Misericordiarum Deus (Wortlaut)

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Dekretalschreiben
Misericordiarum deus

unseres Heiligen Vaters
Pius XI.
an alle Ehrwürdigen Brüder, die Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe
und die anderen Oberhirten, welche in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle leben
zur Heiligsprechung des seligen Petrus Canisius und zu seiner Erhebung zum Kirchenlehrer
21. Mai 1925 <ref>Pius XI., Dekretalschreiben zur Heiligsprechung des seligen Petrus Canisius und zu seiner Erhebung zum Kirchenlehrer. AAS XVII (1925) 349-365.</ref>

(Offizieller lateinischer Text: AAS XVII (1925) 349-365)

(Quelle: Heilslehre der Kirche, Dokumente von Pius IX. bis Pius XII. Deutsche Ausgabe des französischen Originals von P. Cattin O.P. und H. Th. Conus O.P. besorgt von Anton Rohrbasser, Paulus Verlag Freiburg Schweiz 1953, S. 1239-1260; Imprimatur Friburgi Helv., die 22. maii 1953 L. Weber V. G.)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Einleitung: Die Heiligen, besonders Petrus Canisius im Vorsehungsplan

1 Der barmherzige Gott erweckte einst Propheten aus der Mitte des auserwählten Volkes, um die Söhne Israels, die seinen Geboten untreu waren, auf den Weg der Gerechtigkeit und Wahrheit zurückzurufen. Auch im Neuen Bunde hat er im Verlauf der Jahrhunderte inmitten seiner Kirche immer wieder Männer erstehen lassen, die sich durch Frömmigkeit und Wissen auszeichneten. Entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen sollten sie die treuen Christen im Glauben bestärken, die Getrennten zur katholischen Einheit zurückführen und die reine Wahrheit des Evangeliums mit Wort und Tat gegen die Angriffe der Gegner energisch verteidigen.

Einen hervorragenden Beweis für diese wunderbare Vorsehung, mit der Gott seine Kirche lenkt, haben wir im seligen Petrus Canisius. Wie der Prophet Ezechiel wurde er zu abtrünnigen Völkern <ref>{{#ifeq: Ezechiel | Misericordiarum Deus (Wortlaut) |{{#if: Ez|Ez|Ezechiel}}|{{#if: Ez |Ez|Ezechiel}}}} 2{{#if:3|,3}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref> gesandt und erfüllte unter ihnen Christi Auftrag im Glanze so hoher Tugend und Gelehrsamkeit, dass man ihn mit Recht Hammer der Ketzer und zweiten Apostel Deutschlands nach dem heiligen Bonifatius genannt hat. Er galt verdientermaßen als eigens dazu von Gott auserkoren, um in Deutschland die Religion in Schutz zu nehmen.

I. Leben und Werk des heiligen Petrus Canisius

A. In der Apostelschule des heiligen Ignatius

1. Der erste Jesuit aus deutschen Landen

a) Bedeutungsvolles Geburtsjahr

2 Petrus Canisius wurde am 8. Mai 1521, am Feste der Erscheinung des heiligen Erzengels Michael, zu Nymwegen in Geldern aus vornehmem Geschlecht geboren. Seine frommen Eltern waren Jakob Kanis und Aegidia van Houweningen. Im gleichen Jahre wurde in Deutschland das Zeichen gegeben zum ungeheuren Aufstand gegen den katholischen Glauben und den Apostolischen Stuhl, und eine gewaltige Menschenmenge wurde durch diese bedauerliche Abfallsbewegung von der mystischen Einheit der Kirche Christi losgerissen. In Spanien wurde in jenem Jahre Ignatius von Loyola, der Gründer der Gesellschaft Jesu, bei der Belagerung der Festung von Pamplona zu seinem Seelenheil verwundet; er entsagte dem irdischen Kriegsdienst und bekehrte sich, um von nun an für den Herrn zu kämpfen. Gewiss wollte Gott damit auf seine künftigen Gegner und seinen Anführer im heiligen Kampf hinweisen.

b) Höhere Studien und Keuschheitsgelübde

3 Nach seiner Kindheit, die er im Elternhaus verbrachte, begab sich der Knabe nach Köln, um sich den humanistischen Studien zu widmen. In Löwen studierte er sodann Kirchenrecht und kehrte nach Abschluss dieses Studiums auf Geheiß seines Vaters abermals nach Köln zurück, um sich dort mit Zivilrecht und Philosophie vertraut zu machen. Beide Disziplinen absolvierte er dank seinen Talenten mit hoher Auszeichnung und berechtigte zu den schönsten Hoffnungen. Inzwischen lernte der Student in etwa auch die Gefahren kennen, denen die unerfahrene Jugend leicht anheimfällt; aber mit Gottes Hilfe erlangte er bald die frühere Herzensreinheit und Seelenruhe wieder. Dabei war ihm besonders der gottverbundene Priester Nikolaus van Esche behilflich, der ihm in Köln als Seelenführer und als Lehrmeister der christlichen Vollkommenheit zur Seite stand.

