Fidei donum (Wortlaut)

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Enzyklika
Fidei donum

von Papst
Pius XII.
an alle Ehrwürdigen Brüder, Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe
und die anderen Oberhirten, welche in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl leben
über die gegenwärtige Lage der katholischen Missionen vor allem in Afrika
21. April 1957

(Offizieller lateinischer Text AAS IL [1957] 225-248)

(Quelle: Päpstliche Rundschreiben über die Mission von Leo XIII. bis Johannes XXIII., Missionswissenschaftliches Seminar der Universität Würzburg, Herausgegeben von Josef Glazik MSC, Vier-Türme-Verlag 1961 Abtei Münsterschwarzach, S. 114-145, Ausgabe A: Latein und Deutsch. Die kirchliche Druckerlaubnis erteilte: Würzburg, 4.5.1981 Dr. Fuchs, Generalvikar.).

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Ehrwürdige Brüder !
Gruß und Apostolischen Segen!

Einleitung

1 Es ist unsere Pflicht, für die unvergleichlichen Reichtümer, die Gott uns mit der Gabe des Glaubens in die Herzen legt, ihrem göttlichen Urheber unaufhörlich Dank zu sagen. Denn der Glaube ist es, der uns in die Geheimnisse des göttlichen Lebens einführt; er schenkt uns die Hoffnung auf die himmlische Seligkeit; er festigt schon in diesem Leben die Einheit der christlichen Gemeinschaft, nach dem Apostelwort: "Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe" (Eph. 4,5). Durch die Gnade dieses göttlichen Geschenks erhebt sich in unseren Herzen das Zeugnis: Wie soll im dem Herrn alles vergelten, was er an mir getan hat?" (Ps. 115, 12). Was kann der Mensch dem Herrn für diese göttliche Gabe, außer Treue und Gehorsam, Willkommeneres anbieten, als dass er das Licht der Wahrheit, das Christus gebracht hat, unter den Menschen weiterverbreitet? Missionarischer, vom Feuer der christlichen Liebe beseelter Geist ist gewissermaßen die erste Antwort der menschlichen Dankbarkeit gegenüber Gott; wer das Geschenk des Glaubens anderen Menschen weitergibt, stattet damit Gott seinen Dank ab.

2 Überschauen Wir nun im Geiste die unübersehbare Schar Unserer Söhne, zumal in den Ländern alter Christenheit, die die Wohltaten des heiligen Glaubens genießen, so sehen Wir doch auf der anderen Seite die bei weitem größere Schar derer, die noch auf die Botschaft des Heils warten. Darum möchten Wir euch, Ehrwürdige Brüder, aufs dringlichste ermahnen, mit eurem Eifer die heilige Sache der Ausbreitung der Kirche Gottes über die ganze Erde hin zu unterstützen. Möge durch Unseren Mahnruf der Missionsgeist der Priester gesteigert und durch sie auch bei allen Gläubigen geweckt werden.

3 Dieses ernste Problem haben sowohl Unsere Vorgänger wie Wir selbst, wie ihr wisst, schon mehr als einmal behandelt, um alle Gläubigen zu apostolischem Eifer zu mahnen, wie es das Wissen um das Geschenk des Glaubens verlangt (vgl. Benedikt XV., Epist. Apost. Maximum illud, AAS 14, 1922, S. 344 ff.; Pius XI., Enzyklika Rerum Ecclesiae, AAS 18, 1926, S. 65 ff; Pius XII., Enzyklika Evangelii Praecones, AAS 43, 1951, S. 497 ff. [Herder-Korrespondenz 5. Jhg., S. 490 ff. und 544 ff.]). Ob sie diesen Eifer den entchristlichten Gegenden Europas oder den unermesslichen Räumen Südamerikas zuwenden, die sich beide, wie Wir wissen, in großen Schwierigkeiten befinden; ob sie den katholischen Missionen in Ozeanien oder Asien zu Hilfe kommen, vor allem in jenen Ländern, wo heftig gegen den Glauben an Gott gekämpft wird; ob sie sich der Uns besonders teuren Christen annehmen, die Zier und Schmuck der Kirche sind, weil für sie die Seligpreisung des Evangeliums gilt: "Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen" (Mt. 5, 10); ob sie sich schließlich um die unzähligen Opfer des modernen Atheismus sorgen, zumal um die Jugend, die ohne Kenntnis der göttlichen Dinge, ja selbst im Hass gegen Gott heranwächst: all dies sind dringliche Aufgaben, die rasche Lösung verlangen. Sie fordern einen neuen Aufschwung der apostolischen Kräfte in der Kirche, damit „ganze Phalangen von Glaubensboten, wie in der Frühzeit der Kirche", auf dem Feld des Herrn voranstürmen (AAS 44, 1952, S. 370). Doch obwohl Uns all dies ständig in Unseren Gedanken und Gebeten gegenwärtig ist und Wir es eurer Sorge aufs innigste empfehlen, so schien es Uns doch gegenwärtig vor allem wichtig, eure Aufmerksamkeit auf Afrika zu lenken: Afrika, das zur zivilisierten Menschlichkeit und bürgerlichen Reife unserer Zeit aufsteigt und vielleicht die ernsteste und schwierigste Periode seiner uralten Geschichte durchmacht.

