engeren Leben mit Gott und Nichtchristen zu Jesus zu führen?
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Die Pastoraltheologie sucht auf solider lehrmäßiger Grundlage die theologische Relevanz des Glaubens für die [[Seelsorge|seelsorgliche]] (pastorale) Begleitung und Betreuung in den kirchlichen Grundvollzügen von „Martyria“ (Zeugnis des Wortes), „Diakonia“ (Dienst der Liebe) und „Leiturgia“ (gottesdienstliche Feier, [[Liturgie]]) fruchtbar zu machen. Dadurch sollen insbesondere die Hirten („pastores“) zusammen mit ihren anderen Mitarbeitern befähigt werden, „die Lösung der menschlichen Probleme im Lichte der Offenbarung zu suchen, ihre ewige Wahrheit auf die wandelbare Welt menschlicher Dinge anzuwenden und sie in angepasster Weise den Menschen unserer Zeit mitzuteilen.“ (Optatam totius, Nr. 16)
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Die Pastoraltheologie braucht zur Erreichung ihres Zieles die interdisziplinäre Zusammenarbeit, woraus sich Spezialdisziplinen ableiten wie Pastoralanthropologie, Pastoralmedizin, Pastoralpsychologie, Pastoralpädagogik und Pastoralsoziologie.
  
 
== Geschichte ==
 
== Geschichte ==
Die Pastoraltheologie ist -etwa im Gegensatz zur Nachbardisziplin Homiletik - ein recht junges Fachgebiet in der akademischen Theologie. Die ersten Lehrstühle entstanden im 18. Jahrhundert und wurden (und werden) lange mit seelsorgserfahrenen Priestern und einer akademischen Ausbildung in Moraltheologie oder Apologetik/ Fundamentaltheologie. Ihre Nachbardisziplinen sind neben der Homiletik auch die Katechtik und die Caritaswissenschaften. Gleich zu Beginn ihrer akademischen Existenz musste sich die Pastoraltheologie gegen eine Vereinnahmung durch die materialistische Aufklärung wehren, die z.B. im Josephinismus dazu führte, dass die Pfarrer behördlich angehalten, von der Kanzel beispielsweise ausführliche Ratschläge zur gesunden Lebensführung zu geben.
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Die Pastoraltheologie ist - etwa im Gegensatz zur Nachbardisziplin Homiletik - ein recht junges Fachgebiet in der akademischen Theologie. Die ersten Lehrstühle entstanden im 18. Jahrhundert. Sie wurden und werden mit seelsorgserfahrenen Priestern, die eine akademische Ausbildung in Moraltheologie oder Apologetik/Fundamentaltheologie aufweisen, besetzt. Die Nachbardisziplinen der Pastoraltheologie sind neben der Homiletik auch die [[Katechese|Katechetik]] und die Caritaswissenschaften.  
  
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Gleich zu Beginn ihrer akademischen Existenz musste sich die Pastoraltheologie gegen eine Vereinnahmung durch die materialistische Aufklärung wehren, die z. B. im Josephinismus dazu führte, dass die [[Pfarrer]] behördlich angehalten wurden, von der Kanzel beispielsweise ausführliche Ratschläge zur gesunden Lebensführung zu geben.
  
 
== Heutiger Stand ==
 
== Heutiger Stand ==
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Die [http://www.pastoraltheologie.de universitäre Pastoraltheologie] im deutschen Sprachraum ist von der allgemeinen "Krise der [[Heterodoxie]]" der theologischen Fakultäten nicht ausgenommen. Es gibt praktisch kein katholisches Gegenstück zu der evangelischen, aus den USA kommenden Church Growth Bewegung. Teilweise wird von Pastoraltheologen sogar die Berechtigung von Mission und Neuevangelisierung negiert, wie auch kaum genuin katholische Ansätze zur psychologischen Betreuung von Christen mit allen Arten von Lebensproblemen entwickelt werden.
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== Aktuelle Versuche zu einer traditionsverbundenen Pastoraltheologie ==
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Derzeit werden neue Modelle für die Gemeindekatechese entwickelt, da sich Umwelt- und Lebensbedingungen innerhalb kaum eines Jahrhundertes tiefgreifend geändert haben.
  
