Non abbiamo bisogno (Wortlaut)

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Enzyklika
Non abbiamo bisogno

von Papst
Pius XI.
an die Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe und die anderen Oberhirten, die in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle leben
über die Katholische Aktion
29. Juni 1931

(Offizieller italienischer Text: AAS 23 [1931] 285-312)

(Quelle: Die katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung, Hrsg. Arthur Utz + Birgitta Gräfin von Galen, XXVI 164-244, Scientia humana Institut Aachen 1976, Imprimatur Friburgi Helv., die 2. decembris 1975 Th. Perroud, V.G. Die Nummerierung folgt der englischen Fassung. Die Überschriften sind aus der Dokumentensammlung: Emil Marmy (Hrsg.), Mensch und Gemeinschaft in christlicher Schau, Dokumente, Paulus Verlag Freiburg/Schweiz 1945, S. 177-209; Imprimatur Friburgi Helv., die 21. Augusti 1945 L. Clerc, censor)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die Prüfungen der Kirche in Italien

1 Wir brauchen Euch wohl, Ehrwürdige Brüder, die Ereignisse nicht zu berichten, die in der letzten Zeit hier an Unserem Römischen Bischofsitz und in ganz Italien, d. h. in Unserem eigenen Primatialgebiet sich zugetragen haben, Ereignisse, die einen so allgemeinen und lauten Widerhall auf dem ganzen Erdkreis, besonders in allen einzelnen Diözesen Italiens und der katholischen Welt gefunden haben. Sie lassen sich in wenige Worte zusammenfassen: man hat versucht, tödlich zu treffen, was Unserem Herzen als Vater und Hirt der Seelen das Teuerste war und immer sein wird. Und Wir können wohl, ja, Wir müssen hinzufügen: "und auch die Art und Weise verletzte Uns."

Die fünf Beweggründe des Rundschreibens

2 In dieser gegenwärtigen Stunde und unter dem Druck dieser Ereignisse fühlen Wir Uns gedrängt und verpflichtet, Uns an Euch zu wenden und im Geist gleichsam zu jedem von Euch, Ehrwürdige Brüder, zu kommen, um erstens ein schweres und zugleich dringendes Gebot brüderlicher Dankbarkeit zu erfüllen. An zweiter Stelle, um einer nicht weniger schweren und dringenden Pflicht der Verteidigung der Wahrheit und Gerechtigkeit zu genügen in einer Sache, die die lebenswichtigen Angelegenheiten und Rechte der heiligen Kirche betrifft und die darum auch Euch alle und jeden einzelnen angeht, wo immer der Heilige Geist Euch eingesetzt hat, sie mit Uns zusammen zu leiten. Drittens wollen Wir Euch die Schlussfolgerungen und Überlegungen dartun, die die Ereignisse aufzudrängen scheinen. Viertens wollen Wir Euch Unsere Sorgen für die Zukunft anvertrauen, und endlich werden Wir Euch einladen, mit Uns Unsere Hoffnungen zu teilen und mit Uns und dem katholischen Erdkreis für ihre Erfüllung zu beten.

I. Pflicht der Dankbarkeit:

1. Gegenüber Gott, der seinen Frieden jenen gibt, die auf Seiten der Gerechtigkeit stehen

3 Der innere Friede, jener Friede, der im vollen und klaren Bewusstsein begründet ist, auf der Seite der Wahrheit und Gerechtigkeit zu stehen und dafür zu kämpfen und zu leiden, dieser Friede, den nur der göttliche König zu geben weiß und den die Welt ebenso wenig nehmen kann, wie sie ihn zu schenken vermag, dieser wahre und wohltuende Friede hat Uns dank der göttlichen Güte und Barmherzigkeit niemals verlassen. Und Wir haben die volle Zuversicht, dass er Uns auch niemals verlassen wird, was auch geschehen mag. Aber dieser Friede lässt, wie schon zum Herzen des leidenden Herrn, so auch zum Herzen treuer Diener (Ihr wisst das, Ehrwürdige Brüder, nur allzu gut) freien Zutritt auch für die härtesten Bitterkeiten; und auch Wir haben die Wahrheit dieses geheimnisvollen Wortes erfahren: "Ecce in pace amaritudo mea amarissima" ("Siehe, im Frieden ward mir die bitterste Bitterkeit") (Is 38, 17).

2. Gegenüber den Bischöfen der katholischen Welt

4 Eure sofortige allgemeine und tiefempfundene, nicht nachlassende Anteilnahme, Ehrwürdige Brüder, die brüderlichen und kindlichen Gefühle und vor allem das innige Bewusstsein tiefgreifender übernatürlicher Gemeinsamkeit und herzlichen Zusammenklangs der Gedanken und Gefühle, der Einsicht und des Willens, das aus Euren liebevollen Mitteilungen sich kundgab, all das hat Uns mit unsagbarem Trost erfüllt und Uns oftmals aus der Tiefe des Herzens die Worte des Psalmisten in Erinnerung gerufen: "Secundum multitudinem dolorum meorum in corde meo, consolationes tuae laetificaverunt animam meam" ("Entsprechend der Größe der Schmerzen meines Herzens haben deine Tröstungen meine Seele erfreut" (Ps 93, 19).

5 Für alle diese Tröstungen danken Wir nächst Gott Euch, Ehrwürdige Brüder, von ganzem Herzen, Euch, zu denen auch Wir sprechen können wie der Herr zu Euren Vorgängern, den Aposteln: "Vos qui permanisistis mecum in tentationibus meis" ("Ihr, die ihr bei mir geblieben seid in meinen Prüfungen"(Lk 22, 28).

3. Gegenüber allen Christen, die bei der Verfolgung der Katholischen Aktion in Rom und Italien sich einmütig um den Heiligen Vater scharten

Wir fühlen ferner die andere Pflicht, eine angenehme Pflicht für Unser Vaterherz, mit Euch, Ehrwürdige Brüder, all Euren guten und teuren Söhnen zu danken, die persönlich oder als Gemeinschaft, einzeln oder durch ihre verschiedenen Organisationen und Vereinigungen, besonders zahlreich aus den Reihen der Katholischen Aktion und der katholischen Jugend, Uns so kindlich tief empfundenen Ausdruck ihres Beileides, ihrer Ergebenheit, ihrer großmütigen und durch die Tat bewiesenen Unterordnung unter Unsere Weisungen und Unsere Wünsche übermittelt haben. Es ist für Uns ungemein erhebend und tröstend gewesen, die "Katholischen Aktionen" aller Länder, der nächsten und der entferntesten, um ihren gemeinsamen Vater geschart zu sehen, begeistert und gleichsam getragen von einem einzigen Geist des Glaubens, der kindlichen, Hingabe und edelmütiger Vorsätze; alle in der traurigen Überraschung, die Katholische Aktion verfolgt und niedergeschlagen zu sehen am Zentrum des hierarchischen Apostolats, wo die Katholische Aktion vor allem ein Recht auf Dasein hat; sie, die in Italien, wie in allen Teilen der Welt, gemäß ihrem wahren und wesentlichen Begriff und gemäß Unseren ständigen und wachsamen Leitworten, denen Ihr, Ehrwürdige Brüder, so großmütig entsprochen habt, nichts anderes sein will und nichts anderes sein kann als eine Teilnahme und Mitarbeit der Laienwelt am hierarchischen Apostolat.

6 Ehrwürdige Brüder, übermittelt den Ausdruck Unserer väterlichen Dankbarkeit allen Unseren Söhnen in Jesus Christus, die den Beweis erbracht haben, wie gut sie in Eurer Schule gebildet worden sind, und die sich so gut und so ergeben gegenüber dem gemeinsamen Vater erwiesen haben, dass Wir sagen können: "Superabundo gaudio in tribulatione nostra" ("Ich fließe über vor Freude in unserer Trübsal") (2 Kor 7, 4).

4. Besonderes Dankeswort an die Bischöfe Italiens

7 Euch, den Bischöfen aller Diözesen dieses teuren Italiens, Euch allen und jedem einzelnen, schulden Wir nicht nur den Ausdruck Unserer Dankbarkeit für den Trost, den Ihr Uns in edlem und heiligem Wetteifer bereitet habt durch Eure Briefe im ganzen letzten Monat und besonders durch Eure liebevollen und beredten Telegramme am Tage der heiligen Apostel. Wir schulden Euch eine Erwiderung der Teilnahme für das, was jeder von Euch gelitten hat, als Ihr unvermutet den Sturm der Zerstörung auf die blütenreichen und hoffnungsvollen Beete der geistlichen Gärten niederfahren saht, die der Heilige Geist Eurer Sorge anvertraute und die Ihr bislang mit solcher Sorgfalt und so großem Segen für die Seelen gepflegt habt. Euer Geist, Ehrwürdige Brüder, hat sich gleich mit dem Unsrigen verbunden, um an Unseren Schmerzen teilzunehmen. In Unserem Herzen saht Ihr wie in einem Mittelpunkt alle Eure Schmerzen zusammenströmen, sich begegnen und sich vervielfältigen. Das habt Ihr Uns gezeigt mit den klarsten und tiefst empfundenen Beweisen. Wir danken Euch für das einmütige und wirklich eindrucksvolle Zeugnis, das Ihr für die Katholische Aktion Italiens und vor allem für die Jugendverbände abgelegt habt, so dass sie gelehrig und gewissenhaft geblieben sind gegenüber Euren und Unseren Leitworten, die jede parteipolitische Tätigkeit ausschlossen. Und zusammen mit Euch danken Wir auch allen Euren Priestern und Gläubigen, Ordensmännern und Ordensfrauen, die sich mit Euch in solchem Glaubenseifer und so kindlicher Frömmigkeit vereint haben. Besonders danken Wir Euren Vereinigungen der Katholischen Aktion, vor allem den Jugendverbänden aller Stufen bis zu den kleinsten Benjaminen und den jüngsten Knaben, die Unserem Herzen umso näher stehen, je kleiner sie sind; auf ihr Gebet hoffen und vertrauen Wir besonders.