I. Die Lage der Kirche in Afrika

4 Die Fortschritte, die die Kirche in Afrika in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, geben den Christen gewiss Anlass zur Freude und zu gerechtem Stolz. Sogleich nach Unserer Erhebung auf den Stuhl Petri haben Wir betont: „Wir werden keine Mühe scheuen, damit ... das Kreuz, in dem Heil und Leben ist, seinen Schatten bis in die fernsten Gegenden der Welt wirft" (Ansprache am 1. Mai 1939, Discorsi e Radiomessaggi, Bd. I, S. 87). Und so haben Wir auch mit all Unseren Kräften für die Ausbreitung des Evangeliums in Afrika gesorgt. Das bezeugt die starke Vermehrung der kirchlichen Sprengel, der gewaltige Zuwachs an Katholiken und deren ständige weitere Zunahme; das beweist vor allem die Einsetzung der rechtmäßigen kirchlichen Hierarchie, die Wir zu Unserer großen Freude an vielen Orten vornehmen konnten, sowie die Erhebung mehrerer afrikanischer Priester zur Bischofswürde, gemäß jenem "letzten Ziel" aller missionarischen Arbeit, das darin besteht, "die Kirche fest und endgültig bei den neuen Völkern zu verwurzeln und ihr eine eigene Hierarchie zu geben, die aus den Einheimischen hervorgegangen ist" (Enz. Evangelii Praecones AAS 43, 1951, S. 507 [Herder-Korrespondenz 5. Jhg., S. 492/93]). So nehmen die neuen afrikanischen Kirchen heute in der großen katholischen Familie ihren rechtmäßigen Platz ein, von den anderen Kirchen älteren Glaubens mit brüderlicher Liebe aufgenommen. Diese reiche Ernte haben Künder des Evangeliums, Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen, Katecheten, Laienhelfer, unter unendlichen Mühen und Schwierigkeiten, die nur Gott allein kennt, eingebracht. Ihnen allen gratulieren Wir und sagen Wir hier von Herzen Dank, und die Kirche hat Grund, auf ihre Missionare, die in Afrika und überall sonst ihre Pflicht erfüllen, stolz zu sein. Und doch darf niemand über diesem großen Erfolg der Missionsarbeit vergessen, „dass die Arbeit, die noch zu leisten bleibt, eine gewaltige Anstrengung und zahllose Arbeiter erfordert" (ebd. S. 505 [Herder-Korrespondenz 5. Jhg., S. 492]). In dem Augenblick, wo man fälschlich glauben könnte, mit der Einsetzung der Hierarchie sei die missionarische Arbeit beendet und von allen ihren Aufgaben befreit, machen Wir selbst, die Wir „Sorge tragen um alle Kirchen", Uns große Sorge um die Kirche von Afrika. Muss es Unser Herz nicht mit Unruhe erfüllen, wenn Wir Uns von diesem Apostolischen Stuhl aus geistig vor Augen halten, wie ernst die Probleme sind, die sich dort der Ausbreitung des christlichen Lebens oder auch nur seiner Verwirklichung stellen, und wie gering die Zahl der missionarischen Arbeiter gegenüber so vielen und großen Aufgaben ist? Das sind die Sorgen und Ängste, die Wir euch, Ehrwürdige Brüder, anvertrauen. Je nach der Bereitschaft und dem Eifer, mit dem ihr darauf antwortet, wird, wie Wir glauben, eine neue, lebendigere Hoffnung das Herz vieler eifriger Glaubensboten erfüllen.

5 Wie viel schwieriger die Verhältnisse geworden sind, unter denen die Kirche in Afrika heute ihre Arbeit bei den verschiedenen Völkern fortsetzen muss, ist euch bekannt. Die meisten Länder machen eine soziale, wirtschaftliche und politische Entwicklungsphase durch, die ihre Zukunft entscheidend bestimmen wird; es lässt sich auch nicht verkennen, dass die allgemeine Weltlage immer häufiger in das Leben der einzelnen Völker eingreift und nicht immer den einsichtigsten Staatsmännern Zeit lässt, den zivilisatorischen Fortschritt der Bürger so zu lenken, wie es das wahre Wohl der Völker verlangt. Die Kirche, die im Laufe ihrer Geschichte schon so viele Völker entstehen und aufsteigen sah, kann nicht umhin, jenen Völkern, die an der Schwelle ihrer rechtmäßigen Freiheit stehen, ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Mehrmals haben Wir bereits die Völker, die es angeht, ermahnt, dabei den rechten Weg einzuschlagen und sich von wahrer Friedensliebe und gegenseitiger Achtung leiten zu lassen. "Eine gerechte und fortschreitende politische Freiheit darf diesen Völkern nicht vorenthalten werden, und man darf ihnen dabei keine Hindernisse in den Weg legen", sagten Wir den einen; die andern aber ermahnten Wir: "Europa allerdings müssen sie das Verdienst ihres Fortschritts zuerkennen; Europa, ohne dessen auf allen Gebieten wirksamen Einfluss sie von blindem Nationalismus in einen Abgrund der Sklaverei und des Chaos hinab gerissen werden könnten" (Weihnachtsbotschaft 1955, AAS 48, S. 40 [Herder-Korrespondenz 10 Jhg., S. 180]). Heute wiederholen Wir diese doppelte Mahnung, und es ist Unser glühender Wunsch, dass in Afrika die konstruktive Zusammenarbeit aller Kräfte fortgesetzt wird, beiderseits ohne Vorurteile und gegenseitige Beleidigungen, ohne die Gefahren und die Engherzigkeit eines übersteigerten Nationalismus; eine Zusammenarbeit, die diesen an Naturschätzen und Zukunftshoffnungen reichen Völkern die besten Werte der christlichen Kultur, die schon so vielen Völkern in anderen Erdteilen zugute gekommen sind, zu übermitteln vermag.

6 Wir wissen wohl, dass sich der Virus des atheistischen Materialismus in verschiedenen Gegenden Afrikas ausgebreitet hat und dort Unruhe stiftet; er verwirrt das politische Leben, hetzt Völker und Rassen gegeneinander und benutzt das tatsächliche Elend, um die Geister durch leere Versprechungen zu verführen und Aufruhr in die Herzen zu säen. In Unserer Sorge um einen echten menschlichen und christlichen Fortschritt der afrikanischen Völker möchten Wir hier noch einmal mit besonderem Bezug auf sie die ernsten und feierlichen Mahnungen wiederholen, die Wir schon mehr als einmal in dieser Hinsicht an die Katholiken der ganzen Welt gerichtet haben; und Wir gratulieren ihren Bischöfen, dass sie die ihnen anvertrauten Herden schon des öfteren energisch vor der Gefahr dieser falschen Hirten gewarnt haben.

7 Doch während die Feinde Gottes auf diesem Kontinent eifrig ihre hinterhältigen Bemühungen betreiben, stellen sich der Verbreitung des Evangeliums in vielen Gegenden Afrikas auch noch andere ernste Schwierigkeiten entgegen. Ihr kennt ja alle die religiösen Lehren derer, die zwar den Glauben an Gott bekennen, doch viele Seelen auf einen Weg locken, der nicht der Weg Jesu Christi, des Erlösers aller Völker, ist. Unser Vaterherz steht allen Menschen guten Willens offen; doch als Stellvertreter dessen auf Erden, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, können Wir diese Zustände nur mit größtem Schmerz ansehen. Die Ursachen dieser Verhältnisse sind im übrigen vielfältig, sie sind meist jüngeren Datums, und die Haltung jener Nationen, deren ganze Vergangenheit sich doch des christlichen Glaubens rühmt, ist nicht ohne Schuld daran. Das ist kein unwichtiger Grund zur Sorge um die Zukunft der katholischen Sache in Afrika. Alle Kinder der Kirche müssen doch ihre Gewissenspflicht erkennen, den Missionen wirksamer zu helfen, solange es noch Zeit ist, damit die Botschaft des wahren Heils das Schwarze Afrika, in dem ungefähr 85 Millionen Menschen leben, die noch heidnischen Kulten anhängen, erreicht.

