Acerba animi (Wortlaut): Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 12. März 2018, 18:58 Uhr

Apostolisches Schreiben
Acerba animi

unseres Heiligen Vaters
Pius XI.
an die Erzbischöfe, Bischöfe und die übrigen Oberhirten der Vereinigten Staaten von Mexiko,
die in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle leben
über das Verhalten der Seelsorger gegenüber kulturbeschränkenden Staatsgesetzen in Mexiko
29. September 1932

(Offizieller lateinischer Text: AAS XXIV [1932] 321-332)<|center>

(Quelle: Die katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung, Hsgr. Arthur Utz + Birgitta Gräfin von Galen, Band 3, XXIII 144-176, S. 2336-2355, Scientia humana Institut Aachen 1976, Imprimatur Friburgi Helv., die 2. decembris 1975 Th. Perroud, V.G. Die Nummerierung folgt dem Text von www.papalencyclicals.net)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Einleitung

1 Die bittere Seelennot, die Uns wegen der beklagenswerten Situation der menschlichen Gesellschaft in dieser Zeit bedrückt, kann nicht die ganz besondere Sorge vermindern, mit der Wir sowohl die geliebten Söhne des mexikanischen Volkes umgeben, als auch besonders Euch, Ehrwürdige Brüder, da Ihr täglich die bittersten Verfolgungen erleiden müsst.

1. Protest gegen antiklerikale Gesetze

2 Seit Beginn Unseres Pontifikats haben Wir, dem Beispiel Unseres Vorgängers folgend, mit allem Eifer und aller Kraft Uns bemüht, die Anwendung der verderblichen sog. "konstitutionellen" Gesetze zu verhindern. Da diese Gesetze wichtige und unabänderliche Rechte der Kirche verletzen, konnten Wir nichts anderes tun, als sie mehrfach, bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu verurteilen und zu verwerfen. Deswegen lag es Uns auch am Herzen, in Eurer Republik durch einen Legaten vertreten zu sein.

3 Während in letzter Zeit die Regierungen vieler anderer Staaten sich mit Eifer bemüht haben, ihre Beziehungen zum Apostolischen Stuhl zu erneuern, hat die Regierung Mexikos nichts unterlassen, den Weg gegenseitiger Verständigung zu verstellen; sie hat darüber hinaus ein zuvor schriftlich gegebenes Versprechen gegen alle Erwartungen gebrochen und aufs deutlichste gezeigt, was ihre wahre Gesinnung und Absicht gegenüber der Kirche ist, indem sie mehrfach Unsere Legaten ausgewiesen hat. So ist es auch dahin gekommen, dass Artikel 130 ihrer so genannten "Verfassung" mit äußerste. Härte durchgesetzt wird; dieses vom Hass gegen die katholische Religion diktierte Gesetz haben Wir in der Enzyklika Iniquis afflictisque vom 18. November 1926 öffentlich beklagt und feierlich verurteilt. Äußerst hart sind auch die Strafen, die gegen diejenigen verhängt werden, die diesem Artikel der Verfassung zuwiderhandeln, und, was eine neue ungerechte Beleidigung der kirchlichen Hierarchie bedeutet, es wurde sichergestellt, dass die Zahl der Priester, denen die Genehmigung erteilt wird, privat oder öffentlich Gottesdienst zu halten und Sakramente zu spenden, eine bestimmte Größe, die von den Gesetzgebern der einzelnen Länder zu bestimmen ist, nicht überschreiten darf.