8 Ihr habt gefühlt, Ehrwürdige Brüder, dass Unser Herz bei Euch war und bei Euch ist, bei jedem von Euch im Leiden für Euch, und mit Euch vereint im Gebet, damit Gott in seiner unendlichen Barmherzigkeit Uns zu Hilfe komme und auch aus diesem großen Übel, das der Feind alles Guten entfesselt hat, eine neue und reichlichere Blüte des Guten erwachsen lasse.

II. Pflicht zur Verteidigung von Wahrheit und Gerechtigkeit:

1. Ungerechte Anklagen und Tätlichkeiten der Faszisten gegen die Katholische Aktion

9 Nachdem Wir die Pflicht der Dankbarkeit für die tröstende und stärkende Teilnahme an solchen Schmerzen erfüllt haben, müssen Wir der Pflicht nachkommen, die Uns Unser Apostolisches Amt zur Verteidigung der Wahrheit und Gerechtigkeit auferlegt.

10 Zu wiederholten Malen schon, Ehrwürdige Brüder, haben Wir es ausdrücklichst und unter Übernahme der vollen Verantwortung für das von Uns Gesagte ausgesprochen und haben Wir protestiert gegen den Feldzug von falschen und ungerechten Anklagen, der der Auflösung der Jugend- und Studentenverbände der Katholischen Aktion vorausging. Das war eine Auflösung auf dem Wege gewaltsamen Vorgehens und unter Maßnahmen, die den Eindruck machten, als ob man gegen eine weitverzweigte und gefährliche Vereinigung von Missetätern einschreite. Dabei handelte es sich um Jugendliche und Kinder, die zu den Besten unter den Guten gehören. Wir sind froh und väterlich stolz, ihr noch einmal dieses Zeugnis ausstellen zu können. Man möchte sagen, dass die ausführenden Beamten selber - bei weitem nicht alle, aber doch viele von ihnen - dies empfanden und auch diesem Gefühl Ausdruck gaben: sie haben die Ausführung des Befehls mit Worten begleitet und mit einer Höflichkeit, dass sie gleichsam um Entschuldigung und um Verzeihung zu bitten schienen für das, was sie taten, weil sie es tun mussten. Wir haben dem Rechnung getragen und ihnen Unseren besonderen Segen gespendet.

11 Aber, gleichsam als schmerzvolles Gegenstück dazu, welche Härten und Gewalttätigkeiten bis zu Schlägen und bis aufs Blut, welche Unehrerbietigkeiten der Presse, des gesprochenen Wortes und der Taten gegen Dinge und Personen, die Unsere nicht ausgenommen, gingen der Ausführung dieser unvorhergesehenen Polizeimaßnahmen voran, begleiteten sie und folgten ihnen! Und sehr oft hat Unkenntnis oder übelwollender Eifer sie ausgedehnt auf Vereinigungen und Einrichtungen die durch die höheren Anordnungen gar nicht getroffen waren, bis zu den Kinderhorten und den frommen Kongregationen der Töchter Mariens. Und alle diese traurigen Begleitumstände von Verletzungen der Ehrfurcht und Gewalttätigkeiten spielten sich unter Beteiligung von Parteimitgliedern in Uniform und so einheitlich von einem Ende Italiens zum andern, mit solcher Zustimmung der Autorität und der Vertreter der öffentlichen Sicherheit, dass einem notwendig der Gedanke kommen musste, dass sie von oben angeordnet waren. Wir wollen gern zugeben, und es war auch leicht vorherzusehen, dass diese Weisungen überschritten werden konnten, ja fast notwendig überschritten werden mussten. Wir haben diese unangenehmen und schmerzvollen Dinge erwähnen müssen, weil es nicht an Versuchen gefehlt hat, die große Öffentlichkeit und die Welt glauben zu machen, die bedauerliche Auflösung der Uns so teuren Verbände sei ohne Zwischenfälle und fast wie ein normales Ereignis erfolgt.

2. Erfindungen, Lügen, Verleumdungen der faszistischen Parteipresse

12 Aber man hat in noch anderer und umfassenderer Weise den Versuch gemacht, die Wahrheit und die Gerechtigkeit zu unterdrücken. Es wurden, wenn nicht alle, so doch sicher die hauptsächlichen Falschmeldungen und Verleumdungen, die durch die gegnerische Parteipresse verbreitet worden waren - sie allein ist; frei und sozusagen eigens damit beauftragt, alles zu sagen und zu wagen -, in einer Botschaft gesammelt, in einer allerdings (vorsichtig so genannten) nicht amtlichen. Und sie wurden der Öffentlichkeit mit den wirksamsten Mitteln, die man heute zur Verbreitung besitzt, zur Kenntnis gebracht.

13 Die Geschichte der Schriftstücke, die nicht zum Dienste, sondern zur Beleidigung der Wahrheit und der Gerechtigkeit verfasst wurden, ist eine lange und traurige Geschichte; aber Wir müssen mit der tiefsten Bitterkeit sagen: in all den langen Jahren Unseres Lebens und Wirkens im Bibliothekswesen, ist Uns selten ein Schriftstück begegnet, das in allem, was den Heiligen Stuhl, die Katholische Aktion Italiens und ganz besonders jene so hart betroffenen Verbände betrifft, so tendenziös ist und derartig zu Wahrheit und Gerechtigkeit im Gegensatz steht. Wenn Wir dazu schweigen würden, wenn Wir das hingehen ließen, wären Wir noch unwürdiger, als Wir es ohnedies sind, diesen hohen Apostolischen Stuhl einzunehmen, unwürdig der kindlichen Verehrung, mit der Uns immer, und in diesen Tagen mehr als je, Unsere geliebten Söhne von der Katholischen Aktion trösten, ganz besonders jene Unserer Söhne und Töchter, die - es sind ihrer Gott sei Dank eine große Zahl - für ihre religiöse Treue gegenüber Unserem Ruf und Unsere Direktiven soviel gelitten haben und noch leiden. Sie ehren dadurch um so höher die Schule, in der sie aufgewachsen sind, ihren göttlichen Meister und seinen unwürdigen Stellvertreter, je leuchtender sie durch ihre christliche Haltung, auch im Angesicht von Drohungen und Gewalt, gezeigt haben, auf welcher Seite sich wahre Charaktergröße, wahre Seelenstärke, wahrer Mut, ja die Zivilisation selber findet.

14 Wir werden Uns bemühen, Uns kurz zu fassen, wenn Wir die leichtfertigen Behauptungen der genannten Botschaft richtigstellen. Wir nennen sie leichtfertig, um nicht zu sagen unverschämt, denn man wusste, dass man bei dem großen Publikum auf die Unmöglichkeit jeder Nachprüfung rechnen konnte. Wir fassen Uns kurz, auch deshalb, weil Wir schon mehrmals, vor allem in diesen letzten Zeiten, über die Gegenstände gesprochen haben, die jetzt wiederkehren. Unsere Worte konnten zu Euch, Ehrwürdige Brüder, dringen und durch Euch zu Euren und Unseren Söhnen in Christus. Und das wünschen Wir auch dem gegenwärtigen Brief.

15 Unter anderem sagte die erwähnte Botschaft, dass die Enthüllungen der gegnerischen Parteipresse in ihrem gesamten Umfang bestätigt worden seien, wenigstens in der Hauptsache und sogar gerade vonseiten des Osservatore Romano. In Wahrheit hat der Osservatore Romano von Fall zu Fall gezeigt, dass die so genannten "Enthüllungen" eben so viele Erfindungen waren, entweder in allem rein erdichtet oder wenigstens in der Auslegung, die den Tatsachen unterlegt wurde. Es genügt, ihn ohne schlechte Absicht und mit einem Mindestmaß von Verständnis zu lesen.

16 Die Botschaft sagte ferner, es sei ein lächerlicher Versuch, den Heiligen Stuhl als Opfer hinzustellen in einem Lande, in dem Tausende von Reisenden Zeugnis geben können für die Hochachtung, die man Priestern, Prälaten, Kirchen und religiösen Handlungen erweist. Ja, Ehrwürdige Brüder, der Versuch würde lächerlich sein wie derjenige, eine offene Tür einzurennen, denn leider haben Tausende von fremden Besuchern, die in Italien und in Rom nie fehlen, persönlich die oft gottlosen und gotteslästerlichen Verunehrungen feststellen können, die Gewalttätigkeiten, die Beschimpfungen, die Rohheiten, denen Orte, Sachen und Personen ausgesetzt waren im ganzen Land und an diesem Unserem Bischofsitz, alles Dinge, die Wir auf Grund sicherer und genauer Berichterstattungen wiederholt beklagen mussten.

17 Die Botschaft spricht von dem "schwarzen Undank" der Priester, die sich gegen die Partei stellen, die für ganz Italien (so sagt sie) die Garantie der religiösen Freiheit wurde. Der Klerus, der Episkopat und dieser Heilige Stuhl selbst haben niemals verkannt, was in all diesen Jahren zum Wohl und zum Vorteil der Religion geschehen ist; sie haben dafür auch oftmals ihre lebhafte und ehrliche Dankbarkeit ausgesprochen. Aber sowohl Wir als auch der Episkopat, der Klerus und alle Gläubigen, überhaupt alle Bürger, die Ordnung und Frieden lieben, sind von Angst und Sorge erfüllt wegen der plötzlich aufgenommenen und systematisch betriebenen Angriffe gegen die heilsamsten und kostbarsten Freiheiten der Religion und des Gewissens; denn gegen sie richten sich die Angriffe auf die katholische Aktion, ihre verschiedenen Verbände, besonders die Jugendbünde. Diese Angriffe erreichten ihren Höhepunkt in den Polizeimaßnahmen, die gegen sie ergriffen wurden in der Weise, die Wir schon gekennzeichnet haben: Angriffe und Maßnahmen, die ernstlich zweifeln lassen, ob die anfänglich wohlwollende und wohltätige Haltung tatsächlich aus aufrichtiger Liebe und aus Eifer für die Religion geboren war. Wenn man von Undank reden will, dann war und ist es der Undank gegenüber dem Heiligen Stuhl, der Undank von seiten einer Partei und einer Regierung, die nach dem Urteil der ganzen Welt aus den freundschaftlichen Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl innerhalb und außerhalb des Landes eine Steigerung der Achtung und des Vertrauens geerntet hat, die einigen in Italien und auch im Ausland übertrieben schien, wie auch Unsere Gunst für zu groß und Unser Vertrauen für zu weitgehend gehalten wurde.