Die [http://www.pastoraltheologie.de universitäre Pastoraltheologie] im deutschen Sprachraum ist von der allgemeinen "Krise der Heterodoxie" der theologischen Fakultäten nicht ausgenommen.
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Die Massenmedien, die größere Mobilität, das verringerte Ansehen der Geistlichkeit und vieles mehr bewirken, dass z. B. die erfolgreiche Methode der Volksmissionen einfach deswegen nicht mehr funktioniert, weil es auch auf dem Lande so viele Unterhaltungsmöglichkeiten gibt, dass ein Team von Missionaren wie das vom Hl. Ludwig Maria von Montfort geleitete, längst nicht mehr die offene Aufnahme finden würde, wie im 18. Jahrhundert: Damals hatte eine Volksmission einen großen Neuigkeitswert und zog schon deswegen die Menschen an, die eine Unterbrechung ihres im Vergleich zu heute sehr eintönigen Alltags begrüßten.
Es gibt praktisch kein katholisches Gegenstück zu der evangelischen, aus den USA kommenden Church Growth Bewegung. Teilweise wird von Pastoraltheologen sogar die Berechtigung von Mission und Neuevangelisierung negiert, wie auch kaum genuin katholische Ansätze zur psychologischen Betreuung von Christen mit allen Arten von Lebensproblemen entwickelt werden.  
 
Der systematisch gestreute Zweifel an den dogmatischen Grundlagen der katholischen Religion oder an der historischen Zuverlässigkeit etwa der Evangelien nehmen Gläubigen und Priestern die Motivation, sich voll für das Evangelium einzusetzen; niemand wird so leicht sein Leben für etwas bzw. eine Person (Jesus Christus) einsetzen, die ihm eher als eine Legende denn als sicherer Fels geschildert wurde.
 
  
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Wenn die Pastoraltheologie dem angepasst antworten will, muss sie neue Konzepte und Methoden entwickeln bzw. aus dem säkularen Bereich übernehmen, z. B. Ausbildungsmethoden, die mehr sind als ein simpler Lehrvortrag,<ref>[http://www.wolfganglindemann.net/html/seminaire_provie_1.html Ein Beispiel in der Ausbildung von Lebensrechtsaktivisten]</ref> Pressearbeit (so sollte jede Gemeinde einen Pressesprecher besitzen, der z. B. Verantstaltungen der Gemeinde, die für Nichtglaubende geeignet sind, bekannt macht) oder moderne psychologische Ansätze auf dem Boden des Thomismus um Gemeindemitgliedern mit persönlichen Problemen zu helfen.
  
