Johannes Maria Oesterreicher

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Johannes Maria Oesterreicher (* 2. Februar 1904 in Stadt Liebau in Mähren; † 18. April 1993 in Livingston, New Jersey) war ein österreichischer katholischer Priester jüdischer Abstammung. Für ihn war die Umkehr der Juden ein Glaubens- und Herzensanliegen. Er war bedeutender Theologe des Zweiten Vatikanischen Konzils und Ökumeniker.

Biografie

Johannes Maria Oesterreicher wurde als Sohn des Nathan Oesterreicher und der Ida, geb. Zelenka, geboren. Die Mittelschule besuchte er in Liebau und Olmütz. Im Alter von 16 bis 18 Jahren begann er, angeregt durch die Schriften John Henry Newmans, sich für das Christentum zu interessieren. Im Mai 1924 wurde er in der Sakristei des Grazer Domes getauft.

Er studierte er Medizin in Wien (1922 -1924), hierauf Theologie in Graz von 1924 bis 1926 und in Wien von 1926 bis 1928. Am 17. Juli 1927 empfing er durch Kardinal-Erzbischof Friedrich Gustav Piffl in Wien am 17. Juli 1927 die Priesterweihe. Es folgten die Jahre der Seelsorgetätigkeit, und zwar zuerst in Gloggnitz von 1928 bis 1931, dann im 16. Wiener Bezirk (Kreuzerhöhung, 1931 - 34) und im 4. Wiener Bezirk (Paulanerkirche, 1934 -1938). In dieser Zeit war Kaplan Oesterreicher auch schon schriftstellerisch tätig; er schrieb Beiträge im »Missionsruf«, einer Zeitschrift der »Gesellschaft vom Weißen Kreuz« und in der Zeitschrift »Die Erfüllung«, dem Organ des »Pauluswerkes« (»Opus sancti Pauli«), das sich zum Ziel gesetzt hatte, den Juden in der begonnenen Bedrängnis und Verfehmung durch das in Deutschland an die Macht gekommene nationalsozialistische Regime beizustehen und gegen Rassenwahn und braune Ideologie anzukämpfen.

Im März 1939 wurde Oesterreicher erstmalig von der Gestapo verhört, aber wieder freigelassen. Im ersten Jahr nach der Besetzung Österreichs waren ja Priesterverhaftungen noch nicht an der Tagesordnung und auch in einem Priester jüdischer Abstammung wurde noch der Priester respektiert. Das sollte aber bald anders werden. Der Priester Oesterreicher ahnte, dass er auf der "schwarzen Liste" stand. So verließ er im April 1939 Österreich. Über die Schweiz und Italien ging er nach einem längeren Aufenthalt in Rom nach Paris, wo er vom September 1939 bis Juni 1940 blieb. Hier arbeitete er mit österreichischen Emigranten zusammen im Kampf gegen die braune Ideologie und Gewaltherrschaft, vor allem auch als Sprecher am Radio und durch Publikationen. Er brachte in dieser Zeit sein erstes Buch mit dem Titel "Racisme, Antisemitisme, Antichristianisme" (Edition du Cerf, Paris 1939) heraus. Dieses Buch wurde nach der Eroberung von Paris durch die Deutsche Wehrmacht sofort von der Gestapo beschlagnahmt, es erschien aber 1943 neu im Verlag "La Maison Franç!aise" in New York.

Gesucht von der Gestapo, musste Oesterreicher schließlich auch aus Frankreich fliehen. Die abenteuerliche Flucht führte ihn über Spanien und Portugal in die USA, wo er am 12. November 1940 in SS Exeter ankam. Von 1941 bis 1953 wirkte Oesterreicher in verschiedenen katholischen Pfarreien New Yorks.

Von 1944 bis 1953 war er neben seiner Seelsorgetätigkeit auch als "Research-Professor" am Manhattanville-College, Purchase, New York, tätig. Im März 1953 gründete er das "Institute of Judaeo-Christian Studies" an der Seton Hall Universität, das er bis zu seiner Pensionierung leitete. Von diesem Institut aus gelang es ihm, in den USA, wo über sechs Millionen Juden leben, also doppelt so viele wie im Staate Israel, gute Kontakte zwischen Juden und Christen herzustellen.

Auch der Hl. Stuhl wurde auf das verdienstvolle Wirken des österreichischen Judenkonvertiten aufmerksam und zog ihn zur Mitarbeit im Einheitssekretariat unter Kardinal Augustin Bea heran. Während des II. Vatikanischen Konzils nahm Oesterreicher an der zweiten, dritten und vierten Sitzungsperiode als "Peritus" von Kardinal Franz König teil und beeinflußte sehr stark den Abschnitt über die Juden in der Konzilserklärung über die nichtchristlichen Religionen "Nostra aetate«. Als Frucht des Konzils veröffentlichte Oesterreicher „The Rediscovery of Judaism“, deutsch „Die Wiederentdeckung des Judentums durch die Kirche“.

Im Jahre 1966 ehrte Papst Paul VI. den verdienstvollen Judenkonvertiten durch die Ernennung zum Monsignore, mehrere nordamerikanische Universitäten machten ihn zu ihrem Ehrendoktor und zum titulierten Universitätsprofessor. Die beiden jüdischen Gelehrten Asher Finkel und Lawrence Frizzell brachten 1981 zu Ehren von Johannes Oesterreicher den Sammelband "Standing before God, Studies on Prayer in Scriptures and in Tradition" heraus. Johannes M. Oesterreicher selbst publizierte mehrere Bücher, die auch in die deutsche Sprache übersetzt wurden und das Verhältnis des Christentums zum Judentum behandeln.