3. Beweggründe für päpstliche Verbote von Feiern und Prozessionen

18 Als die Polizeimaßnahmen durchgeführt waren, durchgeführt mit jenem Gefolge von Gewalttätigkeiten und Unehrerbietigkeiten und mit dem heimlichen Einverständnis des öffentlichen Sicherheitsdienstes, haben Wir die Entsendung Unseres Kardinallegaten für die Jahrhundertfeier in Padua und ebenso die Festprozessionen in Rom und in Italien suspendiert. Diese für Uns vielleicht mehr als für alle anderen schmerzliche Anordnung lag zweifellos im Bereich Unserer Zuständigkeit, und Wir sahen dafür so schwere und drängende Beweggründe, dass Wir Uns dazu verpflichtet fühlten, so sehr Wir wussten, dass Wir damit den guten Gläubigen große Opfer auferlegten. In der Tat, wie hätte man frohe Feste feiern können in einer Zeit der Kämpfe, da bittere Schmerzen das Herz des gemeinsamen Vaters aller Gläubigen und das mütterlich empfindende Herz der heiligen Mutter, der Kirche, heimsuchten, in Rom, in Italien, ja, auf der ganzen katholischen Welt? Die ganze Welt, mit Euch, Ehrwürdige Bruder, an der Spitze, ist von diesem Schmerz getroffen, das beweist die ganz allgemeine Anteilnahme. Und mussten Wir bei der Haltung der öffentlichen Autoritäten und des Sicherheitsdienstes angesichts so vieler Unehrerbietigkeiten und Gewalttätigkeiten nicht für die Achtung gegenüber den Personen und den heiligsten Dingen und selbst für ihre Sicherheit fürchten? Überall, wohin Unsere Anordnungen gelangen konnten, hatten die guten Priester und Gläubigen die gleichen Empfindungen und die gleichen Gefühle. Und wo man nicht mit Einschüchterungen, Drohungen und noch Schlimmerem arbeitete, da gaben alle dafür großartige und für Uns überaus trostreiche Beweise, indem sie an Stelle der Feste und Feiern Stunden des Gebetes, der Anbetung und der Sühne ansetzten, in Vereinigung mit dem Schmerz und nach der Meinung des Heiligen Vaters, und unter einem Zustrom des Volkes, wie man ihn nie gesehen hatte.

19 Wir wissen, wie die Dinge sich dort entwickelten, wohin Unsere Anordnungen nicht rechtzeitig kommen konnten, unter welcher Mitwirkung auch der Autoritäten, wie die Botschaft hervorhebt, der Regierungs- und der Parteiautoritäten, die stumm und regungslos offenkundig katholiken- und religionsfeindlichen Treibereien schon zugesehen hatten oder bald nachher zugesehen hätten. Davon freilich sagt die Botschaft nichts. Sie sagt dagegen, es habe örtliche Kirchenbehörden gegeben, die sich für befugt gehalten hätten, von Unserem Verbot "keine Notiz zu nehmen". Wir kennen keine einzige örtliche Kirchenbehörde, die die Schmach und die Beleidigung verdient hätte, die in einem derartigen Ausdruck enthalten sind. Wir kennen aber und bedauern lebhaft den Druck, den man, oft von Drohungen und Gewalttätigkeiten begleitet, auf die örtlichen Kirchenbehörden ausgeübt hat oder ausüben ließ. Wir hatten Kenntnis von den gottlosen Parodien heiliger Gesänge und heiliger Umzüge, alles Dinge, die man geschehen ließ zum tiefen Schmerz der guten Gläubigen und zum wahren Schrecken der guten fried- und ordnungsliebenden Bürger. Sie sahen, dass Friede und Ordnung nicht verteidigt wurden und, noch schlimmer, gerade von denen nicht verteidigt wurden, die die schwerste Pflicht und zugleich das lebendige Interesse daran haben, sie zu schützen.


4. Die Lage der Katholischen Aktion in Italien und in den andern Ländern :

a) Die Wahrheit über die Ereignisse in Italien

20 Die Botschaft beruft sich auf die so oft wiederholte Gegenüberstellung Italiens und anderer Staaten, in denen die Kirche wirklich verfolgt wird und gegen die man keine Worte gehört habe wie diejenigen, die gegen Italien gesprochen wurden, wo (so sagt sie) die Religion wiederhergestellt worden sei. Wir haben es schon gesagt, dass Wir in Gegenwart und Zukunft alles das in steter, dankbarer Erinnerung halten, was in Italien zum Wohl der Religion geschehen ist, auch wenn es gleichzeitig mit nicht geringerem, vielleicht mit größerem Vorteil für die Partei und die Regierung verbunden war. Wir haben wiederholt gesagt: es ist nicht notwendig (oft würde es für die beabsichtigten Ziele eher schädlich sein), dass alle hören und wissen, was Wir und dieser Heilige Stuhl, vermittelst Unserer Vertreter, Unserer Bruder, der Bischöfe, sagen und unternehmen, wo immer die Interessen der Religion derartiges fordern, und in dem Maße, in dem sie es nach Unserer Ansicht fordern, besonders dort, wo die Kirche wirklich verfolgt wird.

21 Mit unsagbarem Schmerz sehen Wir, dass eine wahre und wirkliche Verfolgung sich in diesem Unserem Italien und in diesem Unserem Rom selber entfesselt gegen das, was der Kirche und ihrem Haupt das Kostbarste und das Teuerste ist in Bezug auf Freiheit und Rechte, die den Seelen zukommen, und besonders den jungen Seelen, die der Kirche ganz besonders vom göttlichen Schöpfer und Erlöser anvertraut sind.


b) Treibt die Katholische Aktion Politik?

ba) Die Katholische Aktion steht grundsätzlich und tatsächlich über und außer der Politik

22 Wie allgemein bekannt ist, haben Wir wiederholt und feierlich behauptet und bezeugt, dass die Katholische Aktion, sowohl kraft ihrer eigenen Natur und ihres Wesens (Teilnahme und Mitarbeit der Laienwelt am hierarchischen Apostolat), als auch durch Unsere klaren und bestimmten Weisungen und Anordnungen, außer und über aller Parteipolitik steht. Wir haben gleichzeitig behauptet und bezeugt, dass es Uns bekannt ist, dass Unsere Weisungen und Anordnungen in Italien treu beobachtet und befolgt wurden. Die Botschaft verkündet, die Behauptung, dass die Katholische Aktion keinen politischen Charakter habe, sei vollkommen falsch. Wir wollen nicht die Respektlosigkeit hervorheben, die in einem derartigen Satz liegt, schon deshalb nicht, weil die Begründung, die von der Botschaft dafür geboten wird, seine ganze Falschheit und Leichtfertigkeit zeigt, die man als lächerlich bezeichnen würde, wenn der Fall nicht so beklagenswert wäre.

bb) Die vier angeblichen Gründe zum Vorgehen gegen die Katholische Aktion in Italien:
1. Äußere Formen einer politischen Partei

Sie sagt, die Aktion besäße Fahnen, Abzeichen, Ausweise und alle die anderen äußeren Formen einer politischen Partei. Als ob Fahnen, Abzeichen, Ausweise und ähnliche äußere Formen heute nicht in allen Ländern der Welt unter den verschiedensten Vereinigungen und Betätigungsgruppen verbreitet wären, auch wenn sie mit Politik nichts zu tun haben und sich gar nicht darum kümmern: man denke an Sport- und Berufsvereine, Bürger- und Militärvereine, solche für Handel und Industrie, Schulbünde von der ersten Jugend an, religiöse Vereinigungen einfachster und tiefster, fast kindlicher Frömmigkeit, wie z. B. den Eucharistischen Kinderkreuzzug.

23 Die Botschaft hat die ganze Schwäche und Haltlosigkeit des angeführten Beweises gefühlt und bringt deshalb gleichsam als Stützen noch drei andere vor.

2. Mitglieder und Führer der Volkspartei als Leiter der Katholischen Aktion

Der erste besagt, dass die Leiter der Katholischen Aktion fast durchwegs Mitglieder oder auch Führer der Volkspartei waren, und diese war (so wird gesagt) einer der stärksten Gegner des Faschismus. Diese Anklage ist mehr als einmal gegen die Katholische Aktion Italiens erhoben worden, aber immer nur in allgemeiner Form und ohne Namen zu nennen: jedes Mal haben Wir gebeten, genauere Angaben zu machen und Namen bekannt zu geben, aber umsonst. Nur kurz vor Durchführung der Polizeimaßnahmen gegen die Katholische Aktion und ganz klar als Vorbereitung darauf, hat die gegnerische Presse, die sich nicht weniger klar auf Berichte der Polizei stützte, einige Reihen von Tatsachen und Namen veröffentlicht: das sind die so genannten Enthüllungen, auf die die Botschaft im Anfang anspielte und die vom Osservatore Romano entsprechend abgewiesen und richtig gestellt und keineswegs bestätigt wurden, wie dieselbe Botschaft der großen Öffentlichkeit gegenüber in irreführender Weise behauptet.

