Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie 2001

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Direktorium

Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung
von Papst
Johannes Paul II.
über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie. Grundsätze und Orientierungen
17. Dezember 2001

(Quelle: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, Nr. 160)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen

AAS Acta Apostolicae Sedis

CCL Corpus Christianorum seu nova Patrum collectio series Latina (Turnhout – Paris 1953 ff.)

CIC Codex Juris Canonici

CSEL Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum (Wien 1866 ff.)

DS H. DENZINGER – SCHÖNMETZER, [[[Enchiridion symbolorum|Enchiridion Symbolorum]], Definitionum et Declarationum de rebus fidei et morum (Freiburg i. Br. 36. Auflage 1976)

EI Enchiridion Indulgentiarum. Normae et concessiones (1999)

KKK Katechismus der Katholischen Kirche

LG ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Konstitution Lumen gentium

PG Patrologia Graeca, hrsg. v. J. P. Migne, 167 Bde. (Paris 1857-1866)

PL Patrologia Latina, hrsg. v. J. P. Migne, 217 Bde. u. 4 Reg.-Bde. (Paris 1841-1864)

SC ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Konstitution Sacrosanctum Concilium

SCh Sources chrétiennes

Aus der “BOTSCHAFT” Seiner Heiligkeit JOHANNES PAULS II. an die Vollversammlung der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung (21. September 2001)

2. Die Heilige Liturgie, von der Konzilskonstitution Sacrosanctum Concilium als Höhepunkt des kirchlichen Lebens bezeichnet, darf niemals zu einer rein ästhetischen Sache reduziert oder als ein Instrument mit rein erzieherischer oder ökumenischer Zielsetzung betrachtet werden. Die Feier der heiligen Geheimnisse ist vor allem ein Lobpreis der höchsten Majestät des einen und dreifaltigen Gottes. Sie ist ein von Gott selbst gewählter Ausdruck dieses Lobes. Durch sie tritt der Mensch einzeln und in Gemeinschaft vor Ihn hin, um Ihm Dank zu sagen. Er tut dies im Bewusstsein, dass sein menschliches Wesen nur durch den Lobpreis Gottes und die Erfüllung Seines Willens zur Vollendung kommt, durch die beständige Suche des Reiches Gottes, das bereits gegenwärtig ist und vollendet sein wird am Tag der Wiederkunft des Herrn Jesus. Die Liturgie und das Leben gehören untrennbar zusammen. Eine Liturgie, die ohne Wirkung für das tägliche Leben bliebe, würde ihren Sinn verlieren und Gott missfallen.

3. Die liturgische Feier ist ein Akt religiöser Tugend, die gemäß ihrer Natur von einem tiefen Sinn für das Heilige geprägt sein muss. In ihr soll sich der Mensch – einzeln und in Gemeinschaft – bewusst sein, dass er sich in besonderer Weise vor dem dreimal heiligen und transzendenten Gott befindet. Folglich muss die erforderliche Haltung von Ehrfurcht und Erstaunen durchdrungen sein, von der Erkenntnis der Gegenwart der Majestät Gottes. Oder wollte Gott nicht genau dies zum Ausdruck bringen, als er Mose befahl, vor dem brennenden Dornbusch seine Schuhe abzulegen? Erwuchs nicht die fromme Haltung eines Mose und eines Elia genau aus diesem ehrfürchtigen Bewusstsein, so dass sie nicht wagten, Gott von Angesicht zu Angesicht zu schauen?

An den Priestern und Diakonen muss das Volk Gottes von Ehrerbietung und Würde bestimmter Verhaltensweisen erkennen können, damit es darin Hilfe erfährt, auch ohne viele Worte und Erklärungen in die Welt der unsichtbaren Wirklichkeiten vorzudringen. Im Römischen Messbuch des heiligen Pius V. wie auch in verschiedenen östlichen Liturgien finden wir wunderschöne Gebete, mit denen der Priester angesichts der heiligen Geheimnisse den tiefsten Sinn seiner Demut und Verehrung kundtut. Diese enthüllen das innerste Wesen jeder Liturgie selbst. Die liturgische Feier, der ein Priester vorsteht, ist eine Gebetsversammlung, vereint im Glauben und im Hören auf das Wort Gottes. Ihr vorrangiges Ziel ist es, im Angesicht der göttlichen Majestät das lebendige, reine und heilige Opfer zu vergegenwärtigen, welches ein für allemal der Herr Jesus auf Kalvaria dargebracht hat. Es vollzieht sich jedes Mal neu, wenn die Kirche die heilige Messe feiert, um den Gott geschuldeten Kult im Geist und in der Wahrheit darzubringen.

Mir ist der Eifer Eurer Kongregation bekannt, gemeinsam mit den Bischöfen für eine Vertiefung des liturgischen Lebens in der ganzen Kirche zu sorgen. Indem ich meine Hochachtung ausspreche, wünsche ich, dass dieses kostbare Werk dazu beitragen möge, die Feiern immer würdiger und fruchtbarer werden zu lassen.

4. Eure Vollversammlung hat die Volksfrömmigkeit zum zentralen Thema eines eigenen Direktoriums gewählt. Sie ist ein Ausdruck des Glaubens, der sich die kulturellen Elemente eines bestimmten Umfeldes nutzbar macht, um das religiöse Gefühl derer, die darin leben, in lebendiger und wirkungsvoller Weise auszudrücken und auszulegen.

Die Volksfrömmigkeit, die sich in vielfältigen und weit verbreiteten Formen ausdrückt, hat, wenn sie echt ist, als Quelle den Glauben. Sie muss daher geschätzt und unterstützt werden. Als solche stellt sie sich in ihren authentischen Äußerungen nicht gegen die zentrale Stellung der heiligen Liturgie. Wenn wir den Glauben des Volkes fördern, der ja eine wesensgemäße religiöse Ausdrucksweise beinhaltet, dann macht er gleichzeitig für die Feier der heiligen Geheimnisse empfänglich.

5. Die rechte Beziehung zwischen diesen beiden Ausdrucksformen des Glaubens muss an einigen entscheidenden Punkten deutlich gemacht werden. Es muss vor allem klar sein, dass die Liturgie das Zentrum des kirchlichen Lebens ist, und dass keine andere religiöse Ausdrucksweise die Liturgie ersetzen kann oder als gleichwertig mit ihr angesehen werden darf. Darüber hinaus ist zu betonen, dass die Volksfrömmigkeit ihren Höhepunkt in der liturgischen Feier hat, an der sie sich im Idealfall ausrichten, mit der sie aber nicht vermengt werden soll. Dies muss durch eine entsprechende Katechese deutlich gemacht werden.

Zuweilen scheinen Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit durch Elemente verunreinigt zu sein, die mit dem katholischen Glauben unvereinbar sind. In solchen Fällen müssen sie mit Besonnenheit und Geduld gereinigt werden, und zwar durch Kontakte zu den Verantwortlichen sowie eine aufmerksame und respektvolle Katechese, sofern grundsätzliche Unstimmigkeiten nicht sofort klare und direkte Maßnahmen nötig machen.

Solche Beurteilungen obliegen zunächst dem zuständigen Diözesanbischof beziehungsweise den Bischöfen des betreffenden Territoriums, die an solchen Formen der Religiosität interessiert sind. In diesem Fall ist es angezeigt, dass die Hirten sich über ihre Erfahrungen miteinander austauschen, um allgemeingültige pastorale Wegweisungen zu bieten und schädliche Widersprüche für das christliche Volk zu vermeiden. Die Bischöfe sollten allerdings, solange nichts Gegenteiliges nötig ist, eine positive und ermutigende Haltung zur Volksfrömmigkeit einnehmen.

KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG

Prot. Nr. 1532/OO/L

DEKRET

Den Primat der Liturgie bestätigend, die “der Höhepunkt ist, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt” (Sacrosanctum Concilium 10), erinnert das Zweite Vatikanische Konzil daran, dass “das geistliche Leben” sich nicht “schlechthin mit der Teilnahme an der heiligen Liturgie” deckt (ebd. 12). Zur Förderung des geistlichen Lebens der Gläubigen gibt es auch “Andachtsübungen des christlichen Volkes”, insbesondere solche, die vom Apostolischen Stuhl empfohlen werden und in den einzelnen Kirchen auf Anordnung oder durch bischöfliche Approbation in die Praxis umgesetzt sind. Um hervor zu heben, dass solche kultischen Ausdrucksformen mit den Gesetzen und Normen der Kirche übereinstimmen, haben die Konzilsväter ihr theologisches und pastorales Verständnis klar kundgetan: “Die Andachtsübungen sollen so geordnet sein, dass sie mit der heiligen Liturgie übereinstimmen, gewissermaßen aus ihr herausfließen und das Volk zu ihr hinführen; denn sie steht von Natur aus weit über ihnen” (ebd. 13).

Im Licht dieser maßgeblichen Unterweisung und anderer Verlautbarungen des kirchlichen Lehramtes in Bezug auf die Frömmigkeit des christlichen Volkes und unter Einbeziehung der in diesen Jahren herausgegebenen pastoralen Richtlinien hat die Vollversammlung der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, die vom 26. bis 28. September 2001 tagte, das vorliegende Direktorium approbiert. Darin werden die Beziehungen zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit zusammenhängend dargelegt, unter besonderer Berücksichtigung der Prinzipien, die diese Beziehungen leiten. Es werden Orientierungen gegeben mit dem Ziel einer fruchtbaren Verwirklichung in den einzelnen Ortskirchen, und zwar entsprechend der besonderen Überlieferung einer jeden einzelnen. Es ist daher insbesondere Aufgabe der Bischöfe, die Volksfrömmigkeit aufzuwerten, indem sie eine seelsorglich positive und ermutigende Haltung ihr gegenüber pflegen. Sind und waren ihre Früchte doch von großem Wert für die Bewahrung des Glaubens im christlichen Volk.

Nachdem Papst JOHANNES PAUL II. die Approbation erteilt hat, derzufolge dieses Dikasterium das “Direktorium für die Volksfrömmigkeit und die Liturgie. Prinzipien und Orientierungen” (Schreiben des Staatssekretariates vom 14. Dezember 2001, Prot. Nr. 497/514) veröffentlichen soll, ist die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung froh, es zu veröffentlichen, und verbindet damit dem Wunsch, dass Hirten und Gläubige daraus Nutzen ziehen mögen, damit sie in Christus wachsen durch ihn und mit ihm im Heiligen Geist zum Lob des Vaters im Himmel.

Es steht diesem nichts Gegenteiliges im Weg.

Am Sitz der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung,

am 17. Dezember 2001.
JORGE A. CARD. MEDINA ESTÉVEZ,
Präfekt
+ Erzbischof FRANCESCO PIO TAMBURRINO

Sekretär

EINLEITUNG

1. Um sicherzustellen, dass die Liturgie – “Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt und gleichzeitig die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt“ (1) – in ihrem Wachstum gefördert wird, macht diese Kongregation auf die Notwendigkeit aufmerksam, andere Formen der Frömmigkeit des christlichen Volkes nicht zu übersehen. Sie möchte dazu ihren fruchtbaren Beitrag leisten, um vereint mit Christus in der Kirche zu leben gemäß der Unterweisung des Zweiten Vatikanischen Konzils. (2)

Nach der konziliaren Erneuerung stellt sich die Situation der Frömmigkeit des christlichen Volkes in den einzelnen Ländern und örtlichen Traditionen unterschiedlich dar. Zwei gegensätzliche Haltungen sind festzustellen: Mancherorts wurden tradierte Formen der Volksfrömmigkeit vorschnell abgeschafft. Dies hat eine Leere hinterlassen, die nicht immer aufzufüllen ist. Anderswo wurde und wird dagegen an wenig ausgereiften beziehungsweise irrigen Formen der Frömmigkeit festgehalten, die sich von der echten biblischen Offenbarung entfernen oder im Gegensatz zur Heilswirkung der Sakramente stehen. Im Namen angeblicher “Reinheit” des Glaubens werden zum Teil ungerechtfertigte Kriterien als Maßstab an die schlichte Volksfrömmigkeit gelegt. Die Schätze der Volksfrömmigkeit müssen jedoch als Ausdruck eines über lange Zeit tief gereiften Empfindens der Gläubigen bewahrt werden, auch wenn ihre Reinigung von Mehrdeutigkeiten, beispielsweise synkretistischen Zügen, ein wichtiges und notwendiges Anliegen ist. Ziel ist die Wiederbelebung der Volksfrömmigkeit als Ausdruck des Widerstandes gegen eine technologisch-pragmatische Kultur und gegen ein wirtschaftlich ausgerichtetes Nützlichkeitsdenken. Nicht zuletzt wird der Verfall des Interesses an der Volksfrömmigkeit durch säkularisierte Ideologien und Aggressionen ihr feindlich gesonnener “Sekten” hervorgerufen.

Die anstehenden Fragen erfordern die beständige Aufmerksamkeit der Bischöfe, Priester, Diakone, der Mitarbeiter in der Seelsorge sowie der Wissenschaftler, denen die Förderung des liturgischen Lebens der Gläubigen und die Aufwertung der Volksfrömmigkeit am Herzen liegt.

2. Die Beziehung zwischen Liturgie und Andachtsübungen ist vom Zweiten Vatikanischen Konzil in der Konstitution über die heilige Liturgie ausdrücklich angesprochen worden. (3) Zu verschiedenen Gelegenheiten haben sich außerdem der Apostolische Stuhl (4) und die Bischofskonferenzen (5) ausführlicher mit der Volksfrömmigkeit befasst. Das Thema wurde von Johannes Paul II. selbst – im Rahmen zukünftiger Aufgaben – in dem Apostolischen Schreiben Vicesimus Quintus Annus aufgegriffen: “Die Volksfrömmigkeit darf weder ignoriert noch mit Gleichgültigkeit oder Geringschätzung behandelt werden, da sie reich an Werten ist und an sich schon die religiöse Einstellung zu Gott ausdrückt. Aber sie muss beständig evangelisiert werden, damit der Glaube, den sie ausdrückt, ein immer reiferer und authentischer Glaubensakt werde. Sowohl die Frömmigkeitsübungen des christlichen Volkes als auch andere Andachtsformen werden angenommen und empfohlen, sofern sie nicht liturgische Feiern ersetzen oder sich mit ihnen vermischen. Eine authentische Liturgiepastoral wird es verstehen, sich an den Reichtum der Volksfrömmigkeit anzulehnen, ihn zu reinigen und als Beitrag der Völker auf die Liturgie auszurichten.” (6)

3. In der Absicht, “die Bischöfe zu unterstützen, damit über den liturgischen Gottesdienst hinaus förderliche Maßnahmen ergriffen werden zur Ehre und Beibehaltung der Gebete und der Praxis der Frömmigkeit des christlichen Volkes, welche vollends den Normen der Kirche entsprechen”, (7) schien es diesem Dikasterium angezeigt, das vorliegende Direktorium zu erstellen, in welchem versucht wird, die Beziehungen in ihren Zusammenhängen zu darzustellen. Es werden einige Grundsätze in Erinnerung gerufen und Anweisungen zu ihrer Umsetzung in die Praxis gegeben.

Natur und Struktur

4. Das Direktorium besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil Leitlinien liefert Elemente für eine harmonische Verbindung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit. Vor allem beleuchtet er die im Verlauf der Geschichte ausgereiften Erfahrungen und die Problematik unserer Zeit (Kap. I). Es werden dann die Verlautbarungen des kirchlichen Lehramtes als unerlässliche Voraussetzung für die kirchlichen Gemeinschaft und eine fruchtbare Zusammenarbeit behandelt (Kap. II). Schließlich werden theologische Prinzipien vorgelegt, in deren Licht die Probleme bezüglich der Verbindung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit (Kap. III) anzugehen und zu lösen sind. Nur unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen lässt sich eine echte und fruchtbare Harmonisierung entwickeln. Ihre Nichtbeachtung dagegen würde zu unfruchtbarer Ignoranz, schädlicher Verwirrung oder polemischer Auseinandersetzung führen. Der zweite Teil Orientierungen legt eine Fülle von praktischen Vorschlägen vor, ohne dabei den Anspruch zu haben, alle bestehenden Bräuche und Frömmigkeitspraktiken einzelner Orte erfassen zu können. Wenn hier die verschiedensten Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit Erwähnung finden, soll das nicht bedeuten, sie alle dort einzuführen, wo sie bislang nicht existieren. Die Zusammenstellung orientiert sich an der Feier des Kirchenjahres (Kap. IV), an der besonderen Verehrung, welche die Kirche der Mutter des Herrn entgegen bringt (Kap. V), an der Verehrung der Engel, der Heiligen und Seligen (Kap. VI), an der Fürbitte für verstorbene Brüder und Schwestern (Kap. VII), sowie am Ablauf von Pilgerfahrten und an Frömmigkeitsübungen an Heiligtümern (Kap. VIII).

In seiner Gesamtheit verfolgt das Direktorium das Ziel, Orientierung zu geben. Auch wenn es in einigen Fällen möglichen Missbräuchen und Irrwegen zuvorkommt, hat es grundsätzlich eine konstruktive Ausrichtung und einen positive Ton. In diesem Zusammenhang bieten die Orientierungen knappe historische Hinweise bezüglich der einzelnen Formen der Verehrung. Es wird erinnert an die verschiedenen Andachtsübungen, in denen sie sich ausdrücken, es werden die theologischen Gründe dargelegt, die dafür die Grundlage bilden, und es werden Empfehlungen für die Praxis gegeben hinsichtlich von Zeiten, Orten, Sprache und anderer Elemente im Blick auf eine gültige Übereinstimmung zwischen liturgischen Handlungen und Andachtsübungen.

Adressaten

5. Die praktischen Vorschläge, die ausschließlich die lateinische Kirche und hier wieder besonders den Römischen Ritus betreffen, richten sich vor allem an die Bischöfe, denen die Aufgabe zukommt, der liturgischen Gemeinschaft ihrer Diözese vorzustehen, das liturgische Leben zu fördern und mit ihm die anderen gottesdienstlichen Formen zu koordinieren. (8) Adressaten sind aber auch ihre unmittelbaren Mitarbeiter, nämlich ihre Stellvertreter, die Priester und Diakone, vor allem die Rektoren der Heiligtümer. Darüber hinaus sind die höheren Oberen der männlichen und weiblichen Institute des geweihten Lebens angesprochen, denn nicht wenige Gepflogenheiten der Volksfrömmigkeit stammen aus diesem Bereich und haben sich dort weiter entwickelt. Auch darf von der Zusammenarbeit mit männlichen und weiblichen Ordensleuten und Mitgliedern der Institute des geweihten Lebens eine rechte und wünschenswerte Harmonisierung von Liturgie und Volksfrömmigkeit erwartet werden.

Terminologie

6. Im Lauf der Jahrhunderte sind in den Kirchen des Westens zusammen mit den liturgischen Feiern mannigfaltige und unterschiedliche Formen der Frömmigkeit aufgeblüht und haben sich im christlichen Volk verwurzelt, durch die der Glaube an Gott, die Liebe zu Christus, dem Erlöser, die Anrufung des Heiligen Geistes, die Verehrung der Jungfrau Maria, die Verehrung der Heiligen, das Gebot zur Umkehr und die brüderliche Liebe ausgedrückt wird. Im Umgang mit dieser komplexen Materie – “Volksfrömmigkeit” oder “Volksreligiosität” (9) genannt – gibt es keine eindeutige Terminologie. Daher ist eine gewisse Präzisierung erforderlich. Ohne diesbezüglich alle weiteren Fragen unterbinden zu wollen, wird die in diesem Dokument angewandte Sprachregelung kurz beschrieben.

“Andachtsübung”

7. Die im Direktorium verwendete Redewendung “Andachtsübung” (ital. pio esercizio) meint die öffentlichen und privaten Äußerungen der christlichen Frömmigkeit, welche, ohne Teil der Liturgie zu sein, mit ihr im Einklang sind, unter Beachtung ihres Geistes, ihrer Vorschriften und Rhythmen. Die Andachtsübungen beziehen ihre Inspiration in irgendeiner Weise aus der Liturgie und möchten das christliche Volk zu ihr hinführen (10) . Einige von ihnen bestehen auf Anordnung des Apostolischen Stuhls oder von Bischöfen (11). Viele stammen aus der gottesdienstlichen Tradition von Ortskirchen oder religiöser Gemeinschaften. Die Andachtsübungen haben immer einen Bezug zu der an das Gottesvolk ergangenen göttlichen Offenbarung und einen kirchlichen Hintergrund: Sie beachten die Wirklichkeit der Gnade, die Gott durch Jesus Christus enthüllt hat. Und gemäß den “Normen und Gesetzen der Kirche” folgen sie “Gewohnheiten oder den rechtmäßig anerkannten Büchern” (12).

“Verehrungen”

8. Dieser Begriff (ital. devozioni) ist in unserem Zusammenhang gebräuchlich zur Benennung verschiedenenr äußerer Frömmigkeitsübungen (zum Beispiel Gebets- und Gesangstexte, Einhaltung von bestimmten Zeiten, Besuche bestimmter Gebetsstätten, Abzeichen, Medaillen, Bekleidungsstücke und andere Gepflogenheiten). Als äußerer Ausdruck innerer Glaubenshaltung zeigen sie die besondere Beziehung eines Gläubigen zu den Göttlichen Personen, zur heiligen Jungfrau Maria mit ihren Gnadenprivilegien und in den Titeln, die diese zum Ausdruck bringen, zu den Heiligen in ihrer Verähnlichung mit Christus beziehungsweise der von ihnen für Leben der Kirche ausgeübten Aufgabe (13).

“Volksfrömmigkeit”

9. Der Begriff “Volksfrömmigkeit” (ital. pietà popolare) bezeichnet im vorliegenden Direktorium die verschiedenen gottesdienstlichen Versammlungen privater oder gemeinschaftlicher Art, die sich im Rahmen des christlichen Glaubens vorwiegend nicht nach den Vorgaben der heiligen Liturgie, sonder nach den eigentümlichen Formen eines Volkes, eines Volksstammes, seiner Mentalität und Kultur ableiten.

In der Volksfrömmigkeit, die zu Recht als ein “wahrer Schatz des Volkes Gottes” (14) angesehen wird, “kommt eine Sehnsucht nach Gott zum Ausdruck, wie sie nur die Einfachen und Armen kennen. Sie befähigt zur Großmut und zum Opfer, ja zum Heroismus, wenn es gilt, den Glauben zu bekunden. In ihr zeigt sich ein feines Gespür für die Grundeigenschaften Gottes: seine Vaterschaft, seine Vorsehung, seine ständige, liebende Gegenwart. Sie führt zu inneren Haltungen, die man sonst kaum in diesem Maß findet: Geduld, Wissen um die Notwendigkeit, das Kreuz im täglichen Leben zu tragen, Entsagung, Offenheit gegenüber anderen, Hingabe” (15) .

“Volksreligiosität”

10. Die mit dem Wort “Volksreligiosität” (ital. religiosità popolare) angesprochene Wirklichkeit betrifft eine allgemein gültige Erfahrung: Im Herzen einer jeden Person wie in der Kultur eines jeden Volkes und in seinen gemeinschaftlichen Bekundungen ist immer eine religiöse Dimension gegenwärtig. In der Tat versucht jedes Volk, sein aufs Ganze bezogenes religiöses Leben und sein Verständnis von Natur, Gesellschaft und Geschichte durch gottesdienstliche Vermittlungen in einer Synthese auszurücken, die von großer humaner und spiritueller Bedeutung ist.

Volksreligiosität bezieht sich nicht notwendig auf die christliche Offenbarung. Aber in vielen Regionen existiert sie innnerhalb einer Gesellschaft, die auf unterschiedliche Art und Weise von christlichen Elementen beeinflusst ist. Häufig gibt es eine Art “Volkskatholizismus”, in dem Elemente, die aus dem allgemeinen religiösen Sinn des Lebens, aus der Kultur eines Volkes und aus der christlichen Offenbarung kommen, mehr oder weniger harmonisch nebeneinander existieren.

Einige Grundsätze

Im Bemühen um eine Zusammenschau wird nun in Kürze auf das hingewiesen, was im vorliegenden Direktorium später noch ausführlich dargestellt und erläutert wird.

Der Vorrang der Liturgie

11. Wie die Geschichte lehrt, wurde das Glaubensleben in bestimmten Epochen von Formen und Übungen gestützt, die in den meisten Fällen in die Feier der Liturgie miteinbezogen und von den Gläubigen als sehr bedeutsam empfunden wurden. In der Tat “ist jede liturgische Feier als Werk Christi, des Priesters, und seines Leibes, der die Kirche, in vorzüglichem Sinn heilige Handlung, deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht” (16). Darum muss jedes Missverständnis beseitigt werden, die Liturgie sei nicht “volksnah”: Die konziliare Erneuerung wollte die Teilnahme des Volkes an der heiligen Liturgie fördern, indem sie Möglichkeiten und Freiräume (für Gesänge, aktive Beteiligungen, Laiendienste ...) schuf. Zu anderen Zeiten dagegen entwickelten sich alternative Gebetsformen oder paraliturgische Ersatzhandlungen.

Die Vorrangstellung der Liturgie im Vergleich zu jeder anderen möglichen und legitimen Form des christlichen Betens muss im Bewusstsein der Gläubigen verankert werden: Während die sakramentalen Handlungen für das Leben in Christus notwendig sind, gehören die Formen der Volksfrömmigkeit dagegen in den fakultativen Bereich. Das Gebot, an der Sonntagsmesse teilzunehmen, ist eine Pflicht, während die Andachtsübungen, soweit sie empfohlen und verbreitet sind, keiner Verpflichtung unterliegen. Allerdings können Kommunitäten oder einzelne Gläubige sie mit verpflichtendem Charakter annehmen (17).

Diese Zielsetzungen verlangen eine entsprechende Ausbildung der Priester und der Gläubigen, damit dem liturgischen Gebet wie dem Kirchenjahr gegenüber jeder anderen religiösen Praxis die Vorrangstellung gesichert wird. Dieser geforderte Vorrang darf aber keinesfalls im Sinne des Ausschlusses, der Gegenüberstellung und der Ausgrenzung verstanden werden.

Aufwertung und Erneuerung

12. Die Wahlfreiheit im Bereich der Andachtsübungen darf jedoch nicht so verstanden werden, als ob sie gering geschätzt oder gar weniger geachtet werden sollten. Der richtige Weg ist jener, der dazu führt, die großen Schätze der Volksfrömmigkeit richtig und weise zu erschließen und die in ihnen ruhenden Kräfte zu entfachen, um das christliche Leben zu prägen.

Das Evangelium ist der bleibende Wertmaßstab und das gültige Kriterium für alle Ausdrucksformen christlicher Frömmigkeit – alter wie neuer. Darum muss sich die Erneuerung der Andachtsformen und Frömmigkeitsübungen dem Werk der Reinigung unterziehen, das bisweilen nötig ist, damit der rechte Bezug zum christlichen Geheimnis gewahrt bleibt. Auch für die Volksfrömmigkeit der Anspruch der christlichen Liturgie: “Sie darf auf keinen Fall Rituale der Magie, des Aberglaubens, des Spiritismus, der Rachsucht oder der Verbindung mit der Sexualität annehmen.”

In diesem Sinne ist klar, dass die vom Zweiten Vatikanischen Konzil initiierte Erneuerung die Liturgie auch die rechte Erschließung des Wesens der Andachtsformen und Frömmigkeitsübungen und ihre Erneuerung inspirieren muss. Für die Volksfrömmigkeit muss Folgendes ständig in Betracht gezogen werden: Der biblische Geist, insofern es ein christliches Gebet niemals ohne direkten oder indirekten Bezug auf die Bibel geben kann; der liturgische Geist, insofern die volksfrommen Übungen ein Echo dessen sind, was in den liturgischen Vollzügen gefeiert wird; ein ökumenischer Geist, das heißt die Beachtung der verschiedenen christlichen Empfindungen und Überlieferungen, ohne die man zu wenig hilfreichen Verboten gelangt, schließlich ein anthropologischer Geist, der sich darin ausdrückt, Symbole und markante Ausdrucksformen für ein bestimmtes Volk zu bewahren, allerdings unter Vermeidung sinnloser Archaisierung. Diese Erneuerung muss mit pädagogischem Sachverstand durchgeführt und schrittweise verwirklicht werden, unter Berücksichtigung der jeweiligen Orte und Umstände.

Unterscheidung und Übereinstimmung mit der Liturgie

13. Der objektive Unterschied zwischen Andachtsformen und Frömmigkeitsübungen auf der einen und der Liturgie auf der anderen Seite muss in der gottesdienstlichen Ausdrucksweise sichtbar werden. Das bedeutet, dass es zwischen Andachtsübungen und liturgischen Handlungen in ihren jeweiligen Formen keine Vermischung geben darf. Die Ausdrucksweisen von Volksfrömmigkeit und Andacht haben außerhalb der Eucharistie und außerhalb der anderen Sakramente ihren Ort.

Dabei muss einerseits vermieden werden, Formen der Volksfrömmigkeit über liturgische Feiern zu legen, weil Sprache, Rhythmus, Verlauf und theologische Akzente volksfrommer Übungen sich von jenen liturgischer Handlungen unterscheiden. Ähnlich sind gegebenenfalls das Wetteifern untereinander oder ein Gegensatz zu den liturgischen Handlungen zu überwinden: Der Vorrang, der dem Sonntag gebührt, dem Hochfest, den liturgischen Zeiten und Tagen, ist zu schützen.

Andererseits soll vermieden werden, Feierformen der “liturgischen Feier” in Andachtsübungen hineinzutragen, die ihren eigenen Stil, ihre Schlichtheit und ihre eigene Sprache bewahren sollen.

Die Sprache der Volksfrömmigkeit

14. Die verbalen und nonverbalen Ausdrucksweisen der Volksfrömmigkeit müssen, auch wenn ihre Schlichtheit und Spontaneität zu bewahren ist, gepflegt und beobachtet werden, damit sie in jedem Fall, zusammen mit der Wahrheit des Glaubens die Größe der christlichen Geheimnisse transparent machen können.

Gebärden

15. Charakteristisch für die Volksfrömmigkeit ist die große Mannigfaltigkeit und der Reichtum an körperlichen und symbolischen Ausdrucksweisen, Gesten und Gebärden. Man denke beispielsweise an die Sitte, Bilder, Orte, Reliquien und religiöse Gegenstände zu küssen oder sie mit der Hand zu berühren, Straßenzüge und “spezielle” Gänge barfuß oder auf Knien zu begehen, Opfergaben, Kerzen und Votivgaben darzubringen, besondere Kleidungsstücke zu tragen, sich niederzuknien und sich auf den Boden hinzustrecken, Medaillen und Abzeichen zu tragen … Es gibt ähnliche Ausdrucksweisen, die seit Jahrhunderten auf direkte und schlichte Weise von den Vätern auf die Söhne überliefert und weitergegeben werden, um auch äußerlich das Herzensanliegen zu bekunden, als Christen zu leben. Ohne diese innere Seite läuft man jedoch Gefahr, dass symbolische Gesten in leere Gewohnheiten abgleiten oder, was noch schlimmer wäre, zu abergläubischen Praktiken verkommen.

Texte und Formeln

16. Wenn die sprachlichen Formulierungen der volkstümlichen Gebete auch weniger streng im Vergleich zu denen der Liturgie verfasst wurden, so sollten sie dennoch Anregungen aus der Sprache der Heiligen Schrift, der Liturgie, der Väter und des Lehramtes beziehen und so im Einklang mit dem Glauben der Kirche stehen. Die festgelegten und für den öffentlichen Gebrauch bestimmten Gebetstexte und Frömmigkeitsübungen bedürfen der Approbation durch den zuständigen Ordinarius (18) .

Gesang und Musik

17. Auch der Gesang als natürlicher Ausdruck der Volksseele nimmt einen wichtigen Platz in der Volksfrömmigkeit ein (19) . Die Sorge um die Erhaltung des Erbes an überlieferten Gesängen aus der Tradition muss sich verbinden mit dem Geist von Bibel und Kirche, offen bleiben für Überprüfungen und neue Musikschöpfungen.

Der Gesang ist bei manchen Völkern instinktiv mit Händeklatschen, rhythmischer Bewegung oder Tanzschritten verbunden. Solche Formen drücken innere Gefühlsregungen aus und sind Teil der Überlieferungen eines bestimmten Volkes, besonders bei den Festen seiner heiligen Patrone. Natürlich müssen sie Bekundungen echten Gebets und nicht bloßes Spektakel sein. Die Tatsache, dass sie an bestimmten religiösen Stätten vorkommen, ist kein Grund, ihre Verbreitung auf andere Orten zu fördern, wo sie nicht mehr ihre ursprüngliche Natürlichkeit ausstrahlen würden.

Bilder

18. Der Gebrauch religiöser Bilder hat im Bereich der Volksfrömmigkeit eine große Bedeutung. Gemäß den Gesetzen der Kultur und der Vielfalt der Künste helfen sie den Gläubigen, sich vor ihnen in die Geheimnisse des christlichen Glaubens zu versenken. Das Verehren heiliger Bilder gehört sicher zum Wesen der katholischen Frömmigkeit: Es ist Kennzeichen eines großen künstlerischen Erbes, das man in Kirchen und Heiligtümern findet. Zu dessen Entstehung hat oftmals vor allem die Volksfrömmigkeit ihren Beitrag geleistet.

Für die Bilder Christi, der Jungfrau Maria und der Heiligen und ihre gottesdienstliche Bedeutung gilt das in der Tradition immer von der Kirche hochgehaltene und verteidigte Prinzip, dass “die Verehrung der bildlichen Darstellung der dargestellten Person gilt (20).” Die notwendige Strenge, die für das ikonographische Programm von Kirchen (21) gefordert wird – in Respekt vor den Wahrheiten des Glauben und ihrer Hierarchie, von Schönheit und Qualität –, muss ebenfalls bei bildlichen Darstellungen und Gegenständen, die zur privaten Frömmigkeit bestimmt sind, angewendet werden (22).

Da die ikonographische Gestaltung religiöser Gebäude nicht der privaten Initiative überlassen werden darf, müssen die Verantwortlichen der Gotteshäuser und Gebetsräume für die Würde, Schönheit und Qualität der zur öffentlichen Verehrung ausgestellten Bilder Sorge tragen. Sie verhindern damit zugleich, dass Bilder oder Statuen, die durch die private Verehrung von Einzelpersonen angeregt worden sind, zur allgemeinen Verehrung aufgestellt werden. Die Bischöfe und die Rektoren der Heiligtümer sollen darüber wachen, dass religiöse Darstellungen, die für den Gebrauch der Gläubigen geschaffen werden, damit sie diese in ihren Wohnungen anbringen, an einer Halskette tragen oder bei sich aufbewahren, nicht der Banalität preisgegeben werden oder zu irrtümlichen Ansichten führen.

Orte

19. Neben dem Gotteshaus kennt die Volksfrömmigkeit das Heiligtum, einen besonderen Raum, der nicht immer eine Kirche ist. Oft zeichnet es sich durch mit ihm verbundene besondere Frömmigkeitsübungen aus, von denen die Wallfahrt die bekannteste ist. Neben solchen für das gemeinsame und private Gebet vorbehaltenen Stätten gibt es noch weitere Orte von nicht geringerer Bedeutung, wie das Haus, die Lebens- und Arbeitsbereiche. Bei bestimmten Gelegenheiten werden auch Straßen und Plätze zu Räumen der Glaubensbekundung.

Zeiten

20. Den zeitlichen Rhythmus von Tag und Nacht, Monaten und Jahreszeiten begleiten verschiedene Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit, die von frohen und traurigen Ereignissen im persönlichen, familiären und gemeinschaftlichen Leben gekennzeichnet sind. Ein herausragendes Ereignis bildet vor allem das “Fest” inklusive der Tage seiner Vorbereitung. In dieser Zeit spielen religiöse Aktivitäten eine besondere Rolle und tragen auf diese Weise dazu bei, die Feiertradition eines für eine Gemeinschaft wichtigen Tages zu formen.

Verantwortlichkeit und Kompetenzen

21. Die Äußerungen der Volksfrömmigkeit unterliegen der Verantwortung des jeweiligen Ortsordinarius. Es ist zuständig für ihre Regelung, er ermutigt die Gläubigen, sie als Hilfe für ein christliches Leben anzunehmen. Gegebenenfalls reinigt er sie und durchdringt sie mit dem Geist des Evangeliums. Er wacht darüber, dass sie die liturgischen Feiern nicht ersetzen oder sich mit ihnen vermischen (23). Er approbiert jene Gebetstexte und Formeln, die zu den öffentlichen Frömmigkeitsübungen und Andachtsformen gehören (24). Die vom Ordinarius für seinen Jurisdiktionsbereich erlassenen Anordnungen gelten selbstredend für die ihm anvertraute Diözese. Deshalb werden einzelne Gläubige – Kleriker wie Laien – und besondere Gruppen es vermeiden, ohne die Übereinstimmung mit ihrem Ordinarius subjektiv verfasste Gebetstexte, Formulierungen und Initiativen öffentlich zu verwenden.

Gemäß der zitierten Apostolischen Konstitution Pastor Bonus Nr. 70 ist es Aufgabe dieser Kongregation, den Bischöfen im Hinblick auf Gebete und Praktiken der Volksfrömmigkeit Hilfen zu geben, ebenso Anordnungen für jene Fälle, welche die Grenzen einer Ortskirche überschreiten, nötigenfalls auch subsidiäre Verfügungen.

Erster Teil LEITLINIEN AUS DER GESCHICHTE, DEM LEHRAMT, DER THEOLOGIE

Kapitel I: LITURGIE UND VOLKSFRÖMMIGKEIT IM LICHT DER GESCHICHTE

Liturgie und Volksfrömmigkeit im Lauf der Jahrhunderte

22. Die Beziehungen zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit haben ein ehrwürdiges Alter. Um sich in aller Kürze einen Überblick zu verschaffen, ist es nötig aufzuzeigen, wie diese Beziehungen zu bestimmten Zeiten gelebt worden sind. In nicht wenigen Fällen stoßen wir auf Anregungen und Empfehlungen, um Fragen zu lösen, die sich in unseren Tagen stellen.

In der christlichen Antike

23. In der apostolischen und nachapostolischen Zeit begegnen wir einer tiefen Verschmelzung zwischen den kultischen Ausdrucksformen, die wir heute als “Liturgie” und “Volksfrömmigkeit” bezeichnen. Für die ältesten christlichen Gemeinden zählte nur eine einzige Realität: Christus (vgl. Kol 2,16), seine Worte des Lebens (vgl. Joh 6,63), sein Gebot der gegenseitigen Liebe (vgl. Joh 13,34), die rituellen Handlungen, die vorzunehmen er den Jüngern aufgetragen hat, um sein Gedächtnis zu begehen (vgl. 1 Kor 11,24-26). Alles andere – Tage und Monate, Jahreszeiten und Jahre, Festtage und Mondphasen, Speisen und Getränke … (vgl. Gal 4,10; Kol 2,16-19) – waren zweitrangig.

Innerhalb der ersten christlichen Generation lassen sich aber schon Zeichen einer persönlichen Frömmigkeit feststellen, die in erster Linie aus der jüdischen Tradition hervorgegangen sind, beispielsweise die Befolgung der Gebote und das Leben nach dem Beispiel Jesu und des heiligen Paulus hinsichtlich des ständigen Betens (Lk 18,1; Röm 12,12; 1 Thess 5,17), oder dass man alles mit Danksagung annahm und tat (1 Kor 10,31; 1 Thess 2,13; Kol 3,17). Der fromme Israelit begann den Tag mit einem Lob- und Dankgebet an Gott und setzte diese Geisteshaltung während des ganzen Tages bei jeder Handlung fort. So nutzte er jeden frohen oder traurigen Augenblick für einen Ausdruck des Lobes, des Bittens oder der Reue. Die Evangelien und anderen Bücher des Neuen Testaments enthalten an Jesus gerichtete Anrufungen, die von den Gläubigen wie Stoßgebete als Ausdruck der Christusfrömmigkeit außerhalb der Liturgie immer wieder gebetet worden sind. Dabei ist zu bedenken, dass es unter den Gläubigen ein verbreiteter Brauch war, biblische Redewendungen zu wiederholen, zum Beispiel: “Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir” (Lk 18,38), “Herr, wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde” (Mt 8,2), “Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst” (Lk 23,42), “Mein Herr und mein Gott” (Joh 20,28), “Herr Jesus, nimm meinen Geist auf” (Apg 7,59). Nach dem Vorbild dieser Frömmigkeit entwickelten sich zahllose Gebete, welche die Gläubigen aller Zeiten an Christus richteten.

Bis ins zweite Jahrhundert lässt sich beobachten, dass Formen und Bekundungen der Volksfrömmigkeit, ob sie nun einen jüdischen oder einen griechisch-römischen Ursprung haben oder aus anderen Kulturkreisen hervorgegangen sind, spontan in der Liturgie ihren Niederschlag fanden. So hat sich herausgestellt, dass in dem unter dem Namen Traditio apostolica bekannten Werk nicht wenige Elemente dem Schoß des Volkes entstammen (25).

So geschah es auch bei der Verehrung der Blutzeugen. Bemerkenswerte Entdeckungen in den Ortskirchen bezeugen, dass nachweisbare Spuren des Totengedenkens dem Brauchtum des Volkes zu verdanken sind (26). Spuren der Volksfrömmigkeit lassen sich auch in einigen urtümlichen Ausdrucksformen der Verehrung der seligen Jungfrau Maria finden (27), darunter das Gebet Sub tuum praesidium (“unter deinen Schutz und Schirm”) und die marianische Ikonographie der Priszilla-Katakomben in Rom.

Die Kirche hat immer streng auf die inneren Bedingungen und die Beschaffenheit des Umfeldes für eine würdige Feier der göttlichen Geheimnisse geachtet (vgl. 1 Kor 11,17-32). Dennoch hatte sie keine Zweifel, Formen und Ausdrücke der individuellen, häuslichen und gemeinschaftlichen Frömmigkeit den liturgischen Riten einzuverleiben.

In dieser Epoche gab es zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit keinen Widerspruch, weder grundsätzlich noch in pastoraler Hinsicht: Beide verbinden sich harmonisch zur Feier des einzigen Geheimnisses Christi, das einzig und allein betrachtet wird, um das übernatürliche Leben und das sittliche Verhalten der Jünger des Herrn zu stützen.

24. Vom vierten Jahrhundert an befand sich die Kirche in einer neuen gesellschaftlichen Situation. Die Frage nach dem Verhältnis von liturgischen und volksfrommen Ausdrucksformen stellt sich in Begriffen nicht nur spontaner Konvergenz, sondern auch bewusster Anpassung und Inkulturation.

Die verschiedenen Ortskirchen – von klaren Zielsetzungen der Evangelisierung und Seelsorge geleitet – scheuten nicht davor zurück, kultische Formen aus der heidnischen Welt nach erforderlicher Reinigung bei den Feiern und Festen in die Liturgie zu übernehmen.

Diese Formen konnten die Gemüter aller Mitfeiernden begeistern und die Vorstellungen in eine Richtung lenken, zu der sich das Volk hingezogen fühlte. Für die Verehrung der christlichen Mysterien wusste man sich solche Formen dienstbar zu machen, die nicht im Gegensatz zur Wahrheit des Evangeliums oder zur Reinheit des echten christlichen Kultes zu stehen schienen. Vielmehr zeigte sich, dass allein aus dem Christus als wahren Gott und wahren Erlöser dargebrachten Kult viele Ausdrucksformen hervorgegangen sind, die, einem tiefen religiösen Sinn des Menschen entstammend, einst falschen Götzen und falschen Erlösern gezollt worden waren.

25. Im vierten und fünften Jahrhundert macht sich der Sinn für heilige Zeiten und Orte stärker bemerkbar. Zunächst setzten die Ortskirchen – neben der Berufung auf neutestamentliche Daten wie auf den “Tag des Herrn”, die österlichen Festlichkeiten, die Zeiten des Fastens (vgl. Mk 2,18-22) – besondere Tage fest, um bestimmte Heilsgeheimnisse Christi zu feiern, wie etwa Epiphanie, Weihnachten, Himmelfahrt; ebenso Tage, um die Gedächtnisse der Blutzeugen an ihrem dies natalis (Geburtstag) zu ehren, um an den Heimgang ihrer Hirten beim Jahresgedächtnis, des dies depositionis (Begräbnistag) zu erinnern, um einige Sakramente zu spenden oder feierliche Verpflichtungen für ihr Leben einzulösen. Um einen Ort zu heiligen, an dem die Gemeinde zur Feier der göttlichen Geheimnisse zusammengerufen wurde und der bisweilen dem heidnischen Kult oder einfach der profanen Nutzung entzogen wurde, hat man ihn ausschließlich dem göttlichen Kult geweiht. Auch durch die architektonische Gestaltung der Räumlichkeiten wurde so aus ihm ein Abglanz des Geheimnisses Christi und eine Darstellung der feiernden Kirche.

26. In dieser Epoche schreitet der Prozess einer Ausformung und konsequenten Differenzierung der verschiedenen liturgischen Familien voran. Aus Gründen der Sprache, der theologischen Überlieferung und der spirituellen Sensibilität des gesellschaftlichen Umfeldes feiern die bedeutendsten Metropolitankirchen den einzigen Kult des Herrn nach verschiedenen kulturellen und volkstümlichen Vorgaben. Dies führte mehr und mehr zur Schaffung liturgischer Systeme, von denen jedes bezüglich der gottesdienstlichen Feier seinen eigenen Stil und seinen eigenen Komplex von Texten und Riten hatte. Interessanterweise wurden bei der Ausformungen der liturgischen Riten in den so genannten “goldenen Zeiten” die Beiträge aus dem Volk nicht als Fremdkörper ausgeschieden.

Andererseits griffen Bischöfe und regionale Synoden ein, wenn es um den Gottesdienst ging, indem sie Normen festlegten, welche über die dogmatische Korrektheit der Texte und ihre formale Schönheit wachen und ihre Plazierung im Gottesdienst bewerten sollten (28). Derartige Maßnahmen führten zur Ausbildung eines liturgischen Regelwerks von nunmehr festgelegten Formeln, in denen die ursprüngliche – freilich nicht willkürliche – Kreativität notwendigerweise gedämpft wird. Darin erkennen einige Wissenschaftler eine Ursache für die spätere Vermehrung der Texte für die private und volkstümliche Frömmigkeit.

27. Das Pontifikat des heiligen Gregors des Großen (590-604), eines hervorragenden Hirten und Liturgikers, gilt als für einen fruchtbaren Bezug zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit. Dieser Papst leistete nämlich einen intensiven Beitrag für die Liturgie. Er war darauf ausgerichtet, dem römischen Volk Prozessionen, Stationsgottesdienste, Bittgottesdienste, also Strukturen zu geben, die dem Volksempfinden entsprachen, die aber in den Bereich der Feier der göttlichen Geheimnisse fest eingebunden waren. Er erteilte weise Direktiven, damit die Bekehrung der zugewanderten Völker zur Frohen Botschaft nicht zum Schaden ihrer kulturellen Traditionen gereiche. Im Gegenteil: Die Liturgie sollte durch neue berechtigte kultische Ausdrucksformen bereichert werden. Er sicherte den einheitlichen Sinn des christlichen Kultes, indem er ihn fest in der Osterfeier verankerte, wenn auch verschiedene Ereignisse des einzigen Heilsgeheimnisses wie Weihnachten, Epiphanie und Himmelfahrt … besondere Festanlässe blieben und sich bis zur Heiligenverehrung hin ausbreiteten. Im Mittelalter

28. Im christlichen Osten, besonders im byzantinischen, präsentiert sich das Mittelalter als eine Zeit des Kampfes gegen die Häresie des Ikonoklasmus, die durch zwei Phasen (725-787 und 815-843) gekennzeichnet ist. Diese Zeit ist auch eine “Wasserscheide” in Bezug auf die Entwicklung der Liturgie, der klassischen Kommentare über die eucharistische Liturgie sowie der Ikonographie der Gotteshäuser.

