Sterilisation

Aus kathPedia
(Weitergeleitet von Sterilisierung)
Zur Navigation springenZur Suche springen

Die Sterilisation oder Sterilisierung ist ein operativer medizinischer Eingriff, mit dem die Empfängnisfähigkeit der Frau bzw. die Zeugungsfähigkeit des Mannes unterbunden wird. Sie kann operativ bei beiden Geschlechtern vorgenommen werden. In schöpfungsethischer, naturgesetzlicher Argumentation ist sie als Verstoß gegen die körperliche Integrität des Individuums zu sehen; der Mensch hat kein unbeschränktes Verfügungsrecht über Leib und Leben.<ref>Art. Sterilisation. In: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Bd. 9, Sp. 987ff.</ref> Die Kirche hat keine Gewalt, davon zu entpflichten.<ref> 21. Februar 1940 Heiliges Offizium: Dekret über die Sterilisation (AAS 32 [1940] 73)</ref>

Ab ca. 1930 griff die Anwendung der Sterilisierung immer weiter um sich, insbesondere in Deutschland, wo sie "zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom Nationalsozialismus im Rahmen seiner Rassegesetze von Staats wegen betrieben wurde.

Die Sterilisierung erfolgt durch Durchtrennnung der Eileiter bei der Frau und der Samenleiter beim Mann. Im Gegensatz zur Kastration, bei der die Keimdrüsen (Eierstöcke bzw. Hoden) entfernt werden, hat sie keine Auswirkungen auf den Hormonhaushalt des Betroffenen. Sie kann direkt (als Hauptziel des Eingriffs) oder indirekt (als Nebenwirkung eines anderen Eingriffs) bewirkt werden, sie kann dauernd oder nur zeitweise sein, allerdings ist eine Wiederherstellung durchtrennter Samen- und Eileiter nur selten erfolgreich.

Von der Sterilisation zu unterscheiden ist die Sterilität, eine Unfruchtbarkeit durch angeborene oder erworbene Zeugungs- ("Impotenz") oder Empfängnisunfähigkeit ("Infertilität").

Direkte und dauernde Sterilisierung

Bei der Sterilisierung werden beim Mann operativ die Samenleiter durchgetrennt (Vasektomie). Bei Frauen werden unter Vollnarkose die Eileiter verschweißt. Die Keimdrüsen werden nicht entfernt oder zerstört.

Die Sterilisierung ist eine schwere Form von Selbstverstümmelung. Sie kann nicht zu unterschätzende psychische Folgen haben. Als schmerzhaft kann es empfunden werden, wenn sich später wieder ein Kinderwunsch einstellt, weil z. B. wenn ein früher geborenes Kind verunglückt.

Die Sterilisation kann sowohl bei der Frau, sofern die Eileiter nicht zerstört wurden, als auch beim Mann durch eine aufwändige mikrochirurgische Operation mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten rückgängig gemacht werden.<ref>vgl. Martin Ramm: Was ist Keuschheit? Hilfen zur Gewissensbildung im 6. Gebot. Thalwil 2009, Die Sterilisation: S. 60 (Mit kirchlicher Druckerlaubnis. 80 Seiten; hier bestellbar; siehe auch: Sterilisation auf Wikipedia).</ref>

Die direkte Sterilisation widerspricht der sittlichen Ordnung der Ehe und ist deshalb unerlaubt. Auch der Staat hat kein Recht, sie unter dem Vorwand einer Indikation zu erlauben und noch viel weniger, sie vorzuschreiben oder zum Schaden von Schuldlosen ausführen zu lassen.<ref>29. Oktober 1951 Ansprache an die katholische Vereinigung der Hebammen Italiens, Die Sterilisierung, Nr. 27.</ref> Staatsgesetze zur Sterilisierung können keine Verpflichtung im Gewissen erzeugen.