2. Bewunderung des Papstes und der ganzen Welt für den Mut des Klerus

4 Nachdem dieses ungerechte und intolerante Gesetz erlassen war, das die mexikanische Kirche der staatlichen Gewalt und der Willkür der der katholischen Religion feindlich gesinnten Regierung aussetzt, habt Ihr, Ehrwürdige Brüder, befohlen, den öffentlichen Gottesdienst einzustellen, und zugleich alle Gläubigen auf jede Weise gedrängt, gegen diese schändlichen Vorschriften wirksam zu protestieren. Wegen Eures apostolischen Starkmutes und Eurer Standhaftigkeit aus dem Vaterland vertrieben, habt Ihr von Ferne aus der Verbannung den heiligen Kampf und das Martyrium Eures Klerus und Eurer Gläubigen verfolgt und bewundert; nur einigen wenigen von Euch gelang es auf fast wunderbare Weise, sich in der eigenen Diözese zu verbergen, und diese haben durch das Beispiel ihrer edlen Standhaftigkeit dem christlichen Volk nicht geringen Trost und Ermutigung gespendet. Über alle diese Dinge haben Wir in öffentlichen Ansprachen und Predigten und noch eingehender und ausführlicher in der oben erwähnten Enzyklika Iniquis afflictisque gesprochen; Wir empfanden vor allem dankbare Freude darüber, dass die heroischen Taten des Klerus, der oft sogar unter Lebensgefahr den Gläubigen die Sakramente spendete, und so vieler Laien, die unvorstellbare und bis dahin unerhörte Drangsale standhaft ertragen und unter großen persönlichen Opfern den Priestern Beistand geleistet haben, auf dem ganzen Erdkreis stürmische Begeisterung hervorgerufen haben.

3. Appell des Papstes

5 Und so dann haben Wir inzwischen, wie es Unsere Pflicht war, durch mündliche und schriftliche Ratschläge die Priester und Gläubigen gemahnt, den ungerechten Gesetzen in christlichem Geist nach Kräften Widerstand zu leisten; zugleich haben Wir sie ermahnt, die ewige göttliche Gerechtigkeit durch Gebete und Sühnopfer zu versöhnen, auf dass der allwissende und barmherzige Gott die Verfolgungen bald gnädig mäßigen und beenden möge. Auch haben Wir es nicht unterlassen, Unsere Söhne aus allen übrigen Ländern zu veranlassen, ihre flehentlichen Gebete mit Uns zu vereinigen und für die unter so unwürdigen Bedingungen lebenden mexikanischen Brüder zu beten; dieser Unserer väterlichen Einladung sind sie mit bewundernswertem Eifer gefolgt. Andererseits haben Wir nichts Menschenmögliches unterlassen, Unseren geliebten Söhnen Trost zu spenden: Wir haben die Katholiken der ganzen Welt aufgerufen, ihren Not leidenden Brüdern der mexikanischen Kirche durch Spendensammlungen zu Hilfe zu kommen, und haben die Regierungen der Länder, mit denen Wir diplomatische Beziehungen unterhalten, immer und immer wieder beschworen, der abnormen und äußerst ernsten Lage so vieler Christen ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden.

4. Versöhnungsversuche

6 Da eine so große Zahl bedrängter Bürger ihren starken und einsatzfreudigen Widerstand nicht aufgab, hat die Regierung der mexikanischen Republik, um auf irgendeine Weise aus den gefährlichen Folgeerscheinungen dieser Situation, die sie nicht nach Wunsch unterdrücken und überwinden konnte, herauszukommen, deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich dem Vorschlag, die ganze Sache beizulegen, nicht widersetzen werde, wobei dann beide Seiten zu Wort kommen sollten. Obwohl Wir durch schmerzliche Erfahrung wissen, dass es unvorsichtig ist, derartigen Versprechungen zu trauen, glaubten Wir andererseits doch erwägen zu müssen, ob es ratsam sei, das Verbot des Gottesdienstes in der Öffentlichkeit zu verlängern. Dieses Verbot wird, wenn es als wirksamer Protest gegen die Willkür der Staatsregierung gegolten hat und nun weiter aufrechterhalten wird, nichts anderes als Schaden für die staatliche und religiöse Ordnung hervorbringen. Zudem erfuhren Wir aus zahlreichen und sicheren Quellen, dass dieses Verbot vor allem, was noch schwerwiegender ist, den Gläubigen zum Schaden gereichte; denn diese wurden des geistlichen Beistandes beraubt, dessen das christliche Leben bedarf, und nicht selten gehindert, ihre religiösen Pflichten zu erfüllen; so wurden sie allmählich vom katholischen Priestertum getrennt und verloren damit seine übernatürlichen Wohltaten. Es kam dahin, dass die lange Abwesenheit der Bischöfe von ihren Diözesen ein Nachlassen der kirchlichen Disziplin zur Folge hatte, was umso bedauerlicher war, als das christliche Volk und seine Priester gerade in dieser schweren Verfolgung der mexikanischen Kirche ganz besonders der Leitung und Weisung jener bedurfte, die "der Heilige Geist eingesetzt hat, um die Kirche Gottes zu regieren" (Apg 20, 28).