Im liturgischen Bereich nimmt der hymnographische Schatz beträchtlich zu, und die Riten erhalten ihre endgültige Form. Die Liturgie spiegelt die symbolische Sicht des Universums sowie die hierarchische und sakrale Konzeption der Welt wider. In ihr vereinigen sich die Stände der christlichen Gesellschaft, die Ideale und die Strukturen des Mönchtums, die Bestrebungen des Volkes, die Intuitionen der Mystiker und die Lebensregeln der Asketen. Nach der Überwindung des Ikonoklasmus durch das Dekret De sacris imaginibus des Zweiten Ökumenischen Konzils von Nizäa (787) (29) – ein Sieg, der im “Triumph der Orthodoxie” (843) gefestigt wurde – entwickelte sich die Ikonographie weiter. Sie gab sich eine endgültige Form und eine theologische Legitimation. Die Ikone – hieratisch und von großer symbolischer Ausstrahlungskraft – wurde selber Teil der liturgischen Feier: Sie bildet das gefeierte Geheimnis ab und stellt es als bleibende Gegenwart dem gläubigen Volk vor.

29. Im Abendland eröffnet schon seit dem fünften Jahrhundert die Begegnung zwischen dem Christentum und den neuen Völkern, vor allem den Kelten, Ostgoten, Angelsachsen und franko-germanischen Stämmen, einen Raum für die Bildung neuer Kulturen, neuer politischer und ziviler Institutionen, die bis ins hohe Mittelalter währen sollte.

In der weiten Zeitspanne vom siebten bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts macht sich eine betonte Unterscheidung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit schrittweise fest bis hin zur Schaffung eines Dualismus gottesdienstlicher Feiern: Parallel zur Liturgie in lateinischer Sprache entwickelt sich eine gemeinschaftliche Volksfrömmigkeit, die sich in der jeweiligen Volkssprache ausdrückt.

30. Die Gründe dafür, dass sich in jener Zeit dieser Dualismus durchsetzte, sind folgende: die Idee, dass die Liturgie vorwiegend in der Zuständigkeit des Klerus lag, während die Laien fast nur noch Zuschauer waren; die strenge Aufgabenverteilung in der damaligen christlichen Gesellschaft – Kleriker, Mönche, Laien – eröffnete einen Raum für unterschiedliche Gebetsstile; die unterschiedliche und sich in Einzelheiten auflösende Betrachtung der verschiedenen Aspekte des einen und einzigen Christusmysteriums gerade im Bereich der Liturgie und der Ikonographie. Einerseits war es Ausdruck einer liebevollen Zuwendung zum Leben und Wirken des Herrn, andererseits erschwerte es die explizite Wahrnehmung des zentralen Ostergeheimnisses und begünstigte die Vermehrung von Feierformen nach der Gemütsart des Volkes;

die ungenügende Kenntnis der Heiligen Schrift – nicht nur bei den Laien, sondern auch bei vielen Klerikern und Ordensleuten – erschwerte den Zugang zum nötigen Verständnis der Strukturen und der symbolischen Aussagekraft der Liturgie;

dagegen übte die Verbreitung einer apokryphen Literatur, reich an Wundergeschichten und anekdotischen Episoden, einen beträchtlichen Einfluss auf die Ikonographie aus und belebte die Vorstellungskraft der Gläubigen, deren Augenmerk angezogen wurde;

die Seltenheit von Predigten nach Art der Homilien, das fast völlige Verschwinden der mystagogischen Unterweisung und die ungenügende katechetische Ausbildung führten dazu, dass die liturgische Feier dem Verständnis und damit der tätigen Teilnahme der Gläubigen verschlossen blieb, die konsequenterweise nach alternativen kultischen Ausdrucksformen suchten;

die Tendenz zur Allegorisierung, die eine übertriebene Auslegung der Texte des Ritus betrieb, entfremdete die Gläubigen von der wahren Natur der Liturgie; der Zulauf zu ausdrücklich volksnahen Formen und Strukturen war gleichsam eine unbewusste Schadloshaltung einer Liturgie, die für viele unverständlich und für das einfache Volk unnahbar geworden war.

31. Im Mittelalter entstanden und entwickelten sich viele geistliche Bewegungen und Vereinigungen von unterschiedlicher juridischer und kirchlicher Verfassung, deren Lebendigkeit und Aktivitäten bemerkenswerte Folgen für die Beziehungen zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit hatten.

So wählten zum Beispiel neue, auf ein evangelisch-apostolisches Leben ausgerichtete und der Verkündigung zugetane Ordensgemeinschaften schlichtere Formen als die Mönchsorden. Sie hatten damit eine größere Nähe zum Volk und zu seinen Ausdrucksformen. Andererseits schufen sie auch eigene Andachtsübungen, in denen sie ihr Charisma ausdrückten und den Gläubigen vermittelten.

Religiöse Bruderschaften mit gottesdienstlichen und karitativen Zielsetzungen sowie Berufsvereinigungen von Laien bilden den Wurzelgrund für gewisse liturgische Aktivitäten von volksnahem Charakter: Sie errichteten Kapellen für ihre gottesdienstlichen Versammlungen, suchten sich Patrone und feierten ihre Feste, sie verfassten nicht selten zum eigenen Gebrauch kleine, offizielle Gebetstexte und andere Gebetsformulare, in denen sich der Einfluss der Liturgie und auch die Präsenz aus der Volksfrömmigkeit kommender Elemente zeigt. Die Schulen der Spiritualität ihrerseits, die für das kirchliche Leben zum wichtigen Bezugspunkt wurden, beseelten existentielle Haltungen und Möglichkeiten, das eigene Leben im Licht Christi und des Heiligen Geistes zu verstehen. Diese haben einige Feierformen (zum Beispiel die Episoden der Leidensgeschichte Christi) nicht wenig beeinflusst und stehen am Ursprung vieler Gebetsformen.

Die zivile Gesellschaft, die sich nach dem Vorbild einer societas christiana gestaltet hatte, formte einige ihrer Strukturen nach kirchlichem Modell, und bisweilen liefen auch die Lebensrhythmen nach den liturgischen Rhythmen. Ein Beispiel: Das Läuten der Abendglocke war für die Bürger Zeichen, von der Feldarbeit in die Stadt zurückzukehren, verbunden mit der Einladung, der Jungfrau Maria einen Gruß zu entrichten.

32. Das ganze Mittelalter hindurch entstanden und entwickelten sich schrittweise viele Formen der Volksfrömmigkeit. Viele davon reichen bis in unsere Zeit:

Man führte religiöse Schauspiele auf, die sich vornehmlich mit den Feiern der Mysterien im Ablauf des Jahres befassen. An erster Stelle rangieren die heilbringenden Ereignisse der Geburt Christi und seine Passion, sein Tod und seine Auferstehung.

Es wuchs eine volkssprachliche Poesie, die breite Anwendung im Bereich der Volksfrömmigkeit fand und die Beteiligung der Gläubigen begünstigte.

Es entwickelten sich zu manchen liturgischen Ausdrucksformen alternative oder parallele Devotionsformen. So wurde zum Beispiel die selten empfangene eucharistische Kommunion mit verschiedenen Formen der Anbetung des heiligsten Sakramentes kompensiert. Im ausgehenden Mittelalter tendierte man dahin, das Psalmengebet durch den Rosenkranz zu ersetzen. Die Andachtsübungen, die am Karfreitag zu Ehren des Leidens des Herrn verrichtet wurden, ersetzten für viele Gläubigen die eigentliche Liturgie dieses Tages.

Die volkstümlichen Formen der Verehrung der seligen Jungfrau Maria und der Heiligen vermehrten sich: Pilgerfahrten zu den heiligen Orten Palästinas und an die Gräber der Apostel und Blutzeugen, die Verehrung von Reliquien, Litaneien und Fürbitten für die Verstorbenen. Es entwickelten sich in beträchtlichem Ausmaß Segensriten, in denen zusammen mit Elementen des unverfälschten christlichen Glaubens auch solche enthalten waren, die naturalistisches Denken sowie vorchristliche Glaubenshaltungen und volkstümliche Praktiken widerspiegeln.

Es bildeten sich aus volkstümlichem Ursprung die Anfänge jener “heiligen Zeiten”, die man an den Rand des Rhythmus des liturgischen Jahres stellte: Markttage mit religiösen und profanen Veranstaltungen, Triduen, Wochenzyklen, Oktaven und Novenen, Monate, die verschiedenen Formen der Andacht gewidmet waren.

33. Die Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit war im Mittelalter beständig und komplex zugleich. Eine doppelte Bewegung lässt sich erkennen: Die Liturgie inspirierte und befruchtete die Volksfrömmigkeit. Umgekehrt wurden Formen der Volksfrömmigkeit von der Liturgie übernommen und in sie integriert. Dies betrifft vor allem die Riten der Weihe von Personen, der Übernahme von persönlichen Verpflichtung und der Weihe von religiösen Stätten sowie die Festlegung von Festen und Feierlichkeiten und das weite Feld sonstiger Segnungen. Allenthalben herrschte ein gewisser Dualismus zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit. Gegen Ende des Mittelalters machten beide eine Krise durch: In der Liturgie erhielten sekundäre Bestandteile durch den Bruch der gottesdienstlichen Einheit eine übertriebene Bedeutung, die zu Lasten der zentralen Elemente ging. Hinsichtlich der Volksfrömmigkeit bedrohten aufgrund einer nicht tief genug reichenden Katechese Abweichungen und Übertreibungen die rechte gottesdienstliche Ausdrucksweise des christlichen Glaubens.

In der Neuzeit

34. An ihren Anfängen war die Neuzeit keine günstige Zeit für eine ausgewogene Lösung des Verhältnisses zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begünstigte die devotio moderna, die über meisterhafte Zeichen eines geistlichen Lebens verfügte und eine bemerkenswerte Ausstrahlung auf den Klerus und die gebildeten Laien hatte, die Entstehung von meditativen und affektiven Andachtsübungen, welche als wichtigsten Bezugspunkt die Menschheit Christi hatten: die Mysterien seiner Kindheit, sein verborgenes Leben, sein Leiden und sein Sterben. Die Betonung der Kontemplation und Subjektivität, verbunden mit übertriebener Askese, bewirkte jedoch, dass die Männer und Frauen jener Zeit, die von spiritueller Größe geprägt waren, nicht die Liturgie als erste Quelle des christlichen Lebens ansahen.

35. Als typischer Ausdruck der devotio moderna) gilt das berühmte Werk De imitatione Christi (“Nachfolge Christi”), das einen außergewöhnlichen und heilbringenden Einfluss auf viele Jünger des Herrn ausgeübt hat, welche die christliche Vollkommenheit zu erreichten wünschten. De imitatione Christi stellt den Gläubigen eine stärker individuelle Frömmigkeit vor Augen, bei der die Distanz zur Welt betont und eingeladen wird zum Hören auf die Stimme des inneren Meisters. Offenbar ließ man den gemeinschaftlichen und kirchlichen Gesichtspunkten des Gebetes und einer liturgischen Frömmigkeit weniger Raum. Im Umfeld der devotio moderna finden sich viele Andachtsübungen von guter Machart, kultische Ausdrucksformen von wahrhaft frommen Personen. Dennoch fand man nur selten zu einer vollen Wertschätzung der liturgischen Feier.

36. Am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts stellte sich aufgrund der großen Entdeckungen neuer Erdteile – in Afrika, in Amerika und im Fernen Osten – die Frage nach der Beziehung von Liturgie und Volksfrömmigkeit in ganz neuen Dimensionen. Das Werk der Evangelisierung und der Katechese in den vom kulturellen und gottesdienstlichen Zentrum des römischen Ritus weit entfernten Ländern erfolgte gewiss durch die Verkündigung des Wortes und durch die Feier der Sakramente (vgl. Mt 28,19), aber auch durch Andachtsübungen, die von den Missionaren verbreitet wurden. Die Andachtsübungen wurden nämlich Mittel zur Verkündigung der Frohen Botschaft und zur Bewahrung des christlichen Glaubens. Aufgrund der Normen, die die römische Liturgie schützen sollten, gab es nur selten eine Vermischung von Liturgie und Eingeborenenkultur (in gewisser Weise ist dies allerdings in den Reducciones von Paraguay geschehen). Die Begegnung mit jenen Kulturen konnte sich jedoch mühelos im Umkreis der Volksfrömmigkeit vollziehen.

37. Zu den eifrigsten Männern einer gründlichen Kirchenreform gehörten anfang des 16. Jahrhunderts die Kamaldulensermönche Paul Giustiniani und Peter Querini, Autoren des Libellus ad Leonem X (30). Es enthält wichtige Anleitungen zur Wiederbelebung der Liturgie, deren Schätze dem ganzen Volk Gottes zugänglich gemacht werden sollen: die in erster Linie biblische Unterweisung für Klerus und Ordensleute, die Übernahme der Muttersprache in der Feier der göttlichen Geheimnisse, die Neuordnung der liturgischen Bücher, die Entfernung von unreinen, einer falschen Volksfrömmigkeit entstammenden Elementen, eine Katechese, die darauf zielt, auch den Gläubigen den Wert der Liturgie zu vermitteln.

38. Kurz nach Abschluss des Fünften Laterankonzils (16. März 1517), das einige Verlautbarungen über die Hinführung der Jugend zur Liturgie erließ (31) , begann die durch den Protestantismus ausgelöste Krise. Seine Anhänger hatten nicht wenige Einwände gegen wesentliche Punkte der katholischen Lehre hinsichtlich der Sakramente und des kirchlichen Gottesdienstes, einschließlich der Volksfrömmigkeit.

Das Konzil von Trient (1545-1563) hatte die Herausforderung zu bewältigen, die dem Volk Gottes durch die Ausbreitung des Protestantismus entstanden war. In drei Phasen setzte es sich mit den Fragen der Liturgie und der Volksfrömmigkeit unter dogmatischem und liturgischem Aspekt auseinander. In der gegebenen geschichtlichen Situation und angesichts der dogmatischen Natur der Themen, die es zu behandeln hatte, griff es vornehmlich Fragen liturgisch-sakramentaler Natur aus lehrmäßiger Sicht auf (32): Das geschah hauptsächlich, um Irrtümer zu brandmarken und Missbräuche zu verurteilen sowie den Glauben und die liturgische Überlieferung der Kirche zu verteidigen. Das Konzil widmete sich auch den Problemen hinsichtlich der liturgischen Unterweisung des Volkes, indem es in dem Dekret De reformatione generali (33) ein seelsorgliches Programm vorschlug, mit dessen Umsetzung es den Apostolischen Stuhl und die Bischöfe betraute.

39. Getreu den Konzilsbeschlüssen hielten zahlreiche Kirchenprovinzen Synoden ab, bei denen das Bemühen deutlich sichtbar wurde, die Gläubigen wirksam an der Feier der göttlichen Geheimnisse zu beteiligen. Die Päpste ihrerseits unternahmen eine breit angelegte Reform der Liturgie: In relativ kurzer Zeit, von 1568 bis 1614, wurden der Kalender und die Messbücher des römischen Ritus einer Revision unterzogen (34). Im Jahr 1588 wurde die Heilige Ritenkongregation zum Schutz und zur rechten Ausführung der liturgischen Feiern der römischen Kirche gegründet (35). Als Element der pastoral-liturgischen Bildung hatte der Catechismus ad parochos seine eigene Funktion.

40. Aus der Reform nach dem Konzil von Trient gingen für die Liturgie vielfältige Segnungen hervor: Nicht wenige Riten wurden auf die “ursprüngliche Norm der Kirchenväter” (36) zurückgeführt, wenn auch den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Epoche entsprechend begrenzt. Elemente und der Liturgie fremde Überstrukturen, die in übertriebenem Maße an Gefühl und Mentalität des Volkes gebunden waren, wurden beseitigt. Der dogmatische Gehalt der Texte wurde überprüft, damit sie die Reinheit des Glaubens widerspiegeln konnten. Es wurde eine bemerkenswerte Einheitlichkeit im Bereich der römischen Liturgie erreicht, die so ihre ursprüngliche Würde und Schönheit wieder erlangte.

Indirekt gab es aber auch negative Folgen: Die Liturgie schien zu erstarren, was mehr von der Einhaltung der sie reglementierenden Rubriken herrührte als von ihrer Natur. Bei ihrem Vollzug schien sie – was das handelnde Subjekt betraf – ausschließlich hierarchisch zu sein. Dies wiederum begann den Dualismus zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit zu verstärken.

41. Die katholische Reform begünstigte bei ihrem positiven Einsatz für die dogmatische, moralische und institutionelle Erneuerung der Kirche und in ihrer Absicht, der Entwicklung des Protestantismus entgegenzutreten, gewissermaßen die komplexe Kultur des Barock. Dies übte seinerseits einen beträchtlichen Einfluss auf literarische, künstlerische und musikalische Ausdrucksformen der katholischen Frömmigkeit aus.

Die Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit zeigte in der nachtridentinischen Epoche neue Seiten: Die Liturgie trat in eine Periode von substantieller Uniformität und statischer Unveränderlichkeit ein. Im Gegensatz dazu nahm die Volksfrömmigkeit eine außerordentliche Entwicklung.

Innerhalb gewisser Grenzen, die notwendig waren, um über das Entstehen von übertriebenen oder allzu phantastischen Formen zu wachen, förderte die katholische Reformbewegung die Entstehung und Verbreitung von Andachtsübungen. Diese erwiesen sich als wichtiges Mittel zur Verteidigung des katholischen Glaubens und als Nahrung für die Frömmigkeit der Gläubigen. Man denke beispielsweise an die Entwicklung der Bruderschaften, die sich den Geheimnissen der Leiden des Herrn, der Jungfrau Maria oder der Heiligen widmeten. Sie hatten ein dreifaches Anliegen: Buße, Unterweisung der Laien und karitative Werke. Aus dieser Volksfrömmigkeit erwuchsen wunderschöne Bilder voller Gefühle, deren ständige Betrachtung den Glauben und die religiöse Erfahrung der Gläubigen nährte.

Auch die “Volksmissionen”, die in dieser Epoche entstanden, lieferten ihren Beitrag zur Verbreitung von Andachtsübungen. Bei diesen Missionen standen Liturgie und Volksfrömmigkeit nebeneinander, wenn auch in einem gewissen Ungleichgewicht: Sie verfolgten in erster Linie das Ziel, die Gläubigen auf den Empfang des Bußsakramentes und der eucharistischen Kommunion vorzubereiten. Dabei empfahlen sie mit Übereifer Andachtsübungen als Mittel zur Bekehrung und als kultische Elemente, an denen das Volk aktiv teilnehmen konnte.

Die Andachtsübungen wurden häufig in Gebetbüchern gesammelt und geordnet, die mit kirchlicher Approbation wahre und eigentliche gottesdienstliche Hilfen für verschiedene Gelegenheiten des Tages, Monats und Jahres sowie für unzählige Lebenslagen waren. Die Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit im Zeitalter der katholischen Reform lässt sich aber nicht nur in den Koordinaten Statik und Dynamik darstellen, sie war wesentlich komplexer und kannte auch anomale Situationen: Die Andachtsübungen vollzogen sich zuweilen innerhalb der liturgischen Handlungen und überwucherten sie. Sie nahmen in der Pastoral gegenüber der Liturgie einen bevorzugten Platz ein. Auf diese Weise kam es zu einer Loslösung von der Heiligen Schrift. Außerdem geriet die zentrale Bedeutung des Österlichen Geheimnisses Christi – Fundament, Angel- und Höhepunkt der ganzen christlichen Gottesverehrung, die ihren bevorzugten Ausdruck am Sonntag hat, – in den Hintergrund.

42. In der Epoche der Aufklärung wurde der Abstand zwischen einer “Religion der Gebildeten”, nach ihrem Vermögen in der Nähe der Liturgie angesiedelt, und einer “Religion der Einfachen”, die ihrer Eigenart gemäß der Volksfrömmigkeit näher steht, hervorgehoben. Obwohl die religiöse Praxis der Gebildeten und des Volkes gleich war, konnten sich die “Gebildeten” dabei auf Intelligenz und Wissen stützen und der Volksfrömmigkeit gegenüber abgeneigt, die in ihren Augen von Aberglauben und Fanatismus gespeist war.

So nahm die Liturgie jene aristokratische Geisteshaltung an, welche in jener Zeit das ganze kulturelle Leben prägte. Der enzyklopädische Geist der Epoche förderte zudem die Wissenschaft und den kritischen Verstand und regte die Forschung zur Veröffentlichung von alten liturgischen Quellen an. Auch der asketische Geist einiger Bewegungen unter dem Einfluss der Jansenisten, die eine Rückkehr zur Reinheit der antiken Liturgie forderten, spielte eine Rolle. Obwohl die Kirche unter der besonderen kulturellen Geisteshaltung litt, war ein neues Interesse an der Liturgie erwacht, genährt vom seelsorglichen Interesse gegenüber Klerus und Laien, zum Beispiel in Frankreich zu Beginn des 17. Jahrhunderts.

Die Kirche richtete in vielen pastoralen Handlungen ihre Aufmerksamkeit auf die Volksfrömmigkeit. Sie intensivierte jene Art von apostolischer Aktivität, die dazu neigte, Liturgie und Volksfrömmigkeit zu verbinden. So wurde zum Beispiel zu bedeutenden liturgischen Zeiten wie der Fastenzeit und am Sonntag gepredigt, hier hatte die Erwachsenenkatechese ihren Platz. Sie war darauf ausgerichtet, die Gläubigen zum Empfang des Sakramentes der Versöhnung und zum Besuch der Sonntagsmesse zu mahnen sowie ihnen den Wert des Sakramentes der Krankensalbung und der Wegzehrung zu erklären.

Ebenso wie in der Vergangenheit erwies sich die Volksfrömmigkeit als wirksames Mittel, um negative Einwirkungen des Protestantismus einzudämmen. Nun war sie auch fähig, die verderblichen Wirkungen des Rationalismus und die schädlichen Folgen des Jansenismus im Innern der Kirche abzuwehren. Durch diese Einsatzbereitschaft und durch die weitere Entwicklung der Volksmissionen wurde die Volksfrömmigkeit gestärkt: Einige Gesichtspunkte der christlichen Geheimnisse wurden auf neue Weise betont, wie zum Beispiel das Herz Jesu. Daneben bereicherten besondere neue “Tage” wie die neun “Erstfreitags”-Monate die Frömmigkeit der Gläubigen.

Des Weiteren muss im 18. Jahrhundert der Arbeit von Ludovico Antonio Muratori gedacht werden, der seine wissenschaftlichen Studien mit den neuen pastoralen Bemühungen verbinden konnte. In seinem berühmten Werk Della regolata devozione dei cristiani (“Die neue Andacht der Christen”) entwarf er eine Religiosität, die auf der Liturgie und der Heiligen Schrift basierte und sich von jedem Aberglauben und jeder Magie fernhielt. Erleuchtet war auch das Werk von Papst Benedikt XIV. (Prospero Lambertini), dem die wichtige Initiative zu verdanken ist, den Gebrauch der Bibel in der Volkssprache zu erlauben.

43. Die katholische Reform hatte die Strukturen und die Einheit des Ritus der römischen Kirche gefestigt. So verbreitete die römische Kirche, die im 18. Jahrhundert eine gewaltige missionarische Ausbreitung erfuhr, ihre Liturgie zusammen mit ihrer Organisationsstruktur bei den Völkern, denen sie die Frohe Botschaft verkündete.

Im 18. Jahrhundert sah in den Missionsländern die Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit ähnlich aus wie schon im 16. und 17. Jahrhundert:

Die Liturgie behielt unversehrt ihre römische Beschaffenheit, weil sich unter anderem aus Furcht vor negativen Erschütterungen auf dem Gebiet des Glaubens das Problem der Inkulturation kaum stellte. In dieser Hinsicht müssen die lobenswerten Anstrengungen des Matteo Ricci bezüglich der chinesischen Riten und des Roberto de’ Nobili bezüglich der indischen Riten genannt werden. Die römische Liturgie blieb zumindest in Teilen der einheimischen Bevölkerung fremd.

Die Volksfrömmigkeit einerseits lief Gefahr, einen religiösen Synkretismus anzunehmen, vor allem dort, wo die Evangelisierung noch nicht so tief eingedrungen war. Andererseits wurde sie aber auch schrittweise selbständig und reifer: Man beschränkte sich nicht auf Andachtsübungen, die von den Boten des Evangeliums verbreitet worden waren, sondern schuf andere Formen, welche auch Elemente der örtlichen Kultur aufnahmen.

In der heutigen Zeit

44. Nach der Überwindung der Krise der französischen Revolution mit ihrer Absicht, den katholischen Glauben zu entwurzeln und sich offen dem christlichen Kult zu widersetzen, kam es im 19. Jahrhundert zu einer bemerkenswerten Wiedergeburt der Liturgie.

Vorbereitet wurde sie durch eine kraftvolle Bestätigung der Ekklesiologie. Diese stellte die Kirche nicht nur als eine hierarchisch geordnete Gesellschaft dar, sondern auch als Volk Gottes und als Gottesdienstgemeinschaft. Neben dem Erwachen eines Bewusstseins für die Bedeutung der Kirche sind als Vorzeichen einer liturgischen Wiedergeburt das Erblühen der biblischen und patristischen Studien zu nennen sowie die kirchliche und ökumenische Ausrichtung von Männern wie Antonio Rosmini († 1855) und John Henry Newman († 1890). Besondere Aufmerksamkeit im Prozess der liturgischen Erneuerung verdient Abt Prosper Guéranger († 1875) als Erneuerer des Mönchtums in Frankreich und Gründer der Abtei Solesmes: Seine Vision der Liturgie war tief von der Liebe zur Kirche und ihrer Tradition durchdrungen. Seine Sicht der römischen Liturgie, die er für einen unverzichtbaren Faktor der Einheit hielt, führte ihn sogar zum Widerstand gegen altehrwürdige, aber nichtrömische liturgische Ausdrucksweisen. Ihm kommt das große Verdienst zu, eine liturgische Renaissance gefördert zu haben, die sich nicht auf eine akademische Bewegung beschränkte, sondern eine Liturgie zum Ziel hatte, die für das Empfinden und die Teilnahme des gesamten Volkes Gottes offen war.

45. Das 19. Jahrhundert war nicht nur vom Wiedererwachen der Liturgie geprägt, sondern auch von einem bisweilen autonomen Anwachsen der Volksfrömmigkeit. Das Aufblühen des liturgischen Gesangs verband sich mit Schöpfungen neuer Volksweisen. Und mit der Verbreitung liturgischer Hilfsmittel wie der zweisprachigen Messbücher für den Gebrauch des Volkes ging die Verbreitung kleinerer Andachtsbücher einher.

Die gleiche Kultur der Romantik, die die Empfindungen und die religiösen Seiten des Menschen stark angesprochen hatte, begünstigte die Forschung, das Verstehen und Aufwerten des volkstümlichen Elements auch im Bereich des Gottesdienstes.

Hinzu kommt im selben Jahrhundert ein Phänomen von weitreichender Bedeutung: Örtliche Ausprägungen der Volksfrömmigkeit, die in Bezug auf wundersame Geschehnisse – zum Beispiel Wunder und Erscheinungen … – vom Volk initiiert worden waren, wurden nach und nach offiziell anerkannt, erhielten die Gunst und den Schutz der kirchlichen Autorität und fanden sogar Aufnahme in die Liturgie selbst. In dieser Hinsicht sind bestimmte Heiligtümer, Wallfahrtsziele, Zentren der Buß- und Eucharistieliturgie sowie Stätten der Volksfrömmigkeit und Marienverehrung symptomatisch.

Dennoch war im 19. Jahrhundert das Verhältnis zwischen der Liturgie, die sich in einer Phase des Aufschwungs befand, und der Volksfrömmigkeit, die sich weiter ausbreitete, durch einen negativen Faktor getrübt: Wie schon in der katholischen Reform wurden volksfromme Andachtsübungen gegenüber liturgischen Handlungen bevorzugt.

46. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm sich der heilige Papst Pius X. (1903-1914) vor, die Gläubigen wieder mehr zur Liturgie hinzuführen und diese “volksnäher” werden zu lassen. Er war der Ansicht, dass die Gläubigen sich den “wahren christlichen Geist” dadurch aneignen, dass sie aus “seiner ersten und unerschöpflichen Quelle” schöpfen, nämlich durch die aktive Teilnahme an den allerheiligsten Geheimnissen und am öffentlichen feierlichen Gebet der Kirche” (37). Zweifellos trug Pius X. so mit dazu bei, den objektiven Vorrang der Liturgie gegenüber allen anderen Frömmigkeitsformen zu betonen. Er wandte sich gegen die Vermischung von Volksfrömmigkeit und Liturgie, begünstigte indirekt die klare Unterscheidung zwischen beiden und machte so den Weg frei für ein rechtes Verständnis ihrer gegenseitigen Beziehung. Es entstand und wuchs die “Liturgische Bewegung”, gefördert von herausragenden Gestalten in Wissenschaft, Frömmigkeit und Liebe zur Kirche. Die Liturgische Bewegung nimmt einen bedeutenden Platz im Leben der Kirche des 20. Jahrhunderts ein, zumal die Päpste in ihr das Wirken des Heiligen Geistes erkannt haben (38). Das oberste Ziel der führenden Köpfe der Liturgischen Bewegung (39) war pastoraler Natur: in den Gläubigen das Verstehen und die Liebe zur Feier der göttlichen Geheimnisse zu entflammen, in ihnen das Bewusstsein wach zu rufen, dass sie zum priesterlichen Volk Gottes gehören (vgl. 1 Petr 2,5).

Von daher ist es verständlich, dass strenge Vertreter der Liturgischen Bewegung die Auswüchse der Volksfrömmigkeit mit Argwohn beobachteten und in ihnen einen Grund für den Verfall der Liturgie sahen. Ihrer Meinung nach hatten die Missbräuche, die durch Überordnung der Andachtsübungen über die Liturgie entstanden waren, dazu geführt, die Liturgie durch volksnahe gottesdienstliche Ausdrucksweisen zu ersetzen. Darüber hinaus wollten sie die Reinheit des göttlichen Kultes wiederherstellen, indem sie die Liturgie der ersten Jahrhunderte der Kirche als ideales Vorbild und Maßstab ansahen. Dies hatte zur Folge, dass sie mittelalterliche Formen der Volksfrömmigkeit und solche, die in der nachtridentischen Epoche entstanden waren, oft radikal ablehnten.

Diese ablehnende Haltung trug jedoch nicht hinreichend der Tatsache Rechnung, dass volksfromme Ausdrucksformen – oftmals von der Kirche anerkannt und approbiert – dem geistlichen Leben vieler Gläubiger festen Halt gegeben und nicht abzuleugnende Früchte der Heiligkeit hervorgerufen hatten. Zudem hatten sie auf weiten Strecken zur Bewahrung des Glaubens und zur Verbreitung der christlichen Botschaft beigetragen. Deshalb hat sich Pius XII. in der Enzyklika Mediator Dei (21. November 1947) (40), jenem programmatischen Dokument, durch das er die Führung der Liturgischen Bewegung selbst in die Hand nahm, mit der katholischen Frömmigkeit der letzten Jahrhunderte gewissermaßen identifiziert. Auf diese Weise hat er sich gegen jene extreme ablehnende Haltung gewandt und die volksfrommen Andachtsübungen verteidigt.

Schließlich hat das Zweite Vatikanische Konzil in der Konstitution Sacrosanctum Concilium die Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit treffend beschrieben. Es hat den nicht zur Diskussion stehenden Vorrang der heiligen Liturgie und die Unterordnung der Andachtsübungen proklamiert, dabei aber dennoch deren bleibenden Wert betont. (41)

Liturgie und Volksfrömmigkeit: Aktuelle Problematik

47. Aus dem historischen Überblick geht hervor, dass die Frage nach der Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit sich nicht erst heute stellt. Das Problem ist im Lauf der Jahrhunderte auf je verschiedene Weise und in unterschiedlicher Begrifflichkeit immer wieder aufgegriffen worden. Dabei wurden sehr unterschiedliche Meinungen vertreten. Jetzt ist es nötig, aus der Lehre der Geschichte einige Leitlinien zu gewinnen, um auf die häufigen und dringenden pastoralen Fragen der Gegenwart antworten zu können.

Hinweise aus der Geschichte: Ursachen für das mangelnde Gleichgewicht

48. Die Geschichte zeigt vor allem, dass die rechte Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit immer dann gestört war, wenn in den Gläubigen das Bewusstsein für die wesentlichen Werte der Liturgie selbst geschwächt war. Gründe für diese Schwächung waren und sind:

ein zu schwach ausgebildetes Bewusstsein beziehungsweise eingeschränktes Verständnis des Ostermysteriums und seiner zentralen Stellung in der Heilsgeschichte sowie seiner Vergegenwärtigung in der christlichen Liturgie. Wo dies der Fall ist, orientieren sich die Gläubigen fast zwangsläufig an ihrer eigenen Frömmigkeit, ungeachtet der “Hierarchie der Wahrheiten”, die auf die anderen Heilsgeheimnisse des Lebens Christi oder auf die selige Jungfrau Maria, die Engel und die Heiligen angewandt werden muss;

mangelndes Verständnis für das Gemeinsame Priestertum, in dessen Kraft alle Gläubigen dazu befähigt sind, “durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen” (1 Petr 2,5; vgl. Röm 12,1), und in vollem Umfang gemäß ihrer Berufung am Gottesdienst der Kirche teilzuhaben. Dieser Mangel und das Phänomen, dass auch jene Vollzüge der Liturgie, die keinen geweihten Amtsträger voraussetzen, von Klerikern wahrgenommen werden, führt dazu, dass die Gläubigen sich statt dessen den Andachtsübungen zuwenden, an denen sie sich aktiv beteiligen können;

die Unkenntnis der der Liturgie eigenen Symbolsprache (Texte, Zeichen, Symbole, rituellen Gebärden etc.) bewirkt, dass ein Großteil der Gläubigen die Bedeutung der Feier nicht kennt. In ihnen mag der Eindruck entstehen, an der liturgischen Handlung nur als fremde Beobachter teilzuhaben. Von daher ist es verständlich, dass sie den Andachtsübungen den Vorzug geben, deren Sprache ihrer Kultur und ihrem Bildungsgrad entspricht und deren gottesdienstliche Formen den konkreten Erfordernissen und Situationen des täglichen Lebens näher stehen.

49. Jede dieser Tatsachen, die nicht selten im gleichen Umfeld nebeneinander existieren, stört die ausgewogene Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit zu Lasten der ersten und zur Verarmung der zweiten. Dies muss durch eine umsichtige und beständige katechetische und pastorale Tätigkeit korrigiert werden.

Im Gegenzug schaffen die liturgischen Erneuerungen sowie die Zunahme des Verständnisses für die Liturgie bei den Gläubigen die Möglichkeit einer neuen Verhältnisbestimmung von Liturgie und Volksfrömmigkeit. Dies ist ebenso wie eine tiefere Orientierung an der christlichen Frömmigkeit als positives Faktum zu werten.

Im Licht der Liturgiekonstituition

50. Die Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit wird in unserer Zeit vor allem im Licht der von der Konstitution Sacrosanctum Concilium erlassenen Richtlinien zu betrachten sein. Sie wurden dazu festgelegt, eine harmonische Beziehung zwischen beiden Ausdrucksformen der Frömmigkeit zu suchen. Dabei ist jedoch die Volksfrömmigkeit objektiv der Liturgie untergeordnet und auf sie ausgerichtet (42).

Deshalb muss vor allem vermieden werden, das Verhältnis von Liturgie und Volksfrömmigkeit als Gegensatz darzustellen oder auch beide als gleichwertig oder einander ersetzbar zu betrachten. Das Wissen um die vorrangige Bedeutung der Liturgie und die Suche nach echteren Ausdrucksweisen dürfen jedoch auch nicht dazu führen, die Volksfrömmigkeit zu vernachlässigen, gering zu achten oder gar als überflüssig oder schädlich für das gottesdienstliche Leben der Kirche anzusehen.

Die Nichtbeachtung beziehungsweise Missachtung der Volksfrömmigkeit führt zu unangemessener Bewertung einiger Aspekte des kirchlichen Lebens und scheint eher von ideologischen Vorurteilen als vom christlichen Glauben herzurühren. Folgende Haltungen zählen dazu:

Es wird zu wenig berücksichtigt, dass auch die Volksfrömmigkeit eine vom Geist bewegte und gestützte kirchliche Wirklichkeit ist (43), deren Funktion und Glaubwürdigkeit zu garantieren Aufgabe des Lehramtes ist.

Man beachtet nicht ausreichend die Früchte der Gnade und Heiligkeit, welche die Volksfrömmigkeit hervorgebracht hat und beständig in der kirchlichen Gemeinschaft hervorbringt.

Die Ablehnung ist nicht selten Ausdruck einer trügerischen Suche nach der “reinen Liturgie”. Abgesehen davon, dass hier nach subjektiven Kriterien Reinheit festgelegt wird, ist dies eher idealistisches Streben als geschichtliche Wirklichkeit, wie auch die weltliche Erfahrung lehrt. Die Missachtung rührt außerdem daher, dass oft eine wichtige Dimension des Menschen, nämlich das Gefühl, das völlig zu Recht viele Ausdrucksformen der liturgischen wie der volkstümlichen Frömmigkeit durchzieht, mit seiner Entartung, der Sentimentalität, verwechselt wird.

51. In der Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit begegnet man aber auch dem anderen Extrem: einer solchen Aufwertung der Volksfrömmigkeit, dass sie in der Praxis der Kirche schadet.

Es darf nicht verschwiegen werden, dass diese Meinung – die Liturgie sei nicht mehr “der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt” (44), sie sei vielmehr ein kultischer Ausdruck, der dem Verständnis und dem Gefühl des Volkes fremd ist; deshalb werde sie vernachlässigt, einer zweitrangigen Aufgabe zugeteilt oder für besondere Gruppen reserviert – dort, wo sie vorkommt, sei es real oder theoretisch, ernste pastorale Verirrung verursacht.

52. Die lobenswerte Absicht, die heutigen Menschen, vor allem, wenn sie keine hinreichende katechetische Ausbildung genossen haben, dem christlichen Kult anzunähern, und die aus der Inkulturation kommenden Schwierigkeiten, zum Beispiel die Anpassung von liturgischen Elementen und Strukturen an bestimmte Kulturen, dürfen weder theoretisch noch praktisch zur Entwertung der vorrangigen und grundsätzlichen Ausdrucksweise der Liturgie führen. Anstatt die wirklichen Schwierigkeiten mit Weitsicht und Ausdauer anzugehen, meint man, sie auf einfachste Weise lösen zu können.

53. Dort, wo Akte der Volksfrömmigkeit zu Lasten der liturgischen Handlungen praktiziert werden, hört man folgende Begründungen dafür:

Die Volksfrömmigkeit sei die geeignete Möglichkeit, um auf freie und spontane Art das “Leben” und seine vielfältigen Ausdrucksformen zu feiern. Die Liturgie dagegen, die das “Geheimnis Christi” zum Zentrum hat und von Natur aus anamnetisch ist, verhindere Spontaneität und erscheine wiederholend und formalistisch.

Der Liturgie gelinge es nicht, den glaubenden Menschen in seinem ganzen Sein, als Leib und Geist, zu erreichen. Dagegen spreche die Volksfrömmigkeit, die sich unmittelbar an den Menschen richtet, Leib, Herz und Geist gleichermaßen an.

Die Volksfrömmigkeit sei ein wirklicher und echter Raum für das Gebetsleben. Durch die Andachtsübungen führe der Gläubige einen wirklichen Dialog mit dem Herrn, in Worten, die er ganz versteht und als seine eigenen empfindet. Die Liturgie dagegen lege ihm Worte in den Mund, die seiner Welt oft fremd sind. Sie scheine ihn eher am Gebetsleben zu hindern. Die Feierform, in der sich die Volksfrömmigkeit ausdrückt, werde deshalb von vielen glaubenden Menschen angenommen und gewählt, weil sie mit ihrer Kulturwelt und Gebetssprache übereinstimme. Die Liturgie dagegen sei unverständlich, weil ihre Elemente einer Kultur entstammen, die man als fremd empfindet.

54. In all diesen Behauptungen wird in übertriebener und dialektischer Weise jener Unterschied betont, der – das lässt sich nicht abstreiten – in einigen Kulturkreisen zwischen den Ausdrucksformen der Liturgie und der Volksfrömmigkeit wirklich besteht. Auf jeden Fall sind solche Meinungen immer auch Zeichen dafür, dass das Wesen der christlichen Liturgie ernsthaft gefährdet, wenn nicht gar bereits seiner wesentlichen Inhalte beraubt ist.

Angesichts dieser Ansichten ist an das ernste Wort des letzten Konzils zu erinnern: “Jede liturgische Feier ist als Werk Christi, des Priesters, und seines Leibes, der die Kirche ist, in vorzüglichem Sinn heilige Handlung, deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht” (45).

55. Eine einseitige Übertreibung der Volksfrömmigkeit ohne angemessene Berücksichtigung der Liturgie ist unvereinbar mit der Tatsache, dass die wesentlichen Elemente der Liturgie auf den Stiftungswillen Jesu selbst zurückgehen. Auch übersieht sie deren unersetzbaren soteriologischen und doxologischen Wert. Seit der Aufnahme des Herrn in die Herrlichkeit des Vaters und seit der Sendung des Heiligen Geistes geschehen die vollkommene Verherrlichung Gottes und die Vermittlung des Heils an die Menschen in erster Linie in der liturgischen Feier (46). Diese fordert die Zustimmung des Glaubens und lässt den Glaubenden teilhaben am heilbringenden und fundamentalen Erlösungswerk: Leiden, Tod und Auferstehung Christi (vgl. Röm 6,2-6; 1 Kor 11,23-26).

In ihrem Selbstverständnis hinsichtlich des Geheimnisses der von ihr gefeierten, heilbringenden Liturgie steht für die Kirche unzweifelhaft fest, dass “sich in der Liturgie, besonders im heiligen Opfer der Eucharistie, ,das Werk unserer Erlösung vollzieht‘” (47). Das jedoch schließt die große Bedeutung anderer Frömmigkeitsformen nicht aus.

56. Die theoretische und praktische Geringschätzung der Liturgie wird unausweichlich zu einer Verdunklung der christlichen Sicht des Geheimnisses Gottes führen, der sich in seiner Barmherzigkeit dem gefallenen Menschen zuneigt, um ihn durch die Menschwerdung seines Sohnes und das Geschenk seines Heiligen Geistes an sich zu ziehen. Ebenso werden die Bedeutung der Heilsgeschichte und die Beziehungen zwischen Altem und Neuem Bund unverständlich bleiben, und das Wort Gottes, das einzige Wort, das rettet, von dem sich die Liturgie nährt und auf das sie sich unaufhörlich bezieht, wird unterbewertet. In den Gläubigen wird das Bewusstsein für den hohen Wert des Werkes Christi, des Sohnes Gottes und des Sohnes der Jungfrau Maria, des alleinigen Erlösers und einzigen Mittlers (vgl. 1 Tim 2,5; Apg 4,12) schwinden. Schließlich geht der sensus Ecclesiae verloren.

57. Die Überbetonung der Volksfrömmigkeit, die sich ja im Rahmen des christlichen Glaubens bewegen muss (48), kann einen Prozess begünstigen, der die Gläubigen von der christlichen Offenbarung entfernt und sie stattdessen zu einer kosmischen Religiosität beziehungsweise einer Art Naturreligion hinführt. Dies kann so weit gehen, dass zweideutige, aus vorchristlichem Denken stammende Elemente Eingang in die christliche Gottesverehrung finden, die lediglich Ausdruck der Kultur oder der Mentalität eines bestimmten Volkes oder Stammes sind. Eine zu stark betonte Volksfrömmigkeit kann zu der Illusion führen, dass man das Transzendente mit Hilfe verderblicher religiöser Erfahrungen erreichen könne (49). So kann es geschehen, dass der echte christliche Sinn der Erlösung als unverdientes Geschenk Gottes zugunsten einer Erlösung, die vom Menschen selbst erworben und Frucht seiner persönlichen Anstrengung ist (man sollte die oft reale Gefahr der pelagianischen Häresie nicht vergessen) aufs Spiel gesetzt wird. Es kann schließlich so weit kommen, dass die zweitrangigen Vermittler der Gnade, die selige Jungfrau Maria, die Engel, Heiligen und manchmal auch die Vorkämpfer der nationalen Geschichte, in der Gesinnung der Gläubigen die Funktion des einzigen Mittlers, des Herrn Jesus Christus, einnehmen.

58. Liturgie und Volksfrömmigkeit sind zwei berechtigte Ausdrucksweisen der christlichen Gottesverehrung, auch wenn sie nicht in eins zu setzen sind. Sie sind weder als Gegensätze noch als ebenbürtig aufzufassen, sondern zu harmonisieren, so wie es in der Liturgiekonstitution beschrieben ist: “Die Andachtsübungen […] sollen so geordnet sein, dass sie mit der heiligen Liturgie zusammenstimmen, gewissermaßen aus ihr herausfließen und das Volk zu ihr hinführen; denn sie steht von Natur aus weit über ihnen” (50).

Liturgie und Volksfrömmigkeit sind also zwei kultische Ausdrucksweisen, die in eine fruchtbar miteinander in Beziehung stehen: Bezugspunkt muss auf jeden Fall die Liturgie sein, damit “das Verlangen nach Gebet und einem charismatischen Leben”, das hinter der Volksfrömmigkeit steht, “geistvoll und klug gelenkt werden kann” (51). Mit ihrem Gesang, mit ihren symbolischen und ausdrucksvollen Werten kann die Volksfrömmigkeit der Liturgie Koordinaten zu einer gültigen Inkulturation und Impulse für eine schöpferische Entfaltung vermitteln (52).

Die Bedeutung der Ausbildung

59. Im Licht dieser Erörterung wird deutlich, dass der einzige Weg, die Ursachen für das Missverhältnis zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit zu beseitigen, die Ausbildung des Klerus wie auch der Laien ist. Zusammen mit der liturgischen Bildung, einer notwendigen Aufgabe, für die langer Atem erforderlich ist und die im Hinblick auf eine harmonische und reiche Spiritualität immer im Blick zu behalten und zu vertiefen ist (53), legt sich auch die Bildung im Bereich der Volksfrömmigkeit nahe (54).

Da sich “das geistliche Leben nicht schlechthin mit der Teilnahme an der Liturgie deckt” (55), ist liturgisch Bildung nicht für alle Bereiche der spirituellen Begleitung und des geistlichen ausreichend. Im Übrigen kann die liturgische Handlung, insbesondere die Eucharistiefeier, das persönliche Erleben desjenigen nicht durchdringen, dem das persönliche Beten fehlt und dem es an jenen Werten mangelt, die in den traditionellen Formen der christlichen Volksfrömmigkeit überliefert werden. Die heutige Hinwendung zu “religiösen” Praktiken östlicher Herkunft, die in verschiedener Form wieder auftauchen, verweist auf die Suche nach einer Spiritualität des Daseins, des Leidens und des Teilens. Die Generationen nach dem Konzil verfügen – in einzelnen Ländern sicher in unterschiedlichem Maß – kaum noch über Erfahrungen mit den Formen der Gottesverehrung vorangegangener Generationen: Darum sollten Katechese und Erziehung in Bezug auf eine gelebte Spiritualität das von der Volksfrömmigkeit verkörperte Erbe, insbesondere die vom Lehramt empfohlenen Andachtsübungen, nicht vernachlässigen.

Kapitel II: LITURGIE UND VOLKSFRÖMMIGKEIT IM LEHRAMT DER KIRCHE

60. Die besondere Beachtung der Volksfrömmigkeit durch das Lehramt des Zweiten Vatikanischen Konzils, durch Päpste und Bischöfe ist bereits herausgestellt worden (56). Nun scheint es angebracht, die Weisungen des Lehramtes zum Thema systematisch darzulegen, um ihre Aufnahme als allgemeine lehrmäßige Orientierung zu erleichtern und ein gültiges pastorales Vorgehen zu fördern.