Indirekte Sterilisation

Eine chirurgische Operation, durch die eine Sterilisierung als Nebenwirkung eintritt, ist keine "innerlich böse Handlung, was das Wesen des Aktes angeht", und kann deswegen erlaubt sein, wenn sie zur Sicherung oder Wiederherstellung der Gesundheit unumgänglich ist. Hierzu gehören z.B. die Entfernung von Gebärmutter, Eierstöcken oder Hoden, wenn diese von einer Krebserkrankung betroffen sind. Wenn die Operation aber vollzogen wird, um die Zeugung von Nachkommenschaft zu verhindern, ist sie eine "aufgrund des Fehlens der Rechtsbefugnis im Handelnden innerlich böse Handlung", da weder ein einzelner Mensch noch die öffentliche Autorität eine direkte Verfügungsgewalt über die Glieder des Leibes hat.

Die Kirche hält, so Papst Paul VI. in der Enzyklika Humanae vitae, "jene therapeutischen Maßnahmen, die zur Heilung körperlicher Krankheiten notwendig sind, nicht für unerlaubt, auch wenn daraus aller Voraussicht nach eine Zeugungsverhinderung eintritt. Voraussetzung dabei ist, dass diese Verhinderung nicht aus irgendeinem Grunde direkt angestrebt wird".<ref>25. Juli 1968 Enzyklika Humanae vitae Nr. 15.</ref><ref> Wenn die Bekämpfung eines Übels nur durch die Beseitigung der Keimdrüsen und damit die Sterilisierung möglich ist, so ergibt sich gegen diese Beseitigung kein Einspruch vom Standpunkt der Moral.: 8. Oktober 1953 Ansprache Nous vous saluons an die Teilnehmer am XXVI. Kongress der italienischen Urologenvereinigung.</ref>

Sterilisierung aus "eugenischen" Gründen

Zur Zeit der Rassengesetze des Nationalsozialismus in Deutschland wies der Heilige Stuhl warnend darauf hin, dass der rein "eugenische" Zweck der vom Staat vorgeschriebene Operation zur Sterilisation Unschuldiger (KKK 2297), behinderte oder gar "rassenfremde" Nachkommenschaft zu verhüten, als in sich ungerecht bezeichnet werden und mißbilligt werden müsse.<ref>vgl. DH 3760-3763; Antwort vom 11. August 1936</ref>

Ist die prophylaktische Sterilisierung erlaubt ?

Wenn gynäkologische Komplikationen einen chirurgischen Eingriff notwendig machen oder selbst unabhängig davon, kommt es vor, daß man die gesunden Eileiter wegnimmt oder sie wenigstens funktionsunfähig macht, um eine neue Schwangerschaft und die schweren Gefahren, die sich daraus für die Gesundheit oder gar das Leben der Mutter ergeben könnten, zu verhindern, Gefahren, die von anderen kranken Organen, wie den Nieren, dem Herzen, den Lungen, verursacht werden, die sich jedoch im Fall einer Schwangerschaft verschärfen. Diese vorbeugende Sterilisation ist unerlaubt, denn in diesem Fall kommt die Gefahr für die Mutter weder direkt noch indirekt von dem Vorhandensein oder der normalen Tätigkeit der Eileiter und auch nicht von deren Einfluß auf die kranken Organe wie Nieren, Lungen, Herz. Die Gefahr tritt nur in Erscheinung, wenn die freie geschlechtliche Betätigung eine Schwangerschaft zur Folge hat, welche die genannten zu schwachen oder kranken Organe bedrohen könnte. Die Voraussetzungen, die eine Sterilisierung erlauben würden, kraft des Totalitätsprinzips über einen Teil zugunsten des Ganzen zu verfügen, liegen hier nicht vor. Es ist daher sittlich nicht erlaubt, in gesunde Eileiter einen Eingriff vorzunehmen.