Schon längst hatte er beabsichtigt, sich ganz Gott zu weihen. Daher schlug er eine ehrenhafte Ehe aus und gelobte, um sein Vorhaben mit Großmut auszuführen, am 20. Februar 1540 ewige Keuschheit. Kurz vor seinem Tode bekannte der Selige, er habe dieses Gelübde niemals bereut. Nachdem er in Philosophie doktoriert hatte, begann er mit gewohntem Eifer das Theologiestudium. Inzwischen betete er inständig zu Gott, er möge ihm deutlicher den Weg weisen, den er einschlagen solle.

c) Eintritt in die Gesellschaft Jesu

4 Damals war der selige Peter Faber, der erste Gefährte des heiligen Ignatius in der von ihm gegründeten Gesellschaft Jesu, eben nach Mainz gekommen. Peter Faber war namentlich ein ausgezeichneter Exerzitienmeister. Tief beseelt vom Verlangen, diesen vielgerühmten Diener Gottes kennenzulernen, eilte Canisius nach Mainz und stellte sich ihm als gelehriger Jünger vor. Einen vollen Monat weilte er bei ihm und erfuhr an sich selber die wunderbare Segenskraft der geistlichen Übungen. Da beteuerte er, er werde nicht. scheiden, bevor ihm Peter Faber die Aufnahme in die Gesellschaft Jesu zugesagt habe. Es war ihm nämlich klar geworden, dass dies der Priesterorden sei, den ihm Gott in seiner Kindheit zu wiederholten Malen durch deutliche prophetische Zeichen gewiesen hatte. Sein Wunsch ging in Erfüllung, und er wurde im Mai 1543 als erster aus deutschen Landen in die Gesellschaft Jesu aufgenommen.

Nach Köln zurückgekehrt, stellte er seinen heroischen Entschluss zur evangelischen Armut unter Beweis. Nach dem Tode seines Vaters verschenkte er sein großes Erbe fast restlos an die Armen; für sich und seine Gefährten behielt er nur das Allernotwendigste zum Abschluss der Studien. Schon zu dieser Zeit war er dermaßen von heiligem Glaubenseifer beseelt, dass er als junger Diakon in seinen Predigten mit Erfolg gegen die anmaßenden Behauptungen der Reformatoren auftrat und ihren Angriff zum Stillstand brachte.

d) Erstes Wirken und feierliche Profess

5 Nach seiner Priesterweihe im Jahre 1546 wurde Petrus Canisius als Kanzelredner bald so berühmt, dass die bekanntesten Dome fast ganz Deutschlands und selbst die Fürstenhöfe ihn als Prediger begehrten. Er setzte sich mit seiner ganzen Kraft ein, um die Rechte der katholischen Kirche zu verteidigen, die Schwankenden vor dem Abfall zu bewahren und die Gefallenen wieder aufzurichten. Auf allgemeinen Wunsch der Geistlichkeit und der Bevölkerung von Köln begab er sich zu Georg von Österreich, Bischof von Lüttich, und zu Kaiser Karl V., um gegen den Kölner Erzbischof Hermann von Wied einzuschreiten, der sich durch das Ränkespiel der Reformatoren und durch die verlockende Neuheit ihrer Lehren hatte umgarnen lassen und die falschen Anschauungen offen vertrat.

Petrus Canisius war kaum sechsundzwanzig Jahre alt, als er von Kardinal Otto Truchseß, Bischof von Augsburg, als amtlich beauftragter Theologe zum Konzil von Trient entsandt wurde, denn schon damals bewunderte man seine Gelehrsamkeit und seinen apostolischen Seeleneifer.