Werte der Volksfrömmigkeit

61. Dem Lehramt zufolge ist die Volksfrömmigkeit eine lebendige Wirklichkeit der Kirche und in der Kirche. Ihr Quellgrund ist die beständige Gegenwart und das stetige Wirken des Heiligen Geistes im kirchlichen Umfeld. Ihr Bezugspunkt ist das Geheimnis Christi, des Erlösers, ihr Ziel die Verherrlichung Gottes und das Heil der Menschen. Geschichtliche Ereignisse sind in diesem Sinne “glückliche Begegnungen zwischen dem Werk der Evangelisierung und der Kultur” (57) . Aus diesem Grund hat das Lehramt der Volksfrömmigkeit und ihren Ausdrucksformen gegenüber wiederholt seine Wertschätzung zum Ausdruck gebracht. Es hat diejenigen ermahnt, die sie nicht kannten, vernachlässigten oder verachteten, eine positive Haltung anzunehmen und ihre Werte zu berücksichtigen (58). Es hat schließlich unzweifelhaft klargestellt, dass die Volksfrömmigkeit als “wahrer Schatz des Volkes Gottes” (59) anzusehen ist.

Die Hochachtung des Lehramtes gegenüber der Volksfrömmigkeit ist vor allem durch die Werte motiviert, die sie verkörpert.

Die Volksfrömmigkeit besitzt einen quasi angeborenen Sinn für das Heilige und Transzendente. Sie ist Ausdruck eines wahren Verlangens nach Gott und “eines geschärften Sinnes für die tiefsten Eigenschaften Gottes: seine Väterlichkeit, seine Vorsehung, seine liebevolle und beständige Gegenwart” (60) und seine Barmherzigkeit (61).

Die lehramtlichen Dokumente heben einige innere Haltungen und Tugenden hervor, die in besonderer Weise von der Volksfrömmigkeit beeinflusst und genährt werden: Geduld und “christliche Ergebenheit in unabänderliche Ereignisse” (62), Gottvertrauen, die Fähigkeit, Leiden zu ertragen und “die Bedeutung des Kreuzes im täglichen Leben” (63) zu erkennen, den aufrichtigen Wunsch, dem Herrn zu gefallen, die ihm zugefügten Beleidigungen wieder gutzumachen und Buße zu tun, Distanz zu allem Materiellen, Solidarität und Offenheit gegenüber anderen, “Freundschaft, Nächstenliebe und Familiengemeinschaft” (64).

62. Die Volksfrömmigkeit richtet ihr Augenmerk bevorzugt auf die Mysterien des Sohnes Gottes, der aus Liebe zu den Menschen ein Kind wurde, unser Bruder, der arm von einer schlichten, armen Frau geboren wurde. Außerdem ist ihr ein lebendiges Empfinden für das Geheimnis des Leidens und Sterbens Jesu Christi eigen (65).

In der Volksfrömmigkeit nimmt die Betrachtung des Geheimnisses der kommenden Welt breiten Raum ein, das Verlangen nach Gemeinschaft mit den Bewohnern des Himmels, der seligen Jungfrau Maria, den Engeln und Heiligen, sowie das fürbittende Gebet für die Verstorbenen.

63. Ein weiterer Grund für die Hochschätzung der Volksfrömmigkeit durch das Lehramt ist die harmonische Verbindung von christlicher Botschaft und Volkskultur, der man häufig begegnet. In den verschiedenen Ausprägungen der Volksfrömmigkeit ist die christliche Botschaft eng mit kulturellen Elementen verbunden. Andererseits durchdringt sie aber auch die Kulturen der Völker mit ihrer biblischen Sicht von Leben und Tod, Freiheit, Mission und Bestimmung des Menschen.

Die Weitergabe kultureller Ausdrucksmittel von den Eltern an ihre Kinder, von einer Generation an die andere, schließt so auch die Weitergabe der christlichen Grundsätze mit ein. In einzelnen Fällen ist die Verschmelzung derart tief, dass spezifisch Christliches zu integralen Bestandteilen der kulturellen Identität eines Volkes geworden ist (66). Man denke beispielsweise an die Verehrung der Mutter des Herrn.

64. Das Lehramt hebt auch die große Bedeutung der Volksfrömmigkeit für das Glaubensleben des Volkes Gottes, für die Bewahrung des Glaubens selbst und für die Aufnahme neuer Initiativen in Bezug auf die Evangelisation hervor.

So ist zu beobachten, dass man unmöglich “jene Verehrungsformen, die in bestimmten Regionen vom gläubigen Volk mit großem Eifer und in bewegend reiner Absicht praktiziert werden”, unberücksichtigt lassen kann (67). Eine gesunde Religiosität kann zudem “aufgrund ihrer im Wesentlichen katholischen Wurzeln ein Mittel zur Abwehr von Sekten und Garantie der Treue zur Heilsbotschaft sein” (68). Es zeigt sich, dass die Volksfrömmigkeit zu einem Werkzeug der Vorsehung für den Schutz des Glaubens geworden ist – besonders dort, wo Christen ohne seelsorglichen Beistand waren. Vor allem dort, wo die Evangelisation unzureichend war, hat “die Bevölkerung zum großen Teil ihren Glauben in der Volksfrömmigkeit ausgedrückt” (69). So wurde sie schließlich zur gültigen und unabweisbaren “Basis der Reifung und Vertiefung des Glaubens eines Volkes” (70).

Gefahren für die Volksfrömmigkeit

65. Das Lehramt, das die unleugbaren Werte der Volksfrömmigkeit hervorhebt, unterlässt es nicht, auf einige Gefahren hinzuweisen, die sie bedrohen: Dazu gehört zuerst die ungenügende Präsenz wesentlicher Bestandteile des christlichen Glaubens wie etwa die Heilsbedeutung der Auferstehung Christi, der Sinn für die Zugehörigkeit zur Kirche, die Person und das Wirken des Heiligen Geistes. Problematisch sind auch eine mangelnde Ausgewogenheit zwischen Heiligenverehrung und dem Bewusstsein des absoluten Vorrangs Jesu Christi, der geringe direkte Bezug auf die Heilige Schrift, die Distanz zum sakramentalen Leben der Kirche, die Tendenz, das kultische Moment von den Pflichten des christlichen Lebens zu trennen, Utilitarismus im Bereich von Gottesdienst und Gebet sowie schließlich der Gebrauch von “Zeichen, Gesten und Formeln, die bisweilen eine übertriebene Bedeutung annehmen und am Ende zu einem Spektakel werden” (71). In extremen Fällen wird so “das Eindringen von Sekten, Aberglauben, Magie, Fatalismus oder Gewalt begünstigt” (72).

66. Um solchen Eventualitäten und Mängeln der Volksfrömmigkeit vorzubeugen oder abzuhelfen, bekräftigt das Lehramt unserer Tage beharrlich, dass die Volksfrömmigkeit zu “evangelisieren” (73) und in fruchtbaren Kontakt mit dem Wort des Evangeliums zu bringen, “zu reinigen und zu verfestigen ist, damit alles Zweideutige eine eindeutige Gestalt im Hinblick auf Glauben, Hoffnung und Liebe annehme” (74).

Bei diesem Werk der “Evangelisierung” der Volksfrömmigkeit empfiehlt es sich indes aus pastoraler Klugheit, mit großer Geduld und Toleranz vorzugehen, inspiriert von der viele Jahrhunderte lang angewandten Methode der Kirche, die Probleme der Inkulturation des christlichen Glaubens und der Liturgie (75) anzugehen sowie die damit zusammenhängenden Fragen der Volksfrömmigkeit zu klären.

Gegenstand der Volksfrömmigkeit

67. Das Lehramt erinnert daran, dass “das spirituelle Leben sich nicht in der bloßen Teilnahme an der Liturgie erschöpft” und dass der Christ “immer gehalten ist, sich in seine Kammer zurückzuziehen, um im Verborgenen zum Vater zu beten, ja nach der Weisung des Apostels sogar ohne Unterlass zu beten” (76). Es zeigt, dass Subjekt der verschiedenen Formen des Gebetes jeder Christ ist – Kleriker, Ordensangehöriger, Laie – wenn er, vom Heiligen Geist angetrieben, privat oder gemeinschaftlich in Gruppen verschiedenen Ursprungs und unterschiedlicher Ausprägung betet (77).

68. Der Heilige Vater Johannes Paul II. hat insbesondere die Familie als Subjekt der Volksfrömmigkeit hervorgehoben. Das Apostolische Mahnschreiben Familiaris consortio stellt – nachdem es die Familie als häusliches Heiligtum der Kirche gewürdigt hat – heraus, dass “die christliche Familie zu hause zur Vor- und Nachbereitung der in der Kirche gefeierten Gottesdienste (78) auf ein Privatgebet von reicher Formenvielfalt zurückgreift. Diese Vielfalt bezeugt den außerordentlichen Reichtum, mit dem der Heilige Geist das christliche Beten beseelt, und kommt zugleich den verschiedensten Bedürfnissen und Lebenssituationen des Menschen entgegen, der sich an den Herrn wenden will”. Schließlich heißt es, dass “außer dem Morgen- und Abendgebet […] ausdrücklich zu empfehlen sind: das Lesen und Betrachten der Heiligen Schrift, die Vorbereitung auf den Sakramentenempfang, die Herz-Jesu-Verehrung mit der entsprechenden Weihe, die verschiedenen Formen der Muttergottesverehrung, das Tischgebet, die Pflege des religiösen Brauchtums” (79).

69. Ein ebenso wichtiges Subjekt der Volksfrömmigkeit sind Bruderschaften und andere fromme Vereinigungen der Gläubigen. Zu ihren institutionellen Zielen gehören neben karitativen und sozialen Verpflichtungen die Förderung des christlichen Kultes: der Dreifaltigkeit, Christi und seiner Geheimnisse, der seligen Jungfrau Maria, der Engel, Heiligen und Seligen sowie die Fürbitte für verstorbene Gläubige.

Bruderschaften haben oft neben dem offiziellen liturgischen einen eigenen Kalender. Er beinhaltet besondere Festtage, Stundengebete, Novenen, Wochen und Triduen, Bußtage, bestimmte Tage für Prozessionen oder Wallfahrten und Tage, an denen festgelegte Werke der Barmherzigkeit zu verrichten sind. Bruderschaften verfügen häufig über eigene Andachtsbücher und Unterscheidungszeichen wie Skapuliere, Medaillen, Umhänge und Gürtel, manchmal auch über Stätten für ihre Eigenfeiern und ihre eigenen Friedhöfe.

Die Kirche erkennt die Bruderschaften an und verleiht ihnen den Charakter von Rechtspersönlichkeiten (80), sie billigt ihre Statuten, würdigt ihre Ziele und ihre gottesdienstlichen Aktivitäten. Sie fordert jedoch von ihnen, dass sie jede Art von Gegensatz oder Absonderung vermeiden und sich dem Leben der Pfarrgemeinden und Diözesen anschließen. Andachtsübungen

70. Typische Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit sind die Andachtsübungen (ital. pii esercizi), die hinsichtlich ihrer geschichtlichen Entstehung, ihres Inhalts, ihrer Sprache, ihres Stils, ihres Gebrauchs und ihrer Zielgruppe sehr unterschiedlich sind. Das Zweite Vatikanische Konzil hat sich mit den Andachtsübungen beschäftigt und daran erinnert, dass sie sehr empfohlen sind (81). Es hat aber auch Bedingungen aufgezeigt, die ihre Rechtmäßigkeit und Gültigkeit garantieren.

71. Im Blick auf das Wesen und den spezifischen Charakter des christlichen Kultes wird besonders einsichtig, dass Andachtsübungen mit der gesunden Lehre sowie mit den Gesetzen und Vorschriften der Kirche konform gehen müssen (82). Sie müssen überdies in Einklang mit der Liturgie stehen. Sie sollen soweit wie möglich die Zeiten des Kirchenjahres berücksichtigen und “eine bewusste und aktive Teilnahme am gemeinsamen Gebet der Kirche” (83) fördern.

72. Andachtsübungen gehören zum Bereich des christlichen Kultes. Deswegen hat die Kirche immer die Notwendigkeit gesehen, ihnen ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Gott wird durch sie würdig verehrt, der Mensch zieht aus ihnen geistlichen Gewinn und erfährt den Antrieb, ein entsprechendes christliches Leben zu führen.

Es gibt hinsichtlich der Andachtsübungen vielfältige Äußerungen der Bischöfe: sie sind zu empfehlen, anzuregen, zu ordnen und hin und wieder auch zu korrigieren. Auf dem weiten Feld der Andachtsübungen wird unterschieden in solche, die vom Apostolischen Stuhl angeordnet sind und solche, die von ihm zu allen Zeiten empfohlen wurden (84); ferner Andachtsübungen der Ortskirchen, “die im Auftrag der Bischöfe nach den Gewohnheiten und den von ihnen legitim approbierten Büchern vollzogen werden” (85); andere Andachtsübungen, die nach besonderem Recht oder der Tradition von Ordensfamilien oder Bruderschaften oder in anderen Vereinigungen von Gläubigen praktiziert werden und oft die ausdrückliche Billigung der Kirche erfahren haben; schließlich die Andachtsübungen, die im familiären oder privaten Lebensbereich praktiziert werden.

Einige Andachtsübungen, die durch die Gewohnheit einer Gemeinschaft von Gläubigen eingeführt und vom Lehramt approbiert worden sind (86), sind mit Ablässen verbunden (87).

Liturgie und Andachtsübungen

73. Die Lehre der Kirche in der Frage der Beziehung zwischen Liturgie und Andachtsübungen kann folgendermaßen zusammengefasst werden: Die Liturgie ist ihrer Natur nach den Andachtsübungen weit überlegen (88). Deshalb muss man der Liturgie in der pastoralen Praxis “den ihr zustehenden übergeordneten Platz gegenüber der Andachtsübungen” (89) einräumen. Liturgie und Volksfrömmigkeit müssen in Anerkennung der Hierarchie der Werte und ihrer je spezifischen Natur als gottesdienstlich Ausdrucksformen nebeneinander bestehen (90).

74. Eine sorgfältige Beachtung dieser Prinzipien soll dazu führen, sich realistisch darum zu bemühen, die Andachtsübungen soweit wie möglich mit den Rhythmen und Erfordernissen der Liturgie zu harmonisieren, “ohne die beiden Formen der Frömmigkeit miteinander zu verwechseln oder gar zu verschmelzen” (91). Jede Vermischung oder unorganische Vermengung von Liturgie und Volksfrömmigkeit ist konsequenterweise zu vermeiden. Die Liturgie darf nicht gegen Andachtsübungen ausgespielt werden, noch sollen gegen die Meinung der Kirche volksfromme Übungen abgeschafft werden, was oft eine Leere hinterlässt, die zum Schaden des gläubigen Volkes nicht aufgefüllt werden kann (92).

Allgemeine Kriterien zur Erneuerung der Andachtsübungen

75. Der Apostolische Stuhl hat es nicht daran fehlen lassen, aufzuzeigen, mit welchen theologischen, pastoralen, historischen und literarischen Kriterien Andachtsübungen im Bedarfsfall zu erneuern sind (93). Dabei betonte er vor allem den biblischen Geist und die Inspiration durch die Liturgie, damit auch der ausdrückliche ökumenische Auftrag beachtet werde. Durch geschichtliche Untersuchungen soll der wesentliche Kern heraus gearbeitet und dadurch gezeigt werden, dass viele Andachtsübungen einige Gesichtspunkte heutiger Spiritualität widerspiegeln. Ebenso müssen die Errungenschaften der Anthropologie berücksichtigt werden. Schließlich muss die Kultur und der Ausdrucksstil des jeweiligen Volkes respektiert werden, an das man sich wendet, ohne überlieferte, in den Volksbräuchen verankerte Elemente aus den Augen zu verlieren.

Kapitel III: THEOLOGISCHE GRUNDSÄTZE FÜR DIE RECHTE WÜRDIGUNG UND ERNEUERUNG DER VOLKSFRÖMMIGKEIT

==== Das gottesdienstliche Leben: Gemeinschaft mit dem Vater durch Christus im Geist ====

76. In der Geschichte der Offenbarung wird uns das Heil des Menschen ständig als Geschenk Gottes vorgestellt, das in souveräner Freiheit und völliger Ungeschuldetheit aus seiner Barmherzigkeit hervorgeht. Der Gesamtkomplex der Worte und Ereignisse, in denen sich der Heilsplan zeigt und verwirklicht (94), stellt sich als fortwährender Dialog zwischen Gott und dem Menschen dar, ein Dialog, in dem Gott die Initiative ergreift und der vom Menschen eine Haltung des Hörens im Glauben und die Antwort des “Glaubensgehorsams” (Röm 1,5; 16,26) verlangt.

Eine einzigartige Bedeutung hat in diesem Heilsdialog der Bund, der am Sinai zwischen Gott und dem auserwählten Volk geschlossen worden ist (vgl. Ex 19 – 24). Er macht aus Israel das “Eigentum” des Herrn, ein “Reich von Priestern und ein heiliges Volk” (Ex 19,6). Israel, das zwar nicht immer dem Bund treu war, fand in ihm doch Inspiration und Kraft, sein Verhalten am Verhalten Gottes (vgl. Lev 11,44-45; 19,2) und an seinem Wort auszurichten. Der Kult und das Gebet Israels haben vor allem das Gedächtnis der Wundertaten Gottes zum Gegenstand, das heißt der rettenden Eingriffe Gottes in die Geschichte. Dies hält die Hochschätzung der Ereignisse lebendig, in denen sich die Verheißungen Gottes verwirklicht haben und die deshalb ständiger Bezugspunkt für den Glauben und das Gebet sind.

77. Seinem ewigen Ratschluss entsprechend hat Gott bereits “viele Male und auf vielerlei Weise (…) einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten, in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat” (Hebr 1,1-2). Vor allem im Christusmysterium, seinem Sterben und Auferstehen, offenbaren und verwirklichen sich endgültig die Heilsratschlüsse Gottes. Weil Jesus “der eingeborene Sohn Gottes” (Joh 3,18) ist, in dem der Vater uns alles gegeben hat ohne irgend etwas auszulassen (vgl. Röm 8,32; Joh 3,16), ist der wesentliche Bezugspunkt für den Glauben und das Gebetsleben des Gottesvolkes in Person und Werk Jesu Christi zu finden. In ihm haben wir den Meister der Wahrheit (vgl. Mt 22,16), den treuen Zeugen (vgl. Offb 1,5), den Hohenpriester (vgl. Hebr 4,14), den Hirten unserer Seelen (vgl. 1 Petr 2,25), den einzigen und vollkommenen Mittler (vgl. 1 Tim 2,5; Hebr 8,6; 9,15; 12,24): Durch ihn kommt der Mensch zum Vater (vgl. Joh 14,6), steigen Gebet und Flehen der Kirche zu Gott empor und kommt alle göttliche Gabe auf die Menschheit herab.

Mit Christus begraben und mit ihm auferstanden in der Taufe (vgl. Kol 2,12; Röm 6,4), der Herrschaft des Fleisches entzogen und in die Herrschaft des Geistes gelangt (vgl. Röm 8,9), sind wir zur Vollkommenheit berufen in dem Maß, das der Vollendung in Christus entspricht (vgl. Eph 4,13). In Christus haben wir das Modell einer Existenz, die jeden Augenblick ganz vom Hören auf das Wort des Vaters und der Annahme seines Willens geprägt ist, wie ein unaufhörliches Ja: “Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat” (Joh 4, 34).

Somit ist Christus das vollkommene Modell kindlicher Frömmigkeit und unaufhörlichen Gespräches mit dem Vater, das Modell einer ununterbrochenen Hinordnung auf eine lebendige, intime und vertrauensvolle Begegnung mit Gott, der den Menschen erleuchtet, ermutigt und während seines ganzen Lebens führt.

78. In die Gemeinschaft mit dem Vater werden die Gläubigen vom Geist geführt (Röm 8,14), der ihnen gegeben wurde, um sie fortschreitend in Christus umzugestalten. Er gießt ihnen den “Geist der Kindschaft” ein, durch den sie wie Christus Kinder Gottes werden (vgl. Röm 8,15-17) und seine ganze Gesinnung (vgl. Phil 2,5) annehmen. Der Geist vergegenwärtigt ihnen die Lehre Christi (vgl. Joh 14,26; 16,13-25), damit sie in seinem Licht das Leben und die Geschichte deuten. Er führt sie zur Erkenntnis der Tiefen Gottes (vgl. 1 Kor 2,10) und befähigt sie, aus ihrem Leben einen “geistlichen Gottesdienst” zu machen (Röm 12,1). Er gibt ihnen Halt in Widrigkeiten und Prüfungen, denen sie sich im mühsamen Prozess der Umgestaltung in Christus stellen müssen. Er erweckt, nährt und leitet ihr Beten: “So nimmt sich (…) der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können. Und Gott, der die Herzen erforscht, weiß, was die Absicht des Geistes ist: Er tritt so, wie Gott es will, für die Heiligen ein” (Röm 8,26-27).

Vom Heiligen Geist empfängt die christliche Gottesverehrung ihren Ursprung und Antrieb, im Geist entfaltet und vollendet sie sich. Somit kann man feststellen, dass es ohne die Gegenwart des Geistes Christi keinen echten liturgischen Kult gibt und sich ebenso wenig eine authentische Volksfrömmigkeit ausdrücken kann.

79. Im Licht der bisher erläuterten Grundsätze scheint es notwendig, die Volksfrömmigkeit als eine Weise des Dialogs zwischen Gott und Mensch durch Christus im Heiligen Geist zu verstehen und zu gestalten. Abgesehen von den hier und dort vorkommenden Mängeln – zum Beispiel der Verwechslung von Gottvater und Jesus Christus – ist sie zutiefst trinitarisch. In der Tat ist die Volksfrömmigkeit dem Geheimnis der Vaterschaft Gottes gegenüber sehr empfänglich: Sie ist bewegt angesichts seiner Güte und bewundert seine Macht und Weisheit. Sie freut sich an der Schönheit der Schöpfung und preist ihren Schöpfer. Sie weiß, dass Gottvater gerecht und barmherzig ist und für die Armen und Demütigen sorgt. Sie verkündet, dass er gebietet, Gutes zu tun, und jene belohnt, die ehrenhaft den rechten Weg gehen, dass er das Böse verabscheut und jene abweist, die hartnäckig den Weg des Hasses und der Gewalt, der Ungerechtigkeit und der Lüge gehen wollen.

Die Volksfrömmigkeit konzentriert sich bevorzugt auf Jesus Christus, den Gottessohn und Erlöser der Menschen: Sie ist zuinnerst bewegt beim Bericht seiner Geburt und betrachtet die unendliche Liebe, die von diesem Kind ausgeht, das wahrer Gott und wahrhaft unser Bruder ist, arm und verfolgt seit seiner Kindheit. Sie hört gern die zahlreichen Szenen des öffentlichen Lebens unseres Herrn Jesus, der als guter Hirt Zöllnern und Sündern nahe ist, der als Wundertäter, Kranke heilt und Notleidenden hilft, der als Lehrer die Wahrheit spricht. Vor allem liebt sie es, die Geheimnisse seines Leidens zu betrachten, denn darin findet sie seine unendliche Liebe und seine große Solidarität mit menschlichen Leiden: Der verratene und verlassene Jesus, gegeißelt und mit Dornen gekrönt, gekreuzigt von Übeltätern, vom Kreuz abgenommen, im Schoß der Erde, beweint von Jüngern und Freunden.

Die Volksfrömmigkeit vergisst auch nicht, dass es im Geheimnis Gottes die Person des Heiligen Geistes gibt. Sie glaubt, dass der Sohn Gottes “durch das Wirken des Heiligen Geistes im Schoß der Jungfrau Maria Fleisch angenommen hat und Mensch geworden ist” (95), dass der Geist seit den Anfängen der Kirche den Aposteln gegeben ist (vgl. Apg 2,1-13), dass die Macht des Geistes Gottes, dessen Siegel den Christen in besonderer Weise durch die Firmung eingeprägt ist, in jedem Sakrament der Kirche lebendig wirkt. Sie weiß, dass “im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes” die Feier der Vergebung der Sünden gewährt wird. Sie weiß, dass sich im Namen der drei göttlichen Personen jede Form des Gebetes der christlichen Gemeinschaft vollendet und für uns Menschen und alle Geschöpfe der göttliche Segen angerufen wird.

80. So geschieht es, dass sich in der Volksfrömmigkeit das Bewusstsein des Bezuges zur Heiligsten Dreifaltigkeit verstärkt, das sie wenn auch nur im Keim in sich trägt. Dazu einige Hinweise:

Es ist nötig, die Gläubigen über den besonderen Charakter des christlichen Betens zu erleuchten, das den Vater als Adressaten hat und durch die Vermittlung Jesu Christi und in der Kraft des Heiligen Geistes geschieht.

Es ist notwendig, dass die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit die Person und das Handeln des Heiligen Geistes klarer hervorheben. Das Fehlen eines “Namens” für den Heiligen Geist und die Gewohnheit, ihn nicht in anthropomorphen Bildern zu beschreiben, haben zumindest teilweise dazu geführt, dass er in Texten und anderen Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit weitgehend fehlt. Überdies sollte die besondere Funktion von Musik und körperlichen Gesten, den Geist spürbar werden zu lassen, stärker genutzt werden. Der Mangel des Fehlens des Heiligen Geistes kann durch die Evangelisierung der Volksfrömmigkeit behoben werden, die das Lehramt der Kirche bereits mehrfach betont hat.

Es ist überdies notwendig, dass die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit die wichtige und fundamentale Bedeutung der Auferstehung Christi deutlich machen. Die liebevolle Aufmerksamkeit, die sich der leidenden Menschheit des Erlösers zuwendet und in den Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit stark lebendig ist, muss immer verbunden bleiben mit dem Blick auf seine Verherrlichung. Nur unter dieser Bedingung ist das erlöste Bild Gottes in Christus vollständig und kann das Pascha-Mysterium Christi in seiner untrennbaren Einheit verehrt werden. Nur so lässt sich das ursprüngliche Bild des Christentums beschreiben, das Sieg des Lebens über den Tod ist, Feier dessen, der “nicht ein Gott der Toten sondern der Lebenden ist” (Mt 22,32), Christus, des Lebenden, der tot war und nun für immer lebt (vgl. Offb 1,18), und des Geistes, “der Herr ist und das Leben gibt” (96).

Schließlich ist es notwendig, dass die Verehrung des Leidens Christi die Gläubigen zur vollen und bewussten Teilnahme an der Eucharistie hinführt, in welcher der für uns geopferte Leib Christi zur Speise (vgl. 1 Kor 11,24) und sein am Kreuz vergossenes Blut zum Trank gereicht wird als Zeichen des neuen und ewigen Bundes und zur Erlösung von allen Sünden. Diese Teilhabe findet ihren höchsten und bedeutendsten Ausdruck in der Feier des österlichen Triduums, dem Gipfel des liturgischen Jahres, und in der sonntäglichen Feier der heiligen Geheimnisse.

Die Kirche als Kultgemeinschaft

81. Die Kirche, “ein in der Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes versammeltes Volk” (97), ist eine Kultgemeinschaft. Nach dem Willen ihres Herrn und Gründers vollzieht sie zahlreiche rituelle Handlungen zur Verherrlichung Gottes und Heiligung des Menschen (98), die alle auf verschiedene Weise und in abgestuftem Rang Feier des Pascha-Mysteriums Christi sind. Sie sind Verwirklichung des göttlichen Willens, die zerstreuten Gläubigen in der Einheit eines einzigen Volkes zu vereinen.

In den verschiedenen gottesdienstlichen Handlungen verkündet die Kirche die Botschaft des Heils, des Todes und der Auferstehung Christi, der seinerseits in heiligen Zeichen sein Heilswerk vollbringt. In der Eucharistie feiert sie das Gedächtnis seines seligen Leidens, seiner glorreichen Auferstehung und seiner wunderbaren Himmelfahrt. Durch die anderen Sakramenten erfährt sie andere Gaben des Geistes, die vom Kreuz des Erlösers herabfließen. Die Kirche verherrlicht den Vater mit Psalmen und Hymnen für die Wunder, die er mit dem Tod und der Erhöhung Christi seines Sohnes gewirkt hat. Sie bittet darum, dass das rettende Pascha-Mysterium zu allen Menschen gelange. In den Sakramentalien, die eingesetzt sind, um den Gläubigen in verschiedenen Situationen und Nöten zu helfen, bittet sie den Herrn, dass ihr ganzes Tun vom Pascha-Mysterium her gestärkt und erleuchtet werde.

82. Mit der Feier der Liturgie ist jedoch die kirchliche Aufgabe der Gottesverehrung nicht erschöpft. Die Jünger Jesu Christi beten nach dem Beispiel und der Lehre des Meisters auch in der Stille ihrer Kammer (vgl. Mt 6,6). Sie versammeln sich, um Gebete zu verrichten, die Männer und Frauen von großer religiöser Erfahrung geprägt, bestimmte Gruppen von Gläubigen gepflegt und welche die Frömmigkeit auf Einzelaspekte des Geheimnisses Christi hingelenkt haben. Sie beten in Formen, die sozusagen anonym aus dem Grund des kollektiven christlichen Gedächtnisses hervorgegangen sind und in denen Elemente der Volkskultur harmonisch mit wesentlichen Inhalten der Botschaft des Evangeliums verbunden sind.

83. Auch die echten Formen der Volksfrömmigkeit sind Früchte des Heiligen Geistes und müssen als Ausdruck der Frömmigkeit der Kirche beibehalten werden. Sind sie doch von Gläubigen geformt worden, die in lebendiger Gemeinschaft mit der Kirche leben, ihrem Glauben folgen und ihre Gottesdienstordnung achten. Nicht wenige dieser Formen sind ausdrücklich von der Kirche approbiert und empfohlen (99).

84. Insofern sie Ausdruck kirchlicher Frömmigkeit ist, unterliegt die Volksfrömmigkeit den allgemeinen Gesetzen des christlichen Kultes und der hirtenamtlichen Autorität der Kirche. Letztere hat ihr gegenüber die Aufgabe der Unterscheidung, Beglaubigung und Erneuerung, indem sie sie in fruchtbaren Kontakt mit dem Offenbarungswort, der Überlieferung und der Liturgie bringt.

Auf der anderen Seite ist es notwendig, dass die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit immer vom “ekklesiologischen Prinzip” des kirchlichen Kultes erleuchtet sind. In diesem Sinne muss die Volksfrömmigkeit die Beziehungen zwischen Ortskirche und Gesamtkirche in rechter Sicht betrachten. Sie neigt nämlich dazu, sich primär auf sachliche Werte und unmittelbare Notwendigkeiten zu konzentrieren und riskiert dabei, sich den universalen Werten und ekklesiologischen Perspektiven zu verschließen.

Sie muss die Verehrung der seligen Jungfrau Maria, der Engel, Heiligen und Seligen sowie das fürbittende Gebete für die Verstorbenen im weiten Kontext der Gemeinschaft der Heiligen betrachten, als Teil der Beziehungen zwischen der himmlischen und der noch auf Erden pilgernden Kirche.

Sie muss in konstruktiver Weise die Beziehung zwischen Amt und Charisma verstehen. Während das Amt für die offiziellen Formen der Liturgie notwendig ist, prägt Charisma sehr oft die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit.

Allgemeines Priestertum und Volksfrömmigkeit

85. Mit den christlichen Initiationssakramenten wird der Glaubende ein Glied der Kirche, gehört dem prophetischen, priesterlichen und königlichen Volk Gottes an, dem es zukommt, Gott im Heiligen Geist und in der Wahrheit anzubeten (vgl. Joh 4,23). Die Kirche übt dieses Priestertum durch Christus im Heiligen Geist aus, nicht nur im liturgischen Bereich, vor allem der heiligen Eucharistie, sondern auch in anderen Ausdrucksformen des christlichen Lebens, zu denen die Äußerungen der Volksfrömmigkeit gehören. Der Heilige Geist befähigt sie, Gott Opfer des Lobes darzubringen, ihm Gebete und Flehen entgegenzubringen und vor allem aus dem eigenen Leben ein lebendiges, heiliges und Gott angenehmes Opfer zu machen (Röm 12,1; vgl. Hebr 12,28).

86. Auf dieser priesterlichen Grundlage hilft die Volksfrömmigkeit den Gläubigen, in Gebet und Lob Gottes des Vaters zu verharren, von Christus Zeugnis zu geben (vgl. Apg 2,42-47) und in Erwartung seiner glorreichen Wiederkunft im Heiligen Geist Rechenschaft zu geben von der Hoffnung auf ewiges Leben (vgl. 1 Petr 3,15). Sie bewahrt die typischen Kennzeichen ihres jeweiligen kulturellen Zusammenhangs und bringt zugleich jene kirchlichen Werte zum Ausdruck, welche – obgleich auf verschiedene Weise und in verschiedenem Maß – alles das charakterisieren, was aus dem Inneren des mystischen Leib Christi hervorgeht und sich entfaltet.

Wort Gottes und Volksfrömmigkeit

87. Das Wort Gottes, das in der Heiligen Schrift mitgeteilt ist, vom Lehramt der Kirche bewahrt und überliefert sowie in der Liturgie gefeiert wird, ist ein bevorzugtes und unersetzliches Mittel für das Wirken des Heiligen Geistes im gottesdienstlichen Leben der Gläubigen. Da die Kirche durch das Hören des Gotteswortes aufgebaut wird und wächst, muss das christliche Volk mit der Heiligen Schrift vertraut sein und sich von ihrem Geist durchtränken lassen (100), um in geeigneten, dem Glauben entsprechenden Formen den rechten Sinn der Frömmigkeit und Gottesverehrung weiterzugeben, der im Kontakt mit Gott entsteht, heilt, wiederherstellt und heiligt.

In der Bibel findet die Volksfrömmigkeit eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration, unvergleichbare Beispiele des Gebets und fruchtbare thematische Vorlagen. Darüber hinaus ist der ständige Bezug auf die Heilige Schrift ein Korrektiv, um den Überschwang zu bremsen, mit dem das religiöse Gefühl des Volkes sich mitunter äußert und zweideutigen oder sogar falschen Ausdrücken Raum gibt.

88. “Die Lektüre der Heiligen Schrift muss” aber “begleitet sein vom Gebet, damit sich ein Gespräch zwischen Gott und Mensch entfalten kann” (101); deshalb ist es sehr zu empfehlen, dass die verschiedenen Formen, in denen sich die Volksfrömmigkeit ausdrückt, generell auch biblische Texte vorsehen, die in geeigneter Weise ausgewählt und gebührend kommentiert sind.

89. Das leisten vor allem jene Arten von liturgischen Feiern, in denen – je nach Art der Feier auf unterschiedliche Weise – die Heilige Schrift im Mittelpunkt steht. Da sich in den Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit jedoch eine legitime Vielfalt von Darlegungen und Äußerungen erkennen lässt, ist es nicht notwendig, dass in ihnen die biblischen Perikopen in derselben Struktur angeordnet sind, wie in der Verkündigung des Wortes Gottes in der Liturgie.

Das liturgische Modell ist für die Volksfrömmigkeit auf jeden Fall eine Art Schutz und Korrektiv der richtigen Wertordnung, in der das Hören auf Gott, der spricht, an erster Stelle steht. Sie hilft, die Harmonie zwischen Altem und Neuem Testament zu entdecken und das eine im Licht des anderen zu interpretieren. Sie bietet Mittel und Wege von jahrhundertelanger Erfahrung, um in richtiger Weise die biblische Botschaft zu aktualisieren, und sie ist ein gültiges Kriterium, um die Authentizität des Gebetes zu bewerten.

Bei der Auswahl der Texte empfiehlt es sich, kurze Abschnitte zu wählen, die gut im Gedächtnis zu behalten, eindringlich und verständlich sind, auch wenn die Ausführung schwierig ist. Im Übrigen fördern manche Frömmigkeitsübungen, wie Kreuzweg und Rosenkranz, die Kenntnis der Heiligen Schrift: Wenn die biblischen Ereignisse des Lebens Jesu direkt auf Gebärden und Gebete bezogen sind, die im Gedächtnis haften, erinnert man sich besser an sie. Volksfrömmigkeit und Privatoffenbarungen

90. Seit jeher und überall zeigt sich die Volksfrömmigkeit interessiert an Phänomenen und außergewöhnlichen Ereignissen, die oft mit Privatoffenbarungen zusammenhängen. Obwohl sie nicht nur zum Bereich der marianischen Frömmigkeit gehören, ist diese besonders betroffen von “Erscheinungen” und entsprechenden “Botschaften”. Hier gilt, woran der Katechismus der Katholischen Kirche erinnert: “Im Laufe der Geschichte gab es so genannte ,Privatoffenbarungen‘, von denen einige durch die kirchliche Autorität anerkannt wurden. Sie gehören jedoch nicht zum Glaubensgut. Sie sind nicht dazu da, die Offenbarung Christi zu ,vervollkommnen‘ oder zu ,vervollständigen‘, sondern sollen helfen, in einem bestimmten Zeitalter tiefer aus ihr zu leben. Unter der Leitung des Lehramtes der Kirche weiß der Glaubenssinn der Gläubigen zu unterscheiden und das wahrzunehmen, was in solchen Offenbarungen ein echter Ruf Christi und seiner Heiligen an die Kirche ist” (Nr. 67) (102).

Inkulturation und Volksfrömmigkeit

91. Die Volksfrömmigkeit ist naturgemäß von historischem und kulturellem Empfinden gekennzeichnet. Dies bezeugt die Vielfalt der Ausdrucksformen, die in den verschiedenen Teilkirchen im Laufe der Zeit zur Blüte gelangt und angenommen worden sind – auch ein Zeichen dafür, dass sich der Glaube im Herzen der einzelnen Völker verwurzelt hat und in die Welt des Alltags eingedrungen ist. Tatsächlich ist “die Volksfrömmigkeit die erste und grundlegende Form der ,Inkulturation‘ des Glaubens, welche sich ständig an den Hinweisen der Liturgie orientieren und von ihnen leiten lassen muss, die aber ihrerseits den Glauben befruchtet, indem sie vom Herzen ausgeht” (103). Die Begegnung zwischen der erneuernden Dynamik des Evangeliums und verschiedenen Elementen einer bestimmten Kultur zeigt sich unter anderem in der Volksfrömmigkeit (104).

92. Der Prozess der Anpassung oder Inkulturation einer Andachtsübung dürfte keine besonderen Schwierigkeiten bereiten, vollzieht er sich doch in Sprache, musikalischen und künstlerischen Ausdrucksformen sowie Gesten und Körperhaltungen. Zum einen betreffen Andachtsübungen keine wesentlichen Aspekte des sakramentalen Lebens, andererseits sind sie in vielen Fällen originär volkstümlich, aus dem Volk entstanden, in seiner Sprache formuliert und eingesetzt im Rahmen des katholischen Glaubens.

Dennoch berechtigt die Tatsache, dass Andachtsübungen und Praktiken des Frömmigkeitslebens Ausdruck des Volksempfindens sind, nicht dazu, in dieser Sache nach subjektiven und persönlichen Ansichten vorzugehen. Unbeschadet der Autorität des jeweiligen Ortsordinarius oder der höheren Oberen, (wenn es sich um Übungen handelt, die mit religiösen Orden zusammenhängen): Wenn es sich um Frömmigkeitsübungen handelt, die eine ganze Nation oder ein weites Territorium interessieren, ist es angemessen, dass die Bischofskonferenz sich dazu äußert.

Es braucht nämlich große Achtsamkeit und tiefe Unterscheidungsfähigkeit, um zu verhindern, dass über unterschiedliche Sprachformen in Frömmigkeitsübungen Begriffe eindringen, die dem katholischen Glauben widersprechen oder sie sogar zum Einfallstor synkretistisch verdorbener Kultäußerungen werden.

Vor allem ist es wichtig, dass eine Frömmigkeitsübung im Prozess der Anpassung oder Inkulturation ihre Identität und wesentliche Gestalt bewahrt. Das heißt, dass die historischen Ursprünge sowie die dogmatischen und liturgischen Grundlinien, die sie charakterisieren, hinreichend erkennbar bleiben müssen.

Hinsichtlich der Annahme von Formen der Volksfrömmigkeit im Prozess der Inkulturation der Liturgie sei hingewiesen auf die diesbezügliche Instruktion dieses Dikasteriums (105).

Zweiter Teil: ORIENTIERUNGEN FÜR DIE HARMONISIERUNG DER VOLKSFRÖMMIGKEIT MIT DER LITURGIE

Vorwort

93. Als Hilfen zur Umsetzung des zuvor Gesagten in die konkrete pastorale Arbeit werden hier einige Orientierungen bezüglich der notwendigen Beziehung von volkstümlicher Frömmigkeit und Liturgie gegeben, und zwar im Hinblick auf ein harmonisches und nutzbringendes seelsorgliches Wirken. Die Aufzählung der Andachtsübungen und verbreiteten Frömmigkeitsformen kann weder erschöpfend sein, noch kann jede einzelne lokale Ausdrucksform behandelt werden. An einigen Stellen finden sich zudem auch liturgie-pastorale Hinweise, da die Grenzen zur Volksfrömmigkeit nicht immer klar zu ziehen und die Inhalte teilweise sehr ähnlich sind,

Die folgende Darlegung ist in fünf Kapitel eingeteilt:

Das vierte Kapitel behandelt das liturgische Jahr unter dem Aspekt der angestrebten Harmonisierung seiner Feiern mit den Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit. Das fünfte Kapitel hat die Verehrung der heiligen Mutter des Herrn zum Thema, die eine besondere Stellung in der heiligen Liturgie wie auch in der Volksfrömmigkeit innehat.

Das sechste Kapitel handelt vom Kult der Heiligen und Seligen, der auch breiten Raum in der Liturgie und in der Verehrung der Gläubigen einnimmt.

Das siebte Kapitel behandelt das Gebet für die Verstorbenen, das in den verschiedenen Formen im gottesdienstlichen Leben der Kirche vorkommt.

Das achte Kapitel schließlich thematisiert Heiligtümer und Wallfahrte als charakteristische Orte und Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit, die zahlreiche liturgische Aspekte haben. Auch wenn sich der Text auf ganz verschiedene Situationen und Frömmigkeitsübungen unterschiedlichster Art und Natur bezieht, sind die Empfehlungen immer unter der Berücksichtigung folgender fundamentaler Voraussetzungen formuliert: der Vorrang der Liturgie gegenüber den anderen gottesdienstlichen Ausdrucksformen (106); die Würde und Legitimität der Volksfrömmigkeit (107) ; die pastorale Notwendigkeit, jeden Widerspruch zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit zu vermeiden wie auch ihre Ausdrucksformen nicht miteinander zu verwechseln, damit keine Mischformen entstehen (108).

Kapitel IV: LITURGISCHES JAHR UND VOLKSFRÖMMIGKEIT

94. Das liturgische Jahr ist die zeitliche Dimension, in der die Kirche das ganze Geheimnis Christi feiert: “von der Menschwerdung und Geburt bis zur Himmelfahrt, zum Pfingsttag und zur Erwartung der seligen Hoffnung und Ankunft des Herrn.” (109)

Innerhalb des liturgischen Jahres “ist die Feier des Pascha-Mysteriums […] das herausragende Moment des christlichen Kultes, und zwar in seiner täglichen, wöchentlichen und jährlichen Abfolge.” (110) Daraus folgt, dass in der Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit die Feier des liturgischen Jahres gegenüber allen anderen Ausdrucksweisen der Frömmigkeit als Fixpunkt den Vorrang haben muss.

Der Sonntag

95. Der “Herrentag” als “Ur-Feiertag” sowie “Fundament und Kern des ganzen liturgischen Jahres” (111) darf den volksfrommen Übungen nicht untergeordnet werden. Es geht daher nicht an, auf Andachtsübungen zu bestehen, für die der Sonntag als zeitlicher Bezugspunkt gewählt wird.

Um des pastoralen Wohls der Gläubigen willen ist es erlaubt, an den Sonntagen “im Jahreskreis” jene Herren-, Marien- oder Heiligenfeste nachzuholen, die in die Woche fallen und bei den Gläubigen besonders beliebt sind. Voraussetzung ist, dass sie in der Rangordnung über dem Sonntag stehen. (112)

Da volkstümliche und kulturelle Traditionen bisweilen die Feier des Sonntags zu beeinflussen drohen, was seinen christlichen Geist verderben kann, muss man in diesen Fällen “mit Hilfe der Katechese und durch entsprechendes pastorales Eingreifen Klarheit schaffen. Alles, was sich nicht mit dem Evangelium Christi verträgt, muss verworfen werden. Es darf aber nicht übersehen werden, dass es diesen Traditionen – und das gilt analog für neue kulturelle Pläne der Zivilgesellschaften – oft nicht an Werten fehlt, die sich ohne Schwierigkeit mit den Ansprüchen des Glaubens verbinden lassen. Es ist Aufgabe der Bischöfe, eine Unterscheidung vorzunehmen, die die echten Werte, die in der Kultur eines bestimmten gesellschaftlichen Umfeldes und insbesondere in der Volksfrömmigkeit vorhanden sind, bewahrt und dadurch bewirken soll, dass die Eucharistiefeier besonders an den Sonn- und Feiertagen nicht darunter leidet, sondern eine Bereicherung erfährt.” (113)

In der Adventszeit

96. Der Advent ist die Zeit der Erwartung, der Bekehrung und der Hoffnung: Erwartung und Gedächtnis des ersten demütigen Kommens des Erlösers in unser sterbliches Fleisch; Erwartung und Erbitten des letzten, glorreichen Wiederkommens Christi, des Herrn der Geschichte und universalen Richters;

Bekehrung, zu der die Liturgie dieser Zeit einlädt mit der Stimme der Propheten, vor allem derjenigen Johannes‘ des Täufers: “Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe” (Mt 3,2); freudige Hoffnung, dass die von Christus bereits bewirkte Erlösung (vgl. Röm 8,24-25) und die in der Welt schon gegenwärtige Gnade –zu ihrer Reife und Fülle gelangen, so dass die Verheißung sich in Gewissheit verwandeln wird, der Glaube in Schauen, und “wir ihm ähnlich sein werden und ihn sehen, wie er ist” (1 Joh 3,2).

97. Die Volksfrömmigkeit ist für den Advent besonders empfänglich, insbesondere als Erinnerung der Vorbereitung auf die Ankunft des Messias. Im Christentum ist das Bewusstsein der langen Erwartung, die der Geburt des Erlösers vorausging, fest verwurzelt. Die Gläubigen wissen, dass Gott mit Prophezeiungen die Hoffnung Israels auf das Kommen des Messias aufrechterhielt.

Dieses außerordentliche Ereignis entgeht der Volksfrömmigkeit nicht, im Gegenteil: sie nimmt voll Staunen wahr, dass der Gott der Herrlichkeit im Schoß einer schlichten und armen Jungfrau ein Kind wurde. Die Gläubigen können die Schwierigkeiten, welche die Jungfrau Maria während der Schwangerschaft bestehen musste, nachempfinden, sie sind gerührt, wenn sie daran denken, dass es keinen Platz in der Herberge gab für Josef und Maria, die im Begriff war, das Kind zu gebären (vgl. Lk 2,7).

Es sind bezüglich des Advent verschiedene Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit entstanden, die den Glauben des Volkes stützen und von Generation zu Generation das Bewusstsein für einige besondere Werte dieser liturgischen Zeit weitergeben.

Adventskranz

98. Die Aufstellung von vier Kerzen auf einen Kranz immergrüner Zweige ist ein Brauch, der vor allem in den deutschsprachigen Ländern und in Nordamerika verbreitet ist. Er wurde zum typischen Adventszeichen in den Häusern der Christen.

Durch das an jedem Adventssonntag bis zum Weihnachtsfest fortschreitende Entzünden der vier Lichter erinnert der Adventskranz Erinnerung an die verschiedenen Etappen der Heilsgeschichte vor Christus und ist zugleich Symbol des prophetischen Lichtes, das nach und nach die Nacht der Erwartung erhellte bis zum Aufgang der Sonne der Gerechtigkeit (vgl. Mal 3,20; Lk 1,78).