== Aktuelle Versuche zu einer traditionsverbundenen Pastoraltheologie ==
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Leider haben sich Geistliche noch bis vor einer Generation oft und besonders auf dem Land in einer Weise autoritär verhalten - ein Beispiel ist der Heilige Pfarrer von Ars in seinen ersten Jahren, die er später selber kritisch sah - wie es heute undenkbar wäre, da die Gläubigen es nicht mehr akzeptieren würden, da zum einen die Gesellschaft generell weniger autoritär geworden ist und sich zugleich die soziale Distanz zwischen Priestern (noch vor einem Jahrhundert war der Pfarrer typischerweise der einzige Akademiker in einem Dorf, das einen großen Analphabetenanteil aufwies) und Laien dank der allgemein verbesserten Ausbilung geringer geworden ist. Gleichzeitig muss die Pastoraltheologie aber auf dem Boden der überlieferten Lehre der Kirche stehen.
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== Pastoraltheologen (Auswahl) ==
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* [[Antonio Cañizares Llovera]]
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* [[Franz-Peter Tebartz-van Elst]]
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* [[Michael Gatterer]]
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* [[Franz Kamphaus]]
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* [[Konrad Martin]]
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* [[ Franz Xaver Linsenmann]]
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* [[Pius Parsch]]
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* [[Stanislaw Rylko]]
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* [[Paul Zulehner]]
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== Literatur ==
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* [[Andreas Wollbold]]: ''Handbuch der Gemeindepastoral', [[Pustet Verlag Regensburg]] 2004 (471 Seiten; ISBN 3-7917-1935-1).
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* Isidor Baumgartner (Hsgr.): ''Handbuch der Pastoralpsychologie'', [[Friedrich Pustet Verlag]] Regensburg 1990 (644 Seiten, ISBN 10: 3791712675 / ISBN 13: 9783791712673).
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*  Franz Hinterberger : ''Handbuch der Pastoral-Theologie, nach der Ordnung der theologischen Studien an den k. k. österreichischen Lehranstalten'', Cajetan Haslinger Verlag: Linz 1828, 4 Tle in 2 Bd. 226 S., 258 S., 208 S., 214 S.).
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* Ignaz  Schüch: ''Handbuch der Pastoral-Theologie'', Franz Ignaz Ebenhöch'sche Buchhandlung Verlag 1870 (komplett in 2 Bänden: 360 und 540 Seiten); M. Quirein Verlag Linz [https://books.google.de/books?id=dYbt8vabLYMC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ViewAPI&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false 1876 (905 Seiten, 3, verm. u. verb. Aufl.)]; M. Quirein Verlag Linz 1879 (936 Seiten, 4. Auflage); [[Felizian Rauch Verlag]] Innsbruck 1893 (1004 Seiten, 9. Aufl.), 1896 (1032 Seiten); [[Felizian Rauch Verlag]] Innsbruck / [[Pustet Verlag Regensburg]] 1914 (908 Seiten, 16. und 17. umgearbeitete und vermehrte Auflage).
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* Möller, Christian, Einführung in die Praktische Theologie, Tübingen 2004.
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* Mette, Norbert, Einführung in die katholische Praktische Theologie, Darmstadt 2005.
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* Heribert Wahl (Hrsg.), ''Den "Sprung nach vorn" neu wagen. Pastoraltheologie "nach" dem Konzil; Rückblicke und Ausblicke'', Würzburg 2009 (= Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge, Band 80).
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* Die größte katholische Fachzeitschrift für Pastoral und Gemeindearbeit im deutschen Sprachraum ist der ''Anzeiger für die Seelsorge'', der im Freiburger Verlag Herder erscheint.
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* Die wichtigsten wissenschaftlichen katholischen Fachzeitschriften sind ''Diakonia'' (im Verlag Herder) und ''Lebendige Seelsorge'' (im [[Echter Verlag]]).
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* Die wichtigsten evangelischen Fachzeitschriften sind ''Pastoraltheologie mit Göttinger Predigtmeditationen'' (PTh) und ''Wege zum Menschen'' (WzM), beide im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen.
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* Johann Evangelist von Pruner: ''Lehrbuch der Pastoraltheologie'', [[Schöningh Verlag]] Paderborn (in Frakturschrift):
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** Bd. 1: ''Das Priesteramt : Gottesdienst und Sakramentenspendung'', 1920 (3. Aufl. völlig neu / bearb. von Joseph Seitz), 1923 (535 Seiten, 4. Aufl. / bearb. von Jos. Seitz).
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** Bd. 2; Das Vorsteheramt : Einzel- u. Gemeinschaftsseelsorge'', bearb. von Joseph Seitz, Hrsg. von Franz X. Thurnhofer, 1922 (591 Seiten, 3. Aufl. / bearb. von Joseph Seitz), 1928 (662 S., 4. Aufl. / bearb. von Jos. Seitz).
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* P. Ignaz Schüch, Dr. Virgil Grimmich, Dr. P. Amand Polz: ''Handbuch der Pastoraltheologie'', [[Felizian Rauch Verlag]] Innsbruck (3 Abtheilungen in 2 Bänden):
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** 1. Abteilung 1919 (428 Seiten, Achtzehnte umgearbeitete und vermehrte Auflage).
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** 2. Abteilung 1920 (Seiten: 430-832, Achtzehnte umgearbeitete und vermehrte Auflage).
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** 3. Abteilung: II. Amt des Hirten. Verwaltung des seelsorglichen Vorsteheramtes 1921 (Seiten: 834-1063, Achtzehnte umgearbeitete und vermehrte Auflage); 1925 (Seiten 920-1187, 19. und 20. Auflage).
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* Michael Beuger: ''Compendium der Pastoraltheologie'', [[Manz Verlag Regensburg]] 1868 (748 Seiten), 1872 (803 Seiten, 2. Auflage).
  