8 Der Ernst dieser Verhältnisse wird zudem noch durch den überall feststellbaren Verlauf der Ereignisse gesteigert, der auch den Bischöfen und den katholischen Eliten Afrikas keineswegs entgeht. In dem Augenblick, wo die Völker neue Wege und neue Methoden suchen und viele nur zu leicht dem trügerischen Glanz der sogenannten technischen Zivilisation erliegen, ist es die heilige Pflicht der Kirche, diesen Völkern nach bestem Vermögen die wunderbaren Reichtümer ihres Lebens und ihrer Lehre mitzuteilen. Aus diesen wird dann auch eine neue soziale Ordnung entstehen können, die auf christlichen Grundsätzen beruht. Hier ist jedes Zögern, jeder Aufschub gefährlich. Die Afrikaner, die in diesen wenigen letzten Jahrzehnten die zivilisatorischen Errungenschaften erhalten haben, zu denen die Völker Westeuropas in jahrhundertelanger Entwicklung gelangt sind, werden leichter durch die theoretischen und praktischen Kenntnisse erregt und verführt, die man ihnen beibringt, und sie verfallen auch leichter jenem Denken, das alles auf die Materie bezieht. Das kann hie und da zu schwer wiedergutzumachenden Verhältnissen führen, die sich mit der Zeit der Ausbreitung des Glaubens bei den einzelnen und in der Gesellschaft sehr spürbar entgegenstellen. Daher müssen die Oberhirten schon jetzt instand gesetzt werden, mit ihrem apostolischen Wirken den wachsenden Bedürfnissen der Zeit möglichst rasch entsprechen zu können.

Das missionarische Apostolat

9 Doch mit wenigen Ausnahmen sind die Möglichkeiten missionarischen Wirkens noch weit davon entfernt, den vorliegenden Aufgaben zu entsprechen; und wenn sich dieser Mangel auch leider nicht auf Afrika beschränkt, so ist doch Afrika auf Grund seiner besonderen gegenwärtigen Lage mehr als andere Missionsgebiete davon betroffen. Es erscheint Uns, Ehrwürdige Brüder, nicht überflüssig, euch einige dieser Probleme etwas ausführlicher darzulegen.

10 In den noch nicht lang bestehenden Missionen z. B., die z. T. kaum einige zehn Jahre alt sind, kann man in absehbarer Zeit noch nicht mit einer fühlbaren Hilfe durch einen einheimischen Klerus rechnen, und die zu wenigen Missionare, die zudem über riesige Räume verstreut sind, in denen auch Missionare anderer nichtkatholischer Konfessionen ihre Lehre verbreiten, reichen nicht aus, um alle Anforderungen zu erfüllen. Hier arbeiten 40 Priester unter ungefähr 1 Million Seelen, von denen nur 25 000 dem katholischen Glauben gewonnen sind. Dort leben 50 Priester unter 2 Millionen Einwohnern, mit 60 000 Katholiken, die allein schon fast die ganze Arbeitskraft dieser Missionare beanspruchen. Solchen Zahlen gegenüber kann ein christliches Herz nicht gleichgültig bleiben. Könnte man ihnen noch 20 weitere Missionare zu Hilfe senden, so könnten sie heute das Kreuz dort einpflanzen, wo morgen, wenn schon andere dieses Feld bearbeitet haben, die nicht Christi Arbeiter sind, der wahre Glaube vielleicht keinen Zugang mehr findet. Zudem genügt es zur vollen Entfaltung des Missionswerks nicht, das Evangelium zu verkünden; die gegenwärtigen sozialen und politischen Verhältnisse Afrikas verlangen, dass sobald wie möglich aus der eben erst dem Evangelium gewonnenen Masse der Gläubigen auch eine christliche Elite gebildet wird. Wie notwendig ist es daher, die Zahl der Missionare zu erhöhen, um jeden einzelnen von diesen gründlich auszubilden. Und dieser Mangel an Missionaren macht sich oft noch um so schwerer fühlbar, als ein ungeheurer Mangel an äußeren Mitteln hinzukommt, der oft an wirkliche Not grenzt. Wer wird diesen neuen Missionen, die gewöhnlich in sehr armen Gegenden liegen, die jedoch für die Zukunft der Glaubensverkündigung von größter Bedeutung sind, die großzügige Hilfe angedeihen lassen, deren sie bedürfen? Der Missionar leidet schwer unter diesem Mangel an Mitteln, wenn er so große Aufgaben vor sich sieht; er verlangt keine Bewunderung, sondern Hilfe, um dort, wo es möglich ist, neue Missionsstationen gründen und seine missionarische Arbeit ausdehnen zu können.

11 In den älteren Missionsgebieten, wo die Zahl der Gläubigen und der Eifer ihres christlichen Lebens einen großen Trost für Uns bilden, sind die Verhältnisse der Missionsarbeit zwar ganz andere, doch bereiten sie Uns nicht geringere Sorgen. Vor allem macht sich auch dort der Mangel an Arbeitern aufs schmerzlichste fühlbar. Daher sind diejenigen, die an der Spitze der dortigen Diözesen oder Apostolischen Vikariate stehen, im Gewissen verpflichtet, unverzüglich alle jene Werke einzurichten, ohne die der Glaube nicht ausgebreitet und voll entfaltet werden kann: Kollegs und Schulen, an denen christlicher Unterricht auf den verschiedenen Stufen erteilt wird; Sozialinstitute, durch die Katholiken dem Gemeinwohl nach den Vorschriften des Evangeliums dienen können; schließlich müssen katholisches Schrifttum jeder Art in der Volkssprache herausgegeben und verbreitet und ebenso alle anderen modernen Mittel der Gedankenverbreitung eingesetzt werden, da man ja weiß, was es heutzutage bedeutet, die öffentliche Meinung anzuziehen und richtig zu beeinflussen. Eine Hauptsorge muss dabei die Förderung der Katholischen Aktion und ihres missionarischen Eifers sein; ebenso müssen die religiösen Ansprüche unserer Zeit und die wissenschaftliche Forschung in Betracht gezogen werden, denn wenn die Früchte der Wahrheit nicht in reichern Maße geboten werden, besteht die Gefahr, dass die Menschen sich ihre Nahrung außerhalb der Kirche suchen. Um diesen vielfältigen Aufgaben gewachsen zu sein, brauchen die Hirten nicht nur größere Hilfsmittel, sondern vor allem auch Mitarbeiter, die auf diese differenzierteren und schwierigen Dienste genügend vorbereitet sind. Diese Apostel auszubilden, ist nicht leicht und kann nicht in kurzer Zeit geschehen, und es wird ihrer immer zu wenig geben. Um so dringender ist das Bedürfnis, damit nicht der gebildetere Teil der neu gewonnenen Eliten das Vertrauen in die Katholische Kirche verliert. Wir sprechen hier Unsere ganze Dankbarkeit gegenüber den religiösen Kongregationen, allen Priestern und Laien aus, die, vom Ernst der gegenwärtigen Zeit überzeugt, sich im Apostolat betätigen und freiwillig ihre Hilfe zur Verfügung stellen. Solche Initiativen haben der Kirche schon viel genützt, und im Verein mit der Opferbereitschaft aller berechtigen sie zu großen Hoffnungen; zweifellos steht hier noch ein gewaltiges Feld für apostolischen Einsatz offen.