7 Als daher die mexikanische Regierung im Jahre 1929 öffentlich erklärte, es sei nicht ihre Absicht, die erwähnten Gesetze zu dem Zweck anzuwenden, "die Identität der Kirche" auszulöschen und die kirchliche Hierarchie zu übergehen, haben Wir es, einzig im Hinblick auf das Heil der Seelen, für erforderlich erachtet, diese, wenn auch noch so unsichere Gelegenheit zur Wiederherstellung der Hierarchie nicht ungenutzt vorübergehen zu lassen. Wir dachten auch, es gelte zu bedenken, ob es nicht vorteilhaft sei, jetzt, da die Hoffnung aufleuchtete, die schlimmsten Übel zu mildem, und da die wichtigsten Gründe beseitigt schienen, die die Bischöfe veranlasst hatten, den öffentlichen Gottesdienst zu verbieten, diesen nunmehr wiedereinzuführen. Damit hatten Wir wahrlich nicht im Sinn, die mexikanischen Gesetze gegen die Religion anzuerkennen und die öffentlichen Proteste gegen sie zu widerrufen, so als wären Wir der Meinung, diesen Gesetzen sei nun nicht mehr mit aller Kraft Widerstand zu leisten. Es handelte sich nur um folgendes: Da nun einmal die Staatsregierung klar zu verstehen gab, dass sie ihre Meinung geändert habe, schien es sachlich gerechtfertigt, jene Formen des Widerstandes aufzugeben, die vor allem dem christlichen Volk zum Schaden gereichten und andere, angemessenere Maßnahmen zu ergreifen.

5. Die gegenwärtige Lage

Verfolgung der Katholiken

8 Allen ist jedoch offenkundig, dass der so lange ersehnte Friede und die allgemeine Versöhnung Unseren Wünschen und Erwartungen nicht entsprochen haben. Unter offener Verletzung, der Bedingungen, unter denen die Versöhnung beschlossen wurde, wurden die Bischöfe, Priester und Gläubigen weiterhin heftig verfolgt, verurteilt und eingekerkert; mit größtem Schmerz haben Wir auch erfahren, dass nicht nur nicht alle Bischöfe aus dem Exil zurückgerufen wurden, sondern dass darüber hinaus einige, die im Lande verbleiben konnten, unter Missachtung der Gesetze ausgewiesen wurden; in den Diözesen wurden zahlreiche Gotteshäuser, Seminarien, bischöfliche Palais und andere kirchliche Gebäude ihrer eigentlichen Bestimmung nicht wieder zugeführt, schließlich wurden, entgegen den öffentlich gegebenen Versprechen, viele Kleriker und Laien, die den überkommenen Glauben standhaft verteidigt hatten, dem Hass und Neid ihrer Feinde ausgeliefert.