Johannes Oesterreicher, der versucht hatte, den Heiligen Stuhl zu einer offenen Kritik an Hitler zu bewegen, nahm den Papst im Nachhinein in Schutz. „Er hat erstens gesagt: Hitler war so auf die Zerstörung der Juden versessen, dass keine Worte von irgendwelcher Seite irgendeinen Einfluss auf ihn gehabt hätten, nur die vollkommene Zerstörung der deutschen Streitkräfte hätte das bewirkt. Und zweitens hat er gesagt, wir müssen die Gewissensüberprüfung von Pius respektieren. Vielleicht von heute aus, aus der Perspektive des Jahres 1964, hätten wir es gerne gehabt, wenn der Papst nicht geschwiegen hätte, aber wir müssen trotzdem seine Lage zu verstehen suchen. Der Papst meinte, wenn er etwas gesagt hätte, hätte das wahrscheinlich mehr negative als positive Folgen gehabt. Oesterreicher sagte, die Grundlage jeder zwischenmenschlichen Beziehung ist Respekt vor dem Gewissen. Und er bezog diese Worte auf die Lage von Pius XII.“<ref>Johannes Oesterreicher: Schutz für Juden, Schutz für Pius XII. Radio Vatikan am 25. Februar 2014</ref>

Worte von Johannes Maria Oesterreicher <ref>Zitate aus der Wikipedia</ref>

"Ich bin Jude und Katholik" (oft von ihm zitiert)

"Jesus, Maria und Josef waren in ihrem Erdenleben Juden, ebenso die Apostel und die Mitglieder der Urgemeinde. Wer die Bezeichnung Jude als Schimpfwort gebraucht, beschimpft, ohne es zu wissen, Jesus und alle frühen Heiligen der Kirche" (Kathpress Interview aus 1988)

"Eine ausführliche Darstellung meines Lebens und meines Bekenntnisses zu Christus würde Wochen in Anspruch nehmen. Ich müßte u.a. den Einfluß beschreiben, den Sören Kierkegaard, Kardinal Newman, Ferdinand Ebner, Theodor Haecker, 'Der Brenner', 'Die Fackel', vor allem die Evangelien auf mich hatten." (Johannes Maria Oesterreicher in einem Brief vom 16. Oktober 1986)

Die deutschsprachigen Werke

  • Der Papst und die Juden. Paulus Verlag Recklinghausen 1962 (1. Auflage; Heft mit 37 Seiten).
  • Auschwitz - der Christ und das Konzil. Kyrios Verlag Meitingen bei Augsburg 1964 (51 Seiten. Kl.-8°, original-Leinen).
  • Der Baum und die Wurzel / Israels Erbe - Anspruch an die Christen. Herder Verlag Freiburg im Breisgau 1968 (197 Seiten;
  • Die Wiederentdeckung des Judentums durch die Kirche. Eine neue Zusammenschau der Konzilserklärung über die Juden (Reihe: Theologie und Leben 7). Kyrios Verlag Freising/Meitingen 1971 (1./2. Auflage; TB; 94 Seiten; ISBN 9783783800685; früher: 3783800684)
  • Hrsg. vom Institut für kirchliche Zeitgeschichte Salzburg (Serie II, Bd. 18): Wider die Tyrannei des Rassenwahns. Rundfunkansprachen aus dem ersten Jahr von Hitlers Krieg. Mit einem Nachwort von P. Robert A. Graham S. J., Rundfunkprediger. Geyer Edition Salzburg 1986 (120 Seiten).
  • Zur Genealogie von Hitlers Judenhass. Informationzentrum im Dienste der Christlich-Jüdischen Verständigung, Wien 1988. 1. Teil: Das Ausmass (27 Seiten); 2. Teil: Die Quellen (36 Seiten).
  • Rassenhass ist Christushass : Hitlers Judenfeindlichkeit in zeitgeschichtlicher und in heilsgeschichtlicher Sicht ; Dokumente und Kritik. aus dem Franz. übers. von Eberhard Steinacker. Hermagoras Klagenfurt ; Ljubljana ; Wien 1993 (224 Seiten; ISBN 3-85013-289-7).

Literatur

  • Ferdinand Holböck: Wir haben den Messias gefunden. Christiana Verlag Stein am Rhein 1987, S. 143-145 (160 Seiten; ISBN 3-7171-0901-4)
  • Elias H. Füllenbach: Das katholisch-jüdische Verhältnis im 20. Jahrhundert. Katholische Initiativen gegen den Antisemitismus und die Anfänge des christlich-jüdischen Dialogs in Deutschland. In: Reinhold Boschki und Albert Gerhards (Hrsg.): Erinnerungskultur in der pluralen Gesellschaft. Neue Perspektiven für den christlich-jüdischen Dialog. Ferdinand Schöningh Verlag Paderborn u. a. 2010 (= Studien zu Judentum und Christentum), S. 143–163, ISBN 978-3-506-76971-8.

Weblinks

Anmerkungen

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