12 In anderen Gegenden wieder bereitet der günstige Erfolg der Predigt des Evangeliums selber der Kirche neue Schwierigkeiten, da die Zahl der Apostel im gleichen Verhältnis zunehmen müsste. Wenn dies nicht geschieht, gerät dieser wunderbare Erfolg selber in Gefahr. Täglich werden mehr Missionare von den Missionsgesellschaften angefordert, doch ihr ungenügender Nachwuchs gestattet ihnen nicht, all diese gleichzeitigen Bitten zu befriedigen. Ihr wisst, Ehrwürdige Brüder, dass der Zunahme der Masse der Gläubigen in Afrika nicht die gleiche Zunahme der Zahl der Priester entspricht. Gewiß, der einheimische Klerus wächst zu Unserer Freude; aber diese Priester werden erst später einmal in ihren Diözesen die gesamte Betreuung ihres Volkes übernehmen können und immer noch die Hilfe der Missionare brauchen, die sie zum Glauben geführt haben. Im Augenblick können diese jungen christlichen Gemeinschaften, zumal in dieser schwierigen Entwicklungsperiode, nicht allein mit all ihren Aufgaben fertig werden.

13 Werden die Schwierigkeiten dieser Verhältnisse nicht vielleicht vielen Unserer Kinder, die das Geschenk des Glaubens von den Vätern erhalten, aber Gott nie genug für die Heilmittel gedankt haben, die ihnen zuströmten, ihre Pflichten gegenüber den Missionen zum Bewusstsein bringen?

II. Die Mitarbeit der ganzen Kirche

14 Diese Missionsverhältnisse, die Wir euch, Ehrwürdige Brüder, in großen Zügen beschrieben haben, beweisen deutlich, dass es sich in Afrika nicht mehr um eines jener begrenzten und lokalisierten Probleme handelt, die man in aller Ruhe nach und nach unabhängig von den Problemen der Gesamtchristenheit lösen könnte. Wenn früher „das Leben der Kirche unter seinem sichtbaren Aspekt seine Lebenskraft vorwiegend in den alten Ländern Europas entfaltete und sich von dort bis in jene Gegenden ausbreitete, die man die Peripherie des Erdkreises nennen konnte, so stellt es sich dagegen heute als Austausch von Leben und Energie zwischen allen Gliedern des Mystischen Leibes Christi dar" (Weihnachtsbotschaft. 1945, AAS 38, 1946, S. 20). Was die Katholische Kirche in Afrika betrifft, das geht nicht nur diesen Kontinent an, sondern auch die anderen Völker jenseits seiner Grenzen. Darum muss auch die brüderliche Hilfe, vom Heiligen Stuhl ausgehend, von der ganzen Kirche kommen, die den Nöten der Gläubigen beispringt.

15 Nicht umsonst wenden Wir Uns daher, Ehrwürdige Brüder, in einer für die Ausbreitung der Kirche so entscheidenden Stunde an euch. „Gleichwie im sterblichen Leib, wenn ein Glied leidet, alle anderen mitleiden und die gesunden Glieder den kranken zu Hilfe kommen, so leben auch in der Kirche die einzelnen Glieder nicht einzig für sich, sondern unterstützen auch die andern, und alle leisten sich gegenseitig Hilfsdienste, zu gegenseitigem Trost wie besonders zu weiterem Aufbau des ganzen Leibes" (Enzyklika Mystici Corporis AAS 35, 1934, S. 200 [Übers. im Verlag Herder, Freiburg 1947, S. 21]). Und sind nicht die Bischöfe in der Tat „als die vorzüglicheren Glieder der allgemeinen Kirche anzusehen, weil sie durch ein ganz eigenartiges Band mit dem göttlichen Haupt des ganzen Leibes verbunden und daher mit Recht ,die wichtigsten Teile der Glieder des Herrn genannt werden"? (Ebd.. S. 211 [dtsche Übersetzung S. 43]). Von ihnen kann man mehr als von den anderen sagen, dass Christus, das Haupt des Mystischen Leibes, „nach der Hilfe seiner Glieder verlangt ... vor allem vom obersten Hirten, insoweit er die Stelle Jesu Christ vertritt: Um der Last des Hirtenamtes nicht zu erliegen, muss er andere zur Teilnahme an nicht wenigen seiner Obliegenheiten berufen" (ebd. S. 213 [dtsche. Übersetzung S. A5]). Aufs engste verbunden mit Christus und mit seinem Stellvertreter auf Erden, sollt ihr darum, Ehrwürdige Brüder, im Geiste lebendiger Liebe an dieser Sorge aller Kirchen (vgl. 2 Kor. 11,28), die auf Unsern Schultern ruht (vgl. 2 Kor. 5,4), teilnehmen. Ihr, die euch die Liebe Christi drängt, werdet mit Uns die dringende Verpflichtung fühlen, das Evangelium auszubreiten und die Kirche auf der ganzen Erde zu gründen; ihr werdet nicht müde werden, unter Klerus und Gläubigen den Geist des Gebetes und der gegenseitigen Hilfe nach dem Maß der Liebe Christi zu verbreiten. Der hl. Augustinus sagt: „Willst du Christus lieben, so musst du deine Liebe über die ganze Erde ausbreiten, denn die Glieder Christi sind über die Erde verstreut" (In Ep. Joannis ad Parthos, Tr. X, n. 8. PL 35. 2060).