Hass gegen die Religion

Kaum war das Verbot des öffentlichen Gottesdienstes widerrufen, nahm die Verleumdungskampagne der Herausgeber von Druckschriften gegen die Geistlichen, die Kirche, gegen Gott selbst um so erbitterter wieder zu; alle wissen, dass der Apostolische Stuhl sich verpflichtet fühlte, eine dieser Schriften - die durch ihre Niedertracht und die offensichtliche Absicht, durch Verleumdungen den Hass gegen die Religion zu schüren, jedes Maß überschritten hatte - zu verurteilen und zu brandmarken.

Verbot des Religionsunterrichts

9 Es kommt häufig vor, dass in den Grundschulen nicht nur der Religionsunterricht durch das Gesetz verboten ist, sondern dass häufig die mit dem Unterricht der Kinder beauftragten Lehrer dazu angehalten werden, die kindlichen Gemüter im Geiste der Gottlosigkeit und der Sittenlosigkeit zu erziehen, was den christlichen Eltern die größten Sorgen bereitet, wenn sie die Unschuld ihrer Kinder schützen wollen. Daher segnen Wir von Herzen die Eltern wie auch die Lehrer, die sie dabei unterstützen, und Wir ermahnenEuch, Ehrwürdige Brüder, die Priester und Ordensleute und alle Gläubigen im Herrn, nicht aufzuhören, soweit es Euch möglich ist, der Sache der Schulen und der Kindererziehung mit ganzer Hingabe zu dienen und die große Maße der Bevölkerung nicht zu vergessen, die Eures apostolischen Eifers umso dringender bedarf, je mehr sie der weit verbreiteten Propaganda der Atheisten, Freimaurer und Kommunisten ausgesetzt ist. Denn Ihr müsst bedenken, dass die Zukunft Eures Vaterlandes ohne Zweifel so sein wird, wie Ihr sie durch die Erziehung der Kinder gestaltet.

Einmischung des Staates in kirchliche Angelegenheiten

10 Aber es gibt noch einen Personenkreis von noch größerer Wichtigkeit, aus dem das Leben der gesamten Kirche hervorgeht, der erbittert bekämpft wird, nämlich die Geistlichkeit, die katholische Hierarchie, und zwar in der Absicht, sie aus der Staatsgemeinschaft nach und nach zu entfernen. Es sei dem mexikanischen Staat überlassen, sich eine "Verfassung" zu geben, den Bürgern die Freiheit einzuräumen, zu meinen, zu denken und zu glauben, was sie wollen. Wie Wir es jedoch wiederholt bei gegebener Gelegenheit bedauert haben, hat er im offensichtlichen Gegensatz dazu angeordnet, dass die einzelnen Bundesstaaten der Republik nur eine bestimmte Anzahl von Priestern zulassen dürfen, denen es erlaubt sein soll, in den Gotteshäusern, aber auch innerhalb der Mauern von Privathäusern Gottesdienst zu halten und dem Volk die Sakramente zu spenden. Diese unmenschliche Ungerechtigkeit wird noch verschlimmert durch die Art und Weise, wie dieses Gesetz angewandt wird. Wenn nämlich die "Verfassung" bestimmt, dass die Zahl der Priester eine bestimmte Größe nicht überschreiten darf, so verlangt sie nicht, dass in jeder Region die Zahl, gemessen an den Bedürfnissen des katholischen Volkes, zu gering ist; noch weniger schreibt sie vor, dass hierbei die kirchliche Hierarchie zu übergehen sei, was übrigens in jener mit "Modus vivendi" überschriebenen Konvention offen und klar anerkannt und bestätigt wurde. Nun wurde aber im Staat Michoaca verfügt, dass es nur einen Priester für 33000 Gläubige geben dürfe, in Chihuahua einen für 45000, in Chiapa einen für 60000 und schließlich im Staat Vera Cruz nur einen für 100000. Es wird wohl niemanden geben, der nicht einsieht, dass es unmöglich ist, unter diesen Bedingungen den vorwiegend in weiträumigen Regionen verstreut lebenden Gläubigen die Sakramente zu spenden. Trotzdem hören die Verfolger nicht auf, immer wieder neue Beschränkungen aufzuerlegen, so als bedauerten sie ihre zu große Freizügigkeit: Zahlreiche Seminarien wurden von verschiedenen Landesregierungen geschlossen; Pfarrhäuser wurden beschlagnahmt; und an verschiedenen Orten wurden die Gotteshäuser bestimmt, in denen allein und auch nicht über einen festgesetzten Bereich hinaus die von der Staatsgewalt zugelassenen Geistlichen ihr Amt ausüben dürfen.