Vom heiligen Ignatius nach Rom berufen, war es ihm zu seiner größten Freude und zu seinem eigenen Nutzen vergönnt, eine Zeitlang in nächster Nähe seines Ordensvaters zu leben. Sodann führte ihn der Gehorsam nach Sizilien in die berühmte Stadt Messina, wo er im ersten Kolleg der Gesellschaft mit höchster Auszeichnung die klassischen Sprachen lehrte. Kaum ein Jahr später wurde er jedoch nach Rom zurückberufen und legte am 4. September 1549 In der Kirche Maria della Strada in die Hände seines heiligen Ordensvaters Ignatius die feierliche Profess der vier Gelübde ab.

2. Berufung zum Glaubensapostel Deutschlands

a) Christus-Erlebnis im Petersdom zu Rom

6 Tags zuvor war es ihm in der Vatikanischen Basilika durch göttliche Erleuchtung klar zu Bewusstsein gekommen, dass er zum Apostel Deutschlands berufen sei. Als er an diesem Gnadentage am Grabe des Apostelfürsten ins Gebet versunken war, ließ ihn der Herr Jesus Christus einen Blick tun in sein geöffnetes Erlöserherz und am Quell der reinsten Liebe schöpfen. Der Selige trat in ehrfürchtigem Schauer heran und konnte den brennenden Durst seiner Seele nach Glauben, Hoffnung und Liebe in vollen Zügen stillen. Gestärkt durch diesen wunderbaren Erweis der göttlichen Güte, hegte er von da an eine innige Verehrung zum Heiligsten Herzen Jesu und unterwies auch andere in dieser überaus heilsamen Andacht. Ja, er verfasste zu Ehren des Heiligsten Herzens Jesu tiefsinnige Gebete. Daher zählt man ihn verdientermaßen zu den berühmten Vorläufern der heiligen Margareta Maria Alacoque.

b) Sendung durch Papst Paul III.

7 Mit diesen und andern außerordentlichen Gnadenerweisen Gottes ausgestattet, war der neue Apostel Deutschlands gewiss aufs trefflichste vorbereitet. Er musste aber noch von jenem beauftragt werden, dem allein gesagt wurde: Weide meine Schafe! <ref>{{#ifeq: 1. Brief des Johannes | Misericordiarum Deus (Wortlaut) |{{#if: 1 Joh|1 Joh|1. Brief des Johannes}}|{{#if: 1 Joh |1 Joh|1. Brief des Johannes}}}} 21{{#if:15|,15}} Joh%2021{{#if:15|,15}}/anzeige/context/#iv EU | BHS =bibelwissenschaft.de">Joh%2021{{#if:15|,15}}/anzeige/context/#iv EU | #default =bibleserver.com">EU }} </ref> Schreibt doch der Apostel von allen andern Verkündern des Evangeliums: Wie können sie predigen, wenn sie nicht gesandt sind?<ref>{{#ifeq: Vorlage:Röm (Bibel) | Misericordiarum Deus (Wortlaut) |{{#if: Röm|Röm|Vorlage:Röm (Bibel)}}|{{#if: Röm |[[Vorlage:Röm (Bibel)|Röm]]|[[Vorlage:Röm (Bibel)]]}}}} 10{{#if:15|,15}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}</ref> Da nun der selige Petrus Canisius vom heiligen Ignatius nach Deutschland zurückgeschickt wurde, um sich dort niederzulassen, trat er demütig hin vor Papst Paul III., wie einst der heilige Bonifatius vor Gregor II., um den apostolischen Segen zu erbitten. Wahrlich glückselig der Papst, dem es vergönnt war, zwei ausgezeichneten, in der Kirche rühmlichst bekannten Glaubensboten aus der von ihm bestätigten Gesellschaft Jesu seine Vollmacht zu übertragen und seinen Segen zu spenden: Franz Xaver und Petrus Canisius!

Canisius machte sich sogleich auf den Weg, da er sich nun in seiner wunderbaren Berufung durch die Sendung des Papstes bestärkt fühlte. Auf Geheiß seiner Obern verweilte er jedoch einige Zeit in Bologna, um sich das Doktorat der Theologie zu erwerben., Nach glänzend bestandener Prüfung und nach der feierlichen Überreichung des Doktorhutes durch Kardinal Johann Maria del Monte, den nachmaligen Papst Julius III., überschritt er die Alpen und kam gegen Ende des Jahres 1549 nach Ingolstadt.