16 Zweifellos hat Jesus Christus nur dem Apostel Petrus und seinen Nachfolgern, den römischen Bischöfen, die Gesamtheit seiner Herde anvertraut: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe" (Joh. 21,16-18). Doch wenn die einzelnen Bischöfe nur für jenen Teil der Herde, der ihnen besonders anvertraut ist, Hirte im eigentlichen Sinne sind, so sind sie doch als rechtmäßige Nachfolger der Apostel durch göttliche Einsetzung mitverantwortlich für die Missionsaufgaben der Kirche, gemäß dem Worte Christi an die Apostel: „Wie der Vater mich gesandt hat, so sende im euch" (Joh. 20, 21). Diese Sendung, die „alle Völker ... bis zum Ende der Welt" umfasst (Mt 28, 19-20), hörte nicht mit dem Tod der Apostel auf; sie dauert in der Person aller Bischöfe, die mit dem Stellvertreter Christi verbunden sind, fort. In ihnen, die in hervorragender Weise die Gesandten, die Apostel des Herrn sind, ruht die Fülle der Würde der Glaubensverkündigung, die „die höchste in der Kirche ist", wie der heilige Thomas bezeugt (Expos. in Ep. ad Rom., cap. I, lect. I. Ed. Parmae 1862, 13, 4). Von ihren Herzen aus muss sich das Feuer des Apostolats, das Jesus Christus auf die Erde gebracht hat, den Herzen all Unserer Kinder mitteilen und dort eine neue Welle des Eifers für die Missionsarbeit der Kirche in der Welt erzeugen.

17 Diese Sorge um die Bedürfnisse der Gesamtkirche ist in Wahrheit auch das sicherste Zeugnis für die Katholizität der lebendigen Kirche. „Missionsgeist und katholischer Geist sind ein und dasselbe", haben wir früher schon gesagt. „Die Katholizität ist ein wesentliches Merkmal der Kirche, so dass ein Christ nicht wirklich mit der Kirche verbunden sein kann, wenn er nicht ebenso mit der Gesamtheit der Gläubigen verbunden ist und wünscht, dass die Kirche bei allen Völkern Wurzeln schlage und blühe" (Rundfunkbotschaft vom 24. November 1946, Discorsi e Radiomessaggi, Bd. 8, S. 328). Nichts widerspricht dem Wesen der Kirche Christi mehr als Geteiltheit; nichts ist ihrem Leben schädlicher als Absonderung, Rückzug auf sich selbst oder Selbstsucht der einzelnen Gemeinschaften, die sich nur um den eigenen Nutzen kümmern. Dadurch kapseIt sich eine solche christliche Gemeinschaften, welche es auch sein mag, in sich selbst ab. „Mutter aller Völker und aller Nationen ebenso wie aller einzelnen", kann unsere heilige Mutter, die Kirche, „nirgendwo auf Erden fremd sein; sie lebt oder sollte zum mindesten gemäß ihrer Natur bei allen Völkern leben" (Weihnachtsbotschaft 1945, AAS 38, 1946, S. 18). Umgekehrt können Wir sagen, dass nichts, was die Kirche, unsere Mutter, angeht, den Christen fremd ist oder fremd sein darf; wie ihr Glaube der Glaube der ganzen Kirche, ihr übernatürliches Leben das der gesamten Kirche ist, so sollen auch die Sorgen und Freuden der Kirche ihre Sorgen und Freuden sein, und die universalen Pläne und Gesichtspunkte der Kirche sollen auch die normalen Gesichtspunkte ihres christlichen Lebens sein. Dann werden auch die Aufrufe der römischen Päpste zu den großen Missionsaufgaben in der Welt einen spontanen und wahrhaft katholischen Widerhall in ihren Herzen finden; sie werden sie mit Freuden aufgreifen und auf ihren Ernst und ihre Dringlichkeit antworten.

III. Die dreifache Pflicht gegenüber den Missionen

18 Es ist also von Anfang an das Wesen der heiligen Kirche, das Wort Gottes zu verbreiten, und wie sie nie aufhören kann, diesen Auftrag zu erfüllen, so kann sie auch nie aufhören, von ihren Kindern einen dreifachen Beitrag zu erbitten: Gebet, materielle Hilfe und von einigen auch die Hingabe ihrer selbst. Auch gegenwärtig erbitten die Missionen, zumal in Afrika, diese dreifache Hilfe von der katholischen Welt.

Das Gebet für die Missionen

19 Daher wünschen Wir, Ehrwürdige Brüder, an erster Stelle, dass für dieses Anliegen eifriger und inständiger gebetet wird. Es ist eure Pflicht, dafür zu sorgen, dass eure Priester und Gläubigen eifrig und unablässig für dieses heilige Anliegen beten, dass dieses Gebet durch geeignete Unterweisung und regelmäßige Information über das Leben der Kirche genährt und zu gewissen Zeiten des liturgischen Jahres, die für die Förderung des Missionsgedankens besonders günstig sind, noch besonders in den Vordergrund gerückt wird. Wir denken vor allem an den Advent, die Zeit der Erwartung der Menschheit und der providentiellen Heilsvorbereitung, an Epiphanie, das Fest, an dem das Heil den Menschen offenbar wird, und Pfingsten, wo wir die Gründung der Kirche unter dem Wehen des Heiligen Geistes feiern.

20 Doch die höchste Form des Gebetes ist die, die Christus der Hohepriester täglich auf den Altären Gott dem Vater darbringt, wenn das heilige Opfer der Erlösung erneuert wird. Bringen wir darum gerade in dieser Zeit, die vielleicht für das Wachstum der Kirche in vielen Gegenden entscheidend ist, Gott möglichst viele Messopfer für die Missionen dar; das ist auch der Wille des Herrn, der seine Kirche liebt und will, dass sie auf der ganzen Erde blüht und sich ausbreitet. Wenn die privaten Gebete auch durchaus ihre Berechtigung haben, so müssen Wir die Gläubigen doch daran erinnern, was das erste und eigentliche Anliegen des eucharistischen Opfers ist; wie es auch im Kanon der lateinischen Messe heißt: „Vor allem ... für Deine heilige Katholische Kirche: schenke ihr den Frieden auf dem ganzen Erdkreis; behüte, einige und leite sie huldvoll." Diese erhabenen Gedanken der Kirche werden die Gläubigen noch besser mit vollziehen, wenn sie sich die Lehre Unserer Enzyklika Mediator Dei vor Augen halten, dass jede Eucharistiefeier wesentlich ein Akt der Kirche ist, denn „der Priester am Altar stellt dabei Christus als das Haupt dar, der im Namen aller Glieder opfert" (AAS 39, 1947, S. 556 [Herder-Korrespondenz 2. Jhg., S. 195]). Es ist also die ganze Kirche, die durch Christus dem ewigen Vater das heilige Opfer „für das Heil der ganzen Welt" darbringt. Wie sollte also das Gebet der Gläubigen in diesem Opfer in Verbundenheit mit dem Papst, den Bischöfen und der gesamten Kirche nicht glühender zu Gott aufsteigen und eine neue Fülle von Gaben des Heiligen Geistes erflehen, derentwillen „das ganze Erdenrund in überströmender Freude frohlockt"? (Pfingstpräfation)