24 Wir haben es, Ehrwürdige Brüder, für Unsere Pflicht gehalten, zu den Informationen, die Wir schon vor einiger Zeit gesammelt haben, und zu den persönlichen Nachforschungen, die vorher schon gemacht worden waren, Uns neue Informationen zu besorgen und neue Nachforschungen vornehmen zu lassen. Wir legen hiermit, Ehrwürdige Brüder, die positiven Ergebnisse vor. Vor allem haben Wir festgestellt, dass nach den Anordnungen von 1919, als die Volkspartei noch bestand und die neue Partei sich noch nicht durchgesetzt hatte, niemand, der eine leitende Stelle in der Volkspartei bekleidete, gleichzeitig einen führenden Posten in der Katholischen Aktion innehaben konnte. Wir haben außerdem festgestellt, Ehrwürdige Brüder, dass die Fälle, in denen frühere Ortsleiter der Volkspartei später Ortsleiter der Katholischen Aktion wurden, die von der gegnerischen Presse, wie Wir oben gesagt haben, genannt wurden, sich auf vier beschränken. Wir sagen vier, und diese verschwindende Zahl in insgesamt 250 Diözesanausschüssen, 4000 Gruppen katholischer Männer und über 5000 Zirkeln der katholischen männlichen Jugend. Und Wir müssen hinzufügen, dass es sich in den vier genannten Fällen nur um Leute handelt, die niemals Anlass zu Schwierigkeiten gaben, einige davon sympathisieren geradezu mit der Partei und der Regierung und sind von ihnen gern gesehen.

25 Und Wir wollen nicht die andere Garantie politikfreier Religiosität der Katholischen Aktion übergehen, die Ihr wohl kennt, Ehrwürdige Brüder und Bischöfe Italiens. Sie liegt und lag immer, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, in der Abhängigkeit der Katholischen Aktion vom Episkopat, von Euch, die Ihr stets die geistlichen "Assistenten" bezeichnet und die "Präsidenten der Diözesanausschüsse" ernannt habt: so ist es klar, dass Wir nichts wesentlich Neues angeordnet und verfügt haben, als Wir die so hart getroffenen Vereinigungen Euch, Ehrwürdige Brüder, übertragen und empfohlen haben. Diejenigen, die schon früher zur Katholischen Aktion gehörten, blieben nach der Auflösung und dem Verschwinden der Volkspartei auch weiter in der Katholischen Aktion, indem sie sich in vollkommenem Gehorsam ihrem Grundgesetz unterwarfen, d. h. sich jeder politischen Tätigkeit enthielten. Und so taten es auch diejenigen, die nachher um Neuaufnahme nachsuchten. Wo wären die Gerechtigkeit und die Liebe geblieben, wenn man sie ausgestoßen oder nicht aufgenommen hätte, obwohl sie die erforderlichen Eigenschaften besaßen und sich dem genannten Gesetz unterordneten? Die Regierung und die Partei, die den Mitgliedern der Volkspartei eine so furchterregende und beängstigende Macht auf politischem Gebiet zuzuschreiben scheinen, müssten sich der Katholischen Aktion dankbar zeigen, weil sie sie gerade aus diesem Gebiet herausgeholt hat unter der ausdrücklichen Verpflichtung, keine politische, sondern nur eine religiöse Tätigkeit zu entfalten.

26 Hingegen haben Wir, die Kirche, die Religion und die gläubigen Katholiken (und nicht nur wir) keinen Grund zur Dankbarkeit gegenüber dem, der zuerst den Sozialismus und die Freimaurerei, unsere (und nicht nur unsere) erklärten Feinde, hinausgewiesen und ihnen dann das Tor wieder so weit geöffnet hat - alle sehen und bedauern es. Und sie sind umso stärker gefährlicher und schädlicher geworden, als sie nun in neuer Uniform versteckt sind und gleichzeitig begünstigt werden. Von Verletzungen der eingegangenen Verpflichtung hat man Uns nicht selten gesprochen; Wir haben immer Namen und greifbare Tatsachen verlangt, immer bereit, dazwischenzutreten und Vorsorge zu treffen; man hat nie auf Unsere diesbezüglichen Bitten geantwortet.

3. Organisatorische Handlungen politischer Art

Die Botschaft behauptet, dass eine beträchtliche Zahl organisatorischer Maßnahmen in besonderer Weise politischer Natur war und nichts "mit religiöser Erziehung und Glaubensverbreitung" zu tun hatte. Um von der unerfahrenen und unklaren Art, mit der man die Aufgaben der Katholischen Aktion beschreibt, ganz zu schweigen, alle, die das Leben der Gegenwart kennen und mitmachen, wissen, dass es keine Unternehmung und keine Tätigkeit gibt - angefangen von den höchsten geistlichen und wissenschaftlichen bis zu den ganz materiellen und mechanischen -, die nicht Organisation brauchte und organisatorische Maßnahmen, und dass dies alles nicht dasselbe ist wie die Ziele der verschiedenen Unternehmungen und Tätigkeiten, sondern dass es nur Mittel sind, um die einem jeden vorgesteckten Ziele besser zu erreichen.

4. Verteidigung des Staates

27 Das stärkste Argument jedoch (fährt die Botschaft fort), das man vorbringen kann, um die Zerstörung der katholischen Jugendzirkel zu rechtfertigen, ist die Verteidigung des Staates, die mehr als eine einfache Pflicht jeder Regierung ist. Kein Zweifel kann bestehen, über die Tragweite und über die lebenswichtige Bedeutung einer solchen Pflicht und eines solchen Rechts, so fügen Wir hinzu, da Wir ja mit allen rechtlich und vernünftig Denkenden daran festhalten und um jeden Preis danach handeln wollen, dass das erste Recht darin besteht, seine Pflicht zu tun. Aber alle Empfänger und Leser der Botschaft würden ungläubig gelächelt oder sich sehr gewundert haben, wenn die Botschaft hinzugefügt hätte, dass von den betroffenen katholischen Jugendzirkeln 10000 solche der weiblichen Jugend waren, mit einer Gesamtsumme von ungefähr 500 000 Mädchen; wer kann darin eine ernste Gefahr und wirkliche Bedrohung der Sicherheit des Staates sehen? Und man muss dabei bedenken, dass davon nur 220 000 als "feste Mitglieder" eingeschrieben sind; mehr als 100000 sind kleine "Aspirantinnen", mehr als 150 000 noch kleinere "Benjamine".

28 Es bleiben die Zirkel der männlichen Jugend, dieser katholischen Jugend, die man in den Veröffentlichungen für die Parteijugend, in den Reden und Zirkularen der so genannten Führer verhöhnt und verspottet (ein jeder sieht, um nur hiervon zu sprechen, mit welchem Sinn für erzieherische Verantwortlichkeit) als einen zusammengewürfelten Haufen von Angsthasen, die nur dazu gut sind, bei Prozessionen Kerzen zu tragen und den Rosenkranz zu beten; vielleicht sind sie gerade deswegen in dieser letzten Zeit so oft und mit so wenig vornehmem Mut angegriffen und bis aufs Blut misshandelt worden, schutzlos preisgegeben von denen, die sie verteidigen und schützen konnten und mussten, schon deswegen, weil sie, ohne Waffen und friedliebend, von Gewalttätigen angefallen wurden, die oft bewaffnet waren.

29 Wenn darin das stärkste Argument für den Versuch der "Zerstörung" (das Wort lässt in der Tat keinen Zweifel an der Absicht) Unserer teuren und heldenhaften Jugendverbände in der Katholischen Aktion liegt, dann seht Ihr, Ehrwürdige Brüder, dass Wir Uns freuen könnten und müssten. So klar erscheint das Argument in sich eben unglaubhaft und hinfällig. Aber leider müssen Wir wiederholen, dass "mentita est iniquitas sibi" ("die Bosheit sich selbst belogen hat") (Ps 26, 12) und dass das "stärkste Argument" des "Zerstörungs"-willens auf einem anderen Boden gesucht wird: der Kampf, der jetzt geführt wird, ist kein politischer, sondern ein sittlicher und religiöser, ein ausgesprochen sittlicher und religiöser.

30 Man muss die Augen schließen vor dieser Wahrheit, und man muss Politik sehen oder vielmehr erfinden dort, wo es sich um nichts anderes als um Religion und Sittlichkeit handelt, um, wie die Botschaft es macht, zu schließen, es sei hier die unhaltbare Situation entstanden, dass eine starke Organisation einer ,auswärtigen´ Macht, dem" Vatikan", gehorcht, ein Zustand, den keine Regierung dieser Welt zulassen würde.

bc) Die beschlagnahmten Schriftstücke bringen keine Beweise für den politischen Charakter der Katholischen Aktion, wohl aber für ihre rein religiöse Einstellung

31 Man hat in allen Sitzen der Katholischen Aktion Italiens Schriftstücke beschlagnahmt; man fährt fort (so weit ist es gekommen), jeden Briefverkehr abzufangen und zu beschlagnahmen, von dem man vermuten kann, dass er in einer Beziehung zu den betroffenen Verbänden stehe, ja, auch zu denen, die, wie die Oratorien, nicht betroffen wurden. - Man sage also Uns, dem Land und der Welt, welches die Dokumente für die Politik sind, die die Katholische Aktion staatsgefährdend betrieben und geplant haben soll, und wie viele es sind. Wir wagen zu sagen, dass sie sich nicht finden werden, außer wenn man sie nach vorgefassten falschen Meinungen liest und erklärt, die im vollen Gegensatz stehen zu den Tatsachen und zur Evidenz unzähliger Beweise und Zeugnisse. Wenn sich echte Beweisstücke finden, die eine Nachforschung verdienen, werden Wir die ersten sein, die sie anerkennen und ihnen Rechnung tragen. Aber wer wollte, zum Beispiel, Politik, und zwar staatsgefährdende Politik finden in einigen Hinweisen und Äußerungen des Bedauerns bezüglich der ungerechten Behandlung, die die Katholische Aktion auch schon vor den letzten Ereignissen so häufig und an so vielen Orten erfahren hat? Oder wer wollte sich auf Erklärungen stützen, die erzwungen oder erpresst wurden, was, wie Wir wissen, an verschiedenen Orten vorgekommen ist?