B. Wirken im Lande der Reformation

1. Wortführer des katholischen Glaubens

a) Reisen, Reichstage und Religionsgespräche

8 In einem Zeitraum von mehr als vierzig Jahren hat Canisius einzig und allein zur größeren Ehre Gottes eine Unsumme von Arbeit geleistet und unsägliche Strapazen auf sich genommen. Fast alle Gegenden Deutschlands, besonders Bayern und Franken, sowie Österreich und Böhmen und auch die Schweiz hat er als Glaubensapostel durchwandert. Menschen aus allen Volksschichten hat er gemeinsam oder einzeln in den Heilslehren unterwiesen, viele Städte entweder vor der Reformation bewahrt oder, wenn sie der Häresie bereits verfallen waren, dem katholischen Glauben wieder gewonnen.

Auf den Reichstagen zu Regensburg und Augsburg veranlasster die Landesfürsten, für die Rechte der Kirche und den Schutz der öffentlichen Sittlichkeit einzutreten. Als er beim Religionsgespräch zu Worms mit den führenden Reformatoren verhandelte, brachte er sie durch sein umfassendes Wissen und sein überzeugendes Wort zum Verstummen. Auf Befehl Papst Pauls IV. begab er sich nach Polen zum Reichstag von Petrikau. Trotz des ungünstigen Verlaufes jener Verhandlungen ließ er sich bis zum Ende in seinem Starkmut nicht erschüttern.

b) Ordensprovinzial; Stanislaus Kostka

9 Der heilige Ignatius bestimmte ihn zum ersten Vorsteher der oberdeutschen Ordensprovinz. In dieser Eigenschaft gründete Canisius vielerorts Niederlassungen und Kollegien und entsandte Missionare in alle Teile Deutschlands zur Ausrottung der Irrlehren und zur Wiedererweckung des christlichen Lebens. Zu Dillingen in Bayern war unter Gottes Gnadenbeistand ein derartiges Kolleg entstanden. Als der heilige Stanislaus Kostka von der jungfräulichen Gottesmutter zur Gesellschaft Jesu berufen wurde, flüchtete er mit wunderbarer Entschlossenheit von Wien nach Rom und besuchte unterwegs Pater Canisius, der damals in Dillingen weilte. Dieser behielt den idealgesinnten Jüngling einen Monat lang bei sich, um seinen Beruf zu prüfen. Dann schickte er ihn nach Rom zum heiligen Franz Borgia, dem dritten General der Gesellschaft. Offen erklärte er, sein Schützling gebe Anlass zu den schönsten Hoffnungen, die sich später auch tatsächlich erfüllten.

c) Konzilstheologe, Fürstenberater und päpstlicher Legat

10 Als das Tridentinische Konzil von Unserem Vorgänger Pius IV. erneut einberufen wurde, nahm Petrus Canisius auf inständiges Ersuchen der päpstlichen Gesandten abermals daran teil. Da offenbarte sich seine erstaunliche Gelehrsamkeit im Verlauf der Verhandlungen, die Reife seines Urteils bei der Klarstellung von Fragen, seine geistige Schlagfertigkeit in den Antworten und seine würdevolle Entschiedenheit in der Äußerung seiner Ansichten. Von da an trug er zum Erfolg dieses hochbedeutsamen Konzils selbst in seiner Abwesenheit nicht weniger bei als durch seine persönliche Gegenwart. Wichtige religiöse Angelegenheiten zwangen ihn nämlich, von Trient nach Augsburg zurückzukehren. Von dort berief ihn Kaiser Ferdinand wieder als Ratgeber zur Theologenversammlung nach Innsbruck. Stets war Pater Canisius ein ebenso energischer wie kluger Vorkämpfer für die Freiheit der Kirche in der Leitung des Konzils und für die Rechte des Heiligen Stuhles. Um seiner Genugtuung über dessen verdienstvolles Wirken Ausdruck zu verleihen, beschied Papst Pius IV. den damaligen stellvertretenden General der Gesellschaft Jesu, Franz Borgia, zu sich und sprach sich sehr lobend über Canisius aus. Da er den in der Ferne weilenden Sohn nicht persönlich umarmen konnte, schloss er an seiner Stelle seinen heiligen Ordensvater sehr liebevoll ans Herz. Als dann Petrus Canisius in Angelegenheiten der Gesellschaft nach Rom kam, gab ihm der Papst vor seiner Rückkehr nach Deutschland den Auftrag, die Beschlüsse des Konzils von Trient den Bischöfen und weltlichen Fürsten im Namen des Heiligen Stuhles bekanntzugeben und überall für deren Durchführung zu sorgen.