Es ist wohl überflüssig zu sagen, wie notwendig in der heutigen Zeit neue Konzepte für Gemeindewachstum sind. Ursache ist, dass sich die Umwelt- und Lebensbedingungen innerhalb kaum eines Jahrhundertes schneller geändert haben als vorher binnen Jahrtausenden. Die Massenmedien, die größere Mobilität, das verringerte Ansehen der Geistlichkeit und vieles mehr bewirken, dass z.B. die sehr erfolgreiche Methode der Volksmissionen einfach deswegen nicht mehr "funktioniert", weil auch auf dem Lande es so viele Unterhaltungsmöglichkeiten gibt, dass ein Team von Missionaren wie das vom Hl. Ludwig Maria von Montfort geleitete in einem Dorf längst nicht mehr die offene Aufnahme finden würde, wie im 18. Jahrhundert: Damals hatte eine Volksmission einen großen Neuigkeitswert und zog schon deswegen die Menschen an, die eine Unterbrechung ihres im Vergleich zu heute sehr eintönigen Alltags schon an sich begrüßten.
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* [[Johann Michael Sailer]]: Vorlesungen aus der [[Pastoraltheologie]] ; 1, [https://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV006732588 1835, 328 S., (5., rev. und verm. Aufl.)]; Vorlesungen aus der Pastoraltheologie ; 2, [https://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV010091592 1835, 416 S., (5., rev. und verm. Aufl. )]; Vorlesungen aus der Pastoraltheologie ; 3, [https://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV010091601 1835, 376 S., (5., rev. und verm. Aufl.)]
Wenn die Pastoraltheologie dem angepasst antworten will, muss sie neue Konzepte und Methoden entwickeln bzw. aus dem säkularen Bereich übernehmen, z.B. Ausbildungsmethoden, die mehr sind als ein simpler Lehrvortrag, Pressearbeit oder psychologische Ansätze. Gleichzeitig muss sie aber auf dem Boden der überlieferten Lehre der Kirche stehen, und die Vereinigung beider Gegenpole kommt einem Drahtseilakt gleich, in dem der glaubenstreue Pastoraltheologe rasch "zwischen allen Stühlen" sitzt.
 
  
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== Anmerkungen ==
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<references />
  
== Beispiel für moderne aber dogmatisch traditionsverbundene Pastoraltheologie ==
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[[Kategorie:Theologie]]
Dr. med. Wolfgang B. Lindemann [http://www.wolfganglindemann.net Homepage von Dr. Lindemann], niedergelassener Allgemeinmediziner und Psychotherapeut für kognitive Verhaltenstherapie, befasst sich seit einigen Jahren in Wort [http://www.wolfganglindemann.net/html/vortragsdienst.html Bisherige Vorträge] und Schrift [http://www.wolfganglindemann.net/html/schriften_wl.html Bisherige Publikationen] mit dieser Thematik, wobei sein Grundansatz einfach ist: Durch Beobachtung wachsender, stagnierender und schrumpfender Gemeinden, geistlichen Gemeinschaften oder Orden unter Anwendung der Bibel und traditionellen Lehre der Kirche herauszufinden, was diese wachsen und jene stagnieren bzw. schrumpfen lässt. Gute - aber nicht einfach direkt übernehmbare - Vorarbeit hat die Church Growth Bewegung bereits geleistet, deren Ergebnisse Dr. Lindemann "katholisiert" im größeren Umfang zu übernehmen versucht.
 