32 Zahllos dagegen sind unter den beschlagnahmten Dokumenten die Beweise und die Zeugnisse für die tiefe und standhafte Religiosität und religiöse Betätigung sowohl der ganzen Katholischen Aktion als auch besonders der Jugend- und Studentenverbände. Es wird genügen, wie Wir selbst es oft getan haben, die Programme, die Berichte, die Protokolle der Kongresse zu lesen und zu würdigen, jene der religiösen Studien- und Gebetswochen, der geistlichen Exerzitien, der großen und stets steigenden Beteiligung an den Sakramenten, der apologetischen Vorträge, der katechetischen Studien und Arbeiten, der Teilnahme an den Unternehmen wahrer und reiner christlicher Nächstenliebe in den Konferenzen des heiligen Vinzenz und in anderen ähnlichen, der Arbeit und Hilfe für die Missionen.

33 Angesichts solcher Tatsachen und all dieser Belege, also mit Auge und Hand auf der Wirklichkeit, haben Wir immer gesagt und sagen es noch: die Katholische Aktion Italiens der Politik beschuldigen, heißt sie wahrhaft und wirklich verleumden. Die Tatsachen haben gezeigt, wohin man damit kommen wollte und was man vorbereitete. Selten hat sich so sehr die Fabel vom Wolf und vom Lamm bewahrheitet, und die Geschichte kann nicht daran vorübergehen.

c) Ein Vergleich mit andern Ländern

34 Wir, die Wir bis zur Evidenz sicher waren, auf religiösem Boden zu stehen und Uns darauf zu beschränken, haben nie geglaubt, dass Wir als "auswärtige Macht" betrachtet werden könnten, besonders von Katholiken und katholischen Italienern. Auf Grund der apostolischen Vollmacht, die Uns Gott trotz Unserer Unwürdigkeit anvertraut hat, betrachten die guten Katholiken der ganzen Welt (Ihr wisst es sehr gut, Ehrwürdige Brüder) Rom als die zweite Vaterstadt aller und jedes einzelnen von ihnen. Es ist noch nicht sehr lange her, dass ein Staatsmann, der sicher immer unter die berühmtesten gerechnet wird, kein Katholik und kein Freund des Katholizismus, vor einer großen politischen Versammlung sagte, er könne den nicht als ausländische Macht ansehen, dem zwanzig Millionen Deutsche gehorchen. Wer sagt, die Lage, die von der Katholischen Aktion in Italien geschaffen wurde, hätte kein Staat bestehen lassen, der verkennt oder vergisst gänzlich, dass die Katholische Aktion in allen Ländern der Welt, bis nach China hin, besteht und lebt und arbeitet; dass sie dort sehr oft, in den großen Zügen und bis in die Einzelheiten hinein, die italienische Katholische Aktion nachahmt, öfters auch mit noch ausgeprägteren Formen und Eigenheiten als in Italien. In keinem Staat der Welt ist die Katholische Aktion jemals als eine Gefahr für den Staat angesehen worden; in keinem Staat der Welt ist die Katholische Aktion so schmählich verfolgt worden (Wir kennen kein anderes Wort, das der Wirklichkeit und der Wahrheit der Tatsachen entspricht) wie in diesem Unserem Italien und hier an Unserem Römischen Bischofssitz. Und das ist wirklich eine unhaltbare Situation, nicht von Uns, sondern gegen Uns geschaffen.

35 Wir haben Uns, Ehrwürdige Brüder, eine schwere und unangenehme Arbeit auferlegt; es schien Uns eine Pflicht väterlicher Liebe und Gerechtigkeit. In diesem Geist haben Wir sie erfüllt, um die Tatsachen und Wahrheiten in das rechte Licht zu stellen, die einige von Unseren Söhnen, vielleicht ohne sich dessen ganz bewusst zu sein, in ein falsches Licht gesetzt hatten, zum Schaden anderer Unserer Söhne.

III. Erwägungen und Folgerungen aus den Ereignissen:

1. Man will der Kirche die Jugend entreißen

36 Eine erste Überlegung und Schlussfolgerung ist diese: aus Unserer Darlegung und mehr noch aus den Ereignissen selbst, wie sie sich abgespielt haben, erhellt, dass die politische Tätigkeit der Katholischen Aktion, die offene oder versteckte Feindseligkeit einiger ihrer Abteilungen gegen die Regierung und die Partei, wie auch der Rückhalt und Schutz, den möglicherweise einige noch übriggebliebene und bis heute verschonte Feinde der Partei unter dem Banner der Katholischen Aktion finden könnten (vgl. die Mitteilungen des Direktoriums vom 4. Juni 1931): all dies ist nur ein Vorwand oder eine Summe von Vorwänden. Ein Vorwand ist, so wagen Wir zu behaupten, die Katholische Aktion selbst. Was man wollte und was man zu tun versuchte, war, der Katholischen Aktion und damit der Kirche die Jugend zu entreißen, die gesamte Jugend. So wahr ist diese Behauptung, dass man nach all den langen Reden über die Katholische Aktion nicht bei den Jugendverbänden der Katholischen Aktion stehen blieb, sondern ungestüm die Hand sogar nach Vereinen und Werken ausstreckte, die rein der Frömmigkeit und der ersten religiösen Unterweisung gewidmet sind, nach den Kongregationen der Kinder Mariens und den Oratorien. So ungestüm und übereilt geschah dies, dass man häufig nachträglich den groben Irrtum eingestehen musste.

37 Dieser wesentliche Punkt wird auch von anderer Seite zur genüge bestätigt. Er wird vor allem bestätigt durch zahlreiche vorausgehende Erklärungen von Persönlichkeiten, die mehr oder minder die Verantwortung tragen, und selbst von Persönlichkeiten, die in erster Linie Regierung und Partei vertreten, Erklärungen, die in den letzten Vorfällen ihren ausführlichen Kommentar und ihre endgültige Bestätigung erhielten.

38 Die Bestätigung erfolgte noch ausdrücklicher und entschiedener, fast hätten wir gesagt noch feierlicher und nachdrücklicher von seiten dessen, der nicht allein alles vertritt, sondern auch alles kann. Das ist geschehen in amtlichen oder so gut wie amtlichen Veröffentlichungen, die an die Jugend gerichtet waren, in Unterredungen, die für die Öffentlichkeit bestimmt waren, für die Öffentlichkeit des Auslands noch mehr als für jene des Inlands, und noch in letzter Stunde in Botschaften und Mitteilungen an Vertreter der Presse.

2. Man will keine Rücksicht nehmen auf die geheiligten Rechte der Seelen und der Kirche

39 Eine andere Überlegung und Schlussfolgerung drängt sich unmittelbar und unvermeidlich auf. Man hat also gar kein Gewicht gelegt auf Unsere wiederholten Versicherungen und Einsprüche; man hat kein Gewicht gelegt auf Eure Einsprüche und Versicherungen, Ehrwürdige Brüder, Bischöfe Italiens, hinsichtlich der Natur und der wahren und wirklichen Tätigkeit der Katholischen Aktion und hinsichtlich der geheiligten und unverletzlichen Rechte der Seelen und der Kirche, die in ihr vertreten und verkörpert sind.

40 Wir sagen, Ehrwürdige Brüder, die geheiligten und unverletzlichen Rechte der Seelen und der Kirche. Und das ist die Überlegung und Schlussfolgerung, die sich vor allen andern aufdrängt, wie sie auch wichtiger als alle andern ist. Immer wieder haben Wir bereits, wie allgemein bekannt, Unseren Gedanken oder besser jenen der heiligen Kirche über so wichtige und wesentliche Gegenstände zum Ausdruck gebracht. Und nicht für Euch, Ehrwürdige Brüder, die getreuen Lehrer in Israel, ist es notwendig, noch mehr zu sagen; wohl aber müssen Wir für jenes teure Volk, das um Euch geschart ist, das Ihr kraft göttlichen Auftrags weidet und regiert, das zur Stunde fast einzig durch Eure Vermittlung die Gedanken des gemeinsamen geistlichen Vaters erfahren kann, für dieses Volk müssen Wir noch einiges hinzufügen. Wir sagten die geheiligten und unverletzlichen Rechte der Seelen und der Kirche. Es handelt sich um das Recht der Seelen, sich mittels der Unterweisung und Bildung durch die Kirche das höchste geistliche Gut zu erwerben. Die Kirche allein ist mit diesem Lehramt und mit diesem Heilswerk beauftragt in der übernatürlichen Ordnung, die im Blut des göttlichen Erlösers begründet, für alle notwendig und verpflichtend ist, um teilzuhaben an der göttlichen Erlösung. Es handelt sich um das Recht der also gebildeten Seelen, andere Seelen der Schätze der Erlösung teilhaftig zu machen, indem sie selbst an der Tätigkeit des hierarchischen Apostolats teilnehmen.

41 Im Hinblick auf dieses doppelte Recht der Seelen nannten Wir Uns vor kurzem glücklich und stolz, den guten Kampf zu kämpfen für die Freiheit der Gewissen, nicht (wie der eine oder andere vielleicht aus Unachtsamkeit Uns hat sagen lassen) für die Freiheit des Gewissens, eine Redeweise, die missverständlich ist und nur zu oft missbraucht wird, um die völlige Unabhängigkeit des Gewissens zu bezeichnen, ein Unding in einer von Gott geschaffenen und erlösten Seele.

42 Es handelt sich weiterhin um das nicht minder unverletzliche Recht der Kirche auf die Erfüllung des sie bindenden göttlichen Auftrags, mit dem ihr göttlicher Stifter sie betraut hat, den Seelen, und zwar allen Seelen alle Schätze des Wahren und Guten, die sich auf die Glaubenslehre und die Richtlinien eines sittlichen Lebens beziehen, zu überbringen, die er selbst der Welt gebracht hat. "Euntes docete omnes gentes ... docentes eos servare omnia quaecumque mandavi vobis." Geht hin und lehret alle Völker und lehret sie alles halten, was ich euch geboten habe (Mt 28, 18-20).