Die Kastration

Die Kastration des Menschen ist die operative Entfernung oder Zerstörung der Keimdrüsen. Die Kastration führt zu dauernder Unfruchtbarkeit und hat Auswirkungen auf den Hormonstatus der betroffenen Person. Sie ist im Prinzip unerlaubt, wird von Moraltheologen jedoch als gerechtfertigt angesehen, wenn sie bei Sexualstraftätern mit deren Einverständnis als Schutzmaßnahme für die Allgemeinheit angewandt wird, um die Täter zu resozialisieren.</ref>Gerfried W. Hunold: Art. Sterilisatioin. III. Theologisch-ethisch. In: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Bd. 9, Sp. 989.</ref>

Eine Kastration ist kein Weihehindernis für Männer, die von von Ärzten oder Feinden (unfreiwillig) verschnitten wurden und Priester werden wollen (vgl. DH 128a). Auch können sie in einen Orden aufgenommen werden (vgl. DH 762).

Wie verbindlich ist die Lehre der Kirche über die Sterilisation?

Jede Sterilisierung, die aufgrund ihrer selbst bzw. aufgrund der ihr eigenen Natur und Verfasstheit unmittelbar lediglich bewirkt, das Zeugungs- und Empfängnisvermögen zu unterbinden, ist als direkte Sterilisierung anzusehen, wie sie in den Erklärungen des Päpstlichen Lehramtes, besonders Pius' XII., verstanden wird. Sie bleibt also nach der Lehre der Kirche uneingeschränkt untersagt, unbeschadet einer etwaigen rechten subjektiven Absicht der Handelnden, für die Heilung oder Vorbeugung eines physischen oder psychischen Leidens zu sorgen, dessen Eintreten aufgrund einer Schwangerschaft vorauszusehen oder zu fürchten ist. Und zwar wird die Sterilisierung des (Zeugungs)vermögens selbst (Kastration) noch strenger untersagt als die Sterilisierung einzelner Akte (z.B. Pille, Kondom), da jene für die Person den fast immer unwiderruflichen Zustand der Sterilität mit sich bringt.

Man kann sich auch nicht auf irgendein Gebot der öffentlichen Autorität berufen, die unter dem Vorwand des notwendigen Gemeinwohles eine direkte Sterilisierung auferlegen will, da diese ja die Würde und Unverletzlichkeit der menschlichen Person beeinträchtigte. Genausowenig kann man sich in diesem Fall auf das Prinzip der Totalität berufen, durch das Eingriffe in Organe wegen des größeren Gutes der Person gerechtfertigt werden; eine in sich beabsichtigte Sterilität nämlich richtet sich nicht "unter Wahrung der Ordnung der Dinge und Güter" auf das in rechter Weise beabsichtigte umfassende Gut der Person; denn sie schadet ihrem ethischen Gut, welches das höchste ist, da sie die vorherbedachte und frei erwählte sexuelle Aktivität vorsätzlich ihres wesentlichen Elementes beraubt. ... Indem die Kongregation diese traditionelle Lehre der Kirche bestätigt, verkennt sie nicht die Tatsache, dass von seiten mehrerer Theologen eine von dieser abweichende Auffassung vertreten wird. Sie betont jedoch, dass man dieser Tatsache als solcher keine Bedeutung hinsichtlich der Lehre beimessen kann, um einen "Iocus theologicus" anzusetzen, auf den sich die Gläubigen berufen könnten, um sich unter Nichtbeachtung des authentischen Lehramts Auffassungen von einzelnen Theologen anzuschließen, die von diesem abweichen.<ref>13. März 1975 Kongregation für die Glaubenslehre: Antwort ""Haec sacra congregatio"" an die amerikanische Bischofskonferenz zur Praxis der Sterilisation in katholischen Krankenhäusern (DH 4560-4561).</ref>

Soziale Sicht der Sterilisation

Papst Johannes Paul II. sieht 1981 das Aufkommen einer regelrechten empfängnisfeindlichen Mentalität.<ref>Familiaris consortio, Nr. 6.</ref> Ein schweres Unrecht sieht der Papst in der Tatsache, dass in den internationalen Beziehungen die Wirtschaftshilfe zur Förderung der unterentwickelten Völker von Programmen zur Empfängnisverhütung, Sterilisation und Abtreibung abhängig gemacht wird.<ref>Familiaris consortio Nr. 30, DH 4711; 25. April 1995 Rundschreiben Evangelium vitae, Nr. 17.</ref>

Sterilisation, Empfängnisverhütung und Abtreibung müssen zu den Ursachen gezählt werden, die zum starken Geburtenrückgang in den Industrieländern beitragen und ihn wesentlich bestimmen. Die Versuchung, dieselben Methoden und Angriffe gegen das Leben auch in Situationen von "Bevölkerungsexplosion" anzuwenden, mag auf der Hand liegen.<ref>25. April 1995 Rundschreiben Evangelium vitae, Nr. 16.</ref>

Päpstliche Verlautbarungen

Pius XI.