Die Pastoraltheologie ist nach einer letzten Blütezeit während der Weimarer Republik heute fast eine "Luxusdisziplin", die von den wenigen verbliebenen glaubenstreuen deutschsprachigen Universitätstheologen eher zugunsten der zugegebenermaßen '''noch''' wichtigeren Verteidigung der massiv bedrohten Dogmatik und Moraltheologie vernachlässigt wird. Dr. Lindemann ist einer der wenigen Katholiken, die sich mit dieser Thematik befassen, um der Geistlichkeit zuzuarbeiten (und nicht sie zu ersetzen).
 
Dabei ist es klar, dass ein Laie, der nie eine Gemeinde geleitet hat und nach menschlichem Ermessen auch nie eine Gemeinde leiten wird, nur bedingt dazu kompetent sein kann. Andererseits ist Gemeindewachstum komplex, etwa 6-10 „Faktoren“ müssen in einer Gemeinde wenigstens mit einem Mindestwert vorhanden sein, damit sie wächst; von diesen „Faktoren“ können – siehe die zenrale Seite zum [http://www.wolfganglindemann.net/html/gemeindewachstum.html Gemeindewachstum] auf der Homepage von Dr. Wolfgang Lindemann - wenigstens „Begabungsorientierte Mitarbeit“, „Aktive Evangelisation“ und „Ganzheitliche Kleingruppen“ ebensogut von Laien wie von Priestern behandelt werden, da deren „Träger“ oder „Ausführende“ eben Laien und nicht Priester sind. Gemeindewachstum wird unter der Leitung der Priester – das ist klar -nur „funktionieren“, wenn die Laien in der Gemeinde „mitziehen“, um nicht zu sagen die Hauptarbeit leisten.
 
Aufgabe des Priesters als Gemeindeleiter in dieser Sicht ist es, die strategischen Entscheidungen zu treffen und die Gesamtgemeinde koordiniert zusammenarbeiten zu lassen.
 

Aktuelle Version vom 22. Februar 2022, 07:32 Uhr

Pastoraltheologie ist eine Spezialdisziplin im Fächerkanon der christlichen Theologie, die der praktischen Theologie zugeordnet ist.

Thematik und Aufgabe

Die Pastoraltheologie sucht nach zeitgemäßen Wegen der Vermittelbarkeit der christlichen Botschaft:

Was kann der einzelne Laie, was kann der einzelne Priester, was der Pfarrer von der menschlichen Seite her tun, um mehr und bessere Christen "hervorzubringen"?
Was kann menschlich getan werden, um Christen zu einem engeren Leben mit Gott und Nichtchristen zu Jesus zu führen?

Die Pastoraltheologie sucht auf solider lehrmäßiger Grundlage die theologische Relevanz des Glaubens für die seelsorgliche (pastorale) Begleitung und Betreuung in den kirchlichen Grundvollzügen von „Martyria“ (Zeugnis des Wortes), „Diakonia“ (Dienst der Liebe) und „Leiturgia“ (gottesdienstliche Feier, Liturgie) fruchtbar zu machen. Dadurch sollen insbesondere die Hirten („pastores“) zusammen mit ihren anderen Mitarbeitern befähigt werden, „die Lösung der menschlichen Probleme im Lichte der Offenbarung zu suchen, ihre ewige Wahrheit auf die wandelbare Welt menschlicher Dinge anzuwenden und sie in angepasster Weise den Menschen unserer Zeit mitzuteilen.“ (Optatam totius, Nr. 16)

Die Pastoraltheologie braucht zur Erreichung ihres Zieles die interdisziplinäre Zusammenarbeit, woraus sich Spezialdisziplinen ableiten wie Pastoralanthropologie, Pastoralmedizin, Pastoralpsychologie, Pastoralpädagogik und Pastoralsoziologie.