Adventsprozessionen

99. In der Adventszeit hält man in verschiedenen Regionen Prozessionen verschiedener Art, die auf den Straßen der Städte die bevorstehende Geburt des Erlösers ankündigen (der “helle Stern” einiger italienischer Stadtviertel) oder auch den Weg Josefs und Marias nach Bethlehem und ihre Suche nach einer Herberge für die Geburt Jesu abbilden (so die “posadas” der spanischen und lateinamerikanischen Tradition).

“Winterquatember”

100. Auf der nördlichen Halbkugel fällt der “Winterquatember” in die Adventszeit. Die vierteljährlichen Quatembertage beziehen sich auf den Wechsel der Jahreszeiten und gewähren in einigen Bereichen der menschlichen Arbeit einen Moment der Ruhe. Die Volksfrömmigkeit hat ein feines Gespür für den Verlauf des vitalen Naturzyklus: Während man den Winterquatember begeht, liegt die Saat in der Erde und wartet, dass das Licht und die Wärme der Sonne, die von der Wintersonnenwende an wieder zunehmen, ihn keimen lassen.

Wo die Volksfrömmigkeit Feiern zum Jahreszeitwechsel kennt, sind sie zu bewahren und aufzuwerten als Bitte an den Herrn und Reflexion über die Bedeutung der menschlichen Arbeit, die zugleich Mitarbeit am Schöpfungswerk Gottes ist, Selbstverwirklichung des Menschen, Dienst am Gemeinwohl und Verwirklichung des Heilsplans. (114)

Die Jungfrau Maria im Advent

101. In der Adventszeit feiert die Liturgie oft und auf beispielhafte Weise die selige Jungfrau (115): Sie erinnert an Frauen des Alten Bundes, die Vorbild und Prophezeiung ihrer Mission waren. Sie preist die Haltung des Glaubens und der Demut, in der Maria aus Nazareth ohne Zögern und radikal den Heilsplan Gottes annahm. Sie hebt ihre Bedeutung für die Gnadenereignisse, die der Geburt des Erlösers vorausgingen, hervor. Auch die Volksfrömmigkeit wendet in der Adventszeit der heiligen Maria besondere Aufmerksamkeit zu. Das zeigen verschiedene Andachtsübungen, vor allem die Novenen zum Fest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria und zu Weihnachten.

Die Bedeutung des Advent “als besonders passende Zeit für die Verehrung der Mutter des Herrn” (116) heißt aber keineswegs, diese liturgische Zeit als “Marienmonat” zu begehen. In den liturgischen Kalendern des christlichen Ostens ist die Zeit der Vorbereitung auf das Geheimnis der Erscheinung (Advent) der göttlichen Erlösung (Theophanie) in den Geheimnissen der Geburt / Epiphanie des eingeborenen Sohnes Gottes des Vaters besonders marianisch geprägt. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf die Vorbereitung der Ankunft des Herrn im Geheimnis der Gottesgebärerin. Für den Osten sind alle marianischen Geheimnisse christologische Geheimnisse, das heißt auf das Geheimnis unserer Erlösung in Christus bezogen. So singt man während dieser Zeit im koptischen Ritus das Lob Mariens in den Theotokia. Im syrischen Osten wird die Zeit Subbara, das heißt Verkündigung, genannt, um auf solche Weise ihre marianische Gestalt zu unterstreichen. Im byzantinischen Ritus bereitet man sich auf Weihnachten mit einer zunehmenden Reihe marianischer Feste und Lieder vor.

102. Das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria (8. Dezember) wird von den Gläubigen besonders wahrgenommen. Es erweckt viele Formen der Volksfrömmigkeit, deren besonderer Ausdruck die Novene zur Unbefleckten Jungfrau Maria ist. Zweifellos passt der Inhalt des Hochfestes als Vorbereitung auf die Geburt Jesu gut zu einigen tragenden Themen des Advent: Das Fest erinnert auch an die lange messianische Erwartung, die Prophezeiungen und Symbole des Alten Testaments, die auch in der Liturgie der Adventszeit vorkommen.

Wo die Novene zur Unbefleckten Jungfrau Maria gefeiert wird, muss man die im Licht der prophetischen Texte tun, die mit der Prophezeiung von Genesis 3,15 beginnen und in den Gruß Gabriels an die “Gnadenvolle” (Lk 1,28) und die Verkündigung der Geburt des Erlösers münden (vgl. Lk 1,31-33).

Von vielfältigen volkstümlichen Äußerungen begleitet, feiert man in Amerika kurz vor Weihnachten das Fest Unserer Lieben Frau von Guadalupe (12. Dezember). Es kann die Bereitschaft fördern, den Heiland zu empfangen: Maria, “zutiefst mit der Geburt der Kirche in Amerika verbunden, war der strahlende Stern, der die Verkündigung Christi des Erlösers den Kindern dieser Völker erleuchtete.” (117)

Weihnachtsnovene

103. Die Novene zu Weihnachten ist entstanden, um den Gläubigen die Schätze der Liturgie zu erschließen, zu der sie keinen leichten Zugang hatten. Die Weihnachtsnovene hatte somit eine heilsame Funktion und hat sie noch heute. Dennoch ist es auch in unserer Zeit, da die Teilnahme des Volkes an den liturgischen Feiern erleichtert worden ist, wünschenswert, in den Tagen vom 17. bis 23. Dezember die Vesper mit den “O-Antiphonen” zum Magnificat zu feiern. Solche Feiern, in deren Kontext auch einige beliebte volksfromme Feierelemente ihren Platz haben könnten, sind eine hervorragende “Weihnachtsnovene”. Sie entsprechen den Ansprüchen der Liturgie und den Erfordernissen der Volksfrömmigkeit. Innerhalb der Vesper selbst können einige ohnehin vorgesehene Feierelemente der Zeit angepasst werden (zum Beispiel die Predigt, die Verwendung von Weihrauch, die Anpassung der Fürbitten).

Krippe

104. Bekanntlich breitete sich abgesehen von den Darstellungen der Krippe aus Bethlehem, die es seit der Antike in Kirchen gab, vom 13. Jahrhundert an die Gewohnheit aus, auch in Häusern und Wohnungen kleine Krippen aufzustellen. Ohne Zweifel ist dieser Brauch von der in Greccio gestalteten Krippe des heiligen Franz von Assisi im Jahre 1223 beeinflusst. Ihre Vorbereitung (in der insbesondere die Kinder eingebunden werden sollten) ist eine Gelegenheit, die Familienmitglieder in Kontakt mit dem Weihnachtsmysterium zu bringen, indem man sich für eine Weile zum Gebet oder zur Lesung jener Bibelstellen, die die Geburt Jesu betreffen, versammelt.

Die Volksfrömmigkeit und der Geist des Advent

105. Die Volksfrömmigkeit kann aufgrund ihres intuitiven Verstehens des christlichen Heilsmysteriums zum wirksamen Schutz des Advent beitragen, der Gefahr läuft, seinen Sinn als Vorbereitung auf Weihnachten zu verlieren und sich mit Tausenden sinnentleerter Reklamesprüche der Konsumgesellschaft in einen “Kaufrausch” aufzulösen.

In der Volksfrömmigkeit ist in der Tat bewusst, dass man Weihnachten nur in einem Klima der Nüchternheit, der fröhlichen Einfachheit und in einer Haltung der Solidarität mit den Armen und Ausgestoßenen feiern kann. Die Erwartung der Geburt des Heilands macht sie empfindsam für den Wert des Lebens und für die Pflicht, es zu respektieren und von der Empfängnis an zu schützen. Sie erahnt auch, dass man nicht authentisch die Geburt dessen feiern kann, “der sein Volk von seinen Sünden erlösen wird” (Mt 1,21), ohne sich darum zu bemühen, das Übel der Sünde auch von sich selbst zu entfernen, indem man in der wachsamen Erwartung dessen lebt, der am Ende der Zeiten wiederkommen wird.

In der Weihnachtszeit

106. In der Weihnachtszeit feiert die Kirche das Geheimnis der Menschwerdung des Herrn: seine demütige Geburt in Bethlehem, die den Hirten als den ersten jenes Israels verkündet wurde, das den Erlöser aufnahm; die Erscheinung an die Weisen, “die aus dem Osten kamen” (Mt 2,1), die ersten Nichtjuden, die im neugeborenen Jesus Christus den Messias erkennen und anbeten; die Gottesoffenbarung am Jordan, in der Jesus vom Vater als sein “geliebter Sohn” identifiziert wird (Mt 3,17) und er öffentlich seine messianische Sendung beginnt; das in Kana bewirkte Wunder, durch das Jesus “seine Herrlichkeit offenbarte und seine Jünger an ihn glaubten” (Joh 2,11).

107. In der Weihnachtszeit werden außer den Feiern, die ihnen ihren erstrangigen Sinn geben, auch andere gefeiert, die in enger Beziehung zum Geheimnis der Menschwerdung des Herrn stehen: das Martyrium der Unschuldigen Kinder am 28. Dezember, deren Blut wegen des Hasses gegen Jesus und der Ablehnung seiner Herrschaft durch Herodes vergossen wurde; das Gedächtnis des Namens Jesu am dritten Januar; das Fest der Heiligen Familie am Sonntag in der Weihnachtsoktav, jener Familie, in der “Jesus heranwuchs in Weisheit, Alter und Gnade vor Gott und den Menschen” (Lk 2,52); das Hochfest des ersten Januar als herausragendes Gedächtnis der göttlichen, jungfräulichen und heilbringenden Mutterschaft Marias; und schließlich – wenn auch schon außerhalb der Weihnachtszeit – das Fest der Darstellung des Herrn am zweiten Februar, an dem die Begegnung des Messias mit seinem durch Simeon und Hanna repräsentierten Volk und die messianische Prophetie Simeons erinnert wird.

108. Ein großer Teil des reichen und umfassenden Geheimnisses der Erscheinung des Herrn findet weites Echo und eigene Ausdrucksformen in der Volksfrömmigkeit, die für die Kindheit des Heilandes, in der sich seine Liebe zu uns zeigte, besonders empfänglich ist. Die Volksfrömmigkeit nimmt in der Tat Folgendes intuitiv wahr:

- die “Spiritualität des Geschenks”, die Weihnachten kennzeichnet: “uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt” (Jes 9,5), ein Geschenk, das Ausdruck der unendlichen Liebe Gottes ist, der “die Welt so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab” (Joh 3,16); die Botschaft der Solidarität, die das Weihnachtsgeschehen mit sich bringt: Solidarität mit dem sündigen Menschen, weshalb Gott in Jesus Mensch wurde, “für uns Menschen und zu unserem Heil” (118), Solidarität mit den Armen, weil der Gottessohn “der reich war, unseretwegen arm wurde”, um uns “durch seine Armut” reich zu machen (2 Kor 8,9);

- den heiligen Wert des Lebens und das wundervolle Ereignis, das sich in jeder Geburt vollzieht; denn durch die Niederkunft Marias ist das Wort des Lebens zu den Menschen gekommen und sichtbar geworden (vgl. 1 Joh 1,2);

- die Bedeutung der Freude und des messianischen Friedens, welche die Menschen jeder Zeit zutiefst anstreben: die Engel verkündeten den Hirten, dass der Erlöser der Welt, der “Friedensfürst” (Jes 9,5) geboren wurde und wünschen: “Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade!” (Lk 2,14);

- das Klima von Einfachheit und Armut, von Demut und Gottvertrauen, das die Ereignisse der Geburt des Kindes Jesu kennzeichnet.

Weil sie die im Geheimnis von Weihnachten liegenden Werte intuitiv erfasst, ist die Volksfrömmigkeit dazu berufen, am Schutz des Gedächtnisses der Erscheinung des Herrn mitzuwirken, damit die starke, mit Weihnachten verbundene religiöse Tradition kein Feld für das Eindringen von Konsumismus oder Neuheidentum wird.

Die Heilige Nacht

109. Für die Zeit von der ersten Weihnachtsvesper bis zur Christmette kennt die Volksfrömmigkeit – zusammen mit der Tradition der Weihnachtslieder, welche die Botschaft von Freude und Frieden an Weihnachten äußerst wirksam vermitteln –eigene, von Land zu Land verschiedene Gebetsformen, deren Bedeutung zu erkennen und die gegebenenfalls mit der Feier der Liturgie zu harmonisieren sind. Hier einige Beispiele:

- Die Darstellung “lebender Krippen” und die Eröffnung der Hauskrippe können zu einem Moment des Gebets für die ganze Familie werden: Das Gebet sollte die Lesung der Geburt Jesu aus dem Lukas-Evangelium, typische Weihnachtsgesänge, Bitte und Lob enthalten, besonders seitens der Kinder, welche die Hauptfiguren dieser Familienbegegnung sind.

- Die Segnung des Weihnachtsbaumes sollte in ähnlicher Weise wie das Familiengebet gestaltet sein. Von seinen geschichtlichen Ursprüngen abgesehen ist der Weihnachtsbaum heute ein stark herausragendes Symbol, das im christlichen Umfeld sehr verbreitet ist. Er lässt sowohl an den Baum des Lebens denken, der inmitten des Gartens Eden gepflanzt war (vgl. Gen 2,9), als auch an den Baum des Kreuzes und nimmt so eine christologische Bedeutung an: Christus ist der echte Baum des Lebens, geboren aus unserem Geschlecht, aus der jungfräulichen Erde der Jungfrau Maria, ein immergrüner Baum, reich an Früchten. Der christliche Schmuck des Baumes besteht nach den Missionaren der nordischen Länder aus Äpfeln und Oblaten, die an die Zweige gehängt werden. Man kann auch “Geschenke” hinzufügen. Es sollte aber zwischen den unter den Weihnachtsbaum gelegten Geschenken ein Geschenk für die Armen nicht fehlen: sie gehören zu jeder christlichen Familie.

- Das Abendessen an Weihnachten sollte besonders festlich sein. Die christliche Familie, die jeden Tag der Tradition gemäß das Tischgebet spricht und dem Herrn für das Geschenk der Speise dankt, wird mit großer Intensität und Aufmerksamkeit beim Abendessen an Weihnachten diese Geste ausführen, in der sich die Unerschütterlichkeit und die Freude der familiären Beziehungen in ihrer ganzen Kraft zeigen.

110. Die Kirche wünscht, dass die Gläubigen in der Nacht des 24. Dezember wenn möglich an der Lesehore als der unmittelbaren Vorbereitung auf die Feier der Christmette teilnehmen (119). Wo das nicht geschieht, kann es angemessen sein, eine von ihr angeregte Gebetsversammlung abzuhalten, die Gesänge, Lesungen und Elemente der Volksfrömmigkeit enthält.

111. In der Mitternachtsmette, die von großer liturgischer Bedeutung und starkem volkstümlichem Einfluss ist, können besonders zur Geltung kommen bzw. soll beachtet werden: zu Beginn der Messe der Gesang der Festankündigung der Geburt des Herrn nach dem Formular des Martyrologium Romanum;

das Gebet der Gläubigen soll einen wirklich universalen Charakter annehmen, besonders deutlich wird dies, wenn es in verschiedenen Sprachen gesprochen wird; beim Herbeibringen und Bereiten der Gaben soll immer konkret an die Armen gedacht werden;

am Ende der Feier können die Gläubigen das Bild des Jesuskindes küssen; ebenso kann dieses in die innerhalb der Kirche oder in einem Nebenraum aufgestellten Krippe gelegt werden.

Das Fest der Heiligen Familie

112. Das Fest der Heiligen Familie von Jesus, Maria und Josef am Sonntag in der Weihnachtsoktav bietet einen passenden Rahmen für einige Riten oder Gebete, die der christlichen Familie eigen sind.

Die Erinnerung an Josef, Maria und das Kind Jesus, die wie jede jüdische Familie nach Jerusalem pilgern, um die Riten des Paschafestes zu begehen (vgl. Lk 2,41-42), sollte dazu ermutigen, dass an diesem Tag die ganze Familie gemeinsam an der Eucharistiefeier teilnimmt. Ebenso wichtig ist an diesem Feiertag die Erneuerung der Weihe der Familie unter den Schutz der heiligen Familie von Nazareth (120). Sinnvoll sind die Segnung der Kinder, wie sie im Rituale vorgesehen ist (121), dort, wo die Möglichkeit dazu besteht, die Erneuerung der am Hochzeitstag versprochenen Verpflichtungen der Eheleute, die jetzt Eltern sind, oder auch der Austausch der Eheversprechen, womit Verlobte ihr Vorhaben zum Ausdruck bringen, eine neue Familie zu gründen (122).

Aber auch außerhalb des Festtages erinnern sich Gläubigen in vielen Lebenssituationen an die Familie von Nazareth: sie schließen sich der Vereinigung der Heiligen Familie an, um die eigene Familie nach dem Vorbild der Familie aus Nazareth zu gestalten (123), und sie richten häufige Stoßgebete an sie, durch die sie sich ihrem Schutz anvertrauen, und sie erbitten ihre Hilfe in der Stunde des Todes. (124)

Das Fest der Unschuldigen Kinder

113. Seit dem sechsten Jahrhundert feiert die Kirche am 28. Dezember das Gedächtnis der Jesu wegen von der blinden Wut des Herodes getöteten Kinder (vgl. Mt 2,16-17). Die liturgische Tradition nennt sie die “Unschuldigen Kinder” und verehrt sie als Märtyrer. In all den Jahrhunderten entwickelten sich in Kunst, Dichtung und Volksfrömmigkeit Gefühle der Sympathie und Zärtlichkeit, die das Gedächtnis dieser “zarten Herde geopferter Lämmer” (125) festgehalten hat. Solche Gefühle waren immer begleitet von der Empörung über die Gewalt, mit der sie den Armen ihrer Mütter entrissen und dem Tod überliefert wurden.

Auch in unseren Tagen erleiden Kinder unzählige Formen von Gewalt, die nach ihrem Leben, ihrer Würde, ihrer Moral und ihrem Recht auf Erziehung trachten. An jenem Tag soll man an die große Zahl der nicht geborenen und unter dem Schutz der Gesetze, welche Abtreibung erlauben, vorzeitig ermordeten Kinder denken, was ein verabscheuungswürdiges Verbrechen ist. Wach für die konkreten Probleme rief die Volksfrömmigkeit in nicht wenigen Ländern kultische Veranstaltungen ins Leben aber auch Maßnahmen der Nächstenliebe, zum Beispiel Hilfen für schwangere Mütter und zur Adoption von Kindern und zur Förderung ihrer Ausbildung.

Der 31. Dezember

114. Aus der Volksfrömmigkeit kommen einige Andachtsübungen, die den 31. Dezember prägen. In den meisten Teilen der Länder des Westens feiert man an diesem Tag das Ende des zivilen Jahres. Seine jährliche Wiederkehr veranlasst die Gläubigen zum Nachdenken über das “Geheimnis der Zeit”, die schnell und unerbittlich abläuft. Dies verursacht in ihrer Seele ein zwiespältiges Empfinden: Reue und Bedauern über im vergangenen Jahr begangene Schuld und verlorene Gelegenheiten der Gnade und zugleich Dankbarkeit für die von Gott erhaltenen Wohltaten.

Diese zweifache Haltung ist der Ursprung für zwei Andachtsübungen: eine verlängerte Aussetzung des Allerheiligsten, das den Ordensgemeinschaften und den Gläubigen Raum für das vornehmlich stille und private Gebet bietet, sowie den Gesang des Te Deum als Ausdruck des Lobes und Dankes der Gemeinde für die von Gott erhaltenen Wohltaten im vergangenen Jahr, dessen Ende kurz bevorsteht. (126)

An einigen Orten, vor allem in monastischen Gemeinschaften und in Laienvereinigungen mit stark eucharistischer Prägung, findet in der Nacht des 31. Dezember eine Gebetsversammlung statt, die gewöhnlich mit der Feier der Eucharistie endet. Zu solcher Nachtwache ist zu ermutigen. Sie muss in Übereinstimmung mit der liturgischen Ordnung für die Weihnachtsoktav gefeiert werden. Dies ist nicht nur eine geeignete Reaktion auf die leichtfertige Sorglosigkeit, mit der die Gesellschaft den Augenblick des Durchganges zum neuen Jahr lebt, sondern auch eine dem Herrn dargebrachte Wache der ersten Früchte des neuen Jahres.

Das Hochfest der heiligen Mutter Gottes

115. Am ersten Januar, dem Oktavtag von Weihnachten, feiert die Kirche das Hochfest der seligen Jungfrau Maria, der Mutter Gottes. Die göttliche und jungfräuliche Mutterschaft Marias ist ein einzigartiges Heilsereignis: Für die Jungfrau war es Voraussetzung und Ursache ihres außergewöhnlichen Ruhmes. Für uns ist es Quelle der Gnade und Erlösung, weil Maria “uns den Urheber des Lebens geboren hat.” (127)

Das Hochfest des ersten Januar, das in herausragender Weise marianisch ist, bietet einen besonders passenden Raum für eine Begegnung von Liturgie und Volksfrömmigkeit: Die erste feiert jenes Ereignis in den Formen, die ihr eigen sind; die zweite wird es unter entsprechender Anleitung nicht versäumen, den Ausdrucksformen des Lobes und Preises der Jungfrau für die Geburt ihres göttlichen Kindes Leben zu verleihen und den Inhalt der zahlreichen Gebetsformen zu vertiefen, angefangen mit dem vielen Gläubigen kostbaren Gebet: “Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder.”

116. Im Westen ist der erste Januar mit Glückwünschen verbunden als der Anfang des zivilen Jahres. Die Gläubigen tauschen in der freudigen Stimmung des Jahresbeginns gegenseitig Wünsche für ein “gutes Jahr.” Sie mögen aber solcher Gewohnheit einen christlichen Sinn geben und daraus gleichsam einen Ausdruck der Frömmigkeit machen. Die Gläubigen wissen nämlich, dass das “neue Jahr” unter der Herrschaft Christi steht, so stellen sie es, während sie gegenseitig Wünsche austauschen, auch implizit oder explizit unter die Herrschaft Christi, dem Tage und ewige Jahrhunderte gehören (vgl. Offb 1,8; 22,13). (128)

An dieses Bewusstsein knüpft die weit verbreitete Gewohnheit an, am ersten Januar den Hymnus Veni, creator Spiritus zu singen, damit der Geist des Herrn die Gedanken und die Taten der einzelnen Gläubige und der christlichen Gemeinschaften während des Jahres leite. (129)

117. Unter den Wünschen, die Männer und Frauen am ersten Januar austauschen, ragt der Friedenswunsch heraus. Der “Friedensgruß” hat tiefreichende biblische, christologische und weihnachtliche Wurzeln. Das “Gut des Friedens” wird von den Menschen jeder Zeit als erstes angerufen, auch wenn sie ihn häufig in der gewaltsamsten und zerstörerischsten Art gefährden: durch den Krieg.

Der Apostolische Stuhl nimmt an den tiefen Bestrebungen der Völker Anteil und erklärte 1967 den ersten Januar zum “Welttag des Friedens”.

Die Volksfrömmigkeit ist dieser Initiative des Apostolischen Stuhles gegenüber nicht unsensibel geblieben und macht im Licht des neugeborenen Friedensfürsten aus diesem Tag eine Zeit intensiven Gebets für den Frieden, für die Erziehung zum Frieden und für die Werte, die untrennbar damit zusammenhängen, wie Freiheit, Solidarität und Geschwisterlichkeit, die Würde der menschlichen Person, der Respekt vor der Schöpfung, das Recht auf Arbeit und die Heiligkeit des Lebens, die Anklage ungerechter Situationen, die das Gewissen erschüttern und den Frieden bedrohen.

Das Hochfest der Erscheinung des Herrn

118. Um das Fest der Erscheinung des Herrn, das ältesten Ursprungs und von überreichem Inhalt ist, sind viele Überlieferungen und echte Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit entstanden und haben sich aus ihm entwickelt. Unter ihnen sind zu nennen:

die feierliche Ankündigung von Ostern und der wichtigsten Feste des liturgischen Jahres. Ihre Wiedereinführung, die in verschiedenen Ländern geschieht, ist zu unterstützen. Sie hilft nämlich den Gläubigen, die Verbindung zwischen Epiphanie und Ostern sowie die Ausrichtung aller Feste am höchsten christlichen Hochfest zu entdecken.

der Austausch von “Geschenken der Epiphanie”. Die Wurzeln dieses Brauchs liegen in der Erzählung des Evangeliums der von den Sterndeutern dem Jesuskind dargebrachten Geschenke (vgl. Mt 2,11) noch radikaler aber in dem Geschenk, das Gott der Menschheit mit der Geburt des Immanuel unter uns Menschen gemacht hat (vgl. Jes 7,14; 9,6; Mt 1,23). Es ist daher wünschenswert, dass der Austausch von Geschenken anlässlich des Epiphaniefestes eine religiöse Bedeutung behält, das heißt, er soll von der Erzählung des Evangeliums motiviert sein: Das wird helfen, dem Schenken einen Ausdruck christlicher Frömmigkeit zu verleihen, und es freihalten von Elementen, die durch Luxus, äußeren Glanz und Verschwendung bedingt, ihren eigentlichen Ursprüngen fremd geworden sind.

die Segnung der Häuser, deren Türen mit dem Kreuz des Herrn bezeichnet werden: die Ziffer des neuen Jahres, die Anfangsbuchstaben der überlieferten Namen der heiligen Sterndeuter (C+M+B), die auch als Abkürzung von “Christus mansionem benedicat” (Christus segne dieses Haus) zu erklären sind. Sie werden mit gesegneter Kreide geschrieben. Solche Gesten, bei Umzügen von Kindern in Begleitung von Erwachsenen durchgeführt, drücken die Bitte um den Segen Christi durch die Vermittlung der heiligen Weisen aus und sind eine gute Gelegenheit, Geld für karitative und missionarische Zwecke zu sammeln.

die Solidaritätsinitiativen zugunsten von Männern und Frauen, die, wie die Sterndeuter aus entfernten Ländern kommen. Ihnen gegenüber nimmt die Volksfrömmigkeit, unabhängig davon, ob sie Christen sind oder nicht, eine Haltung verstehender Zuwendung und tatkräftiger Solidarität ein.

die Hilfe zur Evangelisierung der Völker. Der missionarische Charakter des Epiphaniefestes wurde von der Volksfrömmigkeit stark gepflegt, weshalb an jenem Tag Initiativen zugunsten der Missionen ergriffen werden, besonders jener, die an das vom Apostolischen Stuhl eingerichtete “Päpstliche Missionswerk der Kinder” gebunden sind.

die Zuweisung heiliger Schutzpatrone. In nicht wenigen Ordensgemeinschaften und Bruderschaften besteht die Gewohnheit, den einzelnen Mitgliedern einen Heiligen zuzuweisen, unter dessen Schutz das gerade begonnene Jahr stehen soll. Das Fest der Taufe des Herrn

119. Eng verbunden mit dem Heilsereignis der Erscheinung des Herrn sind die Geheimnisse der Taufe Jesu und seiner Offenbarung bei der Hochzeit zu Kana.

Das Fest der Taufe des Herrn beschließt die weihnachtliche Festzeit. Erst in jüngster Zeit wiederentdeckt, hat es keine besonderen Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit hervorgebracht. Damit die Gläubigen offen bleiben für die Bedeutung der Taufe und sich an ihre Geburt als Kinder Gottes erinnern, kann es jedoch eine gute Gelegenheit werden für wirksame Initiativen des Taufgedächtnisses wie die Aufnahme des Ritus der sonntäglichen Besprengung mit gesegnetem Wasser in alle Gemeindemessen und die Konzentration von Homilie und Katechese auf Taufthemen und -symbole.

Das Fest der Darstellung des Herrn

120. Die antike Feier des zweiten Februar, die östlichen Ursprungs ist (130), hatte im Westen bis 1969 den Titel “Reinigung der seligen Jungfrau Maria” und beschloss am vierzigsten Tag nach Weihnachten den Weihnachtsfestkreis.

Diese Feier hat seit jeher eine stark volkstümliche Prägung. Die Gläubigen nehmen gern an der Prozession teil, die an den Einzug Jesu in den Tempel erinnert und an seine Begegnung vor allem mit Gott dem Vater, in dessen Haus er zum ersten Mal eintritt, aber auch mit Simeon und Hanna. Solche Prozessionen, die im Westen heidnische Züge ausschweifender Zügellosigkeit ersetzten und Bußcharakter hatten, wurden später mit dem Segnen von Kerzen verbunden, die brennend zur Ehre Christi, dem “Licht zur Erleuchtung der Heiden” (Lk 2,32), in der Prozession mitgetragen wurden.

Sie sind empfänglich für die von der Jungfrau Maria vollzogene Geste, ihr Kind für den Reinigungsritus nach den Vorschriften des mosaischen Gesetzes (vgl. Lev 12,1-8) zum Tempel zu bringen. Das Moment der Reinigung wurde in der Volksfrömmigkeit als Zeichen der Demut der Jungfrau Maria gesehen, so dass der zweite Februar oft ein Fest für diejenigen war, die niedrige Dienste in der Kirche tun.

121. Die Volksfrömmigkeit ist offen für das zukunftsträchtige und geheimnisvolle Ereignis der Empfängnis und Geburt neuen Lebens. Besonders christliche Mütter nehmen den Zusammenhang zwischen der Mutterschaft der Jungfrau Maria, der Reinsten und Mutter des Hauptes des mystischen Leibes, und ihrer eigenen Mutterschaft wahr, der trotz der bemerkenswerten Unterschiede – die Empfängnis und Geburt Jesu sind einzigartig – besteht. Sind sie doch auch Mütter nach Gottes Plan, auch sie haben künftigen Mitglieder des gleichen mystischen Leibes das Leben geschenkt. Aus diesem Mitfühlen und ausgehend von einer gewissen mimesis des von Maria vollzogenen Ritus (vgl. Lk 2,22-24) her entstand der Ritus der Reinigung der Wöchnerin, der allerdings eine negative Sicht einiger Elemente, die mit der Geburt verbunden sind, widerspiegelt.

Im erneuerten Rituale Romanum ist der Segen einer Mutter sowohl vor (131) als auch nach der Geburt (132), vorgesehen; letzterer aber nur dann, wenn die Wöchnerin nicht an der Taufe ihres Kindes teilnehmen konnte.

Es kann nicht hoch genug bewertet werden, wenn Mütter, ihre Ehepartner und Verwandten sich dem Gebet der Kirche anschließen und einen solchen Segen erbitten: Er ist Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe im Gebet, damit sich die Zeit der Erwartung glücklich vollziehe (Segen vor der Geburt), und Dank an Gott für das erhaltene Geschenk (Segen nach der Geburt).

122. In manchen Ortskirchen hat die besondere Betonung einiger Aspekte der biblischen Erzählung von der Darstellung des Herrn (Lk 2,22-40) – wie der Gehorsam von Josef und Maria gegenüber dem Gesetz des Herrn, die Armut der heiligen Brautleute, die Jungfräulichkeit der Mutter Jesu – aus dem zweiten Februar auch das Fest derjenigen gemacht, die sich dem Dienst des Herrn und der Brüder in den verschiedenen Formen des geweihten Leben widmen.

123. Die Feier des zweiten Februar hat einen gewissen volkstümlichen Charakter, der jedoch zum echten Sinn der Feier passen muss. Es wäre nicht richtig, wenn die Volksfrömmigkeit bei der Feier der Darstellung des Herrn ihren primären christologischen Gegenstand vernachlässigen würde, um sich ausschließlich mit marianischen Aspekten zu beschäftigen. Die Tatsache, dass sie “als verbundenes Gedächtnis des Sohnes und der Mutter” (133) betrachtet werden muss, bedeutet keine mögliche Änderung der Perspektive. Die in den Häusern aufbewahrte Kerze muss für die Gläubigen ein Zeichen Christi des “Lichts der Welt” sein, und somit Ausdruck des Glaubens.

In der Quadragesima

124. Die Zeit der vierzig Tage (Fastenzeit, österliche Bußzeit) ist die Zeit, die Ostern vorangeht und auf die Feier dieses Festes vorbereitet. Sie ist Zeit des Hörens auf Gottes Wort sowie der Bekehrung, Vorbereitung auf und Erinnerung an die Taufe, Zeit der Versöhnung mit Gott und mit den Geschwistern, eine Zeit, häufiger zu den “Waffen der christlichen Buße” (134) zu greifen: Gebet, Fasten und Almosengeben (vgl. Mt 6,1-6.16-18).

Im Bereich der Volksfrömmigkeit ist die geheimnisvolle Bedeutung dieser Zeit nicht gut wahrzunehmen, einige ihrer Werte und Themen werden nicht berücksichtigt, wie die Beziehung zwischen dem “Sakrament der vierzig Tage” und den Sakramenten der christlichen Initiation, wie auch das Geheimnis des “Exodus”, der auf dem ganzen Weg auf Ostern hin anwesend ist. Nach einem Grundprinzip der Volksfrömmigkeit, sich vor allem mit den Geheimnissen der Menschheit Christi zu beschäftigen, konzentrieren die Gläubigen in der Fastenzeit ihre Aufmerksamkeit auf Leiden und Tod des Herrn.

125. Die Quadragesima beginnt im römischen Ritus mit dem herben Symbol der Asche, das die Liturgie des Aschermittwoch prägt. Die Geste, sich mit Asche zu bedecken, hat den Sinn, die eigene Gebrechlichkeit und Sterblichkeit zu bedenken sowie die Notwendigkeit der Erlösung durch Gottes Barmherzigkeit zu erkennen. Das Auflegen der Asche gehört zu der alten rituellen Form, mit der bekehrte Sünder sich der kanonischen Buße unterzogen. Weit davon entfernt, eine rein äußerliche Geste zu sein, wurde sie von der Kirche als Ausdruck eines reumütigen Herzens bewahrt. Jeder Getaufte ist gehalten, in der österlichen Bußzeit diese Haltung anzunehmen. Den Gläubigen, die zum Empfangen des Aschenkreuzes kommen, soll der innere Sinn dieser Geste erschlossen werden, die den Weg zur Bekehrung und zur österlichen Erneuerung öffnet.

Obwohl es in einer säkularisierten modernen Gesellschaft lebt, ist dem christlichen Volk klar, dass man sich in der Zeit der Quadragesima an jenen Werten orientieren muss, die wirklich zählen, dass das Evangelium auf eine ihm entsprechenden Lebensführung verpflichtet: gute Werke, Verzicht auf überflüssigen Genuss, Formen der Solidarität mit Leidenden und Bedürftigen.

Auch die Gläubigen, die das Bußsakrament und die Eucharistie selten empfangen, wissen aus der langen kirchlichen Tradition, dass die österliche Bußzeit in enger Beziehung zu den Vorschriften der Kirche steht, wenigstens einmal im Jahr die schweren Sünden zu beichten und wenigstens einmal im Jahr die heilige Kommunion zu empfangen, vorzugsweise während der österlichen Zeit. (135)

126. Der Unterschied zwischen dem streng liturgischen und dem volkstümlichen Verständnis der Quadragesima behindert keineswegs eine fruchtbare Wechselwirkung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit in dieser Zeit der vierzig Tage.

Ein Beispiel für die Wechselwirkung ist die Bevorzugung besonderer Tage, frommer Übungen, apostolischer und karitativer Tätigkeiten durch die Volksfrömmigkeit die auch von der Liturgie der Fastenzeit vorgesehen und empfohlen sind. Das Fasten, seit dem Altertum mit dieser liturgischen Zeit verbunden, ist eine “Übung”, die von den Bedürfnissen des irdischen Lebens befreit, um die Notwendigkeit des Lebens, das vom Himmel kommt, wieder zu entdecken: “Nicht nur vom Brot lebt der Mensch, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt” (vgl. Dtn 8,3; Mt 4,4; Lk 4,4; Antiphon zur Kommunion vom ersten Fastensonntag).

Die Verehrung des gekreuzigten Christus

127. Der Fastenweg mündet in den Beginn des österlichen Triduums, das heißt in der Feier der Abendmahlsmesse am Gründonnerstag abend In Cena Domini. Innerhalb des österlichen Triduums ist der Karfreitag in besonderer Weise der Feier der Leidens des Herrn gewidmet. Er ist der herausragende Tag der “Kreuzverehrung”.

Aber die Volksfrömmigkeit liebt es, die Verehrung des Kreuzes vorzuverlegen. Während der ganzen Fastenzeit ist jeder Freitag nach einer alten christlichen Tradition Gedenktag des Leidens Christi, an dem die Gläubigen ihre Frömmigkeit bereitwillig am Geheimnis des Kreuzes ausrichten.

Die Betrachtung des gekreuzigten Heilands hilft ihnen, die Bedeutung des großen und ungerechten Schmerzes, den Jesus, der Heilige und Unschuldige, um der Erlösung der Menschen willen erlitten hat, zu begreifen und den Wert seiner solidarischen Liebe sowie die Wirksamkeit seines erlösenden Opfers zu verstehen.

128. Die zahlreichen und verschiedenen Ausdrucksformen der Liebe zum gekreuzigten Christus bekommen eine besondere Bedeutung in den dem Geheimnis des Kreuzes gewidmeten Kirchen oder dort, wo man als echt angesehene Reliquien Teile des lignum Crucis verehrt. Die “Auffindung des Kreuzes”, die der Überlieferung zufolge in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts erfolgte, und die daraus folgende Verbreitung der verehrten Partikel auf der ganzen Erde brachte ein bemerkenswertes Wachstum der Kreuzverehrung mit sich. Mit den Ausdrucksformen der Verehrung des gekreuzigten Christus verbanden sich in vielerlei Art und Weise die üblichen Elemente der Volksfrömmigkeit, Gesänge und Gebete, Gesten wie Kreuzerhebung, Kuss, Prozession und Segen mit dem Kreuz. Sie haben Andachtsübungen hervorgebracht, die zum Teil inhaltlich und formal Kostbarkeiten sind.

Dennoch bedarf die Kreuzesfrömmigkeit häufig der Erleuchtung. Man muss den Gläubigen den wesentlichen Bezug des Kreuzes zur Auferstehung aufzeigen: das Kreuz und das leere Grab, Tod und Auferstehung Jesu Christi sind in den Evangelienerzählungen wie im Heilsplan Gottes untrennbar. Im christlichen Glauben ist das Kreuz Ausdruck des Triumphes über die Macht der Finsternis, deshalb wird es mit Edelsteinen verziert und gilt als Zeichen des Segens, wenn man sich selbst damit bezeichnet oder auch als Segensgeste für andere Personen und Gegenstände.

129. Der Evangelientext in den verschiedenen Versionen der Leidensgeschichte und die der Volksfrömmigkeit eigenen Tendenz zu spezifizieren und zu unterscheiden haben bewirkt, dass die Gläubigen ihre Aufmerksamkeit auch Einzelaspekten des leidenden Christi zuwandten und diese zum Gegenstand besonderer Verehrung machten: “Ecce Homo”, den verspotteten Christus “mit der Dornenkrone und dem Purpurmantel” (Joh 19,5), den Pilatus dem Volk zeigt; die heiligen Wundmale des Herrn, vor allem die Seitenwunde, aus der sich das heilbringende Blut ergoss (vgl. Joh 19,34); die Leidenswerkzeuge wie Geißelsäule, die Treppe des Prätoriums, Dornenkrone, Nägel, die Lanze der Durchbohrung; das heilige Leichentuch bzw. das Tuch der Beisetzung im Grab.

Diese Ausdrucksformen der Frömmigkeit, die in einigen Fällen durch Menschen von herausragender Heiligkeit gefördert wurden, sind le_gitim. Um aber eine übertriebene Zerstückelung in der Betrachtung des Geheimnisses des Kreuzes zu vermeiden, ist es angebracht, die ungeteilte Betrachtung der Leidensgeheimnisse im Sinne der biblischen und patristischen Tradition hervorzuheben.

Das Lesen der Leidensgeschichte des Herrn

130. Die Kirche mahnt die Gläubigen zum häufigen Lesen des Gotteswortes, einzeln oder in Gemeinschaft. Zweifellos hat unter den biblischen Erzählungen die Leidensgeschichte des Herrn einen besonderen pastoralen Wert, so dass zum Beispiel der Ordo unctionis infirmorum eorumque pastoralis curae vorschlägt, die Leidensgeschichte des Herrn ganz oder teilweise in der Stunde des Todeskampfes eines Christen zu lesen. (136)

In der österlichen Bußzeit, vor allem am Mittwoch und Freitag, soll die Liebe zum gekreuzigten Christus christliche Gemeinschaften dazu führen, die Leidensgeschichte des Herrn zu lesen. Solches Lesen, von hoher lehrmäßiger Bedeutung, zieht die Aufmerksamkeit der Gläubigen für den Inhalt wie auch für die erzählerische Form an und bewirkt in ihnen Gefühle echter Frömmigkeit: Reue über begangene Schuld, weil die Gläubigen wahrnehmen, dass der Tod Christi für die Vergebung der Sünden der ganzen Menschheit geschah und also auch für die eigenen; Mitgefühl und Solidarität gegenüber dem ungerecht verfolgten Unschuldigen; Dankbarkeit für die unendliche Liebe, die Jesus, der erstgeborene Sohn, in seinem Leiden zu allen Menschen als seinen Brüdern und Schwestern erwies; die Verpflichtung, den Beispielen zu folgen, die Jesus in seiner Passion reichlich und wirksam gab: Milde, Geduld, Barmherzigkeit, Vergebung, vertrauensvolle Hingabe in die Hände des Vaters.

Außerhalb der liturgischen Feier kann die Lektüre der Passion “dramatisiert” werden, indem sie mit verteilten Rollen vorgetragen wird. Sie kann auch durch Gesänge und Momente besinnlichen Schweigens unterbrochen werden. “Kreuzweg”

131. Unter den frommen Übungen, mit denen die Gläubigen die Passion des Herrn verehren, sind nur wenige so beliebt wie der Kreuzweg. Die Gläubigen gehen in teilnehmender Liebe die Schritte jenes letzten Weges mit, den Jesus während seines irdischen Lebens zurücklegte: vom Ölberg, wo der Herr auf dem “Grundstück, das Getsemani heißt” (Mk 14,32), “von Angst erfüllt” (Lk 22,44) war, bis zum Kalvarienberg, wo er zwischen Verbrechern gekreuzigt wurde (vgl. Lk 23,33), und zum Garten, wo er in einem neuen, in den Felsen gehauenen Grab beigesetzt wurde (vgl. Joh 19,40-42).

Ausdruck der Liebe des christlichen Volkes für diese Andachtsübung sind die unzähligen in den Kirchen errichteten Kreuzwege, in Wallfahrtsorten, Kreuzgängen und im Freien, auf dem Feld oder den Aufstieg eines Hügels entlang, dem die verschiedenen Stationen eine eindrucksvolle Gestalt verleihen.

132. Der Kreuzweg ist eine Synthese vieler seit dem Hochmittelalter entstandenen Andachtsformen: die Wallfahrt ins Heilige Land, wo die Gläubigen andächtig die Orte der Leidensgeschichte des Herrn aufsuchen; die Betrachtung der “Fußfälle Christi” unter der Last des Kreuzes; das Nachgehen der “schmerzhaften Wege Christi” in Prozessionen von einer Kirche zur anderen als Gedächtnis der Wege Christi während seiner Passion; die Verehrung der “Stationen Christi”, das heißt jener Momente, in denen Jesus auf dem Weg zum Kalvarienberg innehielt, weil er dazu gezwungen wurde, von der Last erschöpft war oder aus Liebe einen Dialog mit den Männern und Frauen zu führen versucht, die seiner Passion beiwohnen.

In seiner aktuellen Form, die schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bezeugt ist und vor allem durch den heiligen Leonardo da Porto Maurizio († 1751) verbreitet, vom Apostolischen Stuhl approbiert und mit Ablässen versehen worden ist (137), besteht der Kreuzweg aus vierzehn Stationen.

133. Der Kreuzweg ist ein vom Heiligen Geist vorgezeichneter Weg, der mit göttlichem Feuer im Herzen Christi brannte (vgl. Lk 12,49-50) und ihn zum Kalvarienberg führte. Die Kirche liebt diesen Weg, weil er das lebendige Gedächtnis der Worte und der Ereignisse der letzten Tage ihres Herrn und Bräutigams bewahrt.

In der Frömmigkeitsübung des Kreuzweges fließen verschiedene typische Ausdrucksformen christlicher Spiritualität zusammen: die Vorstellung des Lebens als Weg, Wallfahrt oder als Durchgang durch das Geheimnis des Kreuzes aus der irdischen Verbannung in die himmlischen Heimat; der Wunsch, sich ganz dem Leiden Christi anzugleichen; der Anspruch der Nachfolge Christi, weil der Jünger dem Lehrer nachfolgen muss, indem er täglich sein eigenes Kreuz trägt (vgl. Lk 9,23).

Aus allen diesen Gründen ist der Kreuzweg eine besonders zur Zeit der Quadragesima passende Übung der Frömmigkeit.

134. Für einen fruchtbaren Vollzug des Kreuzweges können die folgenden Hinweise nützlich sein:

- Die traditionelle Form mit vierzehn Stationen muss als typische Form des Kreuzweges angesehen werden. Zu bestimmten Gelegenheiten ist aber auch das Ersetzen der einen oder anderen Station durch andere Berichte des Evangeliums vom Leidensweg Christi, die in der traditionellen Form nicht vorgesehen sind, nicht ausgeschlossen.

- Daneben gibt es auch alternative Formen des Kreuzwegs, die vom Apostolischen Stuhl approbiert (138) oder vom Papst öffentlich vollzogen worden sind (139). Sie sind als echte Formen anzusehen und können nach Bedarf Anwendung finden.

- Der Kreuzweg ist eine fromme Übung, die sich auf das Leiden Christi bezieht. Es ist dennoch angemessen, sie so zu beschließen, dass die Gläubigen sich der von Glaube und Hoffnung erfüllten Erwartung der Auferstehung zuwenden. Nach dem Vorbild der Statio der Anastasis (Auferstehungsstation) am Ende des Kreuzwegs in Jerusalem kann man die Andacht mit dem Gedächtnis der Auferstehung des Herrn beschließen.

135. Die Texte für den Kreuzweg sind zahlreich. Sie sind von Hirten verfasst worden, die von echter Wertschätzung für die Andacht bewegt und von ihrer verfasst, die durch ihr heiliges Leben, ihre Lehre oder literarische Fähigkeiten herausragten.

Die Wahl des Textes muss unter Berücksichtigung möglicher Hinweise der Bischöfe so getroffen werden, dass zum einen die Situation der an der Andacht teilnehmenden Menschen beachtet wird und zum anderen das pastorale Prinzip berücksichtigt wird, Tradition und Erneuerung in Einklang zu bringen. Auf jeden Fall sind Texte vorzuziehen, in denen das Wort der Bibel korrekt vorkommt und die in einer edlen und einfachen Sprache geschrieben sind. Eine weiser Vollzug des Kreuzwegs, in dem Wort, Stille, Gesang, prozessionsähnliches Schreiten und nachdenkliches Innehalten sich in ausgeglichener Weise ergänzen, trägt zur Erzielung der geistigen Früchte der Andachtsübung bei.

“Weg der Mutter”

136. Im Heilsplan Gottes (vgl. Lk 2,34-35) gehören der gekreuzigte Christus und die schmerzhafte Jungfrau Maria zusammen auch in der Liturgie und in der Volksfrömmigkeit. Wie Christus “Mann der Schmerzen” (Jes 53,3) ist, durch den Gott seinen Plan verwirklichte, “alles zu versöhnen im Himmel und auf Erden, um Frieden zu stiften am Kreuz durch sein Blut” (Kol 1,20), so ist Maria “Schmerzensfrau”, die Gott mit seinem Sohn vereinen wollte als an seinem Leiden Anteil nehmende Mutter.

