Tonsur

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Die eingekleideten Kandidaten auf dem Weg zur Tonsur

Das zeichenhafte Scheren des Kopfes in der Tonsur

Die Chorrockeinkleidung bei der Tonsur

Die Tonsur in früheren Zeiten

Die Tonsur ist die Aufnahme in den klerikalen Stand im außerordentlichen römischen Ritus.

Der Begriff Tonsur kommt vom lateinischen Wort tondere [= scheren], denn ihr Zeichen besteht darin, dass demjenigen, der sie empfangt, mit einer Schere einige Haare seines Hauptes abgeschnitten werden (vgl. Ez 44, 20).

Die Tonsur gehört nicht zu den niederen Weihen, sondern bildet das Eingangstor zu denselben. Ähnlich, wie die Taufe einen Menschen zum Christen macht und den Zugang zu den übrigen Sakramenten öffnet, galt früher die Tonsur als feierliche Einführung in den geistlichen Stand. Durch sie wurde man Kleriker und sie öffnete den Weg zu den heiligen Weihen. Diese entfiel im ordentlichen römischen Ritus, da durch das Motu proprio Ministeria quaedam vom 15. August 1972 des Papstes Paul VI. über die Neuordnung der Weihestufen und Dienste der Laien in der lateinischen Kirche. Wenn man auch heute nach dem neuen Kirchenrecht von 1983 erst durch die Diakonatsweihe zum Kleriker wird [vgl. Can 266 § 1 CI.C], so ist doch das, was die Kirche einstmals durch die Erteilung der Tonsur ausdrücken wollte, noch immer sehr aktuell. Zur Vorbereitung auf den Empfang der heiligen Weihen ist sie von bleibendem pädagogischem und spirituellem Wert.

Nachdem die Kandidaten ihr Adsum ("Hier bin ich") gesprochen haben, treten sie mit einer brennenden Kerze in der Hand vor den Bischof (oder denjenigen, der dessen Stelle vertritt, z. B. bei der Priesterbruderschaft St. Petrus der Generalobere). Diese Kerze ist äußeres Zeichen der Hingabe, denn um zu leuchten muss sie sich selbst verzehren. Sie sagt dem Gottgeweihten, dass auch er sich verzehren soll im Eifer für das Haus des Herrn (vgl. Joh 2,17). Es ist sehr eindrucksvoll, wenn bei jeder Weihestufe im außerordentlichen römischen Ritus die Geweihten ihr Kerzenopfer darbringen, indem sie zur Opferung in geordneter Prozession zum Altar schreiten und durch die symbolische Übergabe der brennenden Kerze in die Hand des Bischofs ihre Hingabe an Christus erneuern.

Die Kandidaten knien vor dem Bischof nieder, der über sie ein Segens gebet spricht. Er bittet Christus, dass diejenigen, die nun "aus Liebe zu ihm ihr Haupthaar ablegen ", den "habitus religionis" in Ewigkeit bewahren. Sie mögen geschützt sein vor allen Hindernissen, die die Welt ihnen in den Weg legt, und ihre Herzen mögen frei sein von irdischen Begierden. Wie ihr Äußeres sich durch das Tragen des geistlichen Kleides verwandelt, so sollen sie auch innerlich in der Tugend wachsen und vor aller geistlichen Blindheit bewahrt werden, um einst zum ewigen Licht zu gelangen.

Das Wort "habitus religionis" hat hier einen doppelten Sinn. Zunächst bedeutet es die Tugend der Gottesverehrung, die in ihnen wachsen und stets lebendig bleiben soll. Andererseits kann es aber auch das geistliche Kleid bedeuten, welches der Anwärter auf das Priestertum von nun an würdig tragen soll zum Bekenntnis und als Schutz priesterlichen Geistes in einer gottfremden Welt.

Bei der Taufe gibt die Kirche erst nach dreimaliger Absage an den Fürsten dieser Welt den Weg zum Taufbrunnen frei. Ähnliches geschieht auch hier, denn es ist nicht möglich, in die im Weihesakrament geforderte allerengste Lebensgemeinschaft mit Christus einzutreten, ohne zuvor dem Geist der Welt zu entsagen (vgl. 1 Joh 2,15).