11 Einige Landesregierungen haben sogar angeordnet, dass die Staatsbeamten, wenn sie die Genehmigung zur Ausübung eines geistlichen Amtes erteilen, in keiner Weise die Hierarchie berücksichtigen müssen, dass es sogar besser sei, alle Oberhirten, d. h. die Bischöfe sowie diejenigen, die das Amt eines Apostolischen Legaten ausüben, vollständig an der Ausübung ihrer Amtsgewalt zu hindern.

12 Das zeigt offenkundig, dass sie die Katholische Kirche unterdrücken und vernichten wollen. Wir möchten hier nur in einigen wenigen Hauptpunkten die drückende Lage der mexikanischen Kirche in Erinnerung rufen, damit alle diejenigen, denen die Ordnung und Eintracht unter den Völkern am Herzen liegt, ermessen können, wie sehr diese ruchlose Verfolgung, vor allem in nicht wenigen Staaten, jener gleicht, die in den schrecklichen Gebieten Russlands wütet, und damit sie so aus der verhängnisvollen Übereinstimmung der Ziele neuen Eifer schöpfen, sich diesem Drang nach Umsturz der gesamten sozialen Ordnung wie ein Schutzwall entgegenzustellen. Euch, Ehrwürdige Brüder, und den geliebten Söhnen des mexikanischen Volkes wollen Wir erneut Unsere väterliche Sorge bekunden, mit der Wir alle von Drangsalen Bedrückten umgeben; dieser Unserer Fürsorge entsprangen auch die Verhaltensregeln, die Wir durch Unseren geliebten Sohn, den Kardinal-Staatssekretär im vergangenen Januar herausgaben und durch Unseren Apostolischen Delegaten Euch überbringen ließen. Da es sich nämlich um eine Angelegenheit handelt, die mit der Religion aufs engste verknüpft ist, so ist es wahrlich Unser Recht und Unsere Pflicht, geeignete Verhaltensnormen aufzustellen, denen sich niemand, der sich des katholischen Namens rühmt, widersetzen kann. Und es ist der Mühe wert, an dieser Stelle öffentlich darzulegen, dass Wir alle Mitteilungen und Ratschläge, die Wir sowohl von der kirchlichen Hierarchie als auch von Laien erhielten, eingehend und gründlich erwogen haben; Wir betonen "alle", auch jene, die offenbar die Rückkehr zu verschärftem Widerstand - wie schon im Jahre 1926 - durch das Verbot des öffentlichen Gottesdienstes in der gesamten Republik fordern.

6. Das Verhalten der Katholiken

Anpassung an besondere Umstände

13 Bezüglich der Art des Vorgehens aber, die man anwenden soll, ist folgendes zu sagen: Da die Priester nicht in allen Staaten in gleicher Weise unterdrückt sind und die Autorität und Würde der kirchlichen Hierarchie nicht überall gleichmäßig geschmälert wird, so folgt daraus, dass, in dem Maße, wie die unheilvollen Gesetze unterschiedlich angewandt werden, auch die Kirche und die Gläubigen nicht immer ganz die gleichen Verhaltensregeln befolgen müssen. Diesbezüglich scheint es Uns gerecht, jene mexikanischen Bischöfe mit besonderem Lob zu ehren, die, wie Wir durch die Uns übersandten Berichte erfahren konnten, die von Uns gegebenen Verhaltensregeln gewissenhaft interpretiert haben; Wir erklären es hier bereitwillig und offen: Diejenigen, die - mehr vom Eifer, ihren eigenen Glauben zu schützen, als von der in dieser schwierigen Lage erforderlichen äußersten Klugheit angeregt - in den nach den Verhältnissen der verschiedenen Orte je verschiedenen Anweisungen der Bischöfe gegensätzliche Zielsetzungen vermuteten, mögen versichert sein, dass diese Sorge absolut jeder Grundlage entbehrt.