Seit den Tagen der Kindheit Christi stand das ganze Leben der Jungfrau Maria unter dem Zeichen des Schwertes (vgl. Lk 2,35), da auch sie von der Ablehnung betroffen war, die ihrem Sohn entgegengebracht wurde. Die Frömmigkeit des christlichen Volkes fand sieben bedeutsame Episoden im schmerzhaften Leben der Mutter, die sie als die “sieben Schmerzen der seligen Jungfrau Maria” bezeichnete.

So entstand nach dem Modell des Kreuzwegs die Andachtsübung des Weges der betrübten Mutter oder einfach “Weg der Mutter” (Via Matris dolorosae), der ebenfalls vom Apostolischen Stuhl approbiert worden ist (140). Erste Formen des “Weges der Mutter” sind im 16. Jahrhundert zu finden. Die aktuelle Form geht jedoch auf das 19. Jahrhundert zurück. Ihr Grundgedanke ist, das ganze Leben Marias, von der prophetischen Verkündigung Simeons (vgl. Lk 2,34-35) bis zum Tod und Begräbnis ihres Sohnes als Weg des Glaubens und des Schmerzes zu betrachten: ein den “sieben Schmerzen” der Mutter des Herrn entsprechend in sieben Stationen unterteilter Weg.

137. Die Andachtsübung des “Weges der Mutter” passt gut zu einigen typischen Themen der österlichen Bußzeit. Da nämlich der Schmerz der Jungfrau Maria von der Ablehnung Christi durch die Menschen verursacht ist, verweist der “Weg der Mutter” ständig und unbedingt auf das Geheimnis Christi, des leidenden Gottesknechtes (vgl. Jes 52,13-53,12), der von seinem Volk abgelehnt wurde (vgl. Joh 1,11; Lk 2,1-7.34-35; 4,28-29; Mt 26,47-56; Apg 12,1-5). Sie verweist auch auf das Geheimnis der Kirche. Sind doch die Stationen des “Weges der Mutter” Schritte jenes Weges von Glauben und Schmerz, in dem die Jungfrau Maria der Kirche vorausging, und den diese bis zum Ende der Zeiten zurücklegen muss.

Der “Weg der Mutter” hat in der Darstellung der schmerzensreichen Mutter, der “Pietà” ihre höchste Ausdrucksform gefunden. Seit dem Mittelalter ist sie ein unerschöpfliches Thema der christlichen Kunst.

In der Heiligen Woche

138. “In der Heiligen Woche feiert die Kirche die Erlösungsgeheimnisse, die von Christus in den letzten Tagen seines Leben zur Vollendung gebracht wurden, beginnend mit seinem messianischen Einzug in Jerusalem.” (141)

Die Einbindung des Volkes in die Riten der Karwoche ist groß. Einige tragen noch die Spuren ihrer Herkunft aus dem Bereich der Volksfrömmigkeit. Dennoch entwickelte sich im Lauf der Jahrhunderte eine Art Zweigleisigkeit der Feiern, so dass fast zwei Zyklen verschiedener Struktur existierten: Der eine ist streng liturgisch, der andere ist von besonderen Andachtsübungen geprägt, speziell von Prozessionen.

Dieser Unterschied sollte auf eine rechte Harmonisierung von liturgischer Feier und Andachtsübungen ausgerichtet werden. Hinsichtlich der Heiligen Woche muss nämlich die Wertschätzung für die dem Volk so lieben frommen Übungen zur notwendigen Hochschätzung der liturgischen Feiern hinführen, dabei gewiss von Elementen des Brauchtums und der Volksfrömmigkeit unterstützt.

Palmsonntag: Palmen, Zweige von Oliven oder anderen Bäumen

139. “Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag – auch ,Sonntag von der Passion des Herrn‘ genannt –, der den königlichen Triumph Christi mit der Verkündigung der Leidensgeschichte vereint.” (142)

Die Prozession zum Gedächtnis des messianischen Einzugs Jesu in Jerusalem hat einen freudigen und volkstümlichen Charakter. Gerne bewahren die Gläubigen in ihren Wohnorten und zuweilen an den Arbeitsplätzen die Palmen, Olivenzweige oder Zweige anderer Bäume auf, die sie zur Prozession mitgebracht haben und die gesegnet wurden. Dennoch müssen die Gläubigen auf die Bedeutung der Feier verwiesen werden, damit sie ihren Sinn verstehen. So soll betont werden, dass die Teilnahme an der Prozession wesentlich und wichtig ist und nicht, sich nur Palm- oder Olivenzweige zu besorgen, um sie zu therapeutischen Zwecken oder als Art Amulett aufzubewahren, damit Unheil abzuwehren oder böse Geister eventuelle Schäden an Häusern oder Feldern fernzuhalten. Dies kann in eine Form von Aberglauben abgleiten.

Palm- und Olivenzweige sollen vor allem als Zeugnis des Glaubens an Christus, den messianischen König, und an seinen Ostersieg aufbewahrt werden.

Das Österliche Triduum

140. Alljährlich feiert die Kirche an den “drei österlichen Tagen des Leidens, des Todes und der Auferstehung des Herrn”, dem österlichen Triduum (143), das von der Abendmahlsmesse des Gründonnerstag bis zur Vesper am Ostersonntag dauert, die großen Geheimnisse der Erlösung des Menschen “in inniger Einheit mit Christus ihrem Bräutigam”. (144)

Gründonnerstag: Besuch am Ort des Allerheiligsten

141. Die Volksfrömmigkeit ist besonders offen für die Anbetung des allerheiligsten Sakraments, die der Feier der Messe vom letzten Abendmahl des Herrn folgt (145). Gemäß einer in seinen verschiedenen Phasen noch nicht ganz geklärten geschichtlichen Entwicklung wurde der Ort, an den die Eucharistie brachte und aufbewahrte, “heiliges Grab” genannt. Man eilte dorthin, um Jesus zu verehren, der nach der Abnahme vom Kreuz in das Grab gelegt worden ist, wo er etwa vierzig Stunden blieb.

Die Gläubigen müssen über den Sinn dieser Übertragung aufgeklärt werden: Der Leib des Herrn wird vor allem zur Kommunion in der Karfreitagsliturgie und für die Krankenkommunion aufbewahrt (146). Die Übertragung soll ganz feierlich gestaltet werden, die Aufbewahrung ist eine Einladung zur stillen und längeren Anbetung des wunderbaren Altarsakraments, das an diesem Tag gestiftet wurde.

Bezüglich des Ortes soll darum das Wort “Grab” vermieden werden. Auch soll ihm in seiner Ausstattung nicht die Gestalt eines Grabes gegeben werde. Vor allem darf der Tabernakel nicht als Grab oder Graburne gestaltet sein. Das Sakrament soll in einem geschlossenen Tabernakel aufbewahrt und nicht in der Monstranz ausgesetzt werden. (147)

Nach Mitternacht des Gründonnerstag soll die Anbetung ohne jegliche Feierlichkeit sein, weil der Tag der Passion des Herrn bereits angebrochen ist. (148)

Karfreitag: Karfreitagsprozession

142. Am Karfreitag feiert die Kirche den heilbringenden Tod Christi. Sie gedenkt des Leidens ihres Herrn in der Liturgie am Nachmittag, tritt für das Heil der Welt ein, verehrt das Kreuz und gedenkt ihres Ursprungs aus der geöffneten Seite des Erlösers (vgl. Joh 19,34). (149)

Unten den volksfrommen Übungen des Karfreitag über den Kreuzweg hinaus ragt die Prozession des “toten Christus” hervor. In den der Volksfrömmigkeit typischen Formen bildet sie den kleinen Zug der Freunde und Jünger ab, die den Leib Jesu, nachdem sie ihn vom Kreuz abgenommen hatten, dorthin brachten, wo “das Felsengrab war, in dem noch niemand bestattet worden war” (Lk 23,53).

Die Prozession des “toten Christus” wird generell in einer Atmosphäre der Strenge, Stille und des Gebets durchgeführt, unter der Teilnahme zahlreicher Gläubige, welche die vielen Bedeutungen des Geheimnisses des Begräbnisses Jesu darin wahrnehmen.

143. Dennoch darf eine solche Form der Volksfrömmigkeit weder hinsichtlich der angesetzten Zeit noch durch die Formulierung der Einladung dazu in den Augen der Gläubigen als gleichwertiger Ersatz für die Karfreitagsliturgie erscheinen.

Deshalb muss man in der pastoralen Planung des Karfreitags der feierlichen Karfreitagsliturgie den Vorrang und die größte Bedeutung geben. Den Gläubigen soll erklärt werden, dass keine andere fromme Übung in ihrer Wertschätzung diese Feier ersetzen darf.

Schließlich ist die Einbeziehung der Prozession des “toten Christus” in den Verlauf der feierlichen Karfreitagsliturgie zu vermeiden, weil dies ein die Feier störendes Ungleichgewicht verursachen würde.

Dramatische Aufführungen des Leidens Christi

144. In vielen Ländern finden in der Karwoche, vor allem am Freitag, dramatische Aufführungen des Leidens Christi statt. Es handelt sich oft um echte “heilige Dramen”, die mit gutem Recht als Andachtsübungen betrachtet werden. Diese heiligen Dramen haben ihre Wurzeln in der Liturgie selbst. entstanden und wurden durch einen Prozess einer fortschreitenden Dramatisierung auf den Kirchplatz verlagert.

An vielen Orten sind die Vorbereitung und Durchführung der Passionsspiele Bruderschaften anvertraut, deren Glieder besondere Verpflichtungen im christlichem Leben übernommen haben. Schauspieler und Zuschauer werden in solchen Dramen in eine Bewegung des Glaubens und echter Frömmigkeit hineingezogen. Es ist sehr wünschenswert, dass die heiligen Dramen von der Leidensgeschichte des Herrn sich nicht von der reinen Linie eines aufrichtigen und kostbaren Ausdrucks der Frömmigkeit entfernen und stattdessen typische Merkmale folkloristischer Veranstaltungen annehmen, die weniger religiösen Geist sondern vielmehr touristisches Interesse hervorrufen.

Bezüglich der Passionsspiele muss den Gläubigen der tiefe Unterschied zwischen der “Darstellung”, die Nachahmung ist, und “der liturgischen Handlung”, die Gedächtnis und geheimnisvolle Gegenwart des heilbringenden Ereignisses der Passion ist, klargemacht werden Bußpraktiken, die dazu führen, sich mit Nägeln kreuzigen zu lassen, sind zu verwerfen.

Gedenken der betrübten Jungfrau

145. Es empfiehlt sich, “das Gedächtnis der Schmerzen der seligen Jungfrau Maria” wegen seiner lehrmäßigen und pastoralen Bedeutung nicht zu vernachlässigen (150). Die Volksfrömmigkeit hat, der Erzählung des Evangeliums folgend, die Einbeziehung der Mutter in das heilbringenden Leiden des Sohnes herausgestellt (vgl. Joh 19,25-27; Lk 2,34 f.) und verschiedene Andachtsübungen ins Leben gerufen, unter denen Folgende besonders zu erwähnen sind:

Der Planctus Mariae ist ein intensiver Ausdruck des Schmerzes – zuweilen durch Literatur und Musik aufgewertet – in dem die Jungfrau Maria nicht nur den Tod des unschuldigen und heiligen Sohnes, ihren höchsten Gutes, beweint, sondern auch die Verirrung seines Volkes und die Sünde des Menschengeschlechtes.

In der Stunde der Betrübten, “leisten” die Gläubigen in Formen rührender Hingabe der nach dem Tod ihres einzigen Sohnes allein zurückgebliebenen und in tiefen Schmerz versunkenen Mutter des Herrn “Gesellschaft”. Indem sie Jungfrau mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß – die Pietà – betrachten, verstehen sie, dass sich der Schmerz der ganzen Welt wegen des Todes Christi auf Maria konzentriert. Sie sehen in ihr eine Verkörperung aller Mütter, die im Lauf der Geschichte den Tod eines Kindes beweinten. Diese Andachtsübung, die in einigen Orten Lateinamerikas El pésame genannt wird, sollte sich nicht darauf beschränken, das menschliche Gefühl angesichts einer betrübten Mutter auszudrücken, sondern im Glauben an die Auferstehung dazu verhelfen, die Größe der erlösenden Liebe Christi und der Teilnahme seiner Mutter zu verstehen.

Karsamstag

146. “Am Karsamstag verweilt die Kirche am Grab des Herrn, gedenkt seiner Passion, seines Abstiegs in das Reich des Todes und erwartet mit Gebet und Fasten seine Auferstehung.” (151)

Die Volksfrömmigkeit soll dem besonderen Charakter des Karsamstag nicht fremd gegenüberstehen. Darum sollen mit diesem Tag verbundene Gewohnheiten und Feiertraditionen, nach denen einst die Osterfeier vorverlegt wurde, der Osternacht und dem Ostersonntag vorbehalten bleiben.

“Stunde der Mutter”

147. In Maria ist nach überlieferter Lehre der ganze Leib der Kirche zusammengefügt: Sie ist die “credentium collectio universa” (“universale Versammlung der Glaubenden”) (152). Deshalb ist die Jungfrau Maria, die gemäß einer traditionellen Darstellung der Kirche am Grab ihres Sohnes verweilt, ein Bild für die Jungfrau Kirche, die am Grab ihres Bräutigams in der Erwartung ausharrt, seine Auferstehung zu feiern.

Von dieser nachempfundenen Beziehung zwischen Maria und der Kirche ist die Andachtsübung der “Stunde der Mutter” inspiriert: Während der Leib ihres Sohnes im Grab ruht und seine Seele in das Reich des Todes hinabsteigt, um seinen Vorfahren die bevorstehende Befreiung aus dem Schattenreich zu verkünden, wartet die Jungfrau glaubend an den Sieg ihres Sohnes über den Tod und verkörpert dabei in vorwegnehmender Weise die Kirche.

Ostersonntag

148. Nicht wenige volksfromme Feiern finden am Ostersonntag, der höchsten Feier des liturgischen Jahres, statt: Alle diese kultischen Ausdrucksformen preisen das neue Leben und den Ruhm des auferstandenen Christus sowie die göttlichen Machterweise, die aus seinem Sieg über Sünde und Tod hervorgehen.

Begegnung des Auferstandenen mit der Mutter

149. Die Volksfrömmigkeit hat gespürt, dass die Gemeinschaft des Sohnes mit seiner Mutter beständig ist: in der Stunde des Schmerzes und des Todes ebenso wie in der Stunde des Jubels und der Auferstehung.

Die Aussage der Liturgie, wonach Gott die Jungfrau Maria in der Auferstehung ihres Sohnes mit Freude erfüllt hat (153), wurde von der Volksfrömmigkeit gleichsam in die Andachtsübung der Begegnung der Mutter mit ihrem auferstandenen Sohn übersetzt: Am Morgen des Ostertags finden zwei Prozessionen statt, in der einen wird das Bild der schmerzhaften Mutter getragen, in der anderen jenes des auferstandenen Christus. So soll dargestellt werden, dass die Jungfrau die erste und volle Teilnehmerin am Geheimnis der Auferstehung ihres Sohnes war.

Auch für diese Andachtsübung gilt, was bereits bezüglich der Prozession des “toten Christus” angemerkt worden ist: Sie darf die große Bedeutung der liturgischen Feiern des Ostersonntag nicht mindern, noch darf unangebrachten Vermischungen Raum gegeben werden. (154)

Segnung des Familientisches

150. Der Geist der Erneuerung durchzieht die gesamte Osterliturgie: Neu ist die Natur, da Ostern sich in der nördlichen Halbkugel mit dem Frühjahrserwachen verbindet. Neu sind das Feuer und das Wasser. Neu sind auch die Herzen der Christen, durch das Sakrament der Buße erneuert beziehungsweise durch die zu Ostern wünschenswerterweise gefeierten Sakramente der christlichen Initiation. Neu ist quasi selbst die Eucharistie: Sie ist Zeichen und Realsymbol des von Christus in seiner Auferstehung neu geschenkten Lebens.

Unter den Andachtsübungen, die in Verbindung zum Osterereignis stehen, gibt es den traditionellen Segen der Eier als Symbol des Lebens sowie der Speisen des Familientisches. Diesem Tischsegen, der eine tägliche Gewohnheit in vielen christlichen Familien ist und werden soll (155), kommt am Ostertag besondere Bedeutung zu: Mit dem in der Osternacht geweihten Wasser, das die Gläubigen lobenswerterweise in ihre Wohnungen mitnehmen, segnet das Familienoberhaupt oder ein anderes Mitglied der Hausgemeinschaft den festlich gedeckten Tisch.

Der österliche Gruß an die Mutter des Auferstandenen

151. An einigen Orten wird am Ende der Osternacht oder nach der Zweiten Vesper des Ostertages eine kurze Andacht abgehalten: Es werden Blumen gesegnet, die als Zeichen der Osterfreude an die Gläubigen verteilt werden. Auch wird das Bild der schmerzhaften Mutter verehrt, das mancherorts gekrönt wird, während man das Regina caeli singt. Die Gläubigen, die mit der Jungfrau Maria im Leiden ihres Sohnes vereint waren, wollen sich so mit ihr gemeinsam über die Auferstehung freuen.

Eine solche Andachtsübung, die nicht mit der Liturgie vermischt werden darf, stimmt mit dem Ostermysterium inhaltlich überein und zeigt wiederum, wie die Volksfrömmigkeit die Anteilnahme der Mutter am Heilswerk ihres Sohnes aufgreift.

In der Osterzeit: Die jährliche Segnung der Familien in ihren Häusern

152. Während der Osterzeit – oder auch zu anderen Zeiten des Jahres – findet der jährliche Segen der Familien statt, die in ihren Häusern besucht werden. Der pastoralen Pflicht der Pfarrer und ihrer Mitarbeiter anempfohlen, ist dieser von den Gläubigen sehr geschätzte Brauch eine kostbare Gelegenheit, um in den christlichen Familien die Erinnerung an die bleibende Gegenwart Gottes zu wecken, der allen Segen wirkt, und sie einzuladen, dem Evangelium gemäß zu leben sowie Eltern und Kinder zu ermahnen, das Geheimnis ihrer “Hauskirche” zu bewahren und zu fördern. (156)

“Weg des Lichts”

153. In früheren Zeiten wurde in verschiedenen Regionen eine Andachtsübung mit Namen Via Lucis (Weg des Lichts) verbreitet. Ähnlich wie bei der Via crucis (Kreuzweg) legen die Gläubigen, einen Weg zurück und betrachten dabei die verschiedenen Etappen, in denen Jesus von der Auferstehung bis zur Himmelfahrt und verheißenen Wiederkunft den Jüngern seine Herrlichkeit zeigte, in Erwartung des versprochenen Geistes (vgl. Joh 14,26; 16,13-15; Lk 24,49) ihren Glauben stärkte, die Weisungen des Gottesreiches vollendete und die sakramentale und hierarchische Struktur der Kirche stiftete.

Durch die Andachtsübung der Via Lucis erinnern sich die Gläubigen an die Auferstehung Christi als das Hauptereignis des Glaubens und an ihren Status als Jünger, die im österlichen Sakrament der Taufe aus der Finsternis der Sünde in das Licht der Gnade übergegangen sind (vgl. Kol 1,13; Eph 5,8).

Jahrhunderte lang vermittelte die Via Crucis die Teilnahme der Gläubigen am ersten Moment des Osterereignisses, der Passion, und trug dazu bei, deren Inhalte im Bewusstsein des Volkes zu festigen. Analog dazu kann in unserer Zeit die Via Lucis unter der Bedingung wirksam sein, dass man dem Evangelium gemäß dem lebendigen Verständnis der Gläubigen wirksam das zweite Moment vom Ostern vermitteln kann, die Auferstehung.

Die Via Lucis kann ebenso eine sehr gute Glaubensschulung werden, indem man “per crucem ad lucem” – “vom Kreuz zum Licht” geht. So macht die Via lucis im Bild des Weges deutlich, dass die Wirklichkeit des Schmerzes nach dem Plan Gottes nicht das Endresultat des Lebens ist. Die Via Lucis soll zu der Hoffnung führen, das echte Ziel des Menschen zu erreichen: Befreiung, Freude, Friede, die wesentliche österliche Werte sind.

Die Via lucis spornt schließlich eine Gesellschaft, die oft die Signatur einer “Kultur des Todes” mit ihren Ausdrucksformen von Todesangst und Vernichtung trägt, dazu an, einer “Kultur des Lebens” Raum zu geben, einer Kultur, die offen ist für die Erwartungen der Hoffnung und die Gewissheiten des Glaubens.

Die Verehrung der göttlichen Barmherzigkeit

154. Verbunden mit der Osteroktav breitete sich jüngst mehr und mehr eine besondere Verehrung der göttlichen Barmherzigkeit aus, vor allem infolge der Botschaften, die an die am 30. April 2000 heilig gesprochene Ordensfrau Faustina Kowalska ergangen sind. Die Verehrung der göttlichen Barmherzigkeit geht vom gestorbenen und auferstandenen Christus als Quelle des Geistes aus, der die Sünde vergibt und die Freude des Erlöstseins zurückgibt. Da die Liturgie des “Zweiten Sonntags der Osterzeit” oder “der göttlichen Barmherzigkeit” wie er jetzt genannt wird (157) den Rahmen für die Aufnahme der Barmherzigkeit des Erlösers des Menschen darstellt, sollen die Gläubigen dazu geführt werden, diese Verehrung der göttlichen Barmherzigkeit im Licht der liturgischen Feier dieser Ostertage zu verstehen. Tatsächlich ist der “österliche Christus die endgültige Menschwerdung der Barmherzigkeit, sein lebendes Zeichen: geschichtlich-heilsgeschichtlich und gleichzeitig eschatologisch. Im selben Geist legt die Liturgie der Osterzeit die Worte des Psalmes auf unsere Lippen: “Ich will immer und ewig die Barmherzigkeiten des Herrn lobsingen (Ps 89 [88],2).” (158)

Pfingstnovene

155. Die Schrift bezeugt, dass in den neun Tagen zwischen Himmelfahrt und Pfingsten die Apostel “beharrlich und einmütig im Gebet verharrten, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern” (Apg 1,14), in der Erwartung, “mit der Kraft aus der Höhe erfüllt zu werden” (Lk 24,49).

Aus der betenden Betrachtung dieses Heilsereignisses ist die im christlichen Volk weit verbreitete Andachtsübung der Pfingstnovene hervorgegangen.

Tatsächlich ist diese “Novene” im Messbuch und im Stundengebet, vor allem in den Vespern, bereits enthalten: Biblische Texte und Gebete greifen in je anderer Art und Weise die Erwartung des Parakleten auf. Deshalb soll die Pfingstnovene nach Möglichkeit als festliche Feier der Vesper begangen werden. Wo dies jedoch nicht durchführbar ist, soll die Pfingstnovene die liturgischen Themen der Vespern von Himmelfahrt bis zum Vorabend von Pfingsten widerspiegeln.

An einigen Orten wird an diesen Tagen die Weltgebetsoktav für die Einheit der Christen gefeiert. (159)

An Pfingsten: Pfingstsonntag

156. Die Osterzeit endet am 50. Tag mit dem Pfingstsonntag, dem Gedenktag der Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Apostel (vgl. Apg 2,1-4), des Anfangs der Kirche und des Beginns ihrer Mission in allen Sprachen, zu jedem Volk und jeder Nation. Besonders in den Bischofskirchen, aber auch in den Pfarreien, hat eine eigens gestaltete Feier der Vorabendmesse eine besondere Bedeutung angenommen; Nach dem Vorbild der mit der Mutter des Herrn in einmütigem Gebet versammelten Apostel hat sie den Charakter eines intensiven und beharrlichen Gebets der ganzen christlichen Gemeinschaft. (160)

Das Pfingstgeheimnis verdeutlicht das Wesen der Volksfrömmigkeit, indem es zu Gebet und missionarischem Engagement aufruft: Auch “die Volksfrömmigkeit ist ein ständiger Beweis der Anwesenheit des Heiligen Geistes in der Kirche. Er entzündet in den Herzen den Glauben, die Hoffnung und die Liebe, jene erhabenen Tugenden, die der christlichen Frömmigkeit ihren Wert geben. Der gleiche Geist zeichnet die zahlreichen und verschiedenen Formen aus, die christliche Botschaft gemäß der Kultur und den Gewohnheiten jedes Landes in allen Zeiten zu übertragen.” (161)

Mit bekannten Gebetsworten, die aus der Pfingstfeier stammen (“Veni creator Spiritus”, “Veni, Sancte Spiritus” (162)), oder mit kurzen Bitten (Emitte Spiritum tuum et creabuntur …) pflegen die Gläubigen zu Beginn einer Tätigkeit oder einer Arbeit aber auch in ausweglosen Lagen den Heiligen Geist anzurufen. Auch der Rosenkranz lädt im dritten glorreichen Geheimnis dazu ein, die Ausgießung des Heiligen Geistes zu betrachten. Die Gläubigen wissen, dass sie insbesondere in der Firmung den Geist der Weisheit und des Rates empfangen haben, der sie in ihrem Leben führt, den Geist der Stärke und des Lichts, der ihnen hilft, wichtige Entscheidungen zu treffen und Prüfungen des Lebens zu bestehen. Sie wissen, dass ihr Leib vom Tag der Taufe an Tempel des Heiligen Geistes ist, dass er daher geachtet und geehrt werden soll auch im Tod, und dass die Kraft des Geistes ihn am Jüngsten Tag auferweckt. Während der Heilige Geist im Gebet unsere Herzen zur Gemeinschaft mit Gott öffnet, treibt er uns gleichzeitig an, uns den Nächsten freundlich zuzuwenden im Geist warmherziger Gemeinschaft, der Versöhnung und des Zeugnisses, mit dem Wunsch nach Gerechtigkeit und Frieden, nach Erneuerung der inneren Haltungen, nach echtem gesellschaftlichem Fortschritt und missionarischem Schwung (163). In diesem Sinn wird das Pfingstfest in einigen Gemeinden als “Tag der Bemühungen für die Missionen” (164) gefeiert.

Im Jahreskreis

Das Hochfest der heiligsten Dreifaltigkeit

157. Den Sonntag nach Pfingsten feiert die Kirche als Hochfest der heiligsten Dreifaltigkeit. Die wachsende Verehrung des Geheimnisses des dreieinen Gottes, die seit der Karolingerzeit einen bedeutenden Platz in der privaten Frömmigkeit der Gläubigen einnahm und sich in Ausdrucksformen liturgischer Frömmigkeit niederschlug, veranlasste Papst Johannes XXII. dazu, 1334 das Fest der Dreifaltigkeit auf die ganze lateinische Kirche auszuweiten. Dies hatte einen entscheidenden Einfluss auf den Beginn und die Entwicklung einiger Andachtsübungen.

Es ist hier nicht der Ort, einzelne Andachtsübungen bezüglich der Beziehungen der Volksfrömmigkeit zur erhabenen Dreifaltigkeit, dem “zentrale(n) Geheimnis des christlichen Glaubens und Lebens” (165) aufzuzählen, es soll vielmehr hervorgehoben werden, dass jede echte Form christlicher Frömmigkeit einen notwendigen Bezug zum einen wahren dreifaltigen Gott haben muss, “zum allmächtigen Vater, seinem eingeborenen Sohn und dem Heiligen Geist” (166). Dies ist das Geheimnis Gottes, wie es uns in Christus und durch ihn offenbart worden ist. So hat es sich in der Heilsgeschichte erwiesen. Denn der trinitarische Glaube ist nichts anderes als “die Geschichte des Weges und der Mittel, durch die der wahre einzige Gott – Vater, Sohn und Heiliger Geist – sich offenbart, die Menschen, die sich von der Sünde abwenden, mit sich versöhnt und sie mit sich vereint”. (167)

Wirklich zahlreich sind die Andachtsübungen, die trinitarischen Ausdruck und trinitarische Dimension haben. Fast alle beginnen mit dem Zeichen des Kreuzes “im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes”. Ebenso werden die Jünger Jesu getauft (vgl. Mt 28,19) und beginnen ein Leben intimer Freundschaft mit Gott als Kinder des Vaters, als Brüder und Schwestern des fleischgewordenen Sohnes und als Tempel des Heiligen Geistes. Andere Andachtsübungen, die ähnliche Anfangsformeln aufgreifen wie die des jetzigen Stundengebetes, werden mit dem “Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist” eröffnet. Wieder andere enden mit dem Segen im Namen der drei göttlichen Personen. Und es gibt nicht wenige Andachtsübungen, deren Gebete dem typischen Schema des liturgischen Gebets folgen und “an den Vater durch Christus im Heiligen Geist” gerichtet sind. Dies sind doxologische Formeln, die von liturgischen Texten inspiriert sind.

158. Weil – wie im Ersten Teil dieses Direktoriums bereits gesagt wurde – das gottesdienstliche Leben ein Dialog Gottes mit dem Menschen durch Christus im Heiligen Geist ist (168), muss auch in der Volksfrömmigkeit die trinitarische Ausrichtung immer gegeben sein. Den Gläubigen muss deutlich sein, dass auch die Andachtsübungen zu Ehren der seligen Jungfrau Maria, der Engel und der Heiligen als letztes Ziel den Vater haben, von dem alles kommt und zu dem alles hinführt; als einzigen Mittler (vgl. 1 Tim 2,5), den fleischgewordenen und auferstandenen Sohn, ohne den es unmöglich ist, zum Vater zu kommen (vgl. Joh 14,6); als einzige Quelle den Heiligen Geist der Gnade und Heiligung. Es muss die Gefahr vermieden werden, die Idee einer “Gottheit” zu bestärken, die von den Göttlichen Personen absieht.

159. Zu den direkt an den einen und dreifaltigen Gott gerichteten Andachtsübungen gehören die kleine (Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist …) und die große Doxologie (Ehre sei Gott in der Höhe …), das biblische (Heilig, heilig, heilig) und das liturgische Trishagion (heiliger, starker, unsterblicher Gott, erbarme dich unser), das im Osten sowie in einigen Ländern, Orden und Kongregationen des Westens sehr verbreitet ist.

Das liturgische Trishagion ist von Texten inspiriert, die ihrerseits auf das biblisch bezeugte Dreimalheilig zurückgehen: das Sanctus der Eucharistiefeier, jenes aus dem Hymnus Te Deum und jenes aus den Improperien der Kreuzverehrung am Karfreitag. Sie alle beruhen auf Jesaia 6,3 und Offenbarung 4,8. Das Trishagion ist ein frommes Gebet, in dem die Betenden in die Gemeinschaft der mächtigen Chöre der Engel einstimmen und ununterbrochen Gott den Heiligen, Starken und Unsterblichen mit Ausdrücken des Lobes preisen, die aus der Heiligen Schrift und aus der Liturgie stammen.

Das Hochfest des Leibes und Blutes des Herrn

160. Am Donnerstag, der dem Dreifaltigkeitssonntag folgt, feiert die Kirche das Hochfest des Leibes und Blutes des Herrn. Die Feier, die von Papst Urban IV. im Jahre 1264 auf die ganze lateinische Kirche ausgedehnt wurde, war einerseits eine Antwort des Glauben und des Kultes auf häretische Lehren über das Geheimnis der realen Präsenz Christi in der Eucharistie, andererseits war es die Krönung eines glühenden Eifers für das erhabene Altarsakrament.

Die Volksfrömmigkeit förderte die Entstehung des Fronleichnamsfestes. Zugleich war dieses wiederum Ursache und Anlass für neue Formen eucharistischer Frömmigkeit im Volk Gottes. Jahrhunderte lang war die Feier des Fronleichnamsfestes der wichtigste Bezugspunkt der Volksfrömmigkeit zur Eucharistie. Im 16. und 17. Jahrhundert musste der eucharistische Glaube auf die protestantischen Gegenargumente reagieren. Dabei trug die Kultur – Kunst, Literatur und Folklore – dazu bei, viele Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit im Blick auf das Geheimnis der Eucharistie lebendig und ausdrucksstark werden zu lassen.

161. Dennoch muss die im christlichen Volk stark verwurzelte Eucharistieverehrung dahin gelenkt werden, zwei grundsätzliche Wahrheiten anzunehmen:

Der höchste Bezugspunkt der eucharistischen Frömmigkeit ist das Pascha des Herrn: Ostern ist nämlich nach der Lehre der Väter das Eucharistiefest schlechthin, wie andererseits die Eucharistie vor allem Feier des Ostergeschehens ist, das heißt der Passion, des Todes und der Auferstehung Jesu.

Jede Form von Eucharistieverehrung hat einen inneren Bezug zum eucharistischen zum anderen weil sie das Verständnis für die kultische und existentiellen Bedeutung des Messopfers vertieft.

Deshalb mahnt das Rituale Romanum: “Die Gläubigen sollen, wenn sie den im Sakrament gegenwärtigen Christus verehren, bedenken, dass diese Anwesenheit vom Opfer herkommt und auf die sakramentale und geistige Gemeinschaft abzielt”. (169)

162. Die Prozession am Hochfest des Leibes und Blutes Christi ist sozusagen der “Prototyp” der eucharistischen Prozessionen. Sie wächst aus der Eucharistiefeier selbst heraus: Direkt nach der Messe wird die Hostie, die in ihr konsekriert wurde, aus der Kirche gebracht, damit das christliche Volk ein “öffentliches Zeugnis des Glaubens und der Verehrung zum heiligsten Sakrament geben kann”. (170)

Die Gläubigen verstehen und lieben die der Fronleichnamsprozession zugrunde liegenden Werte: Sie fühlen sich als “Volk Gottes”, das mit seinem Herrn auf dem Weg ist, und den Glauben an ihn, der wirklich “Gott mit uns” geworden ist, zum Ausdruck bringt.

Trotzdem ist es notwendig, dass bei den eucharistischen Prozessionen besonders jene Normen beachtet werden (171), welche die Würde und die dem heiligsten Sakrament geschuldete Ehrerbietung sicherstellen sollen (172). Fern allem ungesunden Wettstreit sollen die typischen Elemente der Volksfrömmigkeit, wie die geschmückten Straßen und Fenster, Blumen, Altäre an den Stationen, wo das Allerheiligste aufgestellt wird, Gesänge und Gebete dazu beitragen, dass “alle ihren Glauben an Christus ausdrücken, der allein auf das Lob des Herrn ausgerichtet ist”.(173)

163. Die eucharistischen Prozessionen enden allgemein mit dem Eucharistischen Segen. Im besonderen Fall der Fronleichnamsprozession bildet der Segen den feierlichen Abschluss der ganzen Feier: Anstelle des üblichen priesterlichen Segens wird der Segen mit dem Allerheiligsten erteilt.

Es ist wichtig, dass die Gläubigen verstehen, dass der Segen mit dem Allerheiligsten keine eigenständige Form eucharistischer Frömmigkeit ist, sondern der abschließende Moment einer ausreichend langen gottesdienstlichen Begegnung. Die liturgische Norm verbietet deshalb die “Aussetzung des Allerheiligsten nur zu dem Zweck, den Segen zu erteilen”. (174)

Eucharistische Anbetung

164. Die Anbetung des Allerheiligsten ist ein besonders weit verbreiteter Ausdruck des eucharistischen Kultes, zu der die Kirche die Hirten und die Gläubigen nachdrücklich auffordert. Die ursprüngliche Form der Anbetung ist jene, die am Gründonnerstag der Feier der Abendmahlsmesse und der Reposition der heiligen Hostien folgt. In ergreifender Weise bringt sie die bleibende Verbindung zwischen der Feier des Gedächtnisses des Opfers des Herrn und seiner beständigen Gegenwart in den konsekrierten Gestalten zum Ausdruck. Die Aufbewahrung der heiligen Gestalten – in erster Linie aus der Notwendigkeit heraus, jederzeit den Kranken die Wegzehrung spenden zu können – ließ in den Gläubigen die lobenswerte Gewohnheit entstehen, sich vor dem Tabernakel zu versammeln, um den im Sakrament gegenwärtigen Christus anzubeten. (175)

Tatsächlich führt “der Glaube an die Realpräsenz des Herrn folgerichtig zur äußeren und öffentlichen Bezeugung dieses Glaubens. (…) Die Frömmigkeit, welche die Gläubigen zur heiligen Eucharistie hindrängt, bedeutet deshalb eine Ermunterung für sie, voll und ganz am österlichen Geheimnis teilzunehmen und dankbaren Sinnes auf das Geschenk dessen zu antworten, der durch seine Menschheit ununterbrochen göttliches Leben in die Glieder seines Leibes einströmen lässt. Indem sie bei Christus, dem Herrn, verweilen, erfreuen sie sich des vertrauten Umgangs mit ihm, schütten vor ihm ihr Herz aus und beten für sich und die Ihrigen, für den Frieden und das Heil der Welt. Mit Christus bringen sie im Heiligen Geist ihr ganzes Leben dem Vater dar und empfangen aus dieser erhabenen Verbindung Wachstum in Glauben, Hoffnung und Liebe. So wird in ihnen jene rechte innere Haltung genährt, mit der sie in gebührender Ehrfurcht das Gedächtnis des Herrn feiern und häufig das Brot empfangen können, das uns der Vater geschenkt hat”. (176)

165. In der eucharistischen Anbetung liegen liturgische und volksfromme Ausdrucksformen dicht beieinander und sind nicht leicht voneinander abgrenzbar. Die Anbetung kann verschiedene Formen annehmen: (177)

- der schlichte Besuch des Allerheiligsten im Tabernakel als eine kurze Begegnung mit Christus, motiviert vom Glauben an seine Gegenwart und bestimmt von stillem Gebet; die Anbetung des nach den liturgischen Vorschriften in der Monstranz oder im Ziborium ausgesetzten Allerheiligsten in langer oder kurzer Form; (178)

- die so genannte “Ewige Anbetung” und jene “Vierzigstündige Anbetung”, die eine ganze Gottesdienstgemeinde, eucharistische Vereinigung oder Pfarrgemeinde betreffen; sie sind Gelegenheiten zahlreicher Ausdrucksformen eucharistischer Frömmigkeit. (179)

Es soll den Gläubigen nahegelegt werden, für diese Anbetungen die Heilige Schrift als unvergleichliches Gebetbuch zu verwenden, Gesänge und geeignete Gebete einzusetzen, sich an einige einfache Strukturen des Stundengebetes zu gewöhnen, dem Rhythmus des liturgischen Jahres zu folgen, im stillen Gebet zu verweilen. So werden sie immer mehr verstehen, dass sie während der Anbetung des Allerheiligsten keine anderen frommen Andachten zur Ehre der Jungfrau Maria und der Heiligen verrichten sollen (180). Eingedenk der Bande zwischen Maria und Christus könnte der Rosenkranz, in dem die Geheimnisse der Menschwerdung und der Erlösung betrachtet werden, helfen, dem Gebet eine tiefe christologische Dimension zu geben. (181)

Das Heiligste Herz Jesu

166. Am Freitag, der auf den zweiten Sonntag nach Pfingsten folgt, feiert die Kirche das Fest des heiligsten Herzens Jesu. Über die liturgische Feier hinaus haben viele andere Formen der Frömmigkeit das Herz Jesu Christi zum Gegenstand. Zweifellos war und ist die Verehrung des Herzens des Erlösers eine der am meisten verbreiteten und beliebten Ausdrucksformen der kirchlichen Frömmigkeit.

Im Licht der heiligen Schrift meint der Ausdruck “Herz Jesu” das ganze Geheimnis Jesu Christi selbst, die Gesamtheit seines Wesens, seine Person in ihrem tieferen und wesentlichen Kern: Sohn Gottes, ungeschaffene Weisheit, unendliche Liebe, Ursprung der Erlösung und Heiligung der ganzen Menschheit. Das “Herz Jesu” ist Christus, das fleischgewordene Wort und der Erlöser, vertrauter Beschützer, voll des Geistes, mit endloser gottmenschlicher Liebe zum Vater und zu den Menschen, seinen Brüdern und Schwestern.

167. Wie die Päpste oftmals daran erinnert haben, hat die Verehrung des Herzens Jesu eine solide Grundlage in der Heiligen Schrift. (182)

Jesus, der mit dem Vater eins ist (vgl. Joh 10,30), lädt seine Jünger ein, in enger Gemeinschaft mit ihm zu leben, seine Person und sein Wort als Norm der Lebensführung anzunehmen. Er selbst erscheint als “gütig und von Herzen demütig” (Mt 11,29). Man kann gewissermaßen sagen, dass die Herz-Jesu-Verehrung jenen Blick in gottesdienstliche Begriffe übertragen hat, mit dem nach dem Wort der Propheten und des Evangeliums alle christlichen Geschlechter auf den blicken, den sie durchbohrt haben (vgl. Joh 19,37; Sach 12,10), das heißt auf die von der Lanze durchbohrte Seite Christi, aus der Blut und Wasser hervorflossen (vgl. Joh 19,34), ein Symbol des “wunderbaren Sakraments der ganzen Kirche”. (183)

Nach dem johanneischen Text, der berichtet, wie Christus den Jüngern seine Hände und seine Seite zeigt (vgl. Joh 20,20), lädt er Thomas dazu ein, seine Hand auszustrecken und sie in seine Seite zu legen (vgl. Joh 20,27). Diese Schriftstelle hatte einen beträchtlichen Einfluss auf den Ursprung und die Entwicklung der Herz-Jesu-Frömmigkeit der Kirche.

168. Diese und andere Texte, die Christus als siegreiches, geopfertes Osterlamm darstellen (vgl. Offb 5,6), waren für die heiligen Väter Gegenstand eifriger Betrachtung. Sie entfalteten die darin enthaltenen Reichtümer der Lehre und luden zuweilen die Gläubigen ein, gleichsam durch die geöffnete Seitenwunde in das Geheimnis Christi einzudringen. So sagt der heilige Augustinus: “Der Eingang ist zugänglich: Christus ist die Pforte. Sie steht auch dir offen, seitdem seine Seite durch eine Lanze geöffnet wurde. Bedenke, was daraus entflossen ist. Wähle also, wo du eintreten möchtest. Aus der Seite des Herrn, der am Kreuz hing und dort starb, floss Blut und Wasser, als sie von der Lanze geöffnet wurde. Das Wasser bedeutet deine Reinigung, das Blut deine Erlösung”. (184)

169. Das Mittelalter war eine besonders fruchtbare Zeit für die Entwicklung der Verehrung des Herzens des Erlösers. In Heiligkeit und Gelehrsamkeit herausragende Persönlichkeiten wie der heilige Bernhard († 1153) und der heilige Bonaventura († 1274), Mystikerinnen wie die heilige Luitgard von Tongern († 1246), die heilige Mechthild von Magdeburg († 1282), die heiligen Schwestern Mechtild († 1299) und Gertrud († 1302) aus dem Kloster Helfta, Ludolf von Sachsen († 1378), die heilige Katharina von Siena († 1380) vertieften das Geheimnis des Herzens Jesu, in dem sie es als “Zufluchtsstätte” ansahen, als Sitz der Barmherzigkeit, als Stätte der Begegnung mit dem Herrn, als Quelle seiner unendlichen Liebe, als Brunnen, aus dem der Geist hervorsprudelt, als Land der Verheißung und wahres Paradies.

170. In der Neuzeit erfuhr die Herz-Jesu-Verehrung neue Entwicklungen. Zu einer Zeit, in welcher der Jansenismus die Strenge der göttlichen Gerechtigkeit verkündete, lieferte die Verehrung des Herzens Jesu ein wirksames Ausgleichsmittel, das in den Gläubigen die Liebe zum Herrn und das Vertrauen auf seine unendliche Barmherzigkeit stärkte, für die das Herz steht. Der heilige Franz von Sales († 1622) stellte die Grundhaltung des Herzens Jesu als Norm für das Leben und das Apostolat heraus, das heißt Demut, Sanftheit (vgl. Mt 11,29), zärtliche und barmherzige Liebe. Der heiligen Margareta Maria Alacoque († 1690) zeigte der Herr wiederholt die Reichtümer seines Herzens. Der heilige Johannes Eudes († 1680) regte die liturgische Verehrung des heiligen Herzens an. Der heilige Claude de la Colombière († 1682), der heilige Johannes Bosco († 1888) und andere heilige Männer und Frauen waren herausragende Apostel der Herz-Jesu-Verehrung.

171. Die Formen der Verehrung des Herzens des Erlösers sind zahlreich. Einige wurden ausdrücklich approbiert und oft vom Apostolischen Stuhl empfohlen. Darunter sind zu nennen:

- die persönliche Weihe, die nach Pius XI. “unter allen die Verehrung des heiligen Herzen betreffenden Formen ohne Zweifel die wichtigste ist”; (185)

- die Weihe der Familie, durch die die Familie, die schon durch die Kraft des Ehesakraments am Geheimnis der Einheit und Liebe zwischen Christus und der Kirche teilhat, dem Herr geweiht wird, damit er im Herzen aller seiner Glieder herrsche; (186)

- die Herz-Jesu-Litaneien, die 1891 für die ganzen Kirche approbiert worden sind; sie haben starke biblische Bezüge und sind mit Ablässen verbunden;

-der Akt der Wiedergutmachung, eine Gebetsweise, mit der der Gläubige eingedenk der unendlichen Güte Christi die Barmherzigkeit anfleht, damit die zahlreichen Beleidigungen gegenüber dem süßesten aller Herzen Vergebung finden; (187)

- die Praxis der neun ersten Herz-Jesu-Freitage, die auf die “große Verheißung” zurückgeht, die Jesus der Margareta Maria Alacoque gab. Damals, als die sakramentale Kommunion bei den Gläubigen sehr selten war, trug die Praxis der neun ersten Herz-Jesu-Freitage in bedeutender Weise zur Wiedererstarkung des Bußsakramentes und der Eucharistie bei. Wenn sie seelsorglich klug durchgeführt werden, kann die Verehrung des Herzens Jesu an jedem ersten Freitag eines Monats auch in unserer Zeit zweifellos geistliche Früchte bringen. Dennoch müssen die Gläubigen entsprechend unterwiesen werden, dass volksfromme Übungen wie diese nicht zu einem vorschnellen und leichtgläubigen Vertrauen führen dürfen, ohne Gespür für die bleibenden Pflichten einer evangeliumsgemäßen Lebensführung. zum anderen ist der absolute Wert des Sonntags als “Ur-Feiertag” (188) zu beachten, der von der Teilnahme der Gläubigen an der Eucharistiefeier gekennzeichnet sein muss.

172. Die Verehrung des heiligen Herzens Jesu ist ein großer geschichtlicher Frömmigkeitsausdruck der Kirche in Bezug auf Jesus Christus, ihren Bräutigam und Herrn. Sie verlangt eine Grundeinstellung von Bekehrung und Wiedergutmachung, Liebe und Dankbarkeit, apostolischem Eifer und Einsatz für Christus und sein Erlösungswerk. Deshalb empfehlen sie der Apostolische Stuhl und die Bischöfe und fördern ihre Erneuerung: durch sprachliche und bildliche Ausdrucksformen, durch Berücksichtigung ihrer biblischen Wurzeln und ihrer Verbindung mit den höchsten Glaubenswahrheiten, durch die Bejahung des Primats der Liebe zu Gott und dem Nächsten als dem wesentlichen Inhalt der Verehrung selbst.

173. Die Volksfrömmigkeit neigt dazu, eine Verehrung mit ihrer bildhaften Darstellung zu identifizieren. Das ist eine normale Tatsache, die offenkundige positive Aspekte hat, aber auch einige Nachteile verursachen kann: eine bildliche Darstellung, die nicht mehr dem Stilgefühl der Gläubigen entspricht, kann unabhängig von seinem theologischen Fundament und seinen heilsgeschichtlichen Inhalten dazu führen, den Gegenstand der Verehrung weniger hoch einzuschätzen.

So geschah es auch mit der Herz-Jesu-Verehrung: Manche Ölgemälde, bisweilen zu süßlich und ungeeignet, den starken theologischen Inhalt auszudrücken, fördern nicht die Annäherung der Gläubigen an das Geheimnis des Herzen des Erlösers.