Zur eigentlichen Tonsur ergreift nun der Bischof die Schere, und schneidet jedem einzelnen an fünf Stellen einige Haare des Kopfes in Kreuzesform ab, indem er ihm die folgende Psalrnstelle zur Wiederholung vorspricht: "Der Herr ist der Anteil meines Erbes und meines Kelches. Du bist es, der mir Zurückstellen wird mein Erbe" (Ps 15,5 Vulgata). Um den Sinn dieses Psalmverses zu verstehen, muss man einen Blick ins Alte Testament werfen. Beim Auszug der Israeliten aus Ägypten mussten alle Erstgeborenen sterben (Ex 11,4 f.). Zur Erinnerung daran forderte Gott von Moses, dass die Kinder Israels ihm künftig jede männliche Erstgeburt vom Menschen und vom Vieh weihen sollten (Ex 13,2 –15). Beim Bundesschluss am Berg Sinai wurde dann aus den zwölf Stämmen Israels der Stamm Levi ausgesondert: "Siehe, ich selbst habe die Leviten aus den Israeliten herausgenommen statt aller israelitischen Erstgeburt, die den Mutterschoß durchbricht, damit sie mir gehören." (Num 3,12 vgl. Num 8,14) Alle priesterlichen Funktionen sollten fortan an den Stamm Levi gebunden sein. Bei der Aufteilung des verheißenen Landes erhielten die Leviten keinen Erbbesitz wie die übrigen Stämme, denn "das Priestertum des Herrn ist ja ihr Erbbesitz" (Jos 18,7 vgl. Dt 10,9).

Aus dem griechischen Wort kleros (= Los/Erbteil) wurde später das Wort Klerus. Der Kleriker steht also in der Nachfolge der alttestamentlichen Leviten. Auch er ist einer, der Irdisches gering achtet, weil er den Herrn selbst zum Erbteil erwählt hat (vgl. Phil 3,7).

Danach betet der Bischof: " Verleihe, wir bitten Dich, allmächtiger Gott, dass diese Deine Diener, deren Haupthaar wir heute um der gö'ttlichen Liebe willen abgeschnitten haben, in Deiner Liebe beständig verharren, und bewahre Du sie unbefleckt in Ewigkeit."

Es folgt der Psalm 24, der im Hinblick auf den nun durch die niederen Weihen beginnenden Aufstieg zum Altar im dritten Vers zu sittlicher Vollkommenheit mahnt: "Wer darf hinaufsteigen zum Berg des Herrn ...? –Wer schuldlose Hände hat und ein reines Herz wer sein Begehren nicht auf Böses richtet und keinen Meineid schwört. Dieser wird Segen vom Herrn empfangen und gerechten Lohn vom Gott seines Heiles. "

Nach einem Segen durch den Bischof erfolgt die Einkleidung. Das Chorhemd, welches der Bischof bei der Tonsur überreicht, ist weiß wie das Taufkleid. Bei der Taufe sprach der Priester: "Empfange das weiße Kleid und bringe es makellos vor den Richterstuhl unseres Herrn Jesus Christus, auf dass du das ewige Leben habest." Nun zur Einkleidung spricht er: "Es bekleide dich der Herr mit dem neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit. " (vgl. Eph 4,22 -24 und Kol 3,1 –10) Diese Botschaft wird das Chorhemd dem Eingekleideten wiederholen, sooft er es künftig anlegt: "Richte dein Leben so ein, dass du wahrhaft den Herrn besitzt und der Herr dich.“ (hl. Hieronymus Ep 52,5)

Noch einmal spricht der Bischof ein Segensgebet, Gott möge gnädig alle Sünden vergeben und seine Diener "reinigen von aller Dienstbarkeit weltlichen Gehabens". Mit einer abschließenden Mahnung zum Eifer, um "durch eine ehrbare Haltung und durch gute Sitten und Werke, Gott Zu gefall8n ", endet die Tonsur.

Quelle: Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus von Pater Martin Ramm.

Literatur