Geschichte

Die Pastoraltheologie ist - etwa im Gegensatz zur Nachbardisziplin Homiletik - ein recht junges Fachgebiet in der akademischen Theologie. Die ersten Lehrstühle entstanden im 18. Jahrhundert. Sie wurden und werden mit seelsorgserfahrenen Priestern, die eine akademische Ausbildung in Moraltheologie oder Apologetik/Fundamentaltheologie aufweisen, besetzt. Die Nachbardisziplinen der Pastoraltheologie sind neben der Homiletik auch die Katechetik und die Caritaswissenschaften.

Gleich zu Beginn ihrer akademischen Existenz musste sich die Pastoraltheologie gegen eine Vereinnahmung durch die materialistische Aufklärung wehren, die z. B. im Josephinismus dazu führte, dass die Pfarrer behördlich angehalten wurden, von der Kanzel beispielsweise ausführliche Ratschläge zur gesunden Lebensführung zu geben.

Heutiger Stand

Die universitäre Pastoraltheologie im deutschen Sprachraum ist von der allgemeinen "Krise der Heterodoxie" der theologischen Fakultäten nicht ausgenommen. Es gibt praktisch kein katholisches Gegenstück zu der evangelischen, aus den USA kommenden Church Growth Bewegung. Teilweise wird von Pastoraltheologen sogar die Berechtigung von Mission und Neuevangelisierung negiert, wie auch kaum genuin katholische Ansätze zur psychologischen Betreuung von Christen mit allen Arten von Lebensproblemen entwickelt werden.

Aktuelle Versuche zu einer traditionsverbundenen Pastoraltheologie

Derzeit werden neue Modelle für die Gemeindekatechese entwickelt, da sich Umwelt- und Lebensbedingungen innerhalb kaum eines Jahrhundertes tiefgreifend geändert haben.

Die Massenmedien, die größere Mobilität, das verringerte Ansehen der Geistlichkeit und vieles mehr bewirken, dass z. B. die erfolgreiche Methode der Volksmissionen einfach deswegen nicht mehr funktioniert, weil es auch auf dem Lande so viele Unterhaltungsmöglichkeiten gibt, dass ein Team von Missionaren wie das vom Hl. Ludwig Maria von Montfort geleitete, längst nicht mehr die offene Aufnahme finden würde, wie im 18. Jahrhundert: Damals hatte eine Volksmission einen großen Neuigkeitswert und zog schon deswegen die Menschen an, die eine Unterbrechung ihres im Vergleich zu heute sehr eintönigen Alltags begrüßten.

Wenn die Pastoraltheologie dem angepasst antworten will, muss sie neue Konzepte und Methoden entwickeln bzw. aus dem säkularen Bereich übernehmen, z. B. Ausbildungsmethoden, die mehr sind als ein simpler Lehrvortrag,<ref>Ein Beispiel in der Ausbildung von Lebensrechtsaktivisten</ref> Pressearbeit (so sollte jede Gemeinde einen Pressesprecher besitzen, der z. B. Verantstaltungen der Gemeinde, die für Nichtglaubende geeignet sind, bekannt macht) oder moderne psychologische Ansätze auf dem Boden des Thomismus um Gemeindemitgliedern mit persönlichen Problemen zu helfen.

Leider haben sich Geistliche noch bis vor einer Generation oft und besonders auf dem Land in einer Weise autoritär verhalten - ein Beispiel ist der Heilige Pfarrer von Ars in seinen ersten Jahren, die er später selber kritisch sah - wie es heute undenkbar wäre, da die Gläubigen es nicht mehr akzeptieren würden, da zum einen die Gesellschaft generell weniger autoritär geworden ist und sich zugleich die soziale Distanz zwischen Priestern (noch vor einem Jahrhundert war der Pfarrer typischerweise der einzige Akademiker in einem Dorf, das einen großen Analphabetenanteil aufwies) und Laien dank der allgemein verbesserten Ausbilung geringer geworden ist. Gleichzeitig muss die Pastoraltheologie aber auf dem Boden der überlieferten Lehre der Kirche stehen.