Zum Fall der ungerechten Gesetze beitragen

Da aber die Beschränkung der Zahl der Priester zweifellos eine schwere Verletzung göttlicher Rechte bedeutet, so ist es unumgänglich, dass die Bischöfe, der übrige Klerus und die Laien gegen eine solche Ungerechtigkeit mit allen legitimen Mitteln und ganzer Kraft durch Widerstand und Protest vorgehen. Und wenn auch ein solcher Protest gegen die Staatsregierung keinen Erfolg haben mag, so kann er doch die Gläubigen, vor allem die ungebildeten, davon überzeugen, dass die Regierung durch ihr Vorgehen die Freiheit der Kirche mit Füßen tritt, auf die Wir, auch wenn es ihre Verfolger fordern, ohne Zweifel nicht verzichten können.

14 Da Wir mit innerster Genugtuung zahlreiche Proteste gelesen haben, die die Bischöfe und Priester der durch jene ungerechten Gesetze unterdrückten Diözesen eingelegt haben, so protestieren Wir hier vor dem gesamten Erdkreis und in besonderer Weise vor den Lenkern der Staaten, damit sie recht bald erkennen, dass durch diese Verfolgung des mexikanischen Volkes nicht nur dem ewigen Gott durch Unterdrückung seiner Kirche und den Gläubigen durch Verletzung ihres Glaubens und ihres religiösen Gewissens schwerstes Unrecht geschieht, sondern auch die Gefahr eines allgemeinen Umsturzes der bürgerlichen Ordnung, den die Lästerer und Hasser Gottes mit allen Mitteln anstreben, heraufbeschworen wird.

Soweit wie möglich den Gottesdienst aufrechterhalten

15 Damit Wir den beklagenswerten Folgen dieses Zustandes entgegenwirken und sie, soweit es Uns möglich ist, mildern können, ist es nötig, mit allen noch vorhandenen Mitteln die Abhaltung des Gottesdienstes, soweit wie möglich, überall aufrechtzuerhalten, damit das Licht des Glaubens und das Feuer der christlichen Liebe im Volke nicht erlösche. Denn obgleich es sich um ungerechte Gesetze handelt, die, wie Wir gesagt haben, den geheiligten Rechten Gottes und der Kirche entgegenstehen und deshalb kraft göttlichen Rechts zu verurteilen sind, so ist doch zweifellos derjenige von falscher Furcht beseelt, der glaubt, die Regierung in ihrer ungerechten Sache zu unterstützen, wenn er sie, nachdem er ihre Verfolgungen erduldet hat, um die Erlaubnis zur Ausübung des geistlichen Amtes ersucht, und daher meint, es sei seine Pflicht, ein solches Gesuch überhaupt nicht zu stellen. Diese offensichtlich irrtümliche Meinung und Handlungsweise würde nur der ganzen Schar der Gläubigen größten Schaden verursachen, denn dadurch würde schließlich überall der Gottesdienst unterbunden.