In unserer Zeit verbindet man das heilige Herz Jesu mit der Kreuzigungsdarstellung, in der sich die unendliche Liebe Christi zeigt. Das heilige Herz ist der gekreuzigte Christus mit der durch die Lanze geöffneten Seite, aus der Blut und Wasser fließen (vgl. Joh 19,34). Das unbefleckte Herz Mariens

174. Am Tag nach dem Hochfest des heiligen Herzens Jesu feiert die Kirche das Gedächtnis des unbefleckten Herzens Mariens. Die Nähe der zwei Feiern ist schon in sich ein liturgisches Zeichen ihrer engen Verbindung: Das Geheimnis des Herzens des Erlösers wirft ein Licht auf das und spiegelt sich im Herz der Mutter wider, die auch Gefährtin und Jüngerin ist. Wie das Fest des heiligen Herzens die heilbringenden Geheimnisse Christi gleichsam zusammengefasst feiert und sie zu ihrer Quelle zurückführt, nämlich das Herz, so ist das Gedächtnis des unbefleckten Herzens Mariens Ausdruck der “herzlichen” Gemeinschaft der Mutter mit dem Erlösungswerk ihres Sohnes: von der Menschwerdung bis zum Tod und zur Auferstehung, bis zum Geschenk des Geistes.

Die Verehrung des unbefleckten Herzens Mariens hat einen großen Auftrieb erfahren durch die Erscheinungen der Jungfrau Maria in Fatima im Jahre 1917. An ihrem 25. Jahrestag, im Jahr 1942, weihte Pius XII. die Kirche und die Menschheit dem unbefleckten Herzen Mariens, und 1944 wurde die Feier des unbefleckten Herzens Mariens auf die ganze Kirche ausgeweitet. Trotz der bleibenden Distanz zwischen dem Sohn, der wahrer Gott ist, und der Mutter, die nur Geschöpf ist, ahmen die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit bezüglich des Herzens Mariens jenes nach, was dem Herzen Jesu eigen ist: die Weihe von einzelnen Gläubigen, von Familien, von Gemeinschaften und Nationen (189); die Wiedergutmachung, die durch das Gebet, die Abtötung und die Werke der Barmherzigkeit vollzogen werden; die Praxis der fünf ersten Samstage des Monats.

Hinsichtlich der sakramentalen Kommunion an den fünf ersten Samstagen hintereinander gelten die Bemerkungen bezüglich der neun ersten Herz-Jesu-Freitage (190): Jede Überbewertung der zeitlich korrekten Abfolge während dieser feierlichen Eucharistie ausschließend, muss die Andachtsübung als eine günstige Gelegenheit begangen werden, um intensiv mit einer Haltung, die durch die Jungfrau Maria angeregt worden ist, das Ostergeheimnis zu leben, das in der Eucharistie gefeiert wird.

Das kostbare Blut Christi

175. In der biblischen Offenbarung, sowohl in der Verheißung im Alten Testament als auch in der Erfüllung und Vollendung im Neuen Bund, gilt das Blut als Ausdruck des Lebens und gegenteilig des Todes, ist mit dem Exodus und mit Ostern verbunden, mit Priestertum und Kultopfern, mit der Erlösung und dem Neuen Bund.

Bezüglich des Blutes und seines heilbringenden Wertes erfüllen sich Vorbilder des Alten Testamentes in vollendeter Weise in Christus, vor allem in seinem Pascha, dem Übergang von Tod und Auferstehung. Deshalb wird das Geheimnis des Blutes Christi zum Zentrum des Glaubens und des Heiles.

An das heilbringende Geheimnis des Blutes erinnern bzw. verweisen folgende Bereiche:

- das Ereignis der Menschwerdung des Wortes (vgl. Joh 1,14), der Ritus der Eingliederung des neugeborenen Jesus in das Volk des Alten Bundes durch die Beschneidung (vgl. Lk 2,21);

- die biblische Gestalt des Lammes, die reich an Aspekten und Bedeutungen ist: das “Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt” (Joh 1,29.36), in welches das Bild des “Leidensknechtes” von Jesaia 53 einmündet, das die Leiden und die Sünde der Menschheit auf sich nimmt (vgl. Jes 53,4-5), das “Osterlamm” (vgl. Ex 12,l; Joh 12,36), das Symbol der Erlösung Israels (vgl. Apg 8,31-35; 1 Kor 5,7; 1 Petr 1,18-20);

- der “Kelch des Leidens”, von dem Jesus unter Andeutung seines bevorstehenden Erlösertodes spricht, wenn er die Söhne des Zebedäus fragt: “Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?” (Mt 20,22; vgl. Mk 10,38), und der Leidenskelch am Ölberg (vgl. Lk 22,42-43), der vom Blutschweiß begleitet war (vgl. Lk 22-44);

- der eucharistische Kelch, der im Zeichen des Weines das Blut des neuen und ewigen Bundes enthält, zur Vergebung der Sünden vergossen, der das Gedächtnis des Herrenpascha (vgl. 1 Kor 11,25) und nach dem Wort des Meisters der Kelch des Heiles ist: “Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am letzten Tage” (Joh 6,54);

- das Ereignis des Todes, weil Christus mit dem am Kreuz vergossenen Blut den Himmel und die Erde versöhnte (vgl. Kol 1,20);

- der Lanzenstich, der das geopferte Lamm durchbohrte, aus dessen geöffneter Seite Blut und Wasser flossen (vgl. Joh 19,34), Beweis der vollzogenen Erlösung, Hinweis auf das sakramentale Leben der Kirche – Wasser und Blut, Taufe und Eucharistie –, Symbol der Kirche, geboren aus dem am Kreuz schlafenden Christus. (191)

176. Auf das Geheimnis des Blutes beziehen sich in besonderer Weise die christologischen Titel: Als Erlöser kaufte Christus uns von der alten Sklaverei los mit seinem unschuldigen und kostbaren Blut (vgl. 1 Petr 1,19) und reinigt “uns von jeder Sünde” (1 Joh 1,7). Christus ist Hoherpriester “der künftigen Güter”, da er “nicht mit dem Blut von Böcken und Kälbern, sondern mit seinem eigenen Blut ein für allemal in das Heiligtum einging, um eine ewige Erlösung für uns zu bewirken” (vgl. Hebr 9,11-12). Er ist treuer Zeuge (vgl. Offb 1,5) als Rächer des Blutes der Märtyrer (vgl. Offb 6,10), die “hingeschlachtet worden sind wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie abgelegt haben” (Offb 6,9). Er ist König, der als Gott “vom Holze herrscht” und mit dem Purpur des eigenen Blutes geschmückt ist. Er ist Bräutigam und Gotteslamm, in dessen Blut die Glieder der Gemeinschaft der Kirche – seiner Braut – ihre Kleider gewaschen haben (vgl. Offb 7,14; Eph 5,25-27).

177. Die außergewöhnliche Bedeutung des heilbringenden Blutes bewirkte, dass sein Gedächtnis einen zentralen und wesentlichen Platz in der Feier des Kult-Mysteriums einnahm zunächst und vor allem im Zentrum der eucharistischen Versammlung, wenn die Kirche zu Gott dem Vater in der Danksagung den “Kelch des Segens” erhebt (1 Kor 10,16) und sie ihn den Gläubigen als Sakrament wahrer “Gemeinschaft mit dem Blut Christi” (1 Kor 10,16) reicht. Dann im Verlauf des liturgischen Jahres; die Kirche gedenkt nämlich des Geheimnisses des Blutes nicht nur am Hochfest des Leibes und Blutes Christi (Fronleichnam am Donnerstag nach dem Hochfest der heiligen Dreifaltigkeit), sondern auch in zahlreichen anderen Feiern, so dass das kultische Gedächtnis des Blutes unserer Erlösung (vgl. 1 Petr 1,18) den ganzen Jahreskreis erfüllt. So singt die Kirche zum Beispiel in der Weihnachtszeit, zur Stunde der Vesper, sich an Christus wendend: “Nos quoque, qui sancto tuo / redempti sumus sanguine, / ob diem natalis tui / hymnum novum concinimus” – “Wir aber, die wir durch dein heiliges Blut erlöst wurden, singen am Tag deiner Geburt ein neues Lied” (192). Aber vor allem in der Karwoche sind der Wert und die wirksame Erlösung des Blutes Christi Gegenstand des ständigen anbetenden Gedenkens. Am Karfreitag ertönt während der Anbetung des Kreuzes der Gesang “Mite corpus perforatur, sanguis unde profluit; / terra, pontus, astra mundus quo lavantur flumine!” – “Sanfter durchbohrter Leib, aus dir strömt das Blut, von dessen Flut Erde, Meere, Sterne und die ganze Welt reingewaschen werden!” (193) Und am Ostertag: “Cuius corpus sanctissimum / in ara crucis torridum, / sed et cruorem roseum / gustando, Deo vivimus” – “Dessen heiligster Leib auf dem Altar des Kreuzesstammes mit dem rosafarbenem Blut besprengt wir kosten und so in Gott leben dürfen”. (194)

In einigen Ländern und in besonderen Kalendern wird noch am 1. Juli das Fest des kostbaren Blutes Christi gefeiert: hier wird an die Ehrentitel des Erlösers erinnert.

178. Von der Liturgie ist die Verehrung des Blutes Christi auch in die Volksfrömmigkeit übergegangen, in der sie einen breiten Raum einnimmt und zahlreiche Ausdrucksformen hat. Unter diesen sind zu nennen:

- die Krone des kostbaren Blutes Christi, in der durch biblische Lesungen und Gebete die “sieben Blutvergießungen” Christi Gegenstand frommer Betrachtung sind, an die im Evangelium explizit oder implizit erinnert wird: das bei der Beschneidung, am Ölberg, bei der Geißelung, bei der Dornenkrönung, beim Aufstieg zum Kalvarienberg, bei der Kreuzigung, beim Lanzenstich vergossene Blut;

- die Litaneien des Blutes Christi: das aktuelle Formular, von Papst Johannes XXIII. am 24. Februar 1960 approbiert (195), hält sich an einen Faden, in dem die heilsgeschichtliche Linie gut sichtbar ist und die Bezüge zu biblischen Stellen zahlreich sind;

- die Stunde der Anbetung des kostbaren Blutes Christi, die eine große Vielfalt von Formen annimmt, aber nur das eine Ziel vor Augen hat: Lob und Anbetung des in der Eucharistie gegenwärtigen Blutes Christi, die Danksagung für die Wohltaten der Erlösung, die Fürsprache, um Barmherzigkeit und Verzeihung zu erhalten, das Aufopfern des kostbaren Blutes für das Heil der Kirche;

- die Via Sanguinis (Weg des Blutes): eine fromme Übung jüngerer Art, die aus anthropologischen und kulturellen Gründen ihren Ursprung in Afrika hatte, wo sie heute unter den christlichen Gemeinschaften besonders verbreitet ist. In der Via Sanguinis erleben die Gläubigen, die sich von einem Ort zum anderem bewegen wie bei der Via Crucis (Kreuzweg) die verschiedenen Momente, in denen Jesus, der Herr, sein Blut für unsere Erlösung vergossen hat.

179. Die Verehrung des zu unserem Heil vergossenen Blutes des Herrn und das Bewusstsein seines unendlichen Wertes förderten die Verbreitung von bildlichen von der Kirche geförderten Darstellungen.

Unten ihnen gibt es im Wesentlichen zwei Typen: jener, der einen Bezug zum eucharistischen Kelch hat, der das Blut des neuen und ewigen Bundes enthält, und jener, der den gekreuzigten Jesus zur Mitte der Darstellung macht, aus dessen Händen und Füßen sowie aus dessen Seite das heilbringende Blut fließt. Manchmal benetzt dieser Blutstrom in überfließendem Maß die Erde wie ein Gnadenfluss, der die Sünden abwäscht. Manchmal werden fünf Engel neben dem Kreuz dargestellt, jeder hält einen Kelch bereit, in den sie das Blut auffangen, das aus den fünf Wunden fließt. Diese Aufgabe wird hin und wieder von einer weiblichen Gestalt wahrgenommen, welche die Kirche als Braut des Lammes versinnbildlicht.

Das Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel

180. Im Lauf des Jahreskreises ragt das Hochfest Mariä Himmelfahrt am 15. August aufgrund seiner vielfältigen theologischen Bedeutungen hervor. Schon in Form des antiken Festes der Mutter des Herrn ist es Zusammenfassung vieler Glaubenswahrheiten. Die in den Himmel aufgenommene Jungfrau:

- ist “die erhabenste Frucht der Erlösung” (196), höchstes Zeugnis der ganzen Fülle und Wirksamkeit des Heilswerkes Christi (soteriologische Bedeutung;

- bildet das Unterpfand der künftigen Teilhabe aller Glieder des mystischen Leibes an der österlichen Herrlichkeit des Auferstandenen (christologischer Gesichtspunkt);

- ist für alle Menschen “die tröstliche Urkunde der Verwirklichung der endgültigen Hoffnung: denn diese volle Verherrlichung ist die Bestimmung aller, die Christus zu Brüdern und Schwestern machte, da er gemeinsam mit ihnen ,Blut und Fleisch‘ (Hebr 2,14; vgl. Gal 4,4)” (197) teilt (anthropologischer Gesichtspunkt);

- ist das endzeitliche Bild dessen, was die “ganze Kirche ersehnt und zu werden hofft” (198) (ekklesiologischer Gesichtspunkt);

- ist die Garantie für die Treue des Herrn zu seinem Versprechen: Er behält seiner demütigen Magd einen freigebigen Lohn für ihre treue Haltung zum göttlichen Ratschluss vor: die Bestimmung zur Fülle und Seligkeit, die Verherrlichung ihrer makellosen Seele und ihres jungfräulichen Leibes, die vollendete Angleichung an ihren auferstandenen Sohn (mariologischer Gesichtspunkt). (199)

181. In der Volksfrömmigkeit wird das Marienfest am 15. August sehr geschätzt. An vielen Orten ist es das Fest der Jungfrau Maria schlechthin: der “Tag der heiligen Maria”, so wie die unbefleckt Empfangene in Spanien und Lateinamerika.

In deutschsprachigen Ländern ist die Gewohnheit verbreitet, am 15. August aromatische Kräuter zu segnen. Diese Segnung, einst im Rituale Romanum (200) aufgenommen, ist ein beredtes Beispiel echter Evangelisierung vorchristlicher Riten und Glaubensinhalte: An Gott musste man sich wenden, auf dessen Wort “die Erde alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, hervorbringt […] und Bäume, die Früchte bringen mit ihrem Samen, je nach ihrer eigenen Art” (Gen 1,12), um das zu erhalten, was die Heiden mit ihren magischen Riten zu erlangen suchten: die von giftigen Kräutern verursachten Schäden abzuwehren sowie die Wirksamkeit der Heilkräuter zu steigern.

Auf diese Vorstellung beruft sich teilweise der alte Brauch, die heilige Jungfrau Maria – auf die Heilige Schrift verweisend – mit Symbolen und Namen zu versehen, die aus der pflanzlichen Welt stammen, wie Leben, Ähre, Zeder und Lilie, in ihr eine duftende Blüte ihrer Tugend zu sehen und darüber hinaus den aus dem “Baumstumpf Isais hervorwachsenden Trieb” (Jes 11,1), der die gesegnete Frucht Jesus hervorgebracht hatte.

Weltgebetsoktav für die Einheit der Christen

182. Im Bewusstsein des Gebetes Jesu “Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.” (Joh 17,21) bittet die Kirche in jeder Eucharistie um das Geschenk der Einheit und des Friedens (201). Das römische Messbuch selbst enthält – in den Messen für besondere Anliegen – drei Messformulare “für die Einheit der Christen”. Eine solche Intention haben auch die Fürbitten der Stundenliturgie (202).

Wegen der besonderen Sensibilität gegenüber den “von uns getrennten Brüdern” (203) müssen die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit die Ökumene berücksichtigen (204). In der Tat: “Die Bekehrung des Herzens und die Heiligkeit des Lebens ist in Verbindung mit dem privaten und öffentlichen Gebet für die Einheit der Christen als die Seele der ganzen ökumenischen Bewegung anzusehen. Sie kann mit Recht geistlicher Ökumenismus genannt werden”. (205) Der besondere Begegnungsort der Katholiken mit Christen anderen Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften ist das gemeinsame Gebet, um die Gnade der Einheit zu erbitten, um Gott gemeinsame Nöte und Sorgen vorzutragen, um ihm zu danken oder ihn um seine Hilfe anzuflehen. “Das gemeinsame Gebet wird besonders während der ‚Gebetswoche um die Einheit der Christen‘ empfohlen oder in der Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten.” (206) Das Gebet um die Einheit der Christen ist mit Ablässen verbunden. (207)

Kapitel V: DIE VEREHRUNG DER HEILIGEN MUTTER DES HERRN

Einige Grundsätze

183. Die Verehrung der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria, die auf ganz unterschiedliche, oft sehr tiefreichende Beweggründe zurückgeht und mannigfaltige Ausdrucksformen hat, ist ein außerordentlich wichtiges und universal bedeutsames Element des kirchlichen Lebens. Sie entströmt dem Glauben und der Liebe des Volkes Gottes gegenüber Christus, dem Erlöser der Menschheit, sowie der Wahrnehmung der heilbringenden Mission, die Gott Maria von Nazareth anvertraut hat. So ist die Jungfrau Maria nicht nur Mutter des Herrn und Erlösers, sondern nach der Gnadenordnung auch Mutter aller Menschen.

In der Tat “verstehen die Gläubigen mühelos das lebendige Band, das den Sohn mit der Mutter verbindet. Sie wissen, dass der Sohn Gott ist, und, dass sie, die Mutter, auch ihre Mutter ist. Sie erahnen die unbefleckte Heiligkeit der Jungfrau, und sie sind, auch wenn sie sie als glorreiche Königin im Himmel verehren, sicher, dass sie voll Erbarmen für sie eintritt. Daher flehen sie sie vertrauensvoll um ihren Schutz an. Die Allerärmsten wissen sich bei ihr aufgehoben. Sie wissen, dass sie so arm war wie sie, dass sie viel gelitten hat, dass sie geduldig und milde war. Sie fühlen mit ihrem Schmerz angesichts der Kreuzigung und des Todes ihres Sohnes. Sie freuen sich mit ihr über der Auferweckung Jesu. Sie feiern mit Freude ihre Feste, nehmen gern an Prozessionen teil, pilgern an Wallfahrtsorte und Heiligtümer. Sie lieben die Gesänge zu ihren Ehren und bieten ihre Weihegaben an. Sie ertragen nicht, wenn jemand sie beleidigt, sie warnen instinktiv vor denjenigen, die sie nicht ehren”. (208)

Die Kirche selbst mahnt alle ihre Kinder – Amtsträger, Ordensleute und Laien –, ihre persönliche und gemeinschaftliche Frömmigkeit auch aus Andachtsübungen zu nähren, die sie approbiert und empfiehlt (209). Die Liturgie schöpft nämlich trotz ihres objektiven Charakters und unersetzbaren Wertes, trotz ihrer beispielhaften Wirksamkeit und Normativität nicht alle Möglichkeiten aus, die Verehrung der heiligen Mutter des Herrn durch das Gottesvolk auszudrücken (210).

184. Die Beziehungen zwischen Liturgie und marianischer Volksfrömmigkeit müssen im Licht der Grundsätze und Normen geregelt werden, die bereits mehrfach in diesem Dokument formuliert worden sind (211). Auf jeden Fall muss die Liturgie gegenüber der marianischen Frömmigkeit des Gottesvolkes “exemplarische Form” (212), Quelle der Inspiration, beständiger Bezugspunkt und letztes Ziel sein.

185. Trotzdem ist es wichtig, hier zusammenfassend an einige Grundsätze zu erinnern, die das Lehramt der Kirche zu marianischen Andachtsübungen geäußert hat. Sie sind besonders dann in Betracht zu ziehen, wenn neue Andachtsübungen erstellt oder bereits bestehende erneuert (213) beziehungsweise in die gottesdienstliche Praxis eingeführt werden sollen. Angesichts der großen Bedeutung marianischer Andachtsübungen ist die Aufmerksamkeit der Hirten ihnen gegenüber notwendig. Sie sind nämlich zum einen Frucht und Ausdruck der marianischen Frömmigkeit eines Volkes oder einer Gemeinschaft von Gläubigen. Andererseits aber sind sie Ursprung und nicht Folge der “marianischen Physiognomie” der Gläubigen, das heißt des “Stils”, den die Frömmigkeit der Glaubenden in Bezug auf die selige Jungfrau annimmt.

186. Die grundsätzliche Aufgabe des Lehramtes bezüglich der Andachtsübungen besteht darin, dass sie zum “Flussbett des einzigen Kultes zurückgeführt werden, der mit gutem Recht christlich genannt wird, weil er von Christus Ursprung und Wirksamkeit bezieht, in Christus den vollendeten Ausdruck findet und durch Christus im Geist zum Vater führt.” (214) Das heißt, dass marianische Andachtsübungen – wenn auch nicht alle in gleicher Art und im gleichen Maß – folgendes berücksichtigen müssen:

- Sie müssen jenes trinitarische Merkmal aufweisen, das den christlichen, an den Gott der neutestamentlichen Offenbarung: den Vater, den Sohn und den Geist gerichteten Kult auszeichnet und qualifiziert. Sie haben eine christologische Komponente, welche die einzige und notwendige Mittlerschaft Christi betont. Sie haben eine pneumatologische Dimension, weil jeder echte Ausdruck der Frömmigkeit aus dem Geist kommt und im Geist vollzogen wird. Sie haben einen ekklesiologischen Charakter, da die Getauften, die das heilige Volk Gottes bilden, vereint im Namen des Herrn (vgl. Mt 18,20) und im lebendigen Raum der Gemeinschaft der Heiligen beten. (215)

- Sie müssen sich beständig auf die Heilige Schrift beziehen, und zwar auf der Grundlage der heiligen Überlieferung. Sie sollen die Erfordernisse der ökumenischen Bewegung nicht vernachlässigen, auch in Bezug auf das vollständige Bekenntnis des Glaubens der Kirche. Sie müssen die anthropologischen Aspekte gottesdienstlicher Ausdrucksformen beachten, so dass sie ein gültiges Menschenbild widerspiegeln und dessen Ansprüchen genügen. Sie sollen die eschatologische Spannung hervorheben, die wesentlicher Bestandteil der Botschaft des Evangeliums ist. Sie müssen schließlich einen missionarischen Impetus haben und die Pflicht zum Zeugnis ernstnehmen, welche den Jüngern des Herrn obliegt. (216)

Zeiten marianischer Andachtsübungen

Marienfeste

187. Die marianischen Andachtsübungen sind fast alle an liturgische Feste gebunden, die im Römischen Generalkalender oder in den Eigenkalendern der Diözesen und Ordensfamilien verzeichnet sind.

Oft sind Andachtsübungen älter als die jeweiligen Feste, dies ist zum Beispiel der Fall beim heiligen Rosenkranz. Bei anderen ist das Fest älter als entsprechende Andachtsübungen, beispielsweise der Engel des Herrn. Dies verdeutlicht die Beziehung zwischen Liturgie und Andachtsübungen. Insbesondere letztere finden ihren Höhepunkt in der Feier des Festes. Weil es Teil der Liturgie ist, steht das Fest in Beziehung zur Heilsgeschichte und feiert einen Aspekt der Vereinigung der Jungfrau Maria mit dem Geheimnis Christi. Darum muss es nach den Normen der Liturgie gefeiert werden und in Achtung vor der Rangordnung zwischen “liturgischen Handlungen” und den damit verbundenen “Andachtsübungen.”

Dennoch hat ein Fest der seligen Jungfrau Maria, das einen volkstümlichen Ausdruck hat, anthropologische Werte, die nicht vernachlässigt werden sollten. (217)

Der Samstag

188. Unter den der seligen Jungfrau Maria gewidmeten Tagen ragt der Samstag heraus, der dem Gedächtnis der heiligen Maria gewidmet ist. (218) Dieses Gedächtnis geht sicher auf die Karolingerzeit (neuntes Jahrhundert) zurück. Die Gründe, warum der Samstag als Tag der heiligen Maria gewählt wurde, sind jedoch unbekannt (219). Später wurden zahlreiche Erklärungen gegeben (220), die aber Kenner der Frömmigkeitsgeschichte nicht vollständig zufrieden stellen. (221)

Abgesehen von ihren dunklen geschichtlichen Ursprüngen gelten heute mit Recht einige Werte dieses Gedächtnisses, für die “die heutige Spiritualität empfindsamer ist: Es ist Erinnerung an Marias Haltung als Mutter und Jüngerin, ‚die am Karsamstag, während Christus im Grab lag, allein unter allen Jüngern und als einzige stark in Glauben und Hoffnung wachsam auf die Auferstehung des Herrn wartete‘. Es ist Präludium und Einführung in die Feier des Sonntags, des Ur-Festes, ein wöchentliches Gedächtnis der Auferstehung Christi. Es ist in seiner wöchentlichen Wiederkehr Zeichen dafür, dass die ,Jungfrau im Leben der Kirche beständig gegenwärtig und wirkmächtig ist‘”.

Auch die Volksfrömmigkeit ist bezüglich der Aufwertung des Samstags als Tag der heiligen Maria empfänglich. Nicht selten gibt es Ordensgemeinschaften und Vereinigungen von Gläubigen, deren Statuten vorschreiben, jeden Samstag der Mutter des Herrn besondere Ehrerbietungen darzubringen, zuweilen mit eigens für jenen Tag zusammengestellte Andachtsübungen. (222)

Marianische Triduen, Wochen und Novenen

189. Weil jedes Fest ein Höhepunkt im Leben ist, kann es durch ein Triduum, eine Woche oder eine Novene vorbereitet werden. Diese “Zeiten und Modi der Volksfrömmigkeit” müssen in Übereinstimmung mit den “Zeiten und Modi der Liturgie” ablaufen.

Triduen, Gebetswochen und Novenen sind nicht nur günstige Gelegenheiten, um Andachtsübungen zu Ehren der seligen Jungfrau Maria ins Leben zu rufen, sie können auch Gelegenheiten sein, die Gläubigen angemessen darüber zu belehren, welchen Platz Maria im Geheimnis Christi und in der Kirche einnimmt und welche Aufgabe sie hat.

Die Andachtsübungen dürfen nämlich die fortschreitenden Erkenntnisse der biblischen und theologischen Forschungen über die Mutter des Erlösers nicht missachten. Im Gegenteil: es muss ihre katechetische Funktion für deren Zeugnis und Verbreitung genutzt werden, ohne dass dadurch ihre Natur verändert wird.

Triduen, Gebetswochen und Novenen werden die Feier des jeweiligen Festes wahrhaft vorbereiten, wenn die Gläubigen angespornt werden, die Sakramente der Buße und der Eucharistie zu empfangen sowie nach dem Beispiel Marias, der ersten und vollkommenen Jüngerin Christi, ihren christlichen Lebenseinsatz zu erneuern.

In einigen Regionen treffen sich Gläubige in Erinnerung an die Erscheinungen der Jungfrau Maria in Fatima am 13. Tag jedes Monats zum marianischen Gebet.

Die “marianischen Monate”

190. Bezüglich der in verschiedenen Kirchen des Ostens und auch des Westens (223) verbreiteten Praxis eines “Marienmonats” kann an einige wesentliche Richtlinien erinnert werden. (224)

In Westen sind die der Jungfrau Maria geweihten Monate zu einer Zeit entstanden, in der man zur Liturgie als normativer Form des christlichen Kultes wenig Bezug hatte. Sie entwickelten sich parallel zur Liturgie. Dies brachte und bringt nach wie vor einige liturgie-pastorale Probleme mit sich, die sorgfältig beachtet werden sollen.

191. Bezüglich des im Westen vorherrschenden Brauchs, den Mai als “marianischen Monat” zu begehen (in einigen Ländern der südlichen Halbkugel wird der November als solcher begangen), scheint es notwendig, einige Erfordernisse der Liturgie, die Erwartungen der Gläubigen und ihre Glaubensreife in den Blick zu nehmen und die Problematik der “marianischen Monate” zu studieren. Dies soll im Bereich der “Gesamtpastoral” einer Ortskirche vertieft werden, wobei Situationen, die der Seelsorge abträglich sind und die Gläubigen verwirren, vermieden werden sollen. Dies könnte zum Beispiel vorkommen, wenn man darauf drängte, den “Monat Mai” als Marienmonat abzuschaffen.

Die beste Lösung wird in vielen Fällen sein, die Inhalte des “marianischen Monats” mit der entsprechenden Zeit des liturgischen Jahres zu vereinen. So müssen zum Beispiel während des Monats Mai, der zum Großteil mit den fünfzig Tagen der Osterzeit zusammenfällt, die Andachtsübungen die Teilnahme der Jungfrau am Ostergeheimnis und am Pfingstereignis (vgl. Apg 1,14) deutlich machen (vgl. Joh 19,25-27), an dem der Weg der Kirche beginnt: ein Weg, den sie, teilhabend am neuen Leben des Auferstandenen, unter der Führung des Geistes zurücklegt.

Da die “fünfzig Tage” die Zeit für Feier und Mystagogie der Sakramente der christlichen Initiation sind, können die Andachtsübungen des Monats Mai die Aufgabe der im Himmel verherrlichten Jungfrau Maria auf nützliche Weise hervorheben, die sie, “hier und jetzt” auf der Erde, in der Feier der Sakramente der Taufe, der Firmung und der Eucharistie innehat. (225)

Auf jeden Fall muss die Weisung der Konstitution Sacrosanctum Concilium sorgsam befolgt werden, nach der “die Herzen der Gläubigen vor allem auf die Herrenfeste hingelenkt werden sollen, in denen die Heilsgeheimnisse das Jahr hindurch festlich begangen werden” (226), denen die selige Jungfrau Maria mit Sicherheit verbunden war.

Eine angemessene Katechese wird die Gläubigen davon überzeugen, dass der Sonntag, das wöchentliche Ostergedächtnis, “der Tag des Ur-Festes” ist. Schließlich ist im Auge zu behalten, dass in der römischen Liturgie die vier Adventswochen eine harmonisch in das liturgische Jahr eingefügte marianische Zeit sind. Man muss die Gläubigen anleiten, die zahlreichen Bezüge, die diese ganze Periode des Advent zur Mutter des Herrn hat, zu entdecken.

Einige vom Lehramt empfohlene marianische Andachtsübungen

192. Es ist hier nicht der Ort, eine Liste aller vom Lehramt empfohlenen marianischen Andachtsübungen aufzustellen. Dennoch seien einige genannt, die besondere Aufmerksamkeit verdienen, um Hinweise bezüglich ihrer Ausführung zu geben oder eventuell Änderungen zu empfehlen.

Betendes Hören des Wortes Gottes

193. Der Hinweis des Konzils, die “heilige Feier des Wortes Gottes” an bedeutenden Momenten des liturgischen Jahres zu fördern (227), kann auch auf Gottesdienste zu Ehren der Mutter des fleischgewordenen Wortes bezogen werden. Das entspricht vollkommen einer generellen Richtung christlicher Frömmigkeit (228) und spiegelt die Überzeugung wider, dass es Ausdruck einer besonderen Hochachtung vor der Jungfrau Maria ist, wie sie selbst auf das Wort Gottes zu hören (vgl. Lk 2,19.51). So wie in den liturgischen Feiern, sollen die Gläubigen auch in den Andachtsübungen das Wort im Glauben hören, es in Liebe empfangen und im Herzen bewahren, es in der Seele erwägen und mit den Lippen verbreiten, es treu in die Tat umsetzen und das ganze Leben an ihm ausrichten. (229)

194. “Die Feiern des Wortes bieten wegen der thematischen und strukturellen Möglichkeiten die erlaubt sind, vielfältige Elemente für kultische Begegnungen, die gleichzeitig Ausdruck echter Frömmigkeit und passende Momente sind, eine systematische Katechese über die Jungfrau Maria zu entwickeln. Aber die Erfahrung lehrt, dass die Feiern des Wortes keinen überwiegend intellektuellen oder ausschließlich didaktischen Charakter haben sollten. Sie müssen im Gegenteil in Gesängen, Gebetstexten und in der Art der Teilnahme der Gläubigen den ausdrucksvollen, einfachen und familiären Darstellungen der Volksfrömmigkeit Raum geben,, die unmittelbar zum Herzen des Menschen sprechen”. (230)

Der “Engel des Herrn

195. Der Engel des Herrn ist das traditionelle Gebet, mit dem die Gläubigen dreimal täglich, morgens, mittags und abends, der Verkündigung des Engels Gabriel an Maria gedenken. Das Angelusgebet ist also Erinnerung des Heilsereignisses, dass nach dem Plan des Vaters das Wort durch den Heiligen Geist im Schoß der Jungfrau Maria Mensch geworden ist.

Die Rezitation des Angelusgebetes ist tief in der Frömmigkeit des christlichen Volkes verwurzelt und wird durch das Beispiel der Päpste bestärkt. In einigen Gegenden behindern veränderte Situationen die Rezitation des Angelusgebetes. Anderswo aber sind die Behinderungen geringer, so dass nichts unterlassen werden soll, damit die hingebungsvolle Gewohnheit am Leben erhalten bleibt und sich verbreitet, indem empfohlen wird, wenigstens drei Ave Maria zu beten. Das Gebet des Angelus bewahrt nämlich aufgrund “seiner einfachen Struktur, seines biblischen Charakters (…), des fast liturgischen Rhythmus, der verschiedene Momente des Tages heiligt, seiner Öffnung hin auf das Ostergeheimnis (…) im Lauf von Jahrhunderten seinen unveränderten Wert und seine unversehrte Frische.” (231)

“Im Gegenteil: es ist wünschenswert, dass besonders zu bestimmten Gelegenheiten, vor allem in den Ordensgemeinschaften, in den der seligen Jungfrau geweihten Wallfahrtskirchen, während der Durchführung von Tagungen […] der Angelus Domini feierlich gebetet wird, zum Beispiel mit dem Gesang der Ave Maria, der Lesung des Evangeliums von der Verkündigung” (232) und dem Klang der Glocken.

Das “Regina caeli

196. In der Osterzeit wird auf Anordnung von Papst Benedikt XIV. (20. April 1742) anstelle des Engel des Herrn die berühmte Antiphon Regina caeli gesungen. Sie geht vermutlich auf das 10. bis 11. Jahrhundert zurück (233) und verbindet auf glückliche Weise das Geheimnis der Menschwerdung des Wortes (Christus, den du zu tragen würdig warst) mit dem Osterereignis (ist erstanden, wie er sagte), während “die Einladung zur Freude” (Frohlocke), zu der die Kirche die Mutter wegen der Auferstehung ihres Sohnes einlädt, zurückverweist auf jene “Einladung zur Freude” (“Freue dich, du Begnadete”, Lk 1,28), die Gabriel an die demütige Magd des Herrn richtete, als er ihr verkündete, sie solle die Mutter des Messias und Erlösers werden.

Wie für den Angelus Domini empfohlen wurde, kann es zuweilen förderlich sein, das Regina caeli feierlicher auszugestalten, etwa den Gesang der Antiphon mit der Verkündigung des Evangeliums von der Auferstehung zu verbinden.

Der Rosenkranz

197. Der Rosenkranz oder das Psalterium der Jungfrau Maria ist eine der hervorragendsten Gebete zur Mutter des Herrn. (234) Deshalb „haben die Päpste die Gläubigen wiederholt zum häufigen Gebet des heiligen Rosenkranzes aufgerufen, ein Gebet biblischen Charakters, das sich um die Betrachtung der heilbringenden Ereignisse des Lebens Christi dreht, mit denen die jungfräuliche Mutter eng vereint war. Bezüglich des Wertes und der Wirksamkeit dieses Gebetes gibt es zahlreiche Zeugnisse von Hirten und solchen Menschen, die sich um ein heiliges Leben bemühen.” (235)

Der Rosenkranz ist wesentlich ein betrachtendes Gebet, dessen Rezitation “einen ruhigen Rhythmus und ein fast zögerndes Überdenken erfordert, der beim Betenden die Betrachtung der Geheimnisse des Lebens des Herrn fördert (236).” Er wird für die Ausbildung und das geistliche Leben der Kleriker und Ordensleute ausdrücklich empfohlen. (237)

198. Die Kirche zeigt ihre Hochachtung für das Gebet des heiligen Rosenkranzes, indem sie einen Ritus für die Segnung der Rosenkränze vorsieht (238). Dieser Ritus hebt den Gemeinschaftscharakter des Rosenkranzgebets hervor. Der Segen des Rosenkranzes geht mit dem Segen derjenigen einher, die die Geheimnisse des Lebens, des Todes und der Auferstehung des Herrn betrachten, damit sie “einen vollendeten Einklang zwischen Gebet und Leben bewirken können.” (239)

Darüber hinaus könnte die Segnung des Rosenkranzes noch besser “unter Teilnahme des Volkes” durchgeführt werden, wie es das Benediktionale empfiehlt, etwa bei Wallfahrten zu Marienkirchen, an Festen der seligen Jungfrau Maria, besonders am Rosenkranzfest am Ende des Monats Oktober. (240)

199. Nachstehend werden jetzt einige Empfehlungen gegeben, welche das Wesen des Rosenkranzes schützen und dieses Gebet noch nützlicher machen können. Das Gebet des Rosenkranzes kann bei einigen Gelegenheiten einen festlichen Ton annehmen: “durch die Verkündigung der biblischen Schritte bezüglich jedes Geheimnisses, die Ausführung einiger Teile durch Gesang, eine kluge Verteilung der verschiedenen Aufgaben, das festlichen Begehen der Momente der Eröffnung und Beendigung des Gebetes.” (241)

200. Für diejenigen, die ein Drittel des Rosenkranzes beten, teilt die Gewohnheit zu bestimmten Tagen der Woche die verschiedenen Geheimnisse wie folgt auf: die freudenreichen (Montag und Donnerstag), die schmerzhaften (Dienstag und Freitag) und die glorreichen (Mittwoch, Samstag, Sonntag).

Diese Aufteilung kann bei strenger Beachtung zuweilen einen Gegensatz zwischen dem Inhalt der Geheimnisse und dem des liturgischen Tages verursachen, wenn beispielsweise die schmerzhaften Geheimnisse an Weihnachten, das auf einen Freitag fällt, zu beten sind. Man kann sich in diesen Fälle daran orientieren, dass “der liturgische Charakter eines bestimmten Tages wichtiger ist als seine Stellung in der Woche, ebenso, dass ein angemessenes Auswechseln von Geheimnissen an besonderen Tagen des liturgischen Jahres nicht der Natur des Rosenkranzes widerspricht, so dass es erlaubt ist, die Andachtsübung der liturgischen Zeit anzugleichen” (242). So handeln zum Beispiel die Gläubigen korrekt, die am sechsten Januar, dem Fest der Erscheinung des Herrn, die freudenreichen Geheimnisse und als “fünftes Geheimnis” die Anbetung der Könige anstelle des Wiederfindens des zwölfjährigen Jesus im Tempel zu Jerusalem betrachten. Selbstverständlich muss dieser Austausch in Anlehnung an die Heilige Schrift und an das liturgische Eigengut ausgewogen gehandhabt werden.

201. Um die Betrachtung zu fördern, aber auch damit der Geist mit der Stimme übereinstimmt, (243) haben Hirten und Gelehrte mehrfach vorgeschlagen, den Gebrauch der Clausula wiederzubeleben, eine alte Weise des Rosenkranzes, die zudem nie ganz verschwunden war. Die Clausula, die gut zur wiederholenden und betrachtenden Natur des Rosenkranzes passt, besteht in einem Satz, der dem Namen Jesus folgt und an das entsprechende Geheimnis erinnert. Eine korrekte Clausula, festgelegt für jedes Gesätz, kurz in der Aussage, treu zu Schrift und Liturgie, kann eine wertvolle Hilfe für ein meditierendes Beten des heiligen Rosenkranzes bilden.

202. “Will man den Gläubigen der Wert und die Schönheit des Rosenkranzes erklären, dann sollen Ausdrücke vermieden werden, die andere hervorragende Gebetsformen in den Schatten stellen oder ungenügend auf andere marianische Gebete achten, selbst wenn sie von der Kirche anerkannt sind”; oder die ein Schuldgefühl bei denjenigen erzeugen können, die ihn nicht zu beten gewohnt sind: (244) “Der Rosenkranz ist ein hervorragendes Gebet, dem gegenüber sich der Gläubige frei fühlen soll, wenn er aufgefordert wird, in besinnlicher Ruhe und in seiner ihm innewohnenden Schönheit zu ihm zu greifen.” (245)

Marianische Litaneien

203. Zu den vom Lehramt empfohlenen Formen des Gebets zur Jungfrau Maria gehören die Litaneien. Sie bestehen aus einer langen Reihe von Anrufungen der Jungfrau Maria, die dicht aufeinanderfolgend einen Gebetsfluss entstehen lassen, der durch den steten Wechsel von Lob und Bitte charakterisiert ist. Die Anrufungen sind allgemein sehr kurz und bestehen aus zwei Teilen: Lob (“Virgo clemens” – “milde Jungfrau”) und Bitte (“ora für nobis” – “bitte für uns).

Zwei Litaneien sind in die liturgischen Bücher des Römischen Ritus aufgenommen worden: die Lauretanischen Litanei, deren Wertschätzung die Päpste wiederholt bekundeten (246),, und die Litanei für den Ritus der Krönung eines Bildes der seligen Jungfrau Maria (247), die zu einigen Gelegenheiten eine gute Alternative zur lauretanischen Litanei sein kann. (248)

Eine Vermehrung von Litaneiformularen wäre vom pastoralem Gesichtspunkt aus nicht förderlich (249). Andererseits würde eine strenge Beschränkung bedeuten, dem Reichtum einiger Ortskirchen oder Ordensfamilien nicht ausreichend Rechnung zu tragen. Deshalb hat die Kongregation für den Gottesdienst dazu aufgerufen, “einige alte oder neue Formulare, die in Ortskirchen oder religiösen Instituten in Gebrauch und in ihrer strukturelle Genauigkeit wie in der Schönheit ihrer Anrufungen beachtenswert sind, zu berücksichtigen” (250), eine Aufforderung, die selbstverständlich vor allem örtliche Bereiche oder klar umgrenzte Gemeinschaften betrifft.

Infolge der Verordnung von Papst Leo XIII., im Monat Oktober das Gebet des Rosenkranzes mit dem Gesang der Lauretanischen Litanei abzuschließen, wuchs bei vielen Gläubigen die irrige Überzeugung, als seien die Litaneien eine Art Anhang des Rosenkranzes. In Wirklichkeit sind die Litaneien eine selbständige kultische Handlung: Sie können das tragende Element einer Huldigung an die Jungfrau Maria bilden, ein Prozessionsgesang sein, Teil eines Wortgottesdienstes oder anderer gottesdienstlicher Strukturen.

Die Weihe als vertrauensvolle Hingabe an Maria

204. In der Frömmigkeitsgeschichte gibt es unterschiedliche persönliche und gemeinschaftliche Erfahrungen mit der “Weihe, das heißt Übergabe, vertrauensvollen Hingabe an Maria” (oblatio, servitus, commendatio, dedicatio). Sie spiegeln sich in manchen Gebetbüchern und Statuten marianischer Vereinigungen wider, die noch Formeln einer “Weihe” und Gebete zur Vorbereitung oder in Erinnerung an sie beinhalten.

Die Päpste haben oft ihre Wertschätzung bezüglich der Andachtsübung der “Weihe an Maria” geäußert. Bekannt sind die von ihnen öffentlich verwendeten Gebete. (251)

Ein bekannter Lehrer der Spiritualität dieser Praxis war der heilige Ludwig Maria Grignion von Montfort, “der den Christen die Weihe an Christus durch die Hände Marias als wirksames Mittel vorschlug, um ihre Taufverpflichtungen treu zu leben”. (252)

Im Licht des Testaments Christi (vgl. Joh 19,25-27) ist der Akt der “Weihe” eine bewusste Würdigung der einzigartigen Stellung, die Maria von Nazareth im Geheimnis Christi und der Kirche innehat, des beispielhaften und universalen Wertes ihres evangelisches Zeugnisses, ein Akt des Vertrauens auf ihre Fürsprache und die Wirksamkeit ihres Schutzes, auf ihre vielfältigen mütterlichen Eigenschaften, die sie als echte Mutter aller ihrer Kinder in der Gnadenordnung innehat. (253)

Gleichwohl wird das Wort “Weihe” unangemessen in einer allzu großen Breite verwendet: “Man spricht zum Beispiel davon, ‚Kinder der Madonna zu weihen‘, wenn man sie in Wirklichkeit nur unter den Schutz der Jungfrau stellen und um ihren mütterlichen Segen bitten will.” (254) Darum ist der von vielen Seiten kommende Vorschlag verständlich, anstelle von “Weihe” andere Begriffe zu verwenden, wie “vertrauensvolle Hingabe” oder “Hingabe”. Fortgeschrittene Erkenntnisse der Liturgiewissenschaft sowie der Anspruch eines klaren und strengen Wortgebrauchs legen es nahe, das Wort “Weihe” für jene Akte der Selbsthingabe zu reservieren, die sich auf Gott beziehen, durch Totalität und Beständigkeit charakterisiert und durch die Intervention der Kirche garantiert sind und die als ihre Grundlage Taufe und Firmung haben.

Auf jeden Fall müssen die Gläubigen über das Wesen dieser Frömmigkeitsübungen unterwiesen werden. Auch wenn von einer totalen und ewigen Hingabe die Rede ist, handelt es sich gegenüber der “Weihe an Gott” nur um eine Analogie. Sie darf nicht aus einer vorübergehenden Stimmung heraus kommen, sondern muss eine persönliche, freie, in der erkannten Dynamik der Gnade gereifte Entscheidung zur Grundlage haben. Sie muss in korrekter Art und Weise ausgedrückt werden, in einer sozusagen liturgischen Form: zum Vater durch Christus im Heiligen Geist, auf die Fürsprache Marias, der man sich völlig anvertraut, um das eigene Taufversprechen treu einzuhalten und in kindlicher Haltung vor ihr zu leben. Diese Hingabe soll außerhalb der Eucharistiefeier vollzogen werden, da es sich um einen Akt der Frömmigkeit handelt, der sich nicht mit der Liturgie verbinden lässt: Die vertrauensvolle Hingabe an Maria unterscheidet sich substantiell von anderen Formen der liturgischen Weihe. Das Skapulier des Karmels und andere Skapuliere

205. In der Geschichte der Marienfrömmigkeit begegnet die “Verehrung” verschiedener Skapuliere, unter denen jenes der seligen Jungfrau vom Berg Karmel herausragt. Es ist universal verbreitet, und ohne Zweifel treffen auf es die Worte des Konzils über die “vom Lehramt durch die Jahrhunderte empfohlenen” (255) Praktiken und Andachtsübungen zu.

Das Skapulier des Karmels ist eine reduzierte Form des Gewandes der Kongregation der Brüder der seligen Jungfrau vom Berg Karmel: Obwohl das Skapulier sich von der engen Bindung an Leben und Spiritualität der karmelitischen Familie gelöst und weit verbreitet hat, bewahrt es doch einen gewissen Einklang damit.

Das Skapulier ist ein äußeres Zeichen einer partikularen familiären und vertrauten Beziehung, die zwischen der Jungfrau, der Mutter und Königin des Karmels, und ihren frommen Anhängern besteht, die sich ihr in vollkommener Hingabe anvertrauen und voll Vertrauen um ihre mütterliche Fürsprache bitten. Es erinnert an den Vorrang des geistlichen Lebens und die Notwendigkeit der Gebets.

Das Skapulier wird in einem partikularen kirchlichen Ritus überreicht, in dem man erklärt, dass “das Taufversprechen verlangt, Christus anzuziehen, dass wir mit Hilfe der jungfräulichen Mutter eifrig bestrebt sind, uns dem fleischgewordenen Wort gleichförmig zu machen zum Lob der Dreifaltigkeit, damit wir im Hochzeitskleid zum Himmel, unserem Vaterland, gelangen”. (256)

Die Übergabe des Skapuliers des Karmels, wie der anderen Skapuliere, “geschieht im Gedächtnis an die Würde ihrer Ursprünge: Sie soll keine mehr oder weniger improvisierte Handlung sein, sondern abschließender Akt einer sorgfältigen Vorbereitung, in der dem Gläubigen die Natur und die Zwecke der Vereinigung, der er angehört, bewusst gemacht werden sowie die Lebensverpflichtungen, die er übernimmt”. (257)

Marianische Medaillen

206. Die Gläubigen tragen gern Medaillen mit dem Bildnis der seligen Jungfrau Maria um den Hals. Diese sind Zeugnis des Glaubens, und Verehrung der heiligen Mutter des Herrn sowie Ausdruck des Vertrauens auf ihren mütterlichen Schutz.