  • 31. Dezember 1930 Enzyklika Casti connubii über die christliche Ehe, in Hinsicht auf die gegenwärtigen Verhältnisse, Bedrängnisse, Irrtümer und Verfehlungen in Familie und Gesellschaft (Nr. 68-71, DH 3722).
  • 21. März 1931 Heiliges Offizium: Das Dekret besagt, dass die Sterilisierung "völlig verwerflich und für falsch und verurteilt zu erachten sei" ("esse omnino improbandam et habendam pro falsa et damnata").
  • 11. August 1936 Heiliges Offizium: Antwort über die Sterilisation. Die Antwort nimmt Bezug auf das von der nationalsozialistischen Regierung erlassene "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" (Zwangssterilisierung) vom 14. Juli 1933 (AAS 23 [1931] 118f; DH 3760-3764).

Pius XII.

  • 24. Februar 1940 Heiliges Offizium: Proposito supremae Verbot der direkten Sterilisation, auch aus eugenischen Gründen (AAS 32 [1940] 73).
    • Frage: Ist eine entweder dauernde oder zeitlich begrenzte direkte Sterilisierung entweder des Mannes oder der Frau erlaubt? Antwort (vom Papst am 22. Febr. bestätigt): Nein, und zwar wird sie durch das Naturgesetz verboten, und sie wurde, was die eugenische Sterilisierung betrifft, schon durch das Dekret vom 21. März 1931 verworfen. (DH 3788).
  • 29. Oktober 1951 Ansprache Vegliare con sollecitudine an die katholische Vereinigung der Hebammen Italiens, Die Sterilisierung, Nr. 27). Das generelle Verbot der Sterilisierung beziehe sich auf Unschuldige.
  • 7. September 1953 Ansprache Soyez les bienvenus, Messieurs an ein Internationales Symposion der Genetischen Medizin.
  • 8. Oktober 1953 Ansprache Nous vous saluons an die Teilnehmer am XXVI. Kongress der italienischen Urologenvereinigung.
  • 2. April 1955 Heiliges Offizium: Dekret über das Okklusivpessar (Pessaren: Sterilet, Diaphragma) ist an einige Bischöfe Nordamerikas (DH 3917a).
  • 12. September 1958 Ansprache Le VII Congrès International an den 7. Kongress der internationalen Gesellschaft für Hämatologie (AAS 50 [1958] 732-740).

Paul VI.

  • 13. März 1975 Kongregation für die Glaubenslehre: Antwort "Haec sacra congregatio" an die amerikanische Bischofskonferenz, zur Praxis der Sterilisation in katholischen Krankenhäusern (DH 4560-4561: Der ganze Abschnitt: "Wie verbindlich ist die Lehre über die Sterilisation").

Johannes Paul II.

  • 22. November 1981 Apostolisches Schreiben Familiaris consortio an die Bischöfe, die Priester und die Gläubigen der ganzen Kirche über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute.
  • 31. Juli 1993 Kongregation für die Glaubenslehre: Antworten auf vorgelegte Zweifel zur „Gebärmutterisolierung“ und auf andere Fragen.
  • 25. April 1995 Rundschreiben Evangelium vitae an die Bischöfe, Priester und Diakone, die Ordensleute und Laien sowie an alle Menschen guten Willens über den Wert und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens.

Franziskus

Literatur

  • Alfred Häußler: Die Selbstzerstörung Europas mit Pille Spirale Sterilisation und Abtreibung, Miriam Verlag 1991 (47 Seiten; 4. Auflage; ISBN 3-87449-157-9).

Weblinks

Anmerkungen

<references />