Verbot, ungerechte Gesetze freiwillig zu unterstützen

16 Es ist also zu beachten, dass es zweifellos unerlaubt und sündhaft ist, dieses ungerechte Gesetz gutzuheißen und freiwillig aktiv zu fördern; dass diese Handlungsweise aber sehr verschieden ist von jener, aufgrund welcher jemand ungerechten Befehlen widerwillig und widerstrebend gehorcht, und zwar nur, um die tödlichen Folgen der Gesetze, soweit es an ihm liegt, zu vermindern. Wenn ein Priester gezwungenermaßen von den staatlichen Beamten die Erlaubnis zur Ausübung des geistlichen Amtes einholt - da er sonst den Gottesdienst nicht abhalten kann -, so weicht er damit nur der Gewalt, um größere Übel vermeiden zu können; er verhält sich damit nicht anders als jener, der, seines Besitzes beraubt, gezwungen ist, vom ungerechten Räuber die Erlaubnis zu erbitten, seine Besitztümer wenigstens zu gebrauchen.

"Formelle Mitwirkung" und "materielle Unterwerfung"

17 Darüber hinaus ist der Verdacht einer so genannten "formellen Mitwirkung" und Zustimmung zum Gesetz auch durch die feierlichen und heftigen Proteste des Heiligen Stuhles wie auch der Bischöfe und des Volkes der mexikanischen Republik ausgeräumt. Hinzu kommt noch jenes durch angemessene Vorsichtsmaßregeln abgesicherte kluge Verhalten der Priester, die, obgleich durch den Auftrag der Bischöfe gemäß kanonischem Recht in ihr heiliges Amt eingesetzt, dennoch, wenn sie dazu gezwungen werden, die Staatsregierung um die Erlaubnis zur freien Abhaltung des Gottesdienstes ersuchen; denn unter diesen Umständen approbieren sie kein Gesetz, noch anerkennen sie irgendwelche Vorschriften, sondern sie unterwerfen sich den ungerechten Gesetzen nur "materiell", wie man sagt, in der Überzeugung, dadurch ein Hindernis abzuwehren, das sie von der Ausübung ihres heiligen Amtes abhalten würde und das, solange es nicht beseitigt ist, zum größten Schaden der Seelen überall den Gottesdienst unmöglich machte. In ganz ähnlicher Weise haben, wie berichtet wird, die Priester der frühchristlichen Zeit, sogar mit Geschenken, um die Erlaubnis gebeten, die Märtyrer in den Kerkern zu besuchen, um ihnen die Sakramente zu spenden; trotzdem hat kein vernünftiger Mensch je behauptet, sie hätten deswegen in irgendeiner Weise das Vorgehen der Verfolger anerkannt und gutgeheißen.

18 Das ist die sichere und unbestrittene Lehre der Katholischen Kirche, die aber, wenn sie angewandt wird, bei nicht wenigen irrtümlich Anstoß erregen kann; es ist daher Eure Aufgabe, Ehrwürdige Brüder, allen den von Uns hier dargelegten Grundsatz eindringlich und klar zu erläutern. Wenn aber jemand einen Monat, nachdem Ihr Unsere Ansicht erläutert habt, noch auf jener falschen Ansicht hartnäckig beharrt, so soll er wissen, dass er fernerhin dem Vorwurf des Trotzes und der Widersetzlichkeit nicht wird entgehen können.

Gesinnung der Gerechtigkeit, Eintracht und Liebe

19 Es mögen also alle den Geist des Gehorsams und der Eintracht bewahren, den Wir schon mehrfach mit großer Genugtuung an Eurem Klerus gelobt haben; sie mögen alle Zweifel und alle ängstliche Unruhe abschütteln, die durch das erste Aufflammen der Verfolgung hervorgerufen wurden, und prüfen, wie sie mit gesteigerter Willensanstrengung ihr apostolisches Wirken noch erfolgreicher gestalten können, vor allem unter der Jugend und unter dem Volk. Sie sollen auch versuchen, den Geist der Gerechtigkeit, der Eintracht und der Liebe jenen einzuflößen, die die Kirche bisher verfolgt haben, weil sie sie nicht genug kennen.