Die Kirche segnet diese Gegenstände marianischer Frömmigkeit und erinnert daran, dass sie “dazu dienen, die Liebe Gottes in Erinnerung zu rufen und das Vertrauen auf die selige Jungfrau zu vermehren” (258). Geichzeitig mahnt sie die Gläubigen, nicht zu vergessen, dass die Hingabe an die Mutter Jesu vor allem “ein kohärentes Lebenszeugnis” (259) erfordert.

Unten den marianischen Medaillen ragt angesichts ihrer ungewöhnlichen Verbreitung die sogenannte “wundertätige Medaille” hervor. Sie hat ihren Ursprung in den Erscheinungen der Jungfrau Maria im Jahr 1830 vor einer demütigen Novizin der Töchter der christlichen Liebe vom heiligen Vinzenz von Paul, der heiligen Katharina Labouré. Die nach den Vorgaben der Jungfrau Maria an die Heilige geprägte Medaille wurde wegen ihrer reichen Symbolik als “marianischer Mikrokosmos” bezeichnet: Sie erinnert an das Geheimnis der Erlösung, an die Liebe des Herzens Christi und des betrübten Herzens Marias, an die vermittelnde Funktion der Jungfrau, das Geheimnis der Kirche, die Beziehung zwischen Erde und Himmel sowie zeitlichem und ewigem Leben.

Einen neuen Impuls zur Verbreitung der “wundertätigen Medaille” gab der heilige Maximilian Maria Kolbe († 1941), auch durch die von ihm begründeten oder angeregten Bewegungen. Als junger Ordensmann der Franziskaner-Minoriten wählte er im Jahr 1917 die “wundertätige Medaille” zum Erkennungszeichen der Frommen Vereinigung der Miliz der Unbefleckten Gottesmutter.

Die “wundertätige Medaille” ist wie andere marianische Medaillen sowie Darstellungen religiöser Objekte kein Talisman und darf nicht zum Aberglauben verführen (260). Das Versprechen der Jungfrau, dass “den Personen, die sie tragen, große Gnaden zuteil werden”, fordert von den Gläubigen eine demütige und feste Bindung an die christliche Botschaft, beharrliches und zuversichtliches Gebet sowie eine kohärente Lebensführung.

Der Hymnus “Akathistos

207. Der ehrwürdige Hymnus an die Mutter Gottes, “Akathistos” genannt – das heißt übersetzt “stehend zu singen” –, ist in der byzantinischen Tradition eine der höchsten Ausdrucksformen marianischer Frömmigkeit. Er ist ein literarisches und theologisches Meisterwerk, das in betender Form das in sich vereint, was die Kirche der ersten Jahrhunderte über Maria in universaler Einheit geglaubt hat. Die Quellen, die diesen Hymnus inspiriert haben, sind: die Heilige Schrift, die auf den Ökumenischen Konzilien von Nizäa (325), Ephesus (431) und Chalkedon (451) definierte Lehre sowie die Lehren der Kirchenväter des Ostens im vierten und fünften Jahrhundert. Im östlichen Kirchenjahr wird der Akathistos am fünften Samstag der Fastenzeit festlich gefeiert, außerdem singt man ihn zu vielen anderen Gelegenheiten, und er ist der Frömmigkeit des Klerus, der Mönche und der Gläubigen anempfohlen.

In jüngerer Zeit hat sich dieser Hymnus auch bei Gemeinschaften und Gläubigen des lateinischen Ritus verbreitet (261). Einige in Rom in Anwesenheit des Heiligen Vaters und mit bemerkenswertem kirchlichem Echo feierlich begangene Marienfeste haben dazu beigetragen, ihn immer mehr bekannt zu machen (262). Dieser sehr alte Hymnus (263), der reife Frucht der ältesten Tradition der ungeteilten Kirche zur Ehre Marias ist, kann als Appell und Aufruf zur die Einheit der Christen unter der Führung der Mutter des Herrn verstanden werden: “Ein solcher Reichtum an Lobpreis, wie er in den verschiedenen Formen der großen Tradition der Kirche angesammelt worden ist, könnte dazu helfen, dass diese wieder vollständig ‚mit beiden Lungen‘ atmet: dem Osten und dem Westen”. (264)

Kapitel VI: DIE VEREHRUNG DER HEILIGEN UND SELIGEN

Einige Grundsätze

208. Die Verehrung der Heiligen, besonders der Blutzeugen, hat ihren Ursprung in der Heiligen Schrift (vgl. Apg 7,54-60; Offb 6,9-11; 7,9-17) und ist für die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts mit Sicherheit bezeugt (265). Seit der Antike ist sie Teil des kirchlichen Lebens; im Osten wie im Westen hat die Kirche immer Heilige verehrt. Vor allem zur Zeit der Reformation wurden Einwände gegen einige traditionelle Elemente dieser Verehrung erhoben. Die Kirche hat sie tapfer verteidigt und ihre theologischen Grundlagen wie auch ihre Verbindung mit der Glaubenslehre herausgestellt. Sie hat die gottesdienstliche Praxis in den liturgischen und volksfrommen Ausdrucksformen geregelt und den beispielhaften Wert des Zeugnisses dieser hervorragenden Jünger und Jüngerinnen des Herrn für ein echtes christliches Leben unterstrichen.

209. Die Konstitution Sacrosanctum Concilium wirft in dem Kapitel über das Kirchenjahr ein helles Licht auf die Bedeutung der Verehrung von Heiligen und Seligen: “In diesen Kreislauf des Jahres hat die Kirche auch die Gedächtnistage der Märtyrer und der anderen Heiligen eingefügt, die, durch Gottes vielfältige Gnade der Vollkommenheit geführt, das ewige Heil bereits erlangt haben, Gott im Himmel das vollkommene Lob singen und Fürsprache für uns einlegen. In den Gedächtnisfeiern der Heiligen verkündet die Kirche das Pascha-Mysterium in den Heiligen, die mit Christus gelitten haben und mit ihm verherrlicht sind. Sie stellt den Gläubigen ihr Beispiel vor Augen, das alle durch Christus zum Vater zieht, und sie erfleht um ihrer Verdienste willen die Wohltaten Gottes”. (266)

210. Ein rechtes Verständnis der Lehre der Kirche über die Heiligen ist nur im weiten Rahmen folgender Glaubensartikel möglich:

- Die Kirche ist “eine, heilige, katholische und apostolische Kirche” (267): heilig weil Jesus Christus in ihr gegenwärtig ist, “der mit dem Vater und dem Heiligen Geist als der ,allein Heilige‘ verkündet wird (268)”, und weil der Geist der Heiligkeit des beständig in ihr wirkt (269). Sie ist ausgestattet mit Mitteln der Heiligkeit. Auch wenn in ihrem Schoß Sünder sind, ist die Kirche “schon auf Erden durch eine wahre, wenn auch unvollkommene Heiligkeit ausgezeichnet” (270). Sie ist “heiliges Volk Gottes” (271), dessen Glieder nach dem Zeugnis der Schriften “Heilige” (vgl. Apg 9,13; 1 Kor 6,1; 16,1) genannt werden.

- Die Kirche ist “Gemeinschaft der Heiligen” (272): Die Kirche des Himmels, jene, welche die endgültige Läuterung “im sogenannten Purgatorium” (273) erwartet und jene, die auf Erden pilgernd unterwegs ist, verbinden sich “in der gleichen Liebe zu Gott und zum Nächsten” (274). Alle, die zu Christus gehören und seinen Geist besitzen, sind eine einzige Kirche und sind in ihm vereint.

- Die Lehre von der einzigen Mittlerschaft Christi (vgl. 1 Tim 2,5) schließt nachrangige andere Mittlerschaften nicht aus, die überdies im Innern der alles übergreifenden Mittlerschaft Christi zusammenwirken. (275)

211. Die Lehre der Kirche und ihre Liturgie stellen uns die Heiligen, die bereits “den einen und dreifaltigen Gott in Klarheit” (276) schauen, vor als

- geschichtliche Zeugen der universalen Berufung zur Heiligkeit. Sie sind eine herausragende Frucht der Erlösung durch Christus, Beispiel und Zeugnis, nach dem Gott zu allen Zeiten und unter allen Völkern unter unterschiedlichsten soziokulturellen Bedingungen und in ganz verschiedenen Lebenslagen seine Kinder dazu beruft, in die vollendete Gestalt Christi umgestaltet zu werden (vgl. Eph 4,13; Kol 1,28);

- herausragende Jünger des Herrn und daher Vorbilder eines Lebens nach dem Evangelium (277). In den Heiligsprechungsprozessen erkennt die Kirche ihre heroischen Tugenden an und empfiehlt sie daher unserer Nachahmung;

- Bürger des himmlischen Jerusalem, die ohne Ende Gottes Ehre und Barmherzigkeit besingen. In ihnen hat sich der österliche Übergang von dieser Welt zum Vater bereits vollzogen;

- Fürsprecher und Freunde der noch auf Erden pilgernden Gläubigen, weil die Heiligen, obwohl sie schon in der Herrlichkeit Gottes leben, die Nöte ihrer Brüder und Schwestern kennen und deren Weg mit ihrem Gebet und ihrem Schutz begleiten;

- Patrone von Ortskirchen, deren Gründer (wie der heilige Eusebius von Vercelli) oder berühmte Hirten (wie der heilige Ambrosius von Mailand) sie oftmals waren; Patrone von Nationen: Apostel zur Bekehrung zum christlichen Glauben (wie der heilige Thomas und der heilige Bartholomäus für Indien) beziehungsweise Ausdruck ihrer nationalen Identität (wie der heilige Patrick für Irland); Patrone von Vereinigungen und Berufen (wie der heilige Homobonus für die Schneider); Patrone für besondere Lebenslagen – in der Stunde der Geburt (wie die heilige Anna, der heilige Raimund Nonnatus), des Todes (wie der heilige Josef) – oder zur Erlangung besonderer Gnaden (wie die heilige Luzia für die Erhaltung der Sehkraft), und so weiter. All das bekennt die Kirche, wenn sie in Dankbarkeit Gott dem Vater gegenüber verkündet: “Du schenkst uns im Leben der Heiligen ein Vorbild, auf ihre Fürsprache gewährst du uns Hilfe und gibst uns in ihrer Gemeinschaft das verheißene Erbe”. (278)

212. Schließlich gilt es zu bekräftigen, dass das höchste Ziel der Heiligenverehrung die Verherrlichung Gottes und die Heiligung des Menschen ist, durch ein dem göttlichen Willen ergebenes Leben und durch die Nachahmung der Tugenden jener, die herausragende Jünger des Herrn waren.

Deshalb müssen die Gläubigen in Katechese und anderen Formen der Weitergabe des Glaubens über Folgendes belehrt werden: Unsere Beziehung zu den Heiligen muss im Licht des Glaubens begriffen werden. Sie darf “die Anbetung, die Gott dem Vater durch Christus im Heiligen Geist dargebracht wird,” nicht verringern, sondern muss “diesen vielmehr reicher gestalten”. “Die echte Heiligenverehrung besteht nicht so sehr in der Vielfalt äußerer Akte als vielmehr in der Stärke unserer tätigen Liebe”, welche in der Pflichterfüllung des christlichen Lebens umgesetzt wird. (279)

Die heiligen Engel

213. Mit der klaren und nüchternen Sprache der Katechese lehrt die Kirche: “Dass es geistige, körperlose Wesen gibt, die von der Heiligen Schrift für gewöhnlich ,Engel‘ genannt werden, ist eine Glaubenswahrheit. Das bezeugt die Schrift ebenso klar wie die Einmütigkeit der Überlieferung”. (280)

Nach der Schrift sind Engel Boten Gottes, “starke Helden, die seine Befehle vollstrecken, seinen Worten gehorsam” (Ps 103,20), und in den Dienst seines Heilsplans gestellt sind, “ausgesandt, um denen zu helfen, die das Heil erben sollen” (Hebr 1,14).

214. Die Gläubigen kennen die zahlreichen Erzählungen des Alten und Neuen Testaments, in denen heilige Engel auftreten. Sie wissen, dass Engel die Pforten des irdischen Paradieses schließen (vgl. Gen 3,24), Hagar und ihren Sohn Ismael retten (vgl. Gen 21,17), Abrahams Hand wegziehen, als er im Begriff ist, Isaak zu opfern (vgl. Gen 22,11), wunderbare Geburten verkündigen (vgl. Ri 13,3-7), die Schritte des Gerechten beschützen (vgl. Ps 91,11), unablässig das Lob des Herrn besingen (vgl. Jes 6,1-4) und die Gebete der Heiligen vor Gott bringen (vgl. Offb 8,3-4). Die Gläubigen erinnern sich an den Einsatz eines Engels zu Gunsten des Propheten Elia, als er auf der Flucht erschöpft war (vgl. 1 Kön 19,4-8), für Asarja und seinen Gefährten, die in den Feuerofen geworfen wurden (vgl. Dan 3,49-50) und für Daniel, der in der Löwengrube eingeschlossen war (vgl. Dan 6,23). Den Gläubigen ist die Geschichte des Tobias vertraut, in der Rafael, “einer von den sieben heiligen Engeln, die das Gebet der Heiligen emportragen und mit ihm vor die Majestät des heiligen Gottes treten” (Tob 12,15), viele Dienste für Tobit, seinen Sohn Tobias und dessen Ehefrau Sara verrichtet.

Die Gläubigen wissen auch, dass in vielen Episoden des Lebens Jesu Engel eine besondere Aufgabe wahrnehmen: Der Engel Gabriel verkündet Maria, dass sie empfangen und den Sohn des Allerhöchsten gebären wird (vgl. Lk 1,26-38). Auf ähnliche Weise enthüllt ein Engel Josef den übernatürlichen Ursprung der Mutterschaft der Jungfrau Maria (vgl. Mt 1,18-25). Engel bringen den Hirten von Bethlehem die frohe Botschaft der Geburt des Erlösers (vgl. Lk 2,8-14). Der “Engel des Herrn” beschützt das Leben des Jesuskindes vor dem Zugriff des Königs Herodes (vgl. Mt 2,13-20). Engel stehen Jesus in der Wüste bei (vgl. Mt 4,11), stärken ihn in seiner Todesangst (vgl. Lk 22,43), verkünden den Frauen, die sich an das Grab Christi begeben haben, dass er “auferstanden ist” (vgl. Mk 16,1-8), und greifen noch bei der Himmelfahrt ein, um den Jüngern deren Sinn zu offenbaren und zu verkündigen, dass “Jesus … ebenso wiederkommen wird, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen” (Apg 1,11).

Die Gläubigen kennen die wichtige Ermahnung Jesu, nicht eines der Kleinen, die an ihn glauben, zu verachten, “denn ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters” (Mt 18,10). Sie denken an sein tröstendes Wort, demzufolge “bei den Engeln Gottes Freude herrscht über einen einzigen Sünder, der umkehrt” (Lk 15,10). Sie wissen schließlich, dass “der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm” (Mt 25,31), um Lebende und Tote zu richten und die Geschichte zu vollenden.

215. In ihren Anfängen wurde die Kirche beschützt und verteidigt durch den Dienst von Engeln (vgl. Apg 5,17-20; 12,6-11). Weil sie beständig deren “geheimnisvolle und mächtige Hilfe” (281) erfuhr, verehrt sie diese himmlischen Geister und vertraut auf ihre eifrige Fürsprache.

Im Verlauf des Kirchenjahres gedenkt die Kirche der Teilhabe von Engeln an den Heilsereignissen (282) und feiert ihr Gedächtnis an einigen besonderen Tagen: am 29. September das der Erzengel Michael, Gabriel und Rafael, am 2. Oktober das der Schutzengel. Ihnen ist eine Votivmesse gewidmet, deren Präfation verkündet, dass “die Herrlichkeit Gottes sich in den Engeln widerspiegelt” (283). In der Feier der göttlichen Geheimnisse schließt sie sich dem Gesang der Engel an, um die Herrlichkeit Gott im Dreimal Heilig zu verkündigen (284) (vgl. Jes 6,3) und ihren Beistand anzurufen, damit das eucharistische Opfer “auf den himmlischen Altar vor die göttliche Herrlichkeit getragen werde” (285). In ihrer Gegenwart feiert die Kirche das Lobopfer (vgl. Ps 137,1) (286); dem Dienst der Engel vertraut sie die Gebete der Gläubigen an (vgl. Offb 5,8; 8,3), den Schmerz der Büßenden (287), die Verteidigung der Unschuldigen gegen die Angriffe des Bösen (288). Sie fleht Gott an, er möge am Ende des Tages seine Engel senden, um die Betenden in seinem Frieden zu bewahren (289). Sie bittet um den Beistand der himmlischen Geister für alle, die in Todesnot sind (290). Und im Ritus der Exequien bittet sie darum, dass Engel die Seele des Verstorbenen ins Paradies geleiten (291) und sein Grab bewachen mögen.

216. Im Lauf der Jahrhunderte haben Gläubige ihre Glaubensüberzeugungen bezüglich des Dienstes von Engeln in Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit umgesetzt: Sie haben sie zu Stadtpatronen und Beschützern von Vereinigungen erhoben. Zu ihren Ehren haben sie berühmte Heiligtümer wie der Mont Saint-Michel in der Normandie, San Michele della Chiusa in Piemont und San Michele al Gargano in Apulien errichtet und Festtage festgesetzt. Sie haben Hymnen und Andachtsübungen zusammengestellt.

In besonderer Weise hat die Volksfrömmigkeit die Verehrung der Schutzengel entwickelt. Bereits der heilige Basilius der Große († 379) lehrte, dass “jeder Gläubige an seiner Seite einen Engel als Beschützer und Hirte hat” (292). Diese antike Lehre – gefestigt in biblischen und patristischen Grundlagen – bildete den Ursprung für verschiedene Ausdrucksformen der Frömmigkeit, bis hin zum heiligen Bernhard von Clairvaux († 1153), dem großen Meister und herausragenden Apostel der Verehrung der Schutzengel. Für ihn sind sie ein Beweis dafür, “dass der Himmel nichts außer Acht lässt, was uns erfreuen könnte”, weshalb er uns “diese himmlischen Geister an die Seite stellt, damit sie uns beschützen, unterweisen und führen”. (293)

Die Verehrung der Schutzengel lässt auch Raum für einen Lebensstil, der gekennzeichnet ist von:

- einer innigen Dankbarkeit gegenüber Gott, der zum Dienst an den Menschen Geister von so große Heiligkeit und Würde an ihre Seite gestellt hat;

- einer Haltung des Anstande und der Frömmigkeit, getragen von dem Bewusstsein, beständig in der Gegenwart heiliger Engel zu leben;

- einem heiteren Vertrauen, wenn es gilt, auch schwierige Situationen zu meistern, weil der Herrn den Glaubenden führt und ihm auf dem Weg der Gerechtigkeit auch durch den Dienst von Engeln beisteht.

Unter den Gebeten zum Schutzengel ist insbesondere das Gebet Angele Dei (294) verbreitet, das in vielen Familien Teil des Morgen- und Abendgebetes ist und in zahlreichen Gegenden das Gebet des Engel des Herrn begleitet.

217. Die Volksfrömmigkeit bezüglich der heiligen Engel ist in sich berechtigt und heilsam, kann jedoch auf Abwege führen, zum Beispiel:

wenn bisweilen eine irrige Ansicht die Herzen der Menschen befällt, die Welt und das Leben seien demiurgischen Spannungen unterworfen, einem unaufhörlichen Kampf zwischen guten und bösen Geistern, zwischen Engeln und Dämonen, in dem der Mensch von ihm überlegenen Mächten hin und hergerissen werde und nichts dagegen tun könne. Diese Ansicht, welche den Glaubenden seiner Verantwortung enthebt, stimmt nicht mit der echten Sicht des Evangeliums vom Kampf gegen den Teufel überein, der vom Jünger Christi einen moralischen Einsatz verlangt, eine Option für das Evangelium, Demut und Gebet;

wenn in den täglichen Lebensumständen selbst die geringsten Schwierigkeiten schematisch, vereinfacht und fast kindisch dem Teufel zugeschrieben werden, im Gegensatz dazu aber alle Erfolge dem Schutzengel. Dies hat kaum etwas oder sogar überhaupt nichts mit einem spürbaren Fortschritt des Menschen auf seinem Weg hin zur Vollendung in Christus zu tun. Es muss auch der Gewohnheit widersprochen werden, den Engeln bis auf Michael, Gabriel und Rafael besondere Namen zu geben, welche angeblich schon in der Schrift enthalten sind.

Der heilige Josef

218. Um seinen Heilsplan zu verwirklichen, übertrug Gott in seiner fürsorglichen Weisheit Josef von Nazaret, “dem Gerechten” (vgl. Mt 1,19) und Bräutigam der Jungfrau Maria (vgl. ebd.; Lk 1,27), eine Sendung von besonderer Bedeutung: Jesus nach Art des Gesetzes in das davidische Geschlecht einzuführen, aus dem der Verheißung gemäß der Messias und Erlöser geboren werden sollte (vgl. 2 Sam 7,5-16; 1 Chr 17,11-14) und für ihn Vater und Beschützer zu sein.

Kraft seiner Sendung griff Josef aktiv in die Geheimnisse der Kindheit des Erlösers ein: Er erhielt von Gott die Offenbarung, dass die Mutterschaft Marias göttlichen Ursprungs war (vgl. Mt 1,20-21), er war bevorzugter Zeuge der Geburt Jesu in Bethlehem (vgl. Lk 2,6-7), der Anbetung der Hirten (vgl. Lk 2,15-16) und der Huldigung der Sterndeuter, die aus dem Osten gekommen waren (vgl. Mt 2,11). Josef erfüllte an dem Jesusknaben seine religiöse Pflicht, indem er ihn durch die Beschneidung in den Bund mit Abraham einführte (vgl. Lk 2,21) und ihm den Namen Jesus gab (vgl. Mt 1,21). Nach den Vorschriften des Gesetzes brachte er das Kind in den Tempel, kaufte ihn mit dem Opfer nach Art der armen Leute los (vgl. Lk 2,22-24; Ex 13,2.12-13) und vernahm voll Staunen den prophetischen Gesang des Simeon (vgl. Lk 2,25-33). Er beschützte Mutter und Kind vor der Verfolgung der Herodes, indem sie nach Ägypten flohen (vgl. Mt 2,13-23). Er begab sich alljährlich zum Pessachfest mit Mutter und Kind nach Jerusalem und erlebte nach dem Verlust des zwölfjährigen Jesus diesen im Tempel (vgl. Lk 2,43-50). Er lebte im Haus von Nazaret, übte seine väterliche Autorität Jesus gegenüber aus, der ihm untertan war (vgl. Lk 2,51), unterrichtete ihn im jüdischen Gesetz sowie im Schreinerhandwerk.

219. Die kirchliche Reflexion hat im Lauf der Jahrhunderte, vor allem der jüngst vergangenen, folgende Tugenden des heiligen Josef ins Licht gerückt: seinen Glauben, der sich in der vollen und mutigen Zustimmung zum Heilsplan Gottes ausdrückte, seinen umsichtigen und schweigsamen Gehorsam gegenüber den Bekundungen des göttlichen Willens, seine Liebe zum Gesetz und dessen treue Befolgung, seine aufrichtige Frömmigkeit, seine Stärke in Prüfungen, seine jungfräuliche Liebe zu Maria, das treue Erfüllen seiner Pflichten als Vater, sein Wirken im Verborgenen.

220. Die Volksfrömmigkeit hat einen Sinn für den Wert und die Universalität des Patroziniums des heiligen Josef, “dessen aufmerksamem Schutz Gott die Anfänge unserer Erlösung hat anvertrauen wollen” (295), wie auch für “seine kostbarsten Schätze” (296). Dem Schutz des heiligen Josef vertraut sich die gesamte Kirche, die der selige Pius IX. unter den besonderen Schutz des heiligen Patriarchen stellen wollte, an (297); besonders auch diejenigen, die sich Gott durch Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen weihen (vgl. Mt 19,12): Diese “haben im heiligen Josef ein Vorbild und einen Verteidiger des jungfräulichen Lebens” (298); sodann die Arbeiter und Künstler, die im demütigen Zimmermann aus Nazaret ein einzigartiges Vorbild haben (299); schließlich die Sterbenden, weil nach frommem Glauben der heilige Josef in der Stunde seines Scheidens von Jesus und Maria begleitet wurde. (300)

221. Die Liturgie gedenkt häufig der Person und der Aufgabe des heiligen Josef, vor allem wenn sie die Geheimnisse des Lebens des Erlösers, seine Geburt und Kindheit feiert: in der Adventszeit (301), in der Weihnachtszeit, insbesondere am Fest der heiligen Familie, am Hochfest des 19. März und am Gedenktag des 1. Mai.

Der Name des heiligen Josef begegnet im Gebet Communicantes des römischen Kanons und in den Heiligenlitaneien (302). In den Sterbegebeten commendatio animae wird die Anrufung des heiligen Patriarchen empfohlen (303) und zu gleicher Gelegenheit betet die Gemeinde, dass die Seele des Sterbenden, die aus dieser Welt geschieden ist, Wohnung finde “im Frieden des heiligen Jerusalem mit der Jungfrau Maria, der Mutter Gottes, mit dem heiligen Josef, mit allen Engeln und Heiligen”. (304)

222. Auch in der Volksfrömmigkeit nimmt die Verehrung des heiligen Josef einen breiten Raum ein, in zahlreichen Ausdrucksformen echter Volkskunde, zum Beispiel in der Gewohnheit, den Mittwoch der Verehrung des heiligen Josef zu widmen, die mindestens seit Ende des 17. Jahrhunderts besteht, eine Gewohnheit, auf die sich einige Andachtsübungen beziehen: zum Beispiel die Sieben Mittwoche zu seinen Ehren, an denen viele fromme Anrufungen über die Lippen der Gläubigen gehen (305), die von Papst Leo XIII. unter dem Titel Ad te, beate Joseph in Gebetsformularen zusammengetragen worden sind und die nicht wenige Gläubige täglich verrichten (306), oder die Litanie di san Giuseppe (Litaneien zum heiligen Josef), die vom heiligen Pius X. approbiert worden sind (307), sodann die Andachtsübung des Rosenkranzes der Sette angosce e sette allegrezze di san Giuseppe (Sieben Sorgen und sieben Freuden des heiligen Josef).

223. Die Tatsache, dass das Hochfest des heiligen Josef am 19. März in die Fastenzeit fällt, in der die Kirche vornehmlich Täuflinge vorbereitet und das Gedächtnis des Herrenleidens begeht, bereitet einige Schwierigkeiten, Liturgie und Volksfrömmigkeit miteinander zu harmonisieren. Deshalb werden die überlieferten Praktiken des “Monats des heiligen Josef” mit der liturgischen Zeit im Jahreskreis in Einklang gebracht. Denn die liturgische Erneuerung hat in den Gläubigen das Bewusstsein für die Fastenzeit vertieft. Nachdem die notwendigen Anpassungen an die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit abgeschlossen sind, ist die Verehrung des heiligen Josef zu fördern und zu verbreiten, indem beständig dessen “hervorragendes Beispiel […]” betont wird, “das alle Lebenssituationen übersteigt und der gesamten Christenheit empfohlen wird, denn das sind die Bedingungen und Aufgaben eines jeden Gläubigen”. (308)

Der heilige Johannes der Täufer

224. An der Schwelle von Altem und Neuem Testament zeichnet sich in aller Schärfe die Gestalt des Johannes ab, des Sohnes des Zacharias und der Elisabeth, beide “vor Gott gerecht” (Lk 1,6), einer der größten Persönlichkeiten der Heilsgeschichte. Bereits im Schoß seiner Mutter, erkannte Johannes den Erlöser im Schoß der Jungfrau Maria (vgl. Lk 1,39-45). Seine Geburt war gekennzeichnet von großen Wundern (vgl. Lk 1,57-66). Er wuchs in der Wüste auf, wo er ein strenges und bußfertiges Leben führte (vgl. Lk 1,80; Mt 3,4). Er war “Prophet des Allerhöchsten” (Lk 1,76), an den das Wort des Herrn erging (vgl. Lk 3,2). “Er zog in die Gegend am Jordan und verkündigte dort überall Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden” (Lk 3,3). Demütig und stark, wie ein neuer Elia sollte er dem Herrn vorangehen, um so das Volk vorzubereiten (vgl. Lk 1,17). Nach dem Ratschluss Gottes taufte er im Wasser des Jordan den Erlöser der Welt (vgl. Mt 3,13-16). Seinen Jüngern stellte er Jesus als “Lamm Gottes” (Joh 1,29) vor, als “Sohn Gottes” (Joh 1,34), als Bräutigam der neuen messianischen Gemeinschaft (vgl. Joh 3,28-30). Wegen seines heroischen Zeugnisses für die Wahrheit (vgl. Joh 5,33) wurde er von Herodes ins Gefängnis geworfen und enthauptet (vgl. Mk 6,14-29). Auf diese Weise wurde er zum Vorläufer des Herrn, nicht nur durch seine wunderbare Geburt und seine prophetische Predigt, sondern auch in seinem gewaltsamen Tod. Jesus zollte ihm großes Lob, indem er verkündete: “Unter allen Menschen gibt es keinen größeren als Johannes” (Lk 7,28).

225. Seit der Antike gab es in der christlichen Welt die Verehrung des heiligen Johannes, die bald volkstümliche Kennzeichen annahm. Über die bei allen Heiligen übliche Feier des Todestages (29. August) hinaus feiert man einzig von Johannes dem Täufer auch den Festtag seiner Geburt, so wie auch von Christus und der heiligen Jungfrau Maria.

Aufgrund der Tatsache, dass Johannes Jesus getauft hat, sind ihm zahlreiche Taufkapellen geweiht, und seine Gestalt als Täufer befindet sich an vielen Taufbrunnen. Wegen seiner harten Gefangenschaft und seines gewaltsamen Todes ist er Patron derer, die im Gefängnis leiden, die zum Tod verurteilt oder wegen ihres Glaubens hart bestraft worden sind.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde das Datum der Geburt des heiligen Johannes (24. Juni) in Abhängigkeit von der Empfängnis Christi (25. März) und seiner Geburt (25. Dezember) festgelegt: Nach der Rede des Erzengels Gabriel gegebenen Zeichen war die Mutter des Vorläufers Johannes bereits im sechsten Monat ihrer Schwangerschaft, als Maria den Erlöser empfing, (vgl. Lk 1,26.36). Auf alle Fälle hängt das Hochfest des 24. Juni mit der Sommer-Sonnenwende auf der nördlichen Halbkugel zusammen. Denn man feiert das Fest dann, wenn die Sonne, die sich dem südlichen Tierkreis zuwendet, an Höhe zu verlieren beginnt. Dies gilt als Symbol für die Gestalt des Johannes, der erklärte: “Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden.” (Joh 3,30) und sich damit auf Christus bezog.

Die Sendung des Johannes, der gekommen war, um Zeugnis für das Licht zu geben (vgl. Joh 1,7), gab den Freudenfeuern, die man in der Nacht des 23. Juni entzündete, einen christlichen Sinn: Die Kirche segnet sie und bittet darum, dass die Gläubigen, die die Finsternis der Welt hinter sich gelassen haben, zu Gott, dem “unvergänglichen Licht” gelangen. (309)

Die Verehrung der Heiligen und Seligen

226. Der gegenseitige Einfluss von Liturgie und Volksfrömmigkeit wird besonders stark deutlich in den Ausdrucksformen der den Heiligen und Seligen gezollten Verehrung. Es scheint daher angebracht zu sein, an die grundsätzlichen Formen der Verehrung, welche die Kirche den Heiligen in der Liturgie einräumt in zusammenfassender Weise zu erinnern: Denn diese müssen die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit erleuchten und leiten.

Heiligenverehrung

227. Die Feier eines Heiligenfestes – wenn man sich auf die Heiligen bezieht, wird das Gesagte servatis servandis auch auf die Seligen übertragen – ist zweifelsohne ein hervorragender Ausdruck des Kultes der kirchlichen Gemeinschaft gegenüber einem Heiligen: Sie schließt in vielen Fällen die Feier der Eucharistie selbst ein. Die Bezeichnung “Festtag” ist eine kultisch wichtige und bisweilen komplexe Tatsache, weil sich auf sie geschichtliche, liturgische und gottesdienstliche Faktoren beziehen, die nicht leicht miteinander in Einklang zu bringen sind.

In der Kirche von Rom und in anderen Ortskirchen wurde zunächst das Gedächtnis der Blutzeugen am Jahrestag ihrer Passion – das heißt ihrer größtmöglichen Verähnlichung mit Christus, ihrer Geburt im Himmel (310) – gefeiert. Allmählich beging man auch das Fest des jeweiligen conditor Ecclesiae (Kirchengründers), desjenigen Bischofs, der die Ortskirche errichtet hat, und anderer hervorragender Bekenner des Glaubens, außerdem feierte man die jährliche Wiederkehr der Weihe der Kathedralkirche. Dies führte immer mehr zur Ausbildung örtlicher Kalendarien, in denen auch die Orte und das Todesdatum der einzelnen Heiligen oder Heiligengruppen verzeichnet waren.

Aus den besonderen partikularen Kalendarien gingen bald die allgemeinen General-Martyrologien hervor, zum Beispiel das syrische Martyrologium (aus dem fünften Jahrhundert), das Martyrologium des Hieronymus (aus dem sechsten Jahrhundert), dasjenige des heiligen Beda (aus dem achten Jahrhundert), das von Lyon, das des Usuard sowie das des Ado (aud dem neunten Jahrhundert).

Am 14. Januar 1584 veröffentlichte Gregor XIII. die maßgebliche Ausgabe (editio typica) des Martyrologium Romanum, die für den liturgischen Gebrauch bestimmt war. Johannes Paul II. hat die erste editio typica nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil promulgiert (311), die sich auf die römische Überlieferung bezieht, die Daten verschiedener hostorischer Martyrologien beinhaltet und die Namen vieler Heiliger und Seliger versammelt. Damit ist es ein außerordentlich reiches Zeugnis der vielgestaltigen Heiligkeit, die der Geist des Herrn in der Kirche zu allen Zeiten und an allen Orten weckt.

228. Eng verbunden mit der Geschichte des Martyrologium ist die des Römischen Kalenders (312), der die Tage und die Rangordnung der Heiligenfeste anzeigt.

Heute beinhaltet der Römische Kalender nur die nach der Vorschrift des Zweiten Vatikanischen Konzils erlassenen Gedächtnisse der “Heiligen von wahrhaft universaler Bedeutung” (313) und überlässt den partikularen Kalendern nationaler, regionaler und diözesaner Art sowie denen der Ordensfamilie die Benennung der Gedächtnisse der anderen Heiligen.

Es scheint angebracht, hier an den Grund für die Verminderung der Zahl der Heiligenfeste zu erinnern, damit man ihn in der pastoralen Praxis verpflichtenderweise berücksichtigt: Diese Reform ist durchgeführt worden, damit “die Heiligenfeste nicht das Übergewicht gegenüber den Festen haben, an denen an die eigentlichen Heilsgeheimnisse erinnert wird” (314). Im Lauf der Jahrhunderte schwollen nämlich “die Vielzahl der Feste, Vigilien und Oktavtage und auch die fortschreitende Komplexität der Abschnitte des liturgischen Jahres derart an, dass die besonderen Verehrungen der Gläubigen den Eindruck erweckten, sich in gewisser Weise von den grundlegenden Geheimnissen der göttlichen Erlösung zu entfernen”. (315)

229. Von Ursprung, Entwicklung und verschiedenen Revisionen des Römischen Generalkalenders her lassen sich einige Hinweis von großem pastoralen Nutzen ableiten:

Die Gläubigen müssen über das bestehende Band zwischen den Heiligenfesten und der Feier des Christusgeheimnisses unterwiesen werden. Denn die Heiligenfeste stellen, auf ihren innersten Grund zurückgeführt, die konkreten Verwirklichungen des göttlichen Heilsplans ins Licht und “verkünden Christi in seinen Knechten” (316). Die Feste der Glieder, der Heiligen, sind definitive Feste des Hauptes, nämlich Christus.

- Die Gläubigen sollen Wert und Bedeutung der Feste jener heiligen Männer und Frauen erkennen können, die eine besondere Sendung in der Heilsgeschichte und eine einzigartige Beziehung zu Jesus, ihrem Herrn, hatten, wie der heilige Johannes der Täufer (am 24. Juni), der heilige Josef (am 19. März), die heiligen Petrus und Paulus (am 29. Juni), die anderen Apostel und die heiligen Evangelisten, die heilige Maria Magdalena (am 22. Juli) und die heilige Marta von Betanien (am 29. Juli) sowie der heilige Stephanus (am 26. Dezember).

- Die Gläubigen sollen dazu aufgerufen werden, die Festen jener Heiligen zu begehen, die eine besondere Aufgabe in der Gnadenordnung ihrer Ortskirche ausgeübt haben, wie die Patrone oder jene, die als erste der Kirche die Frohe Botschaft verkündet haben.

- Es ist schließlich nützlich, den Gläubigen das Kriterium der “Universalität” der im Generalkalender eingeschriebenen Heiligen zu verdeutlichen, ebenso auch die Bedeutung der Abstufung ihrer liturgischen Feier: Hochfest, Fest, gebotener Gedenktag, nicht gebotener Gedenktag.

Heiligenfeste

230. Der Tag des Heiligenfestes hat für die Liturgie wie für die Volksfrömmigkeit eine große Bedeutung. In einem relativ kurzen Zeitraum begegnen zahlreiche gottesdienstliche Ausdrucksformen bald liturgischer, bald volkstümlicher Art, den “Tag des Heiligen” zu gestalten, was gelegentlich zu Konfliktsituationen führt.

Eventuelle Konflikte iüssen nach den Vorschriften des Missale Romanum und des Römischen Generalkalenders über die Abstufung der Feier des Heiligen beziehungsweise Seligen gelöst werden, die je nach dessen Bedeutung für die christliche Gemeinschaft (Hauptpatron eines Ortes, Titel einer Kirche, Gründer einer Ordensfamilie oder deren Hauptpatron) festgelegt ist. Gleiches gilt für die zu beachtenden Bedingungen einer möglichen Verlegung des Festes auf den Sonntag, sowie über die Feier der Heiligenfeste in einigen besonderen Zeiten des Kirchenjahres. (317)

Diese Vorschriften müssen nicht nur als Form des Gehorsams gegenüber der liturgischen Autorität des Apostolischen Stuhls beachtet werden, sondern insbesondere als Ausdruck der Ehrerbietung vor dem Geheimnis Christi und der Übereinstimmung mit dem Geist der Liturgie. Insbesondere ist es notwendig zu vermeiden, dass die Verschiebung des Datums einiger Feste von Heiligen und Seligen, zum Beispiel aus der Fastenzeit in die Zeit im Jahreskreis, in der pastoralen Praxis wieder nichtig gemacht werden: Wenn in der Liturgie das Fest eines Heiligen nach dem neuen Datum gefeiert wird, im Bereich der Volksfrömmigkeit jedoch nach dem früheren Datum, dann verursacht dies nicht nur einen ernsten Riss in der Harmonie zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit, sondern führt zu einer Doppelung, die Verwirrung und Desorientierung stiftet.

231. Das Heiligenfest muss sorgsam vorbereitet und nach liturgischen und seelsorglichen Maßgaben gefeiert werden.

Dies trägt vor allem dazu bei, die pastorale Zielsetzung der Heiligenverehrung aufzuzeigen, die primär in der Verherrlichung Gottes besteht, der “wunderbar in seinen Heiligen” (318) wirkt. Es verpflichtet dazu, ein Leben nach dem Vorbild Christi zu führen, an dessen mystischem Leib die Heiligen herausragende Glieder sind.

Es erfordert ebenso eine korrekte Vorstellung von der Person des Heiligen. Nach der heute herrschenden gesunden Meinung darf sich das Lebensbild eines Heiligen nicht nur aus legendären Elementen speisen, die sich bisweilen hinsichtlich seines Lebens einstellen, auch nicht nur aus seiner Wundertätigkeit, sondern vielmehr aus dem Wert seiner christlichen Persönlichkeit, der Größe seiner Heiligkeit, der Wirksamkeit seines Zeugnisses für das Evangelium sowie seines persönlichen Charismas, mit dem er die Kirche bereichert hat.

232. Der “Tag des Heiligen” besitzt auch einen großen anthropologischen Wert als wirklicher Festtag. Das Fest ist bekanntlich im Leben des Menschen wichtig, es hat seine Wurzeln im Verlangen nach Transzendenz. Durch Freude und Jubel ist das Fest eine Bestätigung des Wertes des Lebens und der Schöpfung. Als Unterbrechung des Alltags und der überkommenen Lebensweise, der Versklavung unter den notwendigen Broterwerb ist das Fest Ausdruck einer vollen Freiheit, eines Verlangens nach voller Glückseligkeit, eine Erhebung reiner Dankbarkeit. Insoweit das Fest ein kulturelles Zeugnis ist, drückt es den einzigartigen Genius eines Volkes aus, seine charakteristischen Werte, ist reinste Ausdrucksform seiner Gesinnung. Als Element der Sozialisation bietet das Fest Gelegenheit, familiäre Beziehungen auszuweiten und neue Beziehungen zu knüpfen.

233. Freilich gibt es auch nicht wenige Elemente, welche der Ursprünglichkeit des “Heiligenfestes” vom religiösen und anthropologischen Gesichtspunkt nicht zuträglich sind. Vom religiösen Standpunkt aus ist ein “Heiligenfest” oder das “Patronatsfest” einer Pfarrgemeinde dann zu einer rein gesellschaftlichen oder folkloristischen Angelegenheit verformt, wenn es von seinem anfänglich spezifisch christlichen Sinn – die Ehrung Christi in einem seiner Glieder – entleert ist; bestenfalls wird es zu einer günstigen Gelegenheit der Gesprächsbegegnung zwischen den Mitgliedern ein und derselben Gemeinde. Vom anthropologischen Standpunkt aus ist festzustellen, dass nicht selten Gruppen oder Einzelpersonen im Glauben, ein “Fest zu begehen”, sich hinsichtlich ihres Verhaltens in Wirklichkeit von seiner ursprünglichen Bedeutung entfernen. Das Fest ist Teilhabe des Menschen an Gottes Herrschaft über die Schöpfung und an seiner aktiven “Ruhe”, nicht unfruchtbare Langeweile. Es ist Ausdruck einer ebenso einfachen wie geselligen Freude, nicht eines maßlosen Verlangens nach selbstsüchtigem Vergnügen. Es ist Ausdruck wahrer Freiheit, nicht Suche nach Formen zweifelhaften Rummels, die neue und subtile Formen der Knechtschaft schaffen. Mit Sicherheit lässt sich sagen: Die Übertretung der sittlichen Vorschrift widerspricht nicht nur dem Gesetz des Herrn, sondern verletzt auch die anthropologische Sinngebung des Festes.

In jeder Eucharistiefeier

234. Der Festtag eines Heiligen oder Seligen ist jedoch nicht die einzige Weise seiner Präsenz in der Liturgie. Die Feier der Eucharistie bildet eine einzigartige Gemeinschaft mit den Heiligen des Himmels.

In der Liturgie des Wortes stellen uns die Lesungen des Alten Testaments oft die großen Patriarchen, Propheten und andere wegen ihrer Tugenden und ihrer Liebe zum Gesetz des Herrn hervorragende Personen vor. Die Lesungen des Neuen Testaments stellen häufig die Apostel und andere Heilige, welche sich der Vertrautheit und Freundschaft mit dem Herrn erfreuten, als Vorbilder vor. Ferner spiegelt das Leben einiger Heiligen gleichfalls Seiten des Evangeliums wider, so dass bei ihrer bloßen Nennung ihre Gestalt sichtbar wird. Die beständige Beziehung zwischen der Heiligen Schrift und der christlichen Hagiographie gab im Umfeld der Eucharistiefeier Raum zur Bildung eines ganzen Komplexes von Gemeinsamkeiten, worin die biblischen Aspekte das Licht der Heiligen erleuchten. Hinsichtlich dieser engen Verbindung ist beobachtet worden, dass die Heilige Schrift den Weg der Heiligen hin zur Fülle der Liebe leitet und markiert. Diese sind ihrerseits eine lebendige Auslegung des Wortes.

In der eucharistischen Liturgie werden die Heiligen an verschiedenen Stellen erwähnt. Bei der Darbringung der Opfers gedenken wir “der Gaben deines gerechten Dieners Abel, des Opfers unseres Vaters Abraham, des reinen und heiligen Opfers deines Hohenpriesters Melchisedek” (319). Im gleichen Eucharistiegebet wird unsere Gemeinschaft mit den Heiligen ausgezudrückt, ihr Andenken geehrt und ihre Fürsprache erbeten: “In Gemeinschaft mit der ganzen Kirche gedenken wir deiner Heiligen. Wir ehren vor allem Maria, die glorreiche allzeit jungfräuliche Mutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus. Wir ehren ihren Bräutigam, den heiligen Josef, deine heiligen Apostel und Märtyrer: Petrus und Paulus, Andreas […] und alle deine Heiligen; blicke auf ihr heiliges Leben und Sterben und gewähre uns auf ihre Fürsprache in allem deine Hilfe und deinen Schutz”. (320)

In der Allerheiligenlitanei

235. Mit der Allerheiligenlitanei, einer dem Beginn des siebten Jahrhunderts in Rom bezeugten liturgisch lebendigen, einfachen und volkstümlichen Gebetsform (321), ruft die Kirche bei einigen großen sakramentalen Feiern sowie zu anderen Gelegenheiten, die den intensiven Gebetsruf verstärken sollen, die Heiligen an: in der Osternacht vor der Segnung des Taufwassers, in der Feier der Taufe, in der Feier der Bischofs-, Priester- und Diakonenweihe, beim Ritus der Jungfrauenweihe und der Ordensprofess, bei der Weihe der Kirche und des Altares, bei Bittmessen, Stationsgottesdiensten und Bußprozessionen, bei Exorzismen zur Austreibung des Teufels und schließlich, wenn die Kirche die Sterbenden der Barmherzigkeit Gottes anvertraut.

Die Allerheiligenlitanei, in der Elemente der liturgischen Tradition zusammen mit solchen volkstümlichen Ursprungs begegnen, ist Ausdruck des Vertrauens der Kirche auf die Fürbitte der Heiligen sowie der Erfahrung lebendiger Gemeinschaft zwischen der Kirche des himmlischen Jerusalem und der noch auf Erden pilgernden Kirche. Die Namen der Seligen, welche in den liturgischen Kalendern der Bistümer und Ordensinstitute eingeschrieben sind, können in der Allerheiligenlitaneien angerufen werden (322). Selbstverständlich sind dagegen in den Litaneien nicht die Namen der Persönlichkeiten einzureihen, welche keine Kultanerkennung haben.

Reliquien

236. Das Zweite Vatikanische Konzil erinnert daran: “Die Heiligen werden in der Kirche gemäß der Überlieferung verehrt, ihre echten Reliquien und ihre Bilder in Ehren gehalten” (323). Der Ausdruck “Heiligenreliquien” bezeichnet vor allem die Körper – oder beträchtliche Teile davon – derjenigen, die nun im Himmel leben, einst aber auf dieser Erde waren, und zwar aufgrund der heroischen Heiligkeit ihres Lebens als hervorragende Glieder des mystischen Leibes Christi und lebendige Tempel des Heiligen Geistes (vgl. 1 Kor 3,16; 6,19; 2 Kor 6,16). (324) “Reliquien” sind auch Gegenstände, die zu den Heiligen gehörten, wie Geräte, Kleidungsstücke und Handschriften, außerdem Gegenstände, die mit ihren Körpern oder Gräbern in Berührung gebracht worden sind, wie Ölfläschchen oder Leinentücher (brandea), sowie auch solche, die mit verehrten Bildern in Berührung gekommen sind.