43 Welchen Platz das Kindesalter und die Jugend in diesem vollständig allgemeinen und allumfassenden Auftrag einnehmen sollte, das zeigt er selbst, der göttliche Meister, Schöpfer und Erlöser der Seelen, durch sein Beispiel und durch jene besonders denkwürdigen und auch besonders erschütternden Worte: "Lasset die Kleinen zu mir kommen und wehret ihnen nicht" ... "Jene Kleinen, die (gewissermaßen auf göttliche Eingebung hin) an mich glauben; denen das Himmelreich vorbehalten ist; deren Schutzengel allzeit das Antlitz des Vaters schauen, der im Himmel ist. Wehe dem Menschen, der einem dieser Kleinen Ärgernis gibt". -"Sinite parvulos venire ad me et nolite prohibere eos ... qui in me credunt ... istorum est enim regnum caelorum; quorum Angeli semper vident faciem Patris qui in caelis est; Vae! homini illi per quem unus e pusillis istis scandalizatus fuerit" (Mt 19, 13ff; 18, 1ff)

3. Man will die Jugend völlig und in heidnischem Sinn für den Staat beanspruchen

44 Nun stehen Wir aber vor einer Unmenge authentischer Erklärungen und nicht minder authentischer Tatsachen, die keinen Zweifel an dem - zum größten Teil schon durchgeführten - Vorsatz lassen, die Jugend von der frühesten Kindheit bis zum Erwachsenenalter ausschließlich für eine Partei, für eine Regierung in Anspruch zu nehmen, und das auf Grund einer Ideenwelt, die sich erklärtermaßen in eine wahre und eigentliche Staatsvergottung heidnischen Charakters auflöst, die nicht minder mit den natürlichen Rechten der Familie als mit den übernatürlichen Rechten der Kirche in vollendetem Widerstreit steht. Die Aufstellung und die Förderung eines solchen Monopols, die in solcher Absicht unternommene Verfolgung der Katholischen Aktion, wie sie seit einiger Zeit mehr oder minder offen oder geheim vor sich ging, der zu diesem Zweck vor kurzem geführte Schlag gegen ihre Jugendverbände, all dies kommt einem wahren und eigentlichen Hindernis gleich, mit dem man der Jugend den Weg zu Jesus Christus verlegt; denn es ist ein Hindernis auf dem Weg der Jugend zur Kirche, und wo die Kirche ist, da ist Jesus Christus. Ja, man ist so weit gegangen, diese Jugend gewaltsam vom Herzen der Kirche wie vom Herzen Christi loszureißen.

45 Die Kirche Jesu Christi hat niemals die Rechte und die Pflichten des Staates hinsichtlich der Erziehung der Staatsbürger bestritten. Wir selbst haben sie noch vor kurzem in Unserer Enzyklika über die christliche Jugenderziehung in Erinnerung gebracht und öffentlich proklamiert; Rechte und Pflichten, die unbestreitbar sind, solange sie sich in den Grenzen der dem Staate eigenen Kompetenzen halten, Kompetenzen, die ihrerseits durch den Zweck des Staates klar bestimmt sind. Dieser Zweck umfasst gewiss nicht allein die körperliche und rein materielle Ordnung, aber er wird andererseits aus sich selbst und mit Notwendigkeit durch die Grenzen des Natürlichen, des Irdischen und Zeitlichen umschlossen.

46 Der allgemeine, unveräußerliche und unersetzbare göttliche Auftrag, den die Kirche Jesu Christi von Jesus Christus selbst erhalten hat, geht auf das Ewige, auf das Himmlische, auf das übernatürliche, auf jene Ordnung der Dinge, die auf der einen Seite für jedes vernunftbegabte Geschöpf streng verpflichtend ist und die auf der anderen Seite ihrer Natur nach alles übrige sich unter- und nebenordnen muss.

47 Die Kirche Jesu Christi hält sich gewiss nicht nur dann innerhalb der Grenzen ihres Auftrages, wenn sie in die Seelen die ersten unumgänglich notwendigen Prinzipien und Grundlagen des übernatürlichen Lebens einsenkt, sondern auch dann, wenn sie dieses Leben den Umständen und der Fassungskraft entsprechend auf die Weise und mit den Mitteln, die ihr geeignet scheinen, fördert und entwickelt; auch dann, wenn es in der Absicht geschieht, kluge und fähige Mitarbeiter am hierarchischen Apostolat heranzubilden. Von Jesus Christus stammt die feierliche Erklärung, dass er gerade zu dem Zweck gekommen ist, dass die Seelen nicht nur irgendeinen Keim oder ein Element übernatürlichen Lebens haben, sondern dass sie es in größter Fülle haben: "Ego veni ut vitam habeant et abundantius habeant" (Joh 10, 10).

48 Und Jesus selbst hat die ersten Anfänge der Katholischen Aktion gelegt, indem er in den Aposteln und in den Jüngern die Mitarbeiter an seinem göttlichen Apostolat wählte und heranbildete; ein Beispiel, das nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift bei den ersten heiligen Aposteln sogleich Nachahmung fand.

49 Es ist folglich ein ungerechtfertigter und mit dem Namen und Bekenntnis eines Katholiken unvereinbarer Anspruch, wenn einfache Gläubige kommen und die Kirche und ihr Haupt darüber belehren wollen, was genügt und genügen muss für die christliche Erziehung und Ausbildung der Seelen und zum Zweck, in der Gesellschaft und vor allem in der Jugend die Grundsätze des Glaubens und ihre volle Auswirkung im Leben zu erhalten und zu fördern. Mit diesem nicht zu rechtfertigenden Anspruch offenbart sich die totale Unzuständigkeit und völlige Unkenntnis bezüglich der in Frage stehenden Gegenstände. Die letzten Ereignisse müssen allen die Augen geöffnet haben, indem sie bis zum Augenschein gezeigt haben, was in wenigen Jahren an echtem religiösem Sinn, an christlicher und bürgerlicher Erziehung nicht bewahrt, sondern zerstört und vernichtet wurde.

50 Ihr wisst, Ehrwürdige Brüder, Bischöfe Italiens, aus Eurer eigenen Hirtenerfahrung, ein wie schwerer und verhängnisvoller Irrtum es ist, zu glauben und glauben zu machen, dass die durch die Katholische Aktion geleistete Tätigkeit der Kirche durch den religiösen Unterricht in den Schulen und durch den kirchlichen Beistand bei den Jugendvereinigungen der Partei und der Regierung ersetzt und überflüssig geworden sei. Das eine wie das andere ist ganz gewiss notwendig; ohne sie würden die Schule und die genannten Vereinigungen unvermeidlich und sehr bald unter dem Zwang logischer und psychologischer Notwendigkeit zu heidnischen Angelegenheiten werden. Notwendig also, aber nicht genügend. In der Tat kann die Kirche Jesu Christi durch den erwähnten religiösen Unterricht und Beistand nur ein Mindestmaß ihrer geistlichen und übernatürlichen Wirksamkeit entfalten, zumal es auf Gebieten und in einer Umgebung geschehen muss, die nicht von ihr abhängen, die durch viele anderweitige Lehrgegenstände und ganz andere Übungen in Anspruch genommen sind und unmittelbaren Vorgesetzten unterstehen, die ihr häufig wenig oder überhaupt nicht wohlgesinnt sind und nicht selten durch Wort und Beispiel einen entgegengesetzten Einfluss ausüben.

4. Man will eine neue Religiosität einführen, die in vollem Gegensatz zum Christentum steht

51 Wir sagten, dass die letzten Ereignisse endgültig gezeigt haben, ohne auch nur die Möglichkeit eines Zweifels zu belassen, was in wenigen Jahren an echtem religiösem Sinn und - Wir sagen nicht an christlicher, sondern - an sittlicher und bürgerlicher Erziehung nicht bewahrt, sondern zerstört und vernichtet wurde. Wir haben in der Tat eine Religiosität am Werke gesehen, die sich gegen die Anordnungen der höheren religiösen Autorität auflehnt und deren Nichtbeachtung verlangt oder ermutigt. Diese Religiosität wird zur Verfolgung und zum Versuch der Zerstörung an dem, was das Oberhaupt der Religion bekannterweise am meisten schätzt und liebt; diese Religiosität treibt es soweit und lässt es soweit kommen, dass man in Wort und Tat die Person des Vaters aller Gläubigen schmäht und sogar den Ruf ertönen lässt: Nieder mit dem Papst! Tod dem Papst! Wahre Anleitung zum Vatermord. Eine solche Religiosität kann in keiner Weise mit katholischer Lehre und Praxis in Einklang gebracht werden, sie ist vielmehr der einen wie der andern so entgegengesetzt, wie man es sich nur denken kann. Der Gegensatz wird in sich selbst noch stärker und noch verhängnisvoller in seinen Auswirkungen, wenn er nicht allein ein Gegensatz in äußerlich vollzogenen und vollendeten Handlungen ist, sondern auch in Prinzipien und Schlagworten, die man öffentlich als programmatisch und grundlegend erklärt.

5. Eine notwendige Folgerung gegenüber der faszistischen Staatsauffassung

52 Eine Auffassung vom Staat, die die junge Generation ganz und ausnahmslos vom ersten Kindesalter bis zu den Jahren der vollen Reife für ihn in Anspruch nimmt, ist für einen Katholiken nicht vereinbar mit der katholischen Lehre und ist auch nicht vereinbar mit dem natürlichen Recht der Familie. Für einen Katholiken ist mit katholischer Lehre unvereinbar der Ausspruch, dass Kirche und Papst sich auf die äußeren Übungen der Religion (Messe und Sakramente) beschränken sollen und dass die übrige Erziehung ausschließlich dem Staat gehört.

53 Die irrigen und falschen Lehren und Grundsätze, die Wir bisher erwähnt und missbilligt haben, sind Uns im Verlauf der letzten Jahre mehrmals entgegengetreten. Und wie allgemein bekannt ist, haben Wir mit der Hilfe Gottes Unsere Apostolische Pflicht nicht vernachlässigt, die verlangt, dass Wir auf sie aufmerksam machen und dass Wir ihnen die wahre Berufung auf die echte katholische Lehre und auf die unverletzlichen Rechte Jesu Christi und der Seelen, die mit seinem Blute erkauft wurden, entgegenstellen.