Entwicklung der Katholischen Aktion

20 Wir können es deshalb auch nicht unterlassen, nochmals eine Sache zu empfehlen, auf die Wir, wie Ihr wisst, bereits hingewiesen haben; dass nämlich die Katholische Aktion gemäß jenen Normen (Vgl. auch den Apostolischen Brief Paterna sane sollicitudo vom 2. Februar 1926), die Wir Euch durch Unseren Apostolischen Delegaten übermittelt haben, überall noch weiter verbreitet werde. Wir wissen, dass dieses Unternehmen vor allem im Anfang und unter den gegenwärtigen äußerst ungünstigen Bedingungen sehr schwierig ist; Wir wissen auch, dass es nicht immer im gewünschten Maß Früchte getragen hat; Wir wissen aber auch, dass es notwendiger und wirkungsvoller ist als alle übrigen Organisationsformen, wie die Erfahrung anderer Nationen, die die Gefahr derartiger Verfolgungen überstanden haben, gelehrt hat.

Einmütigkeit aller Christen mit der Hierarchie

21 Wir ermahnen daher im Herrn Unsere geliebten Söhne des mexikanischen Volkes immer aufs neue, in engster Verbindung mit der heiligen Mutter der Kirche und ihrer Hierarchie zu bleiben und so sich zu bemühen, den gegebenen Normen und Vorschriften zu gehorchen. Sie mögen keine Gelegenheit ungenutzt lassen, die Sakramente, die Quellen göttlicher Gnade und christlicher Tugend, zu empfangen; sie mögen sich eifrig in der Religionslehre weiterbilden; sie mögen vom Vater des Erbarmens Frieden und Wohlfahrt für ihr schwer heimgesuchtes Vaterland erflehen; sie mögen es als eine Ehre und Pflicht ansehen, in den Reihen der Katholischen Aktion den Priestern ihre Unterstützung zu gewähren.

Belobigung der heldenmütigen Christen

22 Denjenigen, die als Welt- und Ordenspriester wie auch als Laien, von glühendem Eifer für die Religion beseelt und im Gehorsam gegen diesen Heiligen Stuhl, rühmenswerte Taten vollbracht haben, die in den Annalen der mexikanischen Kirche aufgezeichnet zu werden verdienen, spenden Wir Unser höchstes Lob; Wir beschwören sie eindringlich im Herrn, nicht aufzuhören, alle Kraft einzusetzen, um die geheiligten Rechte der Kirche zu verteidigen, und ihre Leiden und Mühen mit jener großmütigen Standhaftigkeit zu ertragen, von der sie bis jetzt so zahlreiche edle Beispiele gegeben haben.

Ermahnung und Segen

23 Doch können Wir diese Enzyklika nicht beenden, ohne Euch, Ehrwürdige Brüder und treue Interpreten Unserer Gedanken, in besonderer Weise Unsere Gefühle zum Ausdruck zu bringen und Euch zu sagen, dass Wir Euch umso näher sind und Uns umso enger mit Euch verbunden fühlen, je mehr Ihr in der Ausübung Eures Apostolischen Amtes von den bittersten Anfeindungen bedrängt seid; und Wir vertrauen darauf, dass Ihr aus dieser geistigen Einheit mit dem Stellvertreter Jesu Christi Trost und Ansporn schöpft, dass Ihr täglich freudiger das äußerst schwierige heilige Amt mit Eifer ausübt und so die Euch anvertraute Herde in den Hafen des ewigen Heiles führt. Damit jedoch die Hilfe der göttlichen Gnade immer mit Euch sei und die göttliche Barmherzigkeit Euch aufrichte, spenden Wir Euch, Ehrwürdige Brüder und Geliebte Söhne, aus überströmender väterlicher Liebe als Unterpfand himmlischer Gaben den Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom bei St. Peter, am 29. September,

dem Fest der Kirchweihe von St. Michael, im Jahre 1932,

dem 11. Jahre Unseres Pontifikats.
Pius XI. PP.