237. Das erneuerte Missale Romanum unterstreicht den Wert des “Gebrauchs der Heiligenreliquien für deren Einlassung unter den Altar, auch wenn sie nicht von Märtyrern stammen” (325). Die unter den Altar gelegten Reliquien besagen, dass das Opfer der einzelnen Glieder seinen Ursprung und seine Bedeutung aus dem Opfer des Hauptes bezieht (326). Sie sind symbolischer Ausdruck der Gemeinschaft mit dem einen Opfer Christi und der ganzen Kirche, rufen dazu auf, den eigenen Glauben an ihren Bräutigam und Herrn – auch mit den Leben – zu bezeugen.

Mit diesem gottesdienstlichen Ausdruck, der eminent liturgisch ist, verbinden sich viele andere volkstümlicher Natur. Denn die Gläubigen lieben die Reliquien. Eine Pastoral, die über die den Reliquien geschuldete Verehrung belehrt wurde, wird nicht versäumen,

- sich ihrer Authenzitität zu versichern. Dort, wo Zweifel darüber bestehen, müssen die Reliquien mit der nötigen Klugheit der Verehrung durch die Gläubigen entzogen werden; (327)

- die überzogene Zerstückelung der Reliquien, die mit der Würde des menschlichen Leibes nicht vereinbar ist, zu vermeiden. Nach den liturgischen Vorschriften müssen Reliquien “von solcher Größe” sein, dass sie “erkennen lassen, dass es sich um Teile des menschlichen Leibes handelt”; (328)

- die Gläubigen zu ermahnen, sich nicht dazu hinreißen zu lassen, Reliquien zu sammeln. Das hat in der Vergangenheit zu bisweilen beklagenswerten Folgen geführt;

- darüber zu wachen, jeglichen Betrug, jede Form des Schacherns (329), und jedweden Aberglauben zu vermeiden.

Die verschiedenartigen Formen der Volksfrömmigkeit bezüglich der Heiligenreliquien, wie das Küssen der Reliquien, der Schmuck mit Lichtern und Blumen, der mit ihnen erteilte Segen, das Mittragen bei Prozessionen, nicht ausgeschlossen die Gewohnheit, sie zu den Kranken zu bringen, um sie zu stärken und die Bitte um Heilung zu bekräftigen, sollen mit großer Würde vollzogen werden und einen echten Glaubensimpuls beinhalten. In jedem Fall ist das Ausstellen der Heiligenreliquien auf dem Altartisch zu meiden: Dieser ist dem Leib und Blut des Königs der Märtyrer vorbehalten. (330)

Bilder

238. Vor allem das Zweite Konzil von Nizäa hat, “göttlicher Lehre folgend, die durch unsere Heiligen Väter und die Überlieferung der katholischen Kirche inspiriert ist,” mit aller Macht die Verehrung heiliger Bilder verteidigt: “Wir bestimmen in aller Strenge und Genauigkeit, dass ähnlich der Darstellung des kostbaren und lebendig machenden Kreuzes ehrwürdige und heilige Bilder – seien sie mit Farben gemalt, als Mosaik oder aus sonst einem geeigneten Material – in den heiligen Kirchen Gottes, auf heiligen Geräten und Gewändern, Wänden und Tafeln, Häusern und Wegen anzubringen sind. [Dies gilt] für das Bild unseres Herrn und Gottes, des Erlösers Jesus Christus, unserer unbefleckten Herrin, der heiligen Gottesgebärerin, der heiligen Engel und aller heiligen und frommen Menschen”. (331)

Die Heiligen Väter erkannten im Geheimnis Christi, des fleischgewordenen Wortes, “das Ebenbild des unsichtbaren Gottes” (Kol 1,15), das Fundament des den heiligen Bildern entgegengebrachten Kultes: “Durch ihre Ikonen sieht unser Glaube den ,nach dem Bild Gottes‘ geschaffenen, endlich zur Gottähnlichkeit verklärten Menschen”. (332)

239. Die Verehrung der Bilder, seien es Gemälde, Statuen oder andere Darstellungen, ist über die bedeutende Rolle in der Liturgie hinaus ein wichtiges Element der Volksfrömmigkeit: Die Gläubigen beten vor ihnen in den Kirchen oder in den eigenen Wohnungen. Sie schmücken sie mit Blumen, Lichtern und Edelsteinen. Sie grüßen sie in verschiedenen Formen der religiösen Anhänglichkeit. Sie tragen sie in Prozessionen mit und versehen sie als Zeichen der Dankbarkeit mit Weihegaben. Sie stellen sie in Nischen, auf Feldern oder in Kapellen an Wegen auf.

Die Verehrung der Bilder kann allerdings auf Abwege führen, wenn sie nicht auf erleuchtetem Verständnis aufbaut. Daher muss den Gläubigen die Lehre der Kirche, die durch die Ökumenischen Konzilien (333) und im Katechismus der Katholischen Kirche über die Verehrung der heiligen Bilder festgelegt wurde, erläutert werden. (334)

240. Nach der Lehre der Kirche sind heilige Bilder:

- bildhafte Übertragung der Botschaft des Evangeliums, in der sich Bild und geoffenbartes Wort gegenseitig befruchten. Die kirchliche Überlieferung erfordert nämlich, dass das Bild “mit dem Buchstaben der Botschaft des Evangeliums übereinstimmt”; (335)

heilige Zeichen, die wie alle liturgischen Zeichen Christus zum letzten Bezugspunkt haben. Denn die Bilder der Heiligen sind “Zeichen für Christus, der in ihnen verherrlicht wird”; (336)

- Gedächtnis an die Heiligen, unsere Brüder und Schwestern, die “sich weiterhin um das Heil der Welt sorgen und mit denen wir vor allem in der sakramentalen Feier vereint sind”; (337)

- Gebetshilfe, da die Betrachtung der heiligen Bilder das Gebet erleichtert und dazu anspornt, Gott für die in seinen Heiligen gewirkten Wundertaten der Gnade Dank zu sagen;

- Antrieb zur Nachahmung: “Je häufiger nämlich das Auge auf den Bildern ruht, um so lebendiger und größer wird das Andenken an den, in dessen Bild man sich vertieft, sowie das Verlangen nach denen, die abgebildet sind” (338). Der Glaubende neigt dazu, sich das in sein Herz einzuprägen, was er mit seinen Augen betrachtet, ein “wahres Bild des wahren Menschen”, das durch das Wirken des Geistes und die Treue zur eigenen Berufung umgestaltet wird;

- eine Form der Katechese: “Durch die in Gemälden oder anderen Abbildungen ausgedrückten Geschichten der Geheimnisse unserer Erlösung wird das Volk darin erzogen und bestärkt, sich der Glaubensartikel zu erinnern und sie unermüdlich zu verehren”. (339)

241. Vor allem müssen die Gläubigen wissen, dass christliche Bilderverehrung immer relativ ist, denn ein Bild wird nie um seiner selbst willen verehrt, verehrt wird vielmehr das beziehungsweise der Dargestellte. Man muss den Bildern “die schuldige Ehre und Verehrung erweisen, nicht weil man glaubte, in ihnen sei irgendeine Gottheit oder Kraft, deretwegen sie zu verehren seien, oder weil man von ihnen irgendetwas erbitten könnte, oder weil man Vertrauen in Bilder setzen könnte, wie es einst von Heiden getan wurde, die ihre Hoffnung auf Götzenbilder setzten, sondern weil die Ehre, die ihnen erwiesen wird, sich auf die Urbilder bezieht”. (340)

242. Im Licht dieser Unterweisungen werden es die Gläubigen vermeiden, irrige Vergleiche zwischen heiligen Bildern anzustellen. Die Tatsache, dass einige Bilder Gegenstand einer so intensiven Verehrung sind, dass sie zum Symbol der religiösen und kulturellen Identität eines Volkes, einer Stadt oder einer Gruppe geworden sind, muss im Licht des Gnadenereignisses gesehen werden, das am Anfang dieser Bildverehrung stand, sowie der sozialgeschichtlichen Bedingungen ihrer weiteren Entwicklung. Verständlicherweise wird ein Volk sich häufig und dankbar an dieses Ereignis erinnern und Gott verherrlichen, so wird sein Glaube gestärkt, seine kulturelle Identität bewahrt, und es werden voll Vertrauen unaufhörlichen Flehrufe, die der Herr seinem Wort gemäß (vgl. Mt 7,7; Lk 11,9; Mk 11,24) zu erhören bereit ist, emporgebracht. Auf diese Weise vermehrt sich die Liebe, dehnt sich die Hoffnung aus und wächst das geistliche Leben des christlichen Volkes.

243. Die heiligen Bilder gehören ihrer eigenen Natur nach entweder zum Bereich der heiligen Zeichen oder der Kunst. Sie sind “nicht selten Meisterwerke der Kunst, durchdrungen von intensiver Religiosität und erscheinen als Spiegel jener Schönheit, die von Gott kommt und zu Gott hinführt” (341). Dennoch ist es nicht die primäre Funktion eines heiligen Bildes, ästhetischen Genuss hervorzurufen, sondern vielmehr in das Geheimnis einzuführen. Manchmal bekommt jedoch der ästhetische Gesichtspunkt das Übergewicht mit der Folge, dass das Bild ein künstlerisches “Thema” wird, statt Träger einer geistlichen Botschaft zu sein.

Im Westen sind die Bildwerke in ihrer Typologie sehr verschieden und nicht in Regeln gefasst, wie es im Osten der Fall ist, wo es heilige Richtlinien gibt, die seit Jahrhunderten in Geltung sind. Das heißt nicht, dass die lateinische Kirche es versäumt hätte, über die Bildproduktion zu wachen: Mehrfach hat sie verboten, in den Kirchen Bilder auszustellen, die im Widerspruch zum Glauben stehen, unziemlich sind, die Gläubigen in den Irrtum führen oder Ausdruck unmenschlicher Abstraktion sind. Gewisse Bilder sind eher Beispiele eines anthropozentrischen Humanismus als einer authentischen Spiritualität. Es ist aber auch die Tendenz zu verwerfen, Bilder von heiligen Orten einfach zu entfernen, was der Frömmigkeit der Gläubigen schaden kann.

Die Volksfrömmigkeit liebt Bilder, die die jeweiligen Kultur bezeugen. Dazu zählen wirklichkeitsnahe Darstellungen von Persönlichkeiten, deren Individualität gut zu erkennen ist, und Darstellungen von Momenten des menschlichen Lebens, wie Geburt, Leid, Hochzeit, tägliche Arbeit, Tod. Trotzdem muss vermieden werden, dass religiöse Volkskunst zu reinem Kitsch verkommt: In der Liturgie gibt es eine Korrelation zwischen Ikonographie und Kunst sowie der christlichen Kunst verschiedener Epochen.

244. Wegen ihrer gottesdienstlichen Bedeutung segnet die Kirche Heiligenbilder, vor allem solche, die für die öffentliche Verehrung bestimmt sind (342).. Sie fordert, dass wir vom Beispiel der Heiligen erleuchtet “auf den Spuren Christi voranschreiten, damit sich in uns der vollkommene Mensch im Vollmaß der Gestalt Christi bilden kann” (343). So hat die Kirche einige Vorschriften über die Anbringung von Bildern in Gebäuden und heiligen Räumen erlassen, die aufmerksam beachtet werden müssen (344). Auf dem Altar dürfen weder Statuen noch Heiligenbilder aufgestellt werden, nicht einmal Reliquien zur Verehrung der Gläubigen, sie müssen unter den Altartisch gelegt werden (345). Es ist Aufgabe des Ordinarius, darüber zu wachen, dass keine Bilder zur Verehrung durch die Gläubigen ausgestellt werden, die nicht würdig sind oder zu Irrtum oder abergläubischen Praktiken verleiten.

Prozessionen

245. Eine Prozession ist ein universaler kultischer Ausdruck mit vielfältigen religiösen und sozialen Bedeutungen. Sie hat im Rahmen der Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit ein besonderes Profil. Von biblischen Vorbildern angeregt (vgl. Ex 14,8-31; 2 Sam 6,12-19; 1 Kor 15,25-16,3), hat die Kirche verschiedene liturgische Prozessionen eingesetzt, die eine vielfältige Typologie aufweisen:

- Einige rekurrieren auf die Heilsereignisse des Lebens Jesu Christi selbst. Dazu gehören die Prozession am zweiten Februar im Gedenken an die Darstellung des Herrn im Tempel (vgl. Lk 2,22-38), die Palmsonntagsprozession, die den messianischen Einzug Jesu nach Jerusalem in Erinnerung ruft (vgl. Mt 21,1-10; Mk 11,1-11; Lk 19,28-38; Joh 12,12-16), jene in der Osternacht als liturgisches Gedächtnis des “Hinübergangs” Christi aus dem Dunkel des Grabes zur Herrlichkeit der Auferstehung, Synthese und Überbietung all jener “Übergänge”, die für Israel im alten Testament bezeugt sind, und notwendige Voraussetzung des sakramentalen “Exodus”, den jeder Jünger Christi vor allem in der Taufe und in der Feier der Exequien vollzieht.

- Andere Prozessionen haben bestimmte Gelöbnisse zum Ursprung, zum Beispiel die eucharistische Prozession am Hochfest des Leibes und Blutes des Herrn: Inmitten der Stadt der Menschen weckt das allerheiligste Sakrament in den Gläubigen dankbare Liebe. Es verlangt nach Glauben und Anbetung und ist Quelle des Segens und der Gnade (vgl. Apg 10,38) (346). Auch die Prozession an den Bitttagen, deren Datum gegenwärtig für jedes Land von der zuständigen Bischofskonferenz festgelegt ist, beruhen auf solchen Versprechen. Sie sind öffentliche Bitten um Gottes Segen für die Felder und die menschliche Arbeit und haben außerdem Bußcharakter. Schließlich sind die Prozession zum Friedhof zu nennen, die am zweiten November, dem Gedächtnistag aller Verstorbenen, abgehalten werden.

- Des weiteren gibt es Prozessionen, die Teil liturgischer Handlungen sind: Die Prozessionen in der Fastenzeit anlässlich von Stationsgottesdiensten, bei denen sich die Gottesdienstgemeinde an einem bestimmten Ort zur collecta versammelt, um von dort aus zur Kirche der statio zu ziehen; die Prozession, um in der Pfarrkirche das Chrisam und die anderen heiligen Öle in Empfang zu nehmen, die in der Chrisammesse des Gründonnerstags gesegnet worden sind; die Prozession zur Kreuzverehrung in der Karfreitagsliturgie; die Prozession der Taufvespern am Ostertag, in deren Verlauf “man Psalmen singend zum Taufbrunnen zieht” (347); die Prozessionen in der Eucharistiefeier, zu denen der Einzug des Vorstehers und Altardienstes, die Evangelienprozession, die Gabenprozession und der Kommuniongang zum Empfang des Leibes und Blutes Christi gehören; mancherorts gibt es Prozessionen, um den Kranken die Wegzehrung zu bringen; der Trauerzug, der den Leib eines Verstorbenen vom Haus in die Kirche und von dort zum Friedhof begleitet; sowie die Prozession bei Reliquienübertragungen.

246. Vor allem seit dem Mittelalter hat die Volksfrömmigkeit den Votivprozessionen breiten Raum eingeräumt. Diese Praxis hatte ihren Höhepunkt in der Barockzeit: Um Heilige als Patrone einer Stadt, Gegend oder Vereinigung zu ehren, wurden deren Reliquien, Statue oder Bild durch die Straßen der Stadt getragen.

Die ursprünglichen Formen der Prozession waren Ausdrucksformen des Glaubens des Volkes. Sie besaßen oft kulturelle Merkmale, die das religiöse Empfinden der Gläubigen beleben konnten. Aus christlicher Sicht sind “Votivprozessionen der Heiligen” und andere Andachtsübungen, einigen Risiken und Gefahren ausgesetzt: Das Überwiegen dieser Verehrungen kann zum Nachteil der Sakramente geschehen, wenn diese an die zweite Stelle gesetzt werden. Es besteht außerdem die Gefahr, dass diese äußeren Ausdrucksformen über den inneren Haltungen stehen, dazu zählt auch die Ansicht, die Prozession für den eigentlichen Höhepunkt eines Festes zu halten. In den Augen von unzureichend unterrichteten Gläubigen kann so der Eindruck entstehen, das Christentum sei eine “Religion der Heiligen”. Schließlich ist auf die Gefahr des Niedergangs der Prozession selbst vom Glaubenszeugnis zum leeren Spektakel oder zur folkloristischen Parade hinzuweisen.

247. Damit Prozessionen in jedem Fall ihren Charakter als Glaubenszeichen bewahren, ist es notwendig, dass die Gläubigen über ihre theologische, liturgische und anthropologische Natur unterrichtet werden:

Aus theologischer Sicht ist klarzustellen, dass Prozessionen Wesensmerkmal der Kirche sind, die als Volk Gottes unterwegs ist, dass man mit Christus und in seiner Nachfolge durch die irdische Stadt zum himmlischen Jerusalem zieht, im Wissen darum, in dieser Welt keine bleibende Wohnstätte zu haben (vgl. Hebr 13,14). Prozessionen sind auch Glaubenszeugnisse, welche die christliche Gemeinde für ihren Herrn in den Strukturen der Zivilgesellschaft ablegt. Schließlich sind sie Zeichen der missionarischen Aufgabe der Kirche, die sich seit ihren Anfängen dem Gebot des Herrn gemäß (vgl. Mt 28,19-20) aufmacht, auf den Straßen dieser Welt das Evangelium von der Erlösung zu verkündigen.

Aus liturgischer Sicht müssen auch volkstümliche Prozessionen an der Feier der Liturgie ausgerichtet werden: Sie sollen den Weg von Kirche zu Kirche als Weg der lebendigen Gemeinschaft in der Welt hin zur himmlischen Gemeinschaft abbilden. Um Respektlosigkeiten und Degenerationen zu vermeiden, ist dafür zu sorgen, dass sie unter kirchlicher Leitung stattfinden. Es soll immer mit einem Gebet beziehungsweise Gottesdienst begonnen werden, bei dem die Verkündigung des Wortes Gottes nicht fehlen darf. Der Gesang während der Prozessionen – auch von Musikinstrumenten begleitet – ist aufzuwerten, am besten eignen sich Psalmengesänge. Des weiteren wird vorgeschlagen, in der Prozession brennende Kerzen oder Lichter in Händen zu tragen und Unterbrechungen vorzusehen, die im Wechsel mit dem Gehen das Bild des Lebensweges vervollkommnen. Die Prozession schließt mit einem an Gott, die Quelle aller Heiligkeit, gerichteten Lobpreis und dem von Bischof, Priester oder Diakon erteilten Segen.

Aus anthropologischer Sicht schließlich wird man die Bedeutung der Prozession als “gemeinsam gegangenen Weg” herausstellen: In Gebet und Gesang vereint, auf das gleiche Ziel hin ausgerichtet, erfahren die Gläubigen sich als solidarische Gemeinschaft und erkennen die Berufung, auf ihrem jeweiligen Lebensweg ihre christlichen Pflichten zu erfüllen, die während der Prozession reifen.

Kapitel VII: DAS GEBET FÜR DIE VERSTORBENEN

Der Glaube an die Auferstehung der Toten

248. “Angesichts des Todes ist das Rätsel des menschlichen Daseins am größten” (348). Aber der Glaube an Christus verwandelt das Ungewisse in die Gewissheit eines Lebens ohne Ende. Er hat nämlich gesagt, dass er vom Vater gesandt ist, “damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat” (Joh 3,16); und weiter: “Denn es ist der Wille meines Vaters, dass alle, die den Sohn sehen und an ihn glauben, das ewige Leben haben und dass ich sie auferwecke am Letzten Tag” (Joh 6,40). Deshalb bekennt die Kirche im Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis: “Ich erwarte die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt” (349).

Indem sie sich auf das Wort Gottes verlässt, glaubt und hofft die Kirche fest, dass “wie Christus wirklich von den Toten auferstanden ist und für immer lebt, auch die Gerechten nach ihrem Tod für immer mit dem auferstandenen Christus leben werden”. (350)

249. Der Glaube an die Auferstehung vom Tod ist ein wesentliches Element der christlichen Offenbarung und impliziert eine besondere Sicht des unabwendbaren und geheimnisvollen Ereignisses des Todes.

Der Tod ist zwar das Ende der irdischen Lebenszeit, “nicht aber unseres Seins” (351), da die Seele unsterblich ist. “Unser Leben dauert eine gewisse Zeit, in deren Lauf wir uns verändern und altern. Unser Tod erscheint wie bei allen Lebewesen der Erde als natürliches Lebensende.” (352) Vom Standpunkt des Glaubens aus ist der Tod “das Ende der irdischen Pilgerschaft des Menschen, der Zeit der Gnade und des Erbarmens, die Gott ihm bietet, um sein Erdenleben nach dem Plan Gottes zu leben und über sein letztes Schicksal zu entscheiden”. (353)

Auf der einen Seite ist der körperliche Tod natürlich, auf der anderen Seite erscheint er als “Sold der Sünde” (Röm 6,23). Das Lehramt der Kirche, das die Aussagen der Heiligen Schrift (vgl. Gen 2,17; 3,3; 3,19; Weish 1,13; Röm 5,12; 6,23) authentisch auslegt, lehrt “dass der Tod in die Welt gekommen ist, weil der Mensch gesündigt hat”. (354)

Auch Jesus, der Sohn Gottes, “geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt” (Gal 4,4), hat seiner menschlichen Natur gemäß den Tod erlitten. Obwohl er vor ihm Angst hatte (vgl. Mk 14,33-34; Hebr 5,7-8), “nahm er ihn in völliger und freier Unterwerfung unter den Willen seines Vaters auf sich. Der Gehorsam Jesu hat den Fluch, der auf dem Tod lag, in Segen verwandelt”. (355)

So ist der Tod Durchgang zur Fülle des wahren Lebens, weshalb die Kirche im Gegensatz zur Logik und Denkweise dieser Welt den Todestag eines Christen dies natalis nennt, “Tag seiner Geburt im Himmel”, wo “der Tod nicht mehr sein wird, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen” (Offb 21,4). Es ist also die Verlängerung in einer neuen Lebensweise hinein, denn die Liturgie sagt: “Deinen Gläubigen, o Herr, wird das Leben gewandelt, nicht genommen. Und wenn die Herberge der irdischen Pilgerschaft zerfällt, ist uns im Himmel eine ewige Wohnung bereitet”. (356)

Schließlich ist der Tod des Christen ein Ereignis der Gnade, insofern er in Christus und durch Christus einen eine positive Bedeutung hat. Diese gründet in der Weisung der Schriften: “Für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn” (Phil 1,21); und “Das Wort ist glaubwürdig: Wenn wir mit Christus gestorben sind, werden wir auch mit ihm leben” (2 Tim 2,11).

250. Nach dem Glauben der Kirche hat das “Sterben mit Christus” bereits in der Taufe begonnen: In ihr ist jeder Jünger des Herrn schon auf sakramentale Weise “mit Christus gestorben”, um ein neues Leben zu leben. Und wenn er in der Gnade Gottes stirbt, besiegelt der leibliche Tod jenes “Sterben mit Christus” und führt ihn in die volle und ewige Einswerdung mit Christus, dem Erlöser.

Darüber hinaus erfleht die Kirche in ihrem Gebet für die Verstorbenen das ewige Leben nicht nur für die Jünger Christi, die in seinem Frieden gestorben sind, sondern für alle Verstorbenen, deren Glauben allein Gott kennt. (357)

Die Bedeutung des Gebets für die Verstorbenen

251. Im Tod begegnet Gott dem gerechten Menschen und ruft ihn zu sich, um ihm am göttlichen Leben Anteil zu geben. Niemand aber kann in eine herzliche und intime Freundschaft mit Gott gelangen, wenn Gott ihn nicht zuvor von den persönlichen Folgen all seiner Schuld geläutert hat. “Die Kirche nennt diese abschließende Läuterung der Auserwählten, die von der Bestrafung der Verdammten völlig verschieden ist, Purgatorium [Fegefeuer]. Sie hat die Glaubenslehre in bezug auf das Purgatorium vor allem auf den Konzilien von Florenz und Trient formuliert”. (358)

Daher stammt die fromme Gewohnheit, für die Seelen im Fegfeuer zu beten. Es ist ein inständiges Flehen zu Gott, er möge den verstorbenen Gläubigen gegenüber barmherzig sein, sie mit dem Feuer seiner Liebe reinigen und sie in sein Reich des Lichtes und des Lebens führen.

Das Gebet für die Verstorbenen ist ein gottesdienstlicher Ausdruck des Glaubens an die Gemeinschaft der Heiligen. “Aus der tiefen Erkenntnis der Gemeinschaft des ganzen mystischen Leibes Jesu Christi hat die pilgernde Kirche seit ihren Anfängen das Gedächtnis der Verstorbenen mit großer Ehrfurcht gepflegt und hat Fürbitte für sie eingelegt, ,weil es ein heiliger und heilsamer Gedanke ist, für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden erlöst werden‘ (2 Makk 12,46)” (359). Das fürbittende Gebet für die Verstorbenen findet sich an erster Stelle in der Feier der Eucharistie (360), aber auch in anderen Ausdrucksformen der Frömmigkeit, wie Gebeten, Almosen, Werken der Barmherzigkeit (361), der Gewinnung von Ablässen zugunsten der Verstorbenen. (362)

Die christlichen Exequien

252. In der römischen Liturgie gibt es, wie in anderen lateinischen und östlichen Liturgien, vielfältige und verschiedene Formen, für die Verstorbenen Fürsprache einzulegen.

Die christlichen Exequien enthalten je nach Überlieferung drei Elemente, auch wenn sie oft wegen einschneidender gesellschaftlicher Veränderungen im Leben der großen Städte auf zwei oder sogar auf eines verkürzt werden: (363)

- Die Gebetsvigil findet im Haus des Verstorbenen oder gegebenenfalls an einem anderen Ort statt, wo Verwandte, Freunde und Gläubige zusammenkommen, um an Gott ihr Bittgebet zu richten, um “die Worte des ewigen Lebens” zu hören und in ihrem Licht die Perspektive dieser Welt zu überwinden, um ihr Inneres den echten Tröstungen des Glaubens an den auferstandenen Christus zuzuwenden, um den Hinterbliebenen Trost zu spenden, um nach dem Wort des Apostels “weinet mit den Weinenden” (Röm 12,15) christliche Solidarität zu üben. (364)

- Die Eucharistiefeier soll wenn irgend möglich gefeiert werden. In ihr hört die Gemeinschaft der Kirche “das Wort Gottes, welches das Pascha-Mysterium verkündet, uns die Hoffnung schenkt, dass wir uns im Reich Gott wiedersehen, den gläubigen Respekt gegenüber den Verstorbenen weckt und zum Zeugnis eines wahrhaft christlichen Lebens ermutigt.” (365) Der Vorsteher legt das verkündete Wort nach den Kriterien der Homilie aus, “er wird jedoch Form und Inhalt von Leichenreden vermeiden” (366). In der Eucharistie “bekundet die Kirche ihre wirkkräftige Gemeinschaft mit dem Verstorbenen: Sie bringt dem Vater im Heiligen Geist das Opfer des Todes und der Auferstehung Christi dar und bittet ihn, sein Kind von seinen Sünden und ihren Folgen zu reinigen und es in die österliche Fülle des himmlischen Hochzeitsmahles aufzunehmen” (367). Ein tiefes Verständnis der Beerdigungsmesse lässt uns erspüren, wie die Liturgie die Eucharistie als endzeitliches Gastmahl versteht, das wahre christliche refrigerium für den in die Ewigkeit Vorausgegangenen.

- Zum Abschiedsritus, gehören der Leichenzug und das Begräbnis: Der Abschied ist ein “Adieu”, Sichverabschieden vom Verstorbenen, der zu Gott gegangen ist. Er ist zugleich aber auch seine “Empfehlung an Gott” durch die Kirche, “der letzte von der christlichen Gemeinschaft an eines ihrer Glieder gerichtete Gruß, bevor der Leichnam zum Grab getragen wird” (368). Die Mutter Kirche, die den Christen auf sakramentale Weise während seiner irdischen Pilgerschaft in ihrem Leib getragen hat, begleitet den Leib des Verstorbenen in einem Trauerzug an den Bestattungsort, in Erwartung des Tages der Auferstehung (vgl. 1 Kor 15,42-44).

253. Jedes Element der christlichen Exequien soll mit großer Würde und im Bewusstsein seiner religiösen Bedeutung vollzogen werden. So ist es notwendig, den Körper des Verstorbenen, der Tempel des Heiligen Geistes gewesen ist, mit großem Respekt zu behandeln. Was für die Bestattung benötigt wird, soll ehrbar sein, fern von Zur-Schau-Stellung und Prunk. Die liturgischen Zeichen: Kreuz, Osterkerze, Weihwasser und Weihrauch, sollen würdevoll verwendet werden.

254. Das Christentum hat sich immer von Mumifizierung, Einbalsamierung oder Einäscherung distanziert, weil dahinter die Meinung steht, der Tod sei der vollständige Untergang des Menschen. So hat die christliche Frömmigkeit für das Begräbnis der Verstorbenen die Erdbestattung gewählt. Diese Weise der Bestattung erinnert einerseits an die Erde, von welcher der Mensch genommen wurde (vgl. Gen 3,19; Sir 17,1), andererseits erinnert sie an das Begräbnis Jesu, an das Samenkorn, das, in die Erde gefallen, reiche Frucht gebracht hat (vgl. Joh 12,24).

Angesichts veränderter Umwelt- und Lebensumstände ist in unserer Zeit die Einäscherung üblich geworden. Diesbezüglich sieht die kirchliche Gesetzgebung Folgendes vor: “Denen, welche die Einäscherung gewählt haben, kann man eine christliche Beerdigung gestatten, es sei denn, ihre Entscheidung kommt aus Motivationen, die gegen die christliche Lehre gerichtet sind” (369). Bezüglich dieser Entscheidung sollen die Gläubigen ermahnt werden, die Asche ihrer Angehörigen nicht im Haus aufzubewahren, sondern sie normal zu bestatten, bis Gott alle Menschen auferstehen lässt, die in der Erde ruhen und die das Meer zurückgibt (vgl. Offb 20,13).

Andere Gebetsformen für die Verstorbenen

255. Die Kirche feiert die Eucharistie für die Verstorbenen nicht nur anlässlich des Begräbnisses, sondern auch am dritten, siebten und dreißigsten Tag sowie am Jahresgedächtnis des Todes. Die Feier der Eucharistie als Fürbitte für die Seelen der Verstorbenen ist die christliche Weise der Erinnerung und Vertiefung der Gemeinschaft im Herrn mit denen, die bereits die Schwelle des Todes überschritten haben. Am zweiten November bringt die Kirche wiederholt das eucharistische Opfer für alle verstorbenen Gläubigen dar, für sie betet sie auch das Stundengebet.

Tag für Tag bittet die Kirche unaufhörlich in der Feier der Eucharistie und in der Vesper den Herrn, er möge die “Gläubigen, die uns vorangegangen sind, bezeichnet mit dem Siegel des Glaubens und […] alle, die in Christus entschlafen sind, in das Land der Verheißung, des Lichtes und des Friedens” (370) führen.

Das Empfinden der Gläubigen muss dahin geführt werden, im Licht der Eucharistiefeier – in der die Kirche darum bittet, dass die verstorbenen Gläubigen aller Zeiten und Orte Anteil an der Herrlichkeit des auferstandenen Herrn erhalten – ein besitzergreifendes, privates Verständnis der Messe exklusiv für “ihren” Verstorbenen zu vermeiden (371). Die Feier der Messe für die Verstorbenen ist überdies eine gute Gelegenheit zu einer Katechese über die letzten Dinge.

Das Totengedenken in der Volksfrömmigkeit

256. Wie die Liturgie hat auch die Volksfrömmigkeit ein großes Interesse am Totengedenken und ermahnt dazu, für die Toten zu beten.

Hinsichtlich des Totengedenkens ist die Frage der Beziehung zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit mit großer Klugheit und pastoralem Takt anzugehen, vor allem was die Glaubenslehre und die Harmonisierung von liturgischen Handlungen und Andachtsübungen betrifft.

257. Zuerst ist es notwendig, dass die Volksfrömmigkeit von den Prinzipien des christlichen Glaubens erleuchtet wird. Dazu gehören: die österliche Dimension des Todes derer, die durch die Taufe in das Geheimnis von Tod und Auferstehung Christi (vgl. Röm 6,3-10) einverleibt worden sind; die Unsterblichkeit der Seele (vgl. Lk 23,43); die Gemeinschaft der Heiligen aufgrund der “Einheit […] derer, die auf dem Weg sind mit denen, die im Frieden Christi entschlafen sind, sie hört keineswegs auf, sondern wird vielmehr nach dem beständigen Glauben der Kirche gestärkt durch die Mitteilung geistlicher Güter” (372): “Unser Gebet für die Verstorbenen kann nicht nur ihnen selbst helfen: Wenn ihnen geholfen ist, kann auch ihre Fürbitte für uns wirksam werden” (373); die Auferstehung des Fleisches, die glorreiche Wiederkunft Christi, “der kommt, zu richten die Lebenden und die Toten” (374); die Belohnung entsprechend den Werken eines jeden; das ewige Leben.

Hinsichtlich des “Totenkultes” finden sich in Bräuchen und Traditionen einiger Völker – vor allem in ihrer Kultur und in verschiedenen anthropologischen Auffassungen – fest verwurzelte Elemente, die häufig den Wunsch ausdrücken, die Verbindung mit Angehörigen und quasi soziale Bindungen an den Verstorbenen fortdauern zu lassen. Bei der Prüfung und Bewertung solcher Bräuche wird man mit Umsicht vorgehen müssen und sie nicht vorschnell als heidnische Überreste deuten, sofern sie nicht offenkundig im Widerspruch zum Evangelium stehen.

258. Folgendes ist im Blick auf die Lehre zu vermeiden:

- die Gefahr, dass in der Volksfrömmigkeit Elemente und Aspekte heidnischen Ahnenkultes überleben, die unannehmbar sind;

- die Anrufung der Toten im Rahmen wahrsagerischer Praktiken;

- die Deutung von Träumen über verstorbene Personen als Zeichen und Einwirkungen, aus denen für oft das Handeln der Gläubigen Angst und Furcht erwachsen;

das Risiko, dass sich Formen des Glaubens an Wiedergeburt einschleichen;

- die Gefahr, die Unsterblichkeit der Seele zu leugnen und den Tod von der Perspektive der Auferstehung zu trennen, als ob das Christentum eine Religion der Toten sei;

- die Übertragung raumzeitlicher Kategorien auf Daseinsbedingungen der Verstorbenen im Jenseits.

259. In der modernen Gesellschaft wird vielfach alles, was mit Tod und Sterben zu tun hat, aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. Dies ist eine Folge dogmatischen und pastoralen Irrtums.

Ärzte, Krankenpfleger und Verwandte halten es häufig für ihre Pflicht, Schwerkranken ihren bevorstehenden Tod zu verschweigen, der wegen der Fortschritte im Krankenhauswesen fast immer außerhalb des Hauses eintritt.

Es ist mehrfach hervorgehoben worden, dass in großen Städten kein Platz mehr für die Toten ist: In den beengten Wohnungen der städtischen Hochhäuser ist es nicht möglich, ein Zimmer für die Totenwache bereitzuhalten. Ein würdiger Begräbniszug ist wegen des dichten Verkehrs nicht erlaubt. Friedhöfe, die früher zumindest in den Dörfern neben der Kirche oder um sie herum lagen – en wahrer Gottesacker also und Zeichen der Gemeinschaft zwischen Lebenden und Toten in Christus – liegen am Stadtrand immer weiter vom Zentrum entfernt, weil die Stadtentwicklung den Friedhof nicht mehr im Blick hat.

Die moderne Zivilisation weigert sich, “den Tod sichtbar zu machen”, und ist darum bemüht, seine Spuren zu beseitigen. Von hier aus leitet sich die in manchen Ländern verbreitete Bestattungspraxis ab, Tote chemisch zu konservieren: Der Tote soll nicht tot aussehen, sondern das Aussehen, das er zu Lebzeiten hatte, bewahren.

Der Christ, dem der Gedanke an den Tod vertraut sein und keine Angst machen sollte, darf einer solchen “Intoleranz gegenüber den Toten”, welche ihnen jeden Raum im Leben der Stadt nimmt, nicht zustimmen. Er sollte auch die “Sichtbarkeit des Todes” nicht ablehnen, wenn Intoleranz und Verweigerung vorherrschen, deren Ursachen in unverantwortlicher Flucht vor der Wirklichkeit oder einer materialistischen Sicht liegen, welcher jede Hoffnung und der Glaube an den gestorbenen und auferstandenen Christus fremd sind.

Deshalb muss der Christ die zahlreichen Formen “kommerzieller Geschäftemacherei mit dem Tod” tatkräftig abwehren, welche die Gefühle der Gläubigen missbrauchen und sie gewinnsüchtig und schändlich ausnutzen.

260. In der Volksfrömmigkeit hat die Beziehung zu den Verstorbenen vielfältige Formen, je nach örtlichen und traditionellen Gegebenheiten:

Die Novene für die Verstorbenen dient als Vorbereitung, eine Gebetsoktav als Verlängerung des Festes Allerseelen am zweiten November. Beide sollen im Respekt vor der liturgischen Ordnung begangen werden.

Gemeinsame Besuche des Friedhofs sind je nach Situation sinnvoll etwa am Fest Allerseelen, zum Abschluss einer Volksmission oder bei der Einführung eines neuen Pfarrers. Auch privat besuchen Gläubige die Gräber ihrer Lieben, pflegen und schmücken sie mit Blumen und Lichtern. Ein solcher Besuch soll Ausdruck der bleibenden Verbindungen zwischen den Verstorbenen und ihren Angehörigen sein, nicht aber Ausdruck einer Verpflichtung, die aus einer fast schon abergläubischen Furcht erwächst.

Manche Gläubigen sind Mitglied in Bruderschaften oder anderen frommen Vereinigungen, die zum Ziel haben, nach der christlichen Sicht des Todes die “Verstorbenen zu begraben”, Fürsprache für die Toten einzulegen und mit den Hinterbliebenen solidarisch zu sein. Wie bereits dargelegt gibt es den Brauch, oft für die Toten Fürsprache einzulegen, in Form von Almosen, anderen Werken der Barmherzigkeit, Fasten, Gewinnung von Ablässen und vor allem durch Gebete, zum Beispiel des Psalms De profundis oder der Kurzformel Requiem aeternam, die oft mit der Rezitation des “Engels des Herrn”, des heiligen Rosenkranzes oder des Tischgebets in der Familie verbunden ist.

Kapitel VIII: HEILIGTÜMER UND WALLFAHRTEN

261. Heiligtümer, die der Heiligsten Dreifaltigkeit, der seligen Jungfrau Maria, den Engeln, Heiligen oder Seligen geweiht sind, sind vermutlich der Ort, an dem die Beziehungen zwischen Liturgie und Volksfrömmigkeit häufiger und lebendiger sind. “In den Heiligtümern sind den Gläubigen reichlicher die Heilsmittel anzubieten durch eifrige Verkündigung des Gotteswortes, durch geeignete Pflege des liturgischen Lebens, besonders der Feier der Eucharistie und des Bußsakramentes, wie auch der gutgeheißenen Formen der Volksfrömmigkeit”.

In enger Beziehung mit Heiligtümern steht die Wallfahrt, die ebenfalls ein verbreiteter und typischer Ausdruck der Volksfrömmigkeit ist. (375)

In unserer Zeit ist das Interesse an Heiligtümern und die Teilnahme an Wallfahrten trotz der Auswirkungen des Säkularismus nicht geringer geworden, sondern findet großen Anklang bei den Gläubigen.

Deshalb ist es angemessen, in Übereinstimmung mit den Zielen dieses Dokumentes einige Weisungen zu geben, damit in der Seelsorge an Heiligtümern in Wallfahrtsorten und bei der Durchführung von Pilgerfahrten die Beziehungen zwischen liturgischen Handlungen und Andachtsübungen in rechter Weise erneuert und begünstigt werden.

Das Heiligtum

Einige Grundsätze

262. Der christlichen Offenbarung gemäß ist das höchste und endgültige Heiligtum der auferstandene Christus selbst (vgl. Joh 2,18-21; Offb 21,22), um den herum sich die Gemeinschaft der Jünger versammelt und organisiert, die ihrerseits neues Haus des Herrn ist (vgl. 1 Petr 2,5; Eph 2,19-22).

Aus theologischer Sicht ist ein Heiligtum, das nicht selten aus volksfrommen Motiven entstanden ist, Zeichen der heilbringenden Gegenwart des Herrn in der Geschichte und Ort der Rast, wo das Volk Gottes, das auf den Wegen dieser Welt unterwegs ist hin zur zukünftigen Stadt (vgl. Hebr 13,14), Kraft gewinnt, um seine Pilgerschaft fortzusetzen. (376)

263. Wie die Kirchen besitzen auch Heiligtümer einen hohen Symbolwert: Sie sind Abbild der “Wohnung Gottes unter den Menschen” (Offb 21,3) und verweisen auf das “Geheimnis des Tempels”, das im Leib Christi (vgl. Joh 1,14; 2,21), in der kirchlichen Gemeinschaft (vgl. 1 Petr 2,5) und in den einzelnen Gläubigen (vgl. 1 Kor 3,16-17; 6,19; 2 Kor 6,26) verwirklicht ist. In den Augen des Glaubens sind Heiligtümer:

manchmal aufgrund ihres Ursprungs Memoria außerordentlicher Ereignisse, die entscheidend zur Entstehung anhaltender Verehrung beitrugen, oder auch Zeugnis der Frömmigkeit und der Dankbarkeit eines Volkes für empfangenen Gnaden.

Aufgrund vielfacher Zeichen der Barmherzigkeit, die sich dort kundgetan haben, sind sie privilegierte Orte des göttlichen Beistandes oder der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Heiligen oder Seligen.

Wegen ihrer häufig erhöhten und einsamen Lage, der oft strengen oder auch anmutigen Schönheit ihrer Standorte sind sie Zeichen kosmischer Harmonie und ein Abglanz göttlicher Schönheit.

Weil an oder in ihnen das Evangelium verkündet wird, sind sie wirksamer Aufruf zur Umkehr, Einladung zu einem Leben in der Liebe und zur Förderung der Werke der Barmherzigkeit, Ermutigung zum Leben in der Nachfolge Christi.

Aufgrund des sakramentalen Lebens, das sich dort entfaltet, sind sie Orte der Festigung im Glauben und des Wachstums in der Gnade, Orte der Zuflucht und Hoffnung in der Bedrängnis; Wegen des spezifischen Aspekts der Botschaft des Evangeliums, den sie ausdrücken, sind sie besondere Interpretation und quasi Verlängerung des Wortes.

Aufgrund ihrer eschatologischen Ausrichtung sind sie Mahnung, den Sinn für die Transzendenz zu pflegen und auf den Wegen des zeitlichen Lebens die Schritte auf das Heiligtum im Himmel (vgl. Hebr 9,11; Offb 21,3) zu lenken. (377)

“Immer und überall waren Heiligtümer Zeichen Gottes, seines Eingreifens in die Geschichte zumindest wollten sie es sein. Jedes von ihnen ist ein Denkmal für das Geheimnis der Menschwerdung und der Erlösung”.

Kanonische Anerkennung

264. “Unter Heiligtum versteht man eine Kirche oder einen anderen heiligen Ort, zu dem aus besonderem Frömmigkeitsgrund zahlreiche Gläubige mit Approbation des Ortsordinarius pilgern”. (378)

Damit ein sakraler Ort kanonisch als diözesanes, nationales oder internationales Heiligtum betrachtet werden kann, ist die Approbation durch den Diözesanbischof, die Bischofskonferenz oder den Heiligen Stuhl unverzichtbare Voraussetzung. Die kanonische Approbation ist offizielle Anerkennung des sakralen Ortes und seines spezifischen Zieles, die Pilger des Gottesvolkes aufzunehmen, das sich aufgemacht hat, den Vater anzubeten, den Glauben zu bekennen, sich mit Gott zu versöhnen, gemeinsam mit der ganzen Kirche und den Brüdern und Schwestern die Fürsprache der Mutter des Herrn oder eines Heiligen anzurufen.

Dennoch darf nicht vergessen werden, dass viele andere sakrale Orte, oft unscheinbar kleine Kirchen in Städten oder auf dem Land, für ein bestimmtes Gebiet auch ohne kanonische Anerkennung eine ähnliche Funktion erfüllen wie Heiligtümer. Auch sie haben teil an der “Geographie” des Glaubens und der Frömmigkeit des Volkes Gottes, (379) einer Gemeinschaft, die in einer bestimmten Region lebt und im Glauben unterwegs ist zum himmlischen Jerusalem (vgl. Offb 21).

Das Heiligtum als Ort gottesdienstlicher Feiern

265. Das Heiligtum hat eine herausragende liturgische Funktion. Es wird von Gläubigen vor allem deswegen besucht, um an liturgischen Feiern und Andachtsübungen teilzunehmen, die dort abgehalten werden. Trotz dieser anerkannten gottesdienstlichen Funktion des Heiligtums sollen die Gläubigen die Weisung des Evangeliums beherzigen, derzufolge die wahre Verehrung des Herrn unabhängig von bestimmten Orten ist (vgl. Joh 4,20-24).

Beispielhafter Wert

266. Diejenigen, die für die Heiligtümer verantwortlich sind, sollen darauf bedacht sein, dass die Liturgie, die dort gefeiert wird, beispielhaft ist: “Zu den anerkannten Aufgaben an den Heiligtümern gehört auch nach dem Kodex des Kanonischen Rechts die Förderung der Liturgie. Dies ist jedoch nicht im Sinnen einer quantitativen Vermehrung der Feiern zu verstehen, sondern als qualitative Aufwertung derselben. Die Rektoren der Heiligtümer sind sich ihrer Verantwortung für das Erreichen dieses Zieles durchaus bewusst. Wissen sie doch, dass die Gläubigen, die aus verschiedensten Orten zum Heiligtum kommen, im Geist gestärkt und durch die liturgischen Feiern, die sie dort vollziehen, auferbaut nach Hause zurückkehren sollen. Das erfordert die Fähigkeit der Verkündigung der Heilsbotschaft, eine edle Schlichtheit der rituellen Ausdrucksformen, und die treue Befolgung der liturgischen Vorschriften. Sie wissen darüber hinaus, dass sich die Wirkungen einer beispielhaften liturgischen Feier nicht auf die eine Feier im Heiligtum beschränken: Die Priester und pilgernden Gläubigen sollen nämlich ihre guten gottesdienstlichen Erfahrungen, die sie im Heiligtum erlebt haben, in ihre Heimatorte übertragen”. (380)

Die Feier der Buße

267. Der Besuch des Heiligtums ist für viele Gläubige eine gute und oft genutzte Gelegenheit zum Empfang des Bußsakraments. Daher muss für all das Sorge getragen werden, was mit der Feier dieses Sakramentes zusammenhängt:

- Ort der Feier: Es ist wünschenswert, dass es an häufig besuchten Heiligtümern neben den traditionellen Beichtstühlen im Kirchenraum einen extra für die Feier der Buße reservierten Raum gibt, der auch für die gemeinschaftliche Vorbereitung und für Bußgottesdienste geeignet ist. Unter Beachtung der kanonischen Vorschriften und der erforderlichen Diskretion, welche die Beichte verlangt, soll er auch die Möglichkeit zum Beichtgespräch mit einem Beichtvater anbieten.

- Vorbereitung auf das Sakrament: In nicht wenigen Fällen brauchen die Gläubigen Hilfen, um das Bußsakrament recht zu