Choralbearbeitung

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Eine Choralbearbeitung ist eine entweder komponierte oder improvisierte Form der Bearbeitung eines Chorals bzw. Kirchenliedes zumeist für Instrumente, besonders für die Orgel, mit der Funktion, entweder die Gemeinde auf das zu singende Lied vorzubereiten oder das Kirchenlied kunstvoll als meditative Form, beispielsweise währende der Kommunionspendung oder eines Konzerts darzubieten.

Choralbearbeitungen können auch Choralvorspiel genannt werden, und zwar unabhängig davon, ob das Werk in einem Gottesdienst als Vorspiel zu einem geistlichen Lied dient oder im Rahmen einer konzertanten Darbietung erklingt.

Geschichte

Alle mehrstimmigen Hymnen, Sequenzen, Responsorien, Antiphonen und Ordinariumskompositionen können Grundlage einer Choralbearbeitung sein. In diesem Sinne sind schon die mittelalterlichen Organa und Motetten Choralbearbeitungen.

Die schriftliche Überlieferung der instrumentalen Gattung Choralbearbeitung beginnt im 15. Jahrhundert in Italien (Girolamo Cavazzoni) und Deutschland (Konrad Paumann). Ihre Hochform erreicht die Choralbearbeitung im 17. Jahrhundert im Protestantismus, beispielsweise durch Samuel Scheidt, Johann Pachelbel, Heinrich Scheidemann, Dieterich Buxtehude und Johann Sebastian Bach. In der Klassik sind es Justinus Heinricht Knecht, Johann Christian Heinrich Rinck, Johann Gottlob Töpfer, in der Romantik Komponisten wie Johann Georg Herzog, Johannes Brahms, Karl Straube, Max Reger und Sigfrid Karg-Elert die sich ausführlich mit dieser Gattung beschäftigen. In der Moderne sind dies u.a. Gerard Bunk, Johann Nepomuk David, Ernst Pepping, Hermann Schroeder, Joseph Ahrens, Helmut Bornefeld, Harald Genzmer, Lothar Graap und Rolf Schweizer. Im Kompositionsstudium gehört das Schreiben einer Choralbearbeitung zum selbstverständlichen Handwerkszeug eines jeden Komponisten.<ref>Choralbearbeitung. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Bärenreiter Verlag Kassel 1989, S. 1303-1323.</ref>

Die Choralbearbeitung ist auch eine wichtige Gattung des liturgischen Orgelspiels in Form der Orgelimprovisation. Bereits in der Barockzeit wurde von jedem Organisten erwartet, dass er ad hoc (Stehgreifspiel) einen Choral nicht nur harmonisieren, sondern auch kunstvolle Vorspiele selbst erfinden konnte. Heute wird in der Kirchenmusikausbildung in den unteren Prüfungen (D/C) eine improvisierte Choralbearbeitung mit einfachen Mittel und in den oberen Hochschulprüfungen (B/A) kunstvolles improvisiertes Orgelspiel verlangt, das im Studium mit einem eigenen Fach unterrichtet wird.

In Orgelbegleitbüchern zum Evangelischen Kirchengesangbuch und zum katholischen Gotteslob sind zumeist kurze Choralvorspiele und Choralbearbeitungen für die Intonation der Liedbegleitung im Gottesdienst abgedruckt.<ref> Orgelbuch zum Gotteslob, Stammteil: Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2014, Diözesanteil: herausgegeben von den jeweiligen Bistümern. Das Orgelbuch der Domorganisten, Bärenreiter-Verlag, Kassel 2014. Intonationen zum Gotteslob, Carus-Verlag, Stuttgart. Choralvorspiele für Orgel zum Gotteslob. Carus-Verlag, Stuttgart.</ref> Darüber hinaus gibt es Kompendien mit Choralbearbeitungen aus verschiedenen Jahrhunderten mit größeren Formaten.

Formen

  • Beim Orgelchoral wird die gesamte Choralmelodie einmal ohne Unterbrechung durchgeführt.
  • Beim Ricercar, auch Orgelmotette genannt, werden die einzelnen Choralzeilen nacheinander imitierend verarbeitet.
  • Die Choralfantasie variiert die Choralzeilen abschnittsweise.
  • Die Choralfuge verwendet meist die erste Zeile des Chorals als Fugenthema.
  • Die Choralvariation, auch Choralpartita, präsentiert den Choral mittels unterschiedlicher Verarbeitungstechniken zu einer Variationsreihe.

Literatur

  • Daniel Gottlob Türk: Von den wichtigsten Pflichten eines Organisten, Leipzig/Halle 1787.
  • Hans Musch (Hrsg.): Musik im Gottesdienst, ConBrio Regensburg 1994.
  • Klaus Beckmann: Repertorium Orgelmusik, Schott Mainz 1999, ISBN 3-7957-0358-1.
  • Jochen Arnold, Jochen Kaiser u.a. (Hrsg.): Gottesklänge. Musik als Quelle und Ausdruck des christlichen Glaubens, Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2014, ISBN 978-3-374-03290-7.

Anmerkungen

<references />