54 Aber ungeachtet der Urteile, Erwartungen und Anregungen, die von verschiedenen Seiten, auch von sehr angesehenen Persönlichkeiten an Unser Ohr gelangten, haben Wir Uns stets einer formellen und ausdrücklichen Verurteilung enthalten. Ja, Wir sind so weit gegangen, von Unserer Seite aus ein Nebeneinander bestehen und Nebeneinanderwirken für möglich zu halten und zu begünstigen, was anderen unzulässig erschien. Wir haben so gehandelt, weil Wir dachten oder vielmehr wünschten, es bliebe immer noch wenigstens die Möglichkeit einer Vermutung, dass Wir es mit übertriebenen, sporadischen Erklärungen und Handlungen von Elementen zu tun hätten, die nicht hinreichend repräsentativ wären, also mit Erklärungen und Handlungen, die, soweit sie verurteilenswert erschienen, mehr aus den Personen und den Umständen sich ergäben als im wahren und eigentlichen Sinn programmatisch wären.

55 Die letzten Ereignisse und die Erklärungen, die sie vorbereiteten, die sie begleiteten und kommentierten, nehmen Uns die gewünschte Möglichkeit, und Wir müssen sagen und sagen es: Man ist nicht katholisch außer der Taufe und dem Namen nach - im Widerspruch mit den Forderungen des Namens und den Taufgelübden -, wenn man ein Programm annimmt und entwickelt, das Lehren und Grundsätze sich zu eigen macht, die den Rechten der Kirche Jesu Christi und der Seelen so sehr zuwiderlaufen, das die Katholische Aktion verkennt, bekämpft und verfolgt, d. h. all das, was die Kirche und ihr Haupt bekanntermaßen am meisten lieben und schätzen.

6. Und gegenüber der faszistischen Eidesformel

56 Ihr fragt Uns, Ehrwürdige Brüder, wie im Licht des Vorausgehenden über eine, selbst Knaben und Mädchen auferlegte Eidesformel zu denken und zu urteilen ist, die dazu verpflichtet, ohne jede Erörterung Anordnungen auszuführen, die, Wir haben es erlebt und gesehen, unter Umständen gegen jede Wahrheit und Gerechtigkeit verlangen, dass man Hand anlegt an die Rechte der Kirche und der Seelen, die doch schon an und für sich geheiligt und unverletzlich sind; Anordnungen, die verlangen können, mit allen Kräften bis zum Blutvergießen der Sache einer Revolution zu dienen, die der Kirche und Jesus Christus die Jugend entreißt und ihre jungen Kräfte zum Hass, zur Gewalttat, zur Ehrfurchtslosigkeit selbst gegen die Person des Papstes erzieht, wie es die letzten Ereignisse zur genüge gezeigt haben.

57 Wenn die Frage in dieser Form gestellt werden muss, dann gibt es vom katholischen, ja vom rein menschlichen Standpunkt aus unvermeidlicherweise nur eine Antwort, und Wir, Ehrwürdige Brüder, können nur die Antwort bestätigen, die Ihr Euch bereits selbst gegeben habt: Ein solcher Eid, so wie er vorliegt, ist unerlaubt.

IV. Besorgnisse:

1. Die Sorge um die Beruhigung der Gewissen angesichts der faszistischen Eidesformel

58 Und nun zu Unseren Sorgen, höchst schwerwiegenden Sorgen, die, Wir fühlen es, Ehrwürdige Brüder, auch die Euren sind, Eure besonders, Ihr Bischöfe Italiens. Wir sorgen Uns gegenwärtig vor allem um so viele Unserer Kinder, Jünglinge und jungen Mädchen,die auf Grund eines solchen Eides eingegliedert sind. Wir fühlen tiefes Mitleid mit so vielen von Zweifeln gequälten Gewissen (Gewissensqualen, deren unzweideutige Zeugnisse zu Uns dringen), von Zweifeln gerade bezüglich jener Eidesfassung und vor allem nach den letzten Ereignissen.

59 Da Wir die mannigfachen Schwierigkeiten der gegenwärtigen Stunde kennen und wohl wissen, dass Mitgliedskarte und Eid für sehr viele Vorbedingung für die Laufbahn, für das tägliche Brot, für den Lebensunterhalt sind, so haben Wir nach einem Mittel gesucht, das den Gewissen die Ruhe wiedergeben und die äußeren Schwierigkeiten auf das Mindestmaß reduzieren solle. Und es scheint Uns, ein solches Mittel könnte für die bereits Eingegliederten darin bestehen, dass sie vor Gott und dem eigenen Gewissen den Vorbehalt machen: "Unbeschadet der Gesetze Gottes und der Kirche", oder auch "Unter Wahrung der Pflichten eines guten Christen", und hiermit den festen Vorsatz verbinden, einen solchen Vorbehalt auch nach außen zu bekennen, wenn sich dafür eine Notwendigkeit ergeben sollte.

60 Dorthin ferner, woher die Anordnungen und die Bestimmungen kommen, möge, so wünschen Wir, Unsere Bitte gelangen, die Bitte eines Vaters, der für die Gewissen so vieler seiner Kinder in Jesus Christus sorgen will, dass eben dieser Vorbehalt in die Eidesformel eingefügt werde, wenn man nicht etwas noch Besseres tun will, nämlich den Eid, der in sich ein Akt der Gottesverehrung ist und auf der Mitgliedskarte einer Partei gewiss nicht an seinem Platze ist, gänzlich abzuschaffen.

61 Wir haben Uns bemüht, sowohl ruhig und sachlich als auch mit voller Klarheit zu sprechen. Trotzdem können Wir Uns der Sorge nicht erwehren, Wir könnten falsch verstanden werden -Wir sagen nicht von Euch, Ehrwürdige Brüder, da Ihr immer und zur Stunde mehr denn je in Gedanken und Gefühlen mit Uns verbunden seid, sondern von der großen Öffentlichkeit.

2. Die Sorge um die Seelen und um die Zukunft Italiens zwingt zur Verurteilung dessen, was im faszistischen Programm unrecht ist

62 Und darum fügen Wir hinzu, dass Wir mit all dem bis jetzt Gesagten keineswegs die Partei als solche verurteilen wollen. Es war Unsere Absicht, zu kennzeichnen und zu verurteilen, was im Programm und in der Aktion der Partei nach Unserer Ansicht und Kenntnis im Widerspruch zur Katholischen Lehre und Praxis steht und infolgedessen mit dem Namen und Bekenntnis eines Katholiken unvereinbar ist. Damit haben Wir recht eigentlich eine Pflicht des Apostolischen Amtes gegenüber allen jenen Unserer Kinder erfüllt, die der Partei angehören, auf dass sie gemäß ihrem eigenen Gewissen als Katholiken leben können.

63 Wir glauben ferner, zugleich der Partei und der Regierung einen guten Dienst erwiesen zu haben. Denn was für ein Interesse und was für ein Nutzen kann für eine Partei in einem katholischen Land wie Italien darin liegen, im Programm Ideen, Grundsätze und Praktiken zu vertreten, die mit einem katholischen Gewissen unvereinbar sind? Das Gewissen der Völker wie des einzelnen Menschen kehrt schließlich immer wieder zu sich selbst zurück und sucht die Wege wieder auf, die es für eine kürzere oder längere Zeit aus dem Auge verloren und verlassen hatte.

64 Man sage auch nicht: Italien ist katholisch, aber antiklerikal. Wir verstehen auch das nur in dem Maße, als es für Ausnahmefälle gelten mag. Ihr, Ehrwürdige Brüder, die Ihr in den großen oder kleinen Diözesen Italiens in ständigem Kontakt mit dem guten Volke des ganzen Landes lebt, Ihr wisst es und seht es Tag für Tag, wie dieses Volk, wenn es nicht verletzt und irregeführt wird, jeglichem Antiklerikalismus abgeneigt ist.

65 Für alle, die die Geschichte des Landes ein wenig näher kennen, ist es eine bekannte Tatsache, dass der Antiklerikalismus in Italien nur jene Bedeutung und Kraft besessen hat, die die Freimaurerei und der Liberalismus, die ihn hervorgebracht haben, ihm verliehen. In unserer Zeit hätte die einmütige Begeisterung, welche in den Tagen der Lateran-Verträge das ganze Volk mehr denn je zuvor einte und erfüllte, das Wiederaufleben des Antiklerikalismus verhindert, wenn er nicht sorglich nach diesen Verträgen wachgerufen und ermutigt worden wäre. In den letzten Vorgängen haben Verfügungen und Anordnungen ihn in Tätigkeit treten und wieder zurücktreten lassen, wie alle sehen und feststellen konnten. Zweifellos hätte daher der hundertste und tausendste Teil der Maßnahmen, durch die seit langem die Katholische Aktion bedrückt wurde und die jüngst in dem, was nunmehr alle Welt weiß, ihren Höhepunkt erreichten, genügt und würde genügen, um diesen Antiklerikalismus in Schranken zu halten.

3. Wird sich die Lage verschlimmern?

66 Andere schwere Sorgen bereitet Uns die nächste Zukunft. Man hat, und zwar sogleich nach den letzten für Uns und für die Katholiken Italiens und der ganzen Welt so schmerzlichen Maßnahmen gegen die Katholische Aktion an höchst offizieller Stelle "unveränderte Hochachtung gegen die katholische Religion und ihr Oberhaupt usw." feierlich zum Ausdruck gebracht. "Unveränderte" Hochachtung; also unverändert gerade jene Achtung, wie Wir sie erfahren haben; also eine solche Achtung, wie sie in den ebenso umfangreichen wie verabscheuenswerten Polizeimaßnahmen zum Ausdruck kam, die in tiefem Schweigen vorbereitet wurden und gerade am Vorabend Unseres Geburtstags, der von seiten der katholischen und selbst der nichtkatholischen Welt zum Anlass genommen wurde für zahlreiche Sympathiekundgebungen, mit Blitzesschnelle durchgeführt wurden; also eben jene Achtung, die in Gewalttätigkeiten und Missachtungen ausartete, was man überdies ungehindert geschehen ließ. Was können Wir also erhoffen, oder besser, auf was müssen Wir Uns gefasst machen? Man hat auch gefragt, ob bei einer so merkwürdigen Ausdrucksweise in Wort und Schrift, unter solchen Umständen, in so großer Nähe solcher Ereignisse die Ironie völlig gefehlt habe, eine wirklich traurige Ironie, was Wir Unsererseits lieber ausschließen.