21 Betet daher, Ehrwürdige Brüder, betet immer eifriger. Hört nicht auf, an die zahllosen religiösen Nöte all dieser Völker zu denken, die entweder noch so weit vom Weg der Wahrheit entfernt sind oder so sehr der Hilfe bedürfen, um auf ihm ausharren zu können. Fleht mit Christus unaufhörlich den himmlischen Vater an und wiederholt im Gebet, das zu allen Zeiten, von den ersten Aposteln an, das Gebet der Glaubensboten war: „Geheiligt werde Dein Name, zu uns komme Dein Reich, Dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden!" Um der Ehre Gottes und der Ausbreitung seiner Herrlichkeit willen wünschen Wir, dass sein Reich, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens, endlich auf der ganzen Erde errichtet werde. Ist nicht dieser Eifer um die Ehre Gottes und zugleich die glühende Liebe zu den Brüdern der eigentliche Grund des Missionseifers? Darum lasst uns den Missionaren helfen, die vor allem die Herolde Gottes sind.

Liebeswerke für die Missionen

22 Aber welches Gebet für die Missionen wäre aufrichtig, das nicht je nach den Kräften jedes einzelnen von einem Akt der Freigiebigkeit begleitet wäre? Gewiß, Wir haben mehr als die meisten die hochherzige Gebefreudigkeit Unserer Kinder erfahren und erhalten immer und immer wieder neue Beweise davon. Ihrer Freigiebigkeit vor allem ist das wunderbare Wachstum der Missionen seit dem Beginn dieses Jahrhunderts zu verdanken. Darum möchten Wir auch hier all Unsern geliebten Söhnen und Töchtern, die sich in unermüdlicher Liebe in den Dienst der Missionen und ihrer vielfältigen Werke stellen; danken. Und Wir möchten all denen ein ganz besonderes Lob spenden, die in den Päpstlichen Missionswerken die edle und manchmal recht undankbare Aufgabe übernommen haben, im Namen der Kirche Geld zugunsten der jungen Christenheiten zu sammeln, die ihr Stolz und ihre Hoffnung sind. Wir gratulieren diesen geliebten Söhnen von Herzen, wie Wir auch allen Mitgliedern der Heiligen Propaganda-Kongregation danken, die unter dem Vorsitz Unseres lieben Sohnes, des Kardinalpräfekten, die wichtige Aufgabe übernommen haben, die Missionierung weiter Gebiete zu betreuen.

23 Trotzdem, Ehrwürdige Brüder, zwingt Uns Unser apostolisches Amt, euch zu sagen, dass eure mit dankbarem Geist angenommene Hilfe noch bei weitem nicht reicht, den zahllosen Bedürfnissen des Missionswerks zu genügen. Täglich erhalten Wir dringende Hilferufe von Missionaren, die in großer Sorge sind, wie sie die Sache der Kirche fördern, Unheil abwenden, notwendige Gebäude errichten oder sonstige Missionswerke gründen könnten. Es bereitet Uns tiefen Schmerz, dass Wir all diesen berechtigten Wünschen nur teilweise und ungenügend entsprechen können. So verhält es sich z. B. mit dem Päpstlichen Werk des heiligen Apostels Petrus. Die Mittel, die von diesem Institut in die Länder der katholischen Missionen geschickt worden sind, sind gewaltig; aber die Priesterkandidaten nehmen, in jenen Ländern jährlich mit Gottes Hilfe zu, so dass sie auch immer mehr Hilfsmittel benötigen. Sollen nun die Priesterberufe, die Gottes Vorsehung schenkt, wegen Mangels an Mitteln nur zum Teil zugelassen werden? Müssen wir, wie es Uns von einer Stelle berichtet wird, viele Jünglinge, die zum Priestertum streben und zu den schönsten Hoffnungen berechtigen, wegen Geldmangels. von den. Priesterseminaren ausschließen? Nein. Wir wollen nicht glauben, dass die katholische Welt angesichts einer solchen Verantwortung nicht bereit wäre, noch größere finanzielle Opfer zur Bewältigung dieser Not auf sich zu nehmen.

24 Wir wissen wohl, wie ernst die Zeiten, wie groß auch die Schwierigkeiten der alten Diözesen in Europa und Amerika sind. Doch wollten Wir Ziffern anführen, so würde sich zeigen, dass, was die einen als Armut empfinden, für die anderen noch Wohlstand ist, wenn sie es mit eigenen jammervollen Verhältnissen vergleichen.

25 Übrigens kommt es auch auf diese Vergleiche nicht an, sondern darauf, dass Wir alle Christen, wie Wir es auch schon früher bei einer feierlichen Gelegenheit getan haben, ermahnen wollen, „sich freiwillig im Zeichen christlicher Entsagung und Selbstaufopferung auch über das hinaus, was die sittlichen Gesetze vorschreiben, einzusetzen, jeder nach dem Maß seiner Kräfte, nach dem Antrieb der Gnade Gottes, nach den Möglichkeiten, die der Beruf bietet ... Was er der Eitelkeit entzieht - fügten Wir hinzu -, kann er der Nächstenliebe zuwenden, und mitleidend wird er den Bedürfnissen der Kirche und der Armen abhelfen" (Ansprache an die in Rom zur Verkündigung des Dogmas der leiblichen Himmelfahrt Mariä versammelten Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe am 2. Nov. 1950. AAS 42, 1950, S. 787 [Herder-Korrespondenz 5. Jhg., S. 128]). Was könnte ein Missionspriester, der in der Ausübung seines apostolischen Amtes durch das Fehlen aller Mittel behindert ist, nicht allein mit dem Geld tun, das mancher Christ nur für flüchtige Vergnügungen ausgibt! Jeder Gläubige, jede Familie, jede christliche Gemeinschaft sollte hier ihr Gewissen fragen. Denkt an „die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, der, obschon er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet" (2. Kor. 8,9), und gebt von eurem Überfluss und manchmal selbst von dem, was ihr nötig braucht! Denkt daran, dass von eurer Freigiebigkeit die Ausbreitung des Glaubens abhängt. Das Antlitz der Erde kann sich erneuern, wenn die Liebe siegt.