Auch Papst Gregor XIII. betraute ihn mit verschiedenen Aufgaben. Allen Schwierigkeiten trat er mit Begeisterung und unversieglichem Mut entgegen und führte äußerst wichtige kirchliche Angelegenheiten oft sogar unter Lebensgefahr glücklich zum Abschluss.

d) Hochschulreform und Collegium Germanicum

11 Ferner unternahm er an den Hochschulen, wo die Theologie und die profanen Wissenschaften auf einen bedauerlichen Tiefstand herabgesunken waren, eine Neuordnung des Studienbetriebes. Besondere Sorgfalt ließ er dem Collegium Germanicum in Rom angedeihen, das zur gründlichen Erziehung und Ausbildung deutscher Studenten bestimmt war, die nach ihrer Rückkehr in die Heimat sich als wackere Christusjünger in den Dienst der Kirche stellen sollten.

2. Der Schriftsteller und seine Hauptwerke

a) Widerlegung der Magdeburger Zenturiatoren

12 Es ist wahrhaftig erstaunlich, wie Canisius inmitten all dieser Sorgen noch Zeit und Kraft fand, um eine ganze Anzahl hervorragender Werke zu schreiben, die allein schon ein vollbeschäftigtes Leben mit Arbeit restlos ausgefüllt hätten. Außer den noch unveröffentlichten Handschriften (darunter etwa zweitausend Predigten über Fragen der Glaubens- und Sittenlehre, die in dreiunddreißig Bänden gesammelt sind) zählt man über dreißig von ihm selber veröffentlichte Werke.

Im Auftrag Unseres heiligen Vorgängers Pius V. unternahm er ein geschichtliches und zugleich theologisches Verteidigungswerk der katholischen Wahrheit gegen die Magdeburger Zenturiatoren <ref>Die sog. Magdeburger Zenturiatoren veröffentlichten unter der Führung des Reformators Mathias Flaccius Illyricus, der in Magdeburg ansässig war, «Eine Kirchengeschichte, die in klarer Anordnung, Jahrhundert für Jahrhundert, einen vollständigen Begriff von der Kirche Christi gibt, ein Riesenwerk mit dem Anschein wissenschaftlicher Gründlichkeit in acht umfangreichen Bänden, von 1559 -1574 erschienen. Die vier ersten Bände wurden auch ins Deutsche übersetzt (Anmerkung des Herausgebers).</ref>. Die zwei ersten und leider einzigen, sehr umfangreichen Bände, die den gemeinsamen Titel tragen « Über die Entstellungen des Gotteswortes », sind tatsächlich eine großartige Leistung, so dass man es damals bedauerte und heute noch bedauern muss, dass Canisius dieses in riesenhaften Ausmaßen angelegte Werk aus heldenmütigem Gehorsam nicht vollenden konnte. Ausgehend von der Predigt Johannes des Täufers zeigt der gelehrte Verfasser im ersten Band, dass entgegen den Behauptungen der Zenturiatoren zur inneren Rechtfertigung außer dem Glauben auch die guten Werke notwendig sind. Der zweite Band, der ganz dem Lob der seligsten Jungfrau Maria gewidmet ist, enthält eine vollständige und sehr reichhaltige Lehre über die Gottesmutter, die sich auf die Heilige Schrift und die katholische Überlieferung stützt. Diese achthundert Seiten sind gleichsam der Spiegel einer edlen Seele, eines hochgelehrten Geistes und eines zartfühlenden Herzens voll kindlicher Liebe zur « Unvergleichlichen Jungfrau Maria und hochheiligen Gottesgebärerin » <ref>VgI. Petrus Canisius, De Maria Virgine incomparabili et Dei Genitrice sacrosancta libri quinque. David Sartorius, Ingolstadt 1577, 814 Seiten. - Aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt von Dr. Karl TeIch, „Maria, die unvergleichliche Jungfrau und hochheilige Gottesgebärerin ". Verlag Dießner & Sohn, vormals Arnhr. Opitz, Warnsdorf 1933, 778 Seiten (Anmerkung des Herausgebers).</ref>, wie sich der Verfasser selbst ausdrückt.