Pastoraltheologen (Auswahl)

Literatur

  • Andreas Wollbold: Handbuch der Gemeindepastoral', Pustet Verlag Regensburg 2004 (471 Seiten; ISBN 3-7917-1935-1).
  • Isidor Baumgartner (Hsgr.): Handbuch der Pastoralpsychologie, Friedrich Pustet Verlag Regensburg 1990 (644 Seiten, ISBN 10: 3791712675 / ISBN 13: 9783791712673).
  • Franz Hinterberger : Handbuch der Pastoral-Theologie, nach der Ordnung der theologischen Studien an den k. k. österreichischen Lehranstalten, Cajetan Haslinger Verlag: Linz 1828, 4 Tle in 2 Bd. 226 S., 258 S., 208 S., 214 S.).
  • Ignaz Schüch: Handbuch der Pastoral-Theologie, Franz Ignaz Ebenhöch'sche Buchhandlung Verlag 1870 (komplett in 2 Bänden: 360 und 540 Seiten); M. Quirein Verlag Linz 1876 (905 Seiten, 3, verm. u. verb. Aufl.); M. Quirein Verlag Linz 1879 (936 Seiten, 4. Auflage); Felizian Rauch Verlag Innsbruck 1893 (1004 Seiten, 9. Aufl.), 1896 (1032 Seiten); Felizian Rauch Verlag Innsbruck / Pustet Verlag Regensburg 1914 (908 Seiten, 16. und 17. umgearbeitete und vermehrte Auflage).
  • Möller, Christian, Einführung in die Praktische Theologie, Tübingen 2004.
  • Mette, Norbert, Einführung in die katholische Praktische Theologie, Darmstadt 2005.
  • Heribert Wahl (Hrsg.), Den "Sprung nach vorn" neu wagen. Pastoraltheologie "nach" dem Konzil; Rückblicke und Ausblicke, Würzburg 2009 (= Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge, Band 80).
  • Die größte katholische Fachzeitschrift für Pastoral und Gemeindearbeit im deutschen Sprachraum ist der Anzeiger für die Seelsorge, der im Freiburger Verlag Herder erscheint.
  • Die wichtigsten wissenschaftlichen katholischen Fachzeitschriften sind Diakonia (im Verlag Herder) und Lebendige Seelsorge (im Echter Verlag).
  • Die wichtigsten evangelischen Fachzeitschriften sind Pastoraltheologie mit Göttinger Predigtmeditationen (PTh) und Wege zum Menschen (WzM), beide im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen.
  • Johann Evangelist von Pruner: Lehrbuch der Pastoraltheologie, Schöningh Verlag Paderborn (in Frakturschrift):
    • Bd. 1: Das Priesteramt : Gottesdienst und Sakramentenspendung, 1920 (3. Aufl. völlig neu / bearb. von Joseph Seitz), 1923 (535 Seiten, 4. Aufl. / bearb. von Jos. Seitz).
    • Bd. 2; Das Vorsteheramt : Einzel- u. Gemeinschaftsseelsorge, bearb. von Joseph Seitz, Hrsg. von Franz X. Thurnhofer, 1922 (591 Seiten, 3. Aufl. / bearb. von Joseph Seitz), 1928 (662 S., 4. Aufl. / bearb. von Jos. Seitz).
  • P. Ignaz Schüch, Dr. Virgil Grimmich, Dr. P. Amand Polz: Handbuch der Pastoraltheologie, Felizian Rauch Verlag Innsbruck (3 Abtheilungen in 2 Bänden):
    • 1. Abteilung 1919 (428 Seiten, Achtzehnte umgearbeitete und vermehrte Auflage).
    • 2. Abteilung 1920 (Seiten: 430-832, Achtzehnte umgearbeitete und vermehrte Auflage).
    • 3. Abteilung: II. Amt des Hirten. Verwaltung des seelsorglichen Vorsteheramtes 1921 (Seiten: 834-1063, Achtzehnte umgearbeitete und vermehrte Auflage); 1925 (Seiten 920-1187, 19. und 20. Auflage).
  • Michael Beuger: Compendium der Pastoraltheologie, Manz Verlag Regensburg 1868 (748 Seiten), 1872 (803 Seiten, 2. Auflage).

Anmerkungen

<references />