Der Nachwuchs für die Missionen

26 Die Kirche in Afrika hat, wie in anderen Gegenden, Mangel an Priestern. Daher wenden Wir Uns wiederum an euch, Ehrwürdige Brüder, und bitten euch, alles zu tun, was ihr nur könnt, um Missionsberufe zu fördern: Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen.

27 Vor allem ist, wie Wir schon sagten, eure Aufgabe, die Gläubigen zu belehren und zu bestärken, dass sie die Sorgen der Gesamtkirche mitfühlen und ihr Ohr willig dem alten, doch für alle Zeiten gültigen Aufruf des Herrn öffnen: „Verlasse dein Land, deine Familie und das Haus deines Vaters und gehe in das Land, das ich dir zeigen werde" (Gen. 12, 1). Christen, die zu Hause, in der Schule, in der Pfarre, in der Katholischen Aktion und in anderen religiösen Vereinigungen in dieser wahrhaft katholischen Weise erzogen werden, werden der Kirche die Priester geben, deren sie zur Ausbreitung des Wortes Gottes bei allen Völkern bedarf. Bedenkt auch, dass eine solche Belebung des Missionsgeistes in euren Diözesen Glauben und Frömmigkeit überhaupt mit neuer Inbrunst erfüllen wird. Eine christliche Gemeinschaft, die ihre Söhne und Töchter der Kirche schenkt, kann nicht zugrunde gehen. Wenn das übernatürliche Leben der Liebe entspringt und durch Selbsthingabe wächst, so darf man wohl sagen, dass die Lebenskraft des Glaubens einer Nation sich an den Opfern ermessen lässt, die sie für die Missionen auf sich nimmt.

28 Es genügt jedoch nicht, eine für diese Aufgaben günstige Atmosphäre zu schaffen; es ist mehr nötig. Einige Diözesen sind durch Gottes Gnade so reich an Priestern, dass sie ohne eigenen Schaden einige Priesterberufe hingeben können. Ihnen wiederholen Wir vor allem in väterlicher Gesinnung die Mahnung des Evangeliums: was übrig ist, gebet den Armen (vgl. Lk. 11, 41). Doch Unsere Gedanken wenden sich auch denjenigen Unserer Brüder im Episkopat zu, die mit Besorgnis beobachten, wie die Berufe zu Priestertum und Ordensleben immer seltener werden, und die nicht wissen, wie sie den religiösen Bedürfnissen ihrer Herde nachkommen sollen. Wir nehmen an ihren Sorgen teil und sagen zu ihnen wie Paulus zu den Korinthern: „nicht dass andere Erholung, ihr aber Last habt; sondern des Ausgleichs halber" (2 Kor. 8, 13). Dennoch sollen auch die Diözesen, die unter diesem Mangel leiden, sich dem flehenden Anruf der fernen Missionen nicht verschließen. Das Scherflein der Witwe wurde vom Herrn uns zum Beispiel angeführt. Wenn eine arme Diözese einer anderen armen Diözese hilft, wird sie darum nicht ärmer werden; denn Gott lässt sich an Freigiebigkeit nicht beschämen.

29 Um aber die vielfachen Fragen des Missionsnachwuchses zu lösen, können die Bemühungen einzelner nicht genügen. Über diese Probleme, Ehrwürdige Brüder, verhandelt darum in euren Versammlungen, und, wo solche existieren, bedient euch der nationalen Einrichtungen zur Missionsförderung: auf dieser Ebene wird es leichter sein, die geeigneten Mittel zur Weckung von Missionsberufen einzusetzen, und gemeinsam werdet ihr leichter die Verantwortung tragen, die euch für die Förderung der Interessen der Gesamtkirche auferlegt sind. Fördert in euren Diözesen vor allem den Priestermissionsverein, den euch Unsere Vorgänger und Wir selbst schon so oft ans Herz gelegt haben. Wir haben ihn kürzlich zur Würde eines Päpstlichen Werks erhoben, so dass niemand an der Bedeutung, die Wir ihm beimessen, noch an den Hoffnungen, die Wir auf sein Wachstum setzen, zweifeln kann. Darum soll auch die Zusammenarbeit der Bischöfe mit denen, deren eigentliche Aufgabe die Sorge für die Missionen ist, ganz besonders eng gestaltet werden, denn von der einträchtigen Zusammenarbeit hängt vor allem der Erfolg der Mühen ab. Wir denken hier in erster Linie an die Nationalpräsidenten der Päpstlichen Missionswerke, deren Arbeit ihr dadurch erleichtern könnt, dass ihr die Diözesanleitungen dieser Werke mit eurer Autorität und eurem Eifer stützt. Wir denken auch an die Oberen der so wohlverdienten Kongregationen, an die der Heilige Stuhl sich immer wieder wendet, um den dringendsten Bedürfnissen der Missionen nachkommen zu können, und die ihren Nachwuchs nur mit der wohlwollenden Unterstützung der Ortsordinarien steigern können. Untersucht gemeinsam, wie die rechtmäßigen Interessen der einen und der anderen am besten zu befriedigen sind. Und wenn sie einander bisweilen zu widersprechen scheinen, sollte man dann nicht versuchen, alles im Lichte eines lebendigen Glaubens und unter dem Gesichtspunkt der übernatürlichen Einheit und Katholizität der Kirche noch einmal neu zu überdenken?

30 Im gleichen Geiste brüderlicher Liebe und Selbstlosigkeit bemüht euch auch darum, für die religiöse Betreuung der jungen Afrikaner und Asiaten, die zu Studienzwecken in euren Diözesen leben, zu sorgen. Fern von der ihnen natürlichen sozialen Umwelt ihrer Heimatländer, finden sie oft aus verschiedenen Gründen keinen rechten Kontakt mit katholischen Kreisen bei den Nationen, die sie aufgenommen haben. Das kann ihr christliches Leben gefährden, denn die wahren Werte und Vorzüge der neuen Kultur, die sie kennen lernen, bleiben ihnen leicht verborgen, während die materiellen Bequemlichkeiten sie beeindrucken und die verschiedenen atheistischen Strömungen um die Wette um sie werben. Ihr begreift, wie viel das für Gegenwart und Zukunft bedeutet. Zögert darum nicht, der Sorge der Missionsbischöfe zu entsprechen und für dieses Apostolat einige fromme und gut vorgebildete Priester zur Verfügung zu stellen.