67 Im gleichen Zusammenhang und in unmittelbarer Beziehung der "unveränderten Hochachtung" (also an dieselben Stellen gerichtet) spielte man an auf "Rückhalt und Schutz", der den noch übrig gebliebenen Gegnern der Partei gewährt werde, und man "beauftragte die Leiter der 9000 Faschistenverbände Italiens", ihre Aktionen nach jenen Anordnungen auszurichten. Mehr als einer von Euch, Ehrwürdige Brüder, Bischöfe Italiens, hat schon die Auswirkung derartiger Anspielungen und Verordnungen in der Wiederaufnahme unerträglicher Überwachungen, Zuträgereien, Einschüchterungen und Schikanen erfahren müssen und Uns darüber auch schmerzerfüllt Mitteilung gemacht. Was bereitet Uns also die Zukunft vor? Was können und müssen Wir nicht erwarten (Wir sagen nicht: fürchten, denn die Furcht Gottes vertreibt die Menschenfurcht), wenn so, wie Wir Grund haben zu glauben, die Absicht besteht, Unseren katholischen jungen Leuten die Erlaubnis selbst zu einer schlichten Zusammenkunft zu verweigern, unter Androhung von harten Strafen für die Leiter? Was also, so fragen Wir Uns erneut, erwartet oder bedroht Uns in der Zukunft?

V. Hoffnungen:

1. Die Zukunft ruht in Gottes Hand

68 Aber gerade in dieser äußersten Ungewissheit, in die die Menschen Uns geführt haben, schwinden alle Sorgen und lösen sich auf, und Unser Geist öffnet sich der vertrauensvollsten und tröstlichsten Hoffnung; denn die Zukunft ruht in Gottes Hand und Gott ist mit uns, und "si Deus nobiscum, quis contra nos?" ("wenn Gott mit uns ist, wer ist dann gegen uns? ") (Röm 8, 31).

2. Der Beistand der Bischöfe

69 Ein Zeichen und einen spürbaren Beweis göttlichen Beistands und göttlicher Gunst sehen und fühlen Wir bereits, Ehrwürdige Brüder, in Eurem Beistand und Eurer Mithilfe. Falls Wir recht unterrichtet sind, hat man jüngst gesagt, nunmehr liege die Katholische Aktion in der Hand der Bischöfe und es sei nichts mehr zu befürchten. Soweit ist alles gut, sehr gut, ausgenommen jenes, "nichts mehr", als ob vorher etwas zu befürchten gewesen wäre, und ausgenommen jenes "nunmehr", als ob die Katholische Aktion nicht vorher und von Anfang an stets wesentlich eine diözesane und von den Bischöfen abhängige Einrichtung gewesen wäre (wie Wir vorhin bereits erwähnt haben) und als ob Wir nicht auch deswegen, gerade deswegen stets das festeste Vertrauen genährt hätten, dass Unsere Anweisungen getreulich ausgeführt würden. Nächst der verheißenen, nie fehlenden göttlichen Hilfe ist gerade diese Tatsache der Grund, dass Wir in vertrauensvollster Ruhe verharren und stets darin verharren werden, selbst wenn die Trübsal gebrauchen Wir das richtige Wort: die Verfolgung - andauern und sich verstärken sollte. Wir wissen und Ihr wisst, dass Ihr Unsere Brüder im Bischofsamt und im Apostolat seid; Wir wissen und Ihr wisst, Ehrwürdige Brüder, dass Ihr die Nachfolger jener Apostel seid, die der heilige Paulus mit Worten von unvorstellbarer Erhabenheit "gloria Christi" (2 Kor 8, 23) nannte; Ihr wisst es, dass nicht ein sterblicher Mensch, und wäre er selbst ein Staats- oder ein Regierungschef, sondern der Heilige Geist Euch eingesetzt hat an den Orten, die Petrus Euch zuweist, die Kirche Gottes zu regieren. Diese und so viele andere heilige und erhabene Dinge, die Euch betreffen, Ehrwürdige Brüder, misskennt oder vergisst ganz offenbar, wer Euch, Bischöfe Italiens, als "Beamte des Staates" ansieht und bezeichnet; denn von diesen unterscheidet und trennt Euch klar und deutlich gerade die Eidesformel, die Ihr dem Monarchen abzulegen verpflichtet seid, indem sie ausdrücklich sagt und unterstreicht: "so wie es einem katholischen Bischof geziemt".

3. Das einmütige Gebet der Kirche

70 Ein starker und wahrhaft unerschöpflicher Beweggrund zu vollem Vertrauen liegt so dann in dem unermesslichen Chor der Gebete, die die Kirche Jesu Christi in allen Teilen der Welt zum göttlichen Erlöser und seiner heiligen Mutter emporsendet für ihr sichtbares Haupt, den Nachfolger Petri, gerade wie damals, vor zwei Jahrtausenden, als die Verfolgung die Person Petri selbst traf. Gebete von geweihten Hirten und vom Volk, von Priestern und Gläubigen, von Ordensmännern und Ordensfrauen, von Erwachsenen und jungen Leuten, von Knaben und Mädchen; Gebete unter den erlesensten und wirksamsten Formen, des heiligen Opfers und der heiligen Kommunion, von Bitt-, Anbetungs- und Sühnegebeten, von freiwilliger Hingabe und christlich ertragenem Leiden; Gebete, deren trostreiches Echo in all diesen Tagen und unmittelbar nach den traurigen Ereignissen von allen Seiten an Unser Ohr drang. Und niemals war dieses Echo so stark und so tröstend wie an diesem heiligen und hochfeierlichen Tag, der dem Gedächtnis der Apostelfürsten geweiht ist und an dem Wir nachdem Ratschluss der göttlichen Güte dieses Unser Rundschreiben beendigen konnten.

71 Dem Gebet ist von Gott alles verheißen, und wenn es nicht die Wiederherstellung der ungetrübten Ruhe in geordneten Verhältnissen bringt, so wird es doch allen christliche Geduld, heiligen Mut und die unaussprechliche Freude bringen, etwas mit Jesus und für ihn zu leiden, mit der von ihm so sehr geliebten Jugend und für sie zu leiden, bis zu jener Stunde, die im Innersten des göttlichen Herzens verborgen ruht, die aber unfehlbar die günstigste für die Sache des Wahren und des Guten sein wird.

72 Und da Wir von so vielen Gebeten alles erhoffen müssen, und da alles möglich ist bei Gott, der dem Gebet alles verheißen hat, so hegen Wir die vertrauensvolle Zuversicht, er werde den Geist für das Wahre erleuchten und den Willen zum Guten bewegen, auf dass man aufhöre, der Kirche Gottes, die dem Staate nichts von dem, was ihm zukommt, aberkennt, das zu bestreiten, was ihr zukommt, nämlich die christliche Erziehung und Bildung der Jugend, die ihr zukommt nicht nach menschlichem Belieben, sondern nach göttlichem Gebot; was sie deshalb immer fordern muss und fordern wird, mit einem Nachdruck und einer Unnachgiebigkeit, die unmöglich weichen und sich beugen werden. Denn ihr Anspruch stammt nicht aus menschlichen Ideologien, die sich je nach verschiedenen Zeiten und Orten wandeln, sondern aus unverletzlicher göttlicher Anordnung.

4. Das Gute, das aus der Erkenntnis von Wahrheit und Recht hervorgehen kann

Und auch das Gute, das unzweifelhaft aus der Anerkennung dieser Wahrheit und dieses Rechts hervorgehen kann, erfüllt Uns mit Vertrauen und Hoffnung.

73 Als Vater aller Erlösten kann der Stellvertreter jenes Erlösers, der selbst im Tode seinen Kreuzigern verzieh, nachdem er allen die Feindesliebe gepredigt und befohlen hatte, nie und nimmer irgend jemandes Feind sein. Und ebenso werden alle seine guten und wahren Kinder handeln, die Katholiken, die sich eines so großen Namens würdig erweisen wollen. Aber die Katholiken können niemals Grundsätze und Normen des Denkens und Handelns teilen, annehmen oder begünstigen, die den Rechten der Kirche oder dem Wohl der Seelen zuwider sind und deshalb den Rechten Gottes widersprechen.

Wie sehr ist doch einer solchen unüberbrückbaren Scheidung der Geister und Willen die friedfertige und ruhige Einmütigkeit der Gedanken und Gefühle vorzuziehen, die dank einer glücklichen Notwendigkeit sich nicht anders als in einem fruchtbaren Zusammenwirken aller für das wahre, allen gemeinsame Wohl würde äußern können; und das unter dem freudigen Beifall der Katholiken der ganzen Welt anstatt unter ihrer allgemeinen Missbilligung und Unzufriedenheit, wie es heute der Fall ist.

Schluss

Aufblick zu Gott

74 Bitten wir den Gott aller Erbarmungen durch die Vermittlung seiner heiligsten Mutter, die noch jüngst im Glanz vielhundertjähriger Glorie uns huldvoll grüßte, und der heiligen Apostel Petrus und Paulus, dass er allen verleihe, einzusehen, was getan werden muss, und dass er allen die Kraft gebe, es durchzuführen. Unser Apostolischer Segen, Verheißung und Unterpfand jeglichen göttlichen Segens, möge sich auf Euch herabsenken, Ehrwürdige Brüder, auf Euren Klerus und Euer Volk und immerdar mit Euch bleiben!

Rom, im Vatikan, am Feste der heiligen Apostel Petrus und Paulus, 29. Juni 1931.
Pius XI. Papst