b) Väterausgaben, Erbauungsbücher und Briefe

13 Er betrachtete sich sozusagen als Schuldner aller Kreise und reichte allen Ständen nützliche und gesunde Seelennahrung: den Gebildeten schenkte er vollständigere und, soweit es damals möglich war, kritische Ausgaben der Werke des heiligen Leo des Großen und des heiligen Cyrill von Alexandrien, sowie der Briefe des heiligen Hieronymus; für die studierende Jugend schrieb er sogar eine lateinische Grammatik; um das religiöse Leben des Volkes zu fördern, verfasste er mehrere Schriften unter den Titeln: « Kirchliche Lesungen und Gebete für katholische Schulen I), « Unterweisungen und Übungen » und « Anmerkungen zu den Lesungen aus den Evangelien » <ref>VgI. Petrus Canisius, Meditationes seu notae in evangelicas lectiones. I. : Meditationes de Dominit:is. Kritische Ausgabe von Friedrich Streicher S. J., Herder, Freiburg i. Br. 1939 (Societatis Jesu selecti Scriptores, tom. III). - Die Originalausgabe erschien bei Abraham Gemperlin zu Freiburg i. d. Schweiz 1591, 1171 Seiten. - Ein zweiter Band (1593) enthält Betrachtungen zu den Evangelien der Heiligenfeste, 864 Seiten (Anmerkung des Herausgebers).</ref>; für den Adel bestimmte er sein « Handbuch der Frömmigkeit, Unterweisungen über das Gebet für einen christlichen Prinzen ».

Denselben Reichtum an Gelehrsamkeit und Kenntnissen, dasselbe unermüdliche Ringen um Gottes Ehre, den gleichen Seeleneifer verraten die zahllosen Briefe des Seligen über die verschiedensten, manchmal äußerst wichtigen Gegenstände. Einige davon könnte man zutreffend als theologische oder aszetische Abhandlungen bezeichnen. Diese jüngst veröffentlichten Briefe füllen acht umfangreiche Bände <ref>Vgl. Otto Braunsberger S. .J., Beati Petri Canisii Societatis Jesu EpistolaeetActa. Bd. I-VIII (1896-1923), Herder, Freiburg i. Br., 7550 S.</ref>.

c) „Summe der christlichen Lehre“ oder „Katechismus“

14 Allergrößten, geradezu weltweiten Ruhm erntete jedoch der selige Petrus Canisius verdientermaßen mit seiner « Summe der christlichen Lehre ». Während seiner Tätigkeit als Professor der Theologie an den Universitäten von Ingolstadt und Wien hatte Canisius die Notwendigkeit dieses Buches lebhaft empfunden. Darum entsprach er gern dem Wunsche des Kaisers Ferdinand und veröffentlichte im Jahre 1555 zuerst für die theologischen Fakultäten und Hochschulen seine « Summe », die bei Bischöfen und Theologen sehr gute Aufnahme fand und sich für die Kirche als außerordentlich nützlich erwies. Sie. enthält eine knappe und übersichtliche Darstellung der katholischen Lehre und hat darum bis in die jüngste Zeit zur Bildung der Kleriker und zur Widerlegung der Irrlehren hervorragende Dienste geleistet. Das gleiche, wenn möglich ein noch höheres Ansehen trugen dem gelehrten Verfasser der sogenannte Kleinere und der Kleinste Katechismus ein. Beide sind zweckdienliche Auszüge aus der « Summe» für die Mittelschulstufe und die Volksschulen. Noch zu Lebzeiten des Seligen erreichten diese Werke zweihundert Auflagen. Nach seinem Tode wurden sie in unzähligen Ausgaben nicht allein in Deutschland, sondern in etwa zwanzig verschiedenen Übersetzungen durch ganz Europa verbreitet <ref>Vgl. Petrus Canisius, Catechismi latini et germanici. Kritische Ausgabe von Friedrich Streicher S. J., I. Teil, München 1933; 11. Teil, München 1936.</ref>.

Man hat die « Summe» des seligen Petrus Canisius mit dem « Buch der Sentenzen » des Petrus Lombardus verglichen und den Einfluss, den der Verfasser des « Katechismus » auf das Abendland ausgeübt hat, der Bedeutung des heiligen Cyrillus von Jerusalem für die morgenländische Kirche gleichgestellt. Und Robert Bellarmin soll bedauert haben, dass ihm der Katechismus des seligen Petrus Canisius zu spät bekannt geworden sei; er hätte sonst nicht einen eigenen geschrieben, sondern jenen ins Italienische übersetzt.

[[Fortsetzung folgt]

Anmerkungen

<references />