31 Eine andere, noch fühlbarere Form von Hilfe, die von einigen Bischöfen schon ausgeübt wird, besteht darin, dass sie, selbst unter merklichen Opfern, einige Priester ihrer Diözese den afrikanischen Ortsordinarien für eine begrenzte Zeit zur Verfügung stellen. Damit tragen sie insbesondere dazu bei, dass dort die neuen und spezialisierteren Formen der priesterlichen Arbeit klug und wohlüberlegt eingeführt werden, und zudem können sie den dortigen Diözesanklerus im religiösen und profanen Unterricht ablösen, für den jener nicht ausreicht. Diese zweckmäßigen und fruchtbaren Initiativen unterstützen Wir gern durch Unsere Mahnungen: klug vorbereitet und durchgeführt, können sie der afrikanischen Kirche der Gegenwart, die an Schwierigkeiten ebenso reich wie an Hoffnungen ist, vom größten Nutzen sein.

32 Die Hilfe für die Missionsdiözesen kennt schließlich heute noch eine Form, die Uns mit Freude erfüllt und von der Wir euch gern noch sprechen möchten, ehe Wir diesen Brief abschließen. Das ist die wirksame Mitarbeit der Laien im Dienst der Kirche, die, zum großen Teil katholischen Instituten auf nationaler oder auf internationaler Ebene angehörend, den jungen Kirchen zu Hilfe kommen. Ihre Mitarbeit erfordert Eingehen auf fremde Bedürfnisse, Zurückhaltung, Klugheit; aber gerade für jene Diözesen, die vor ganz neuen apostolischen Aufgaben stehen, sind sie von größtem Nutzen. Im Gehorsam gegenüber dem Bischof, der die volle Verantwortung des Apostolats trägt, und in gegenseitigem Verständnis mit den afrikanischen Katholiken, die diese brüderliche Hilfe zu schätzen wissen, stellen diese Laien den jungen Diözesen ihre in langer Arbeit erworbenen Erfahrungen auf dem Gebiet der Katholischen Aktion, der Sozialaktion und aller anderen Formen von spezialisierter Aktion zur Verfügung. Von ebenso großem Nutzen ist es, dass sie den Anschluss der katholischen Institutionen des eigenen Volkes an die zahllosen gleichartigen Einrichtungen aller anderen Völker erleichtern und beschleunigen. Diese alle beglückwünschen Wir mit Freuden zu dem wichtigen und nützlichen Werk, das sie im Dienste der Kirche verrichten.

Schluss

33 Indem Wir diesen ernsten und dringenden Aufruf zugunsten der Missionen in Afrika an euch richten, haben Wir, ihr wisst es, Ehrwürdige Brüder, Unsere Gedanken nicht von all denen unter Unseren Söhnen abgewendet, die für den Fortschritt der Kirche in anderen Kontinenten arbeiten. Sie alle lieben Wir, ganz besonders aber die, die im Fernen Osten noch größere Leiden zu ertragen haben. Wenn die besondere Lage in Afrika Anlass bot, diese Enzyklika zu schreiben, wollen Wir sie doch nicht beschließen, ohne noch einen letzten Blick über die Gesamtheit der Missionen der katholischen Kirche zu werfen.

34 Euch, Ehrwürdige Brüder, Oberhirten jener Gegenden, denen das Evangelium erst vor kurzem gebracht worden ist, wo ihr nun die neuen Christenheiten gründet oder befestigt, möchte dieser Brief nicht nur ein Zeugnis Unserer väterlichen Sorge bringen, sondern auch die Sicherheit, dass die gesamte Christenheit, die Wir hier nochmals an die Größe und Schwierigkeit eurer Aufgabe erinnert haben, mit euch verbunden ist und euer Werk durch Gebete, Spenden und die Hingabe ihrer besten Söhne unterstützt. Was bedeutet es demgegenüber, dass ihr räumlich so weit von der Hochburg des katholischen Glaubens entfernt seid? Ist das Herz der Kirche nicht denen am nächsten, die am tapfersten die schwierigsten Aufgaben auf sich nehmen? Auch euch, Missionare, Priester des einheimischen Klerus, Ordensmänner und Ordensfrauen, Seminaristen, Katecheten, Laienhelfer, ja euch allen, die ihr über die Erde verstreut und unbekannt den Glauben an Christus verbreitet, sprechen Wir hier nochmals Unsern Dank und Unsere Hoffnung aus. Haltet getreu bei dem begonnenen Werk aus, stolz darauf, der Kirche zu dienen, ihrer Stimme gehorsam, immer mehr von ihrem Geist erfüllt, untereinander in brüderlicher Liebe verbunden. Welcher Trost, welches Unterpfand sicheren Sieges für euch, geliebte Kinder, zu denken, dass euer verborgener friedlicher Kampf für die Kirche nicht nur der eure ist, ja nicht einmal der eurer Generation oder eures Volkes, sondern der unablässige Kampf der gesamten Kirche, an dem alle ihre Kinder teilnehmen müssen, weil sie Gott und ihren Brüdern- das Geschenk des Glaubens schulden, das sie in der Taufe empfangen haben.

35 „Wenn im das Evangelium verkünde, so ist das kein Ruhm für mich" – sagte der Völkerapostel -; „denn ein Zwang liegt auf mir, und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde" (1 Kor. 9,16). Wie sollten Wir, der Staathalter Christi, diese heftigen Worte nicht auf Uns beziehen, die Wir durch Unser apostolisches Amt eingesetzt sind als „Herold und Apostel ... als Lehrer der Heiden in Glauben und Wahrheit" (2 Tim. 2, 7). So flehen Wir denn auf die katholischen Missionen die doppelte Schutzherrschaft des heiligen. Franz Xaver und der heiligen Therese vom Kinde Jesus, den Schutz aller heiligen Martyrer und vor allem die mächtige und mütterliche Mittlerschaft Mariens, der Königin der Apostel, herab, und Wir richten an die ganze Kirche den sieghaften Aufruf ihres göttlichen Stifters: „Fahret hinaus auf die hohe See!" (Luk. 5, 4.)

Im Vertrauen darauf, dass alle Katholiken Unseren Aufruf mit solcher Bereitschaft beantworten werden, dass die Missionen mit Gottes Gnade endlich das Licht des Christentums und die Fortschritte der Zivilisation bis an die äußersten Enden der Erde tragen können, erteilen Wir euch, Ehrwürdige Brüder, euren Gläubigen und jedem einzelnen Glaubensboten, die Uns alle so teuer sind, von ganzem Herzen als Unterpfand Unseres väterlichen Wohlwollens und der himmlischen Gnaden Unseren Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom bei St. Peter,
am Feste der Auferstehung unseres Herrn, am 21. April 1957,
im 19. Jahre Unseres Pontifikats
Pius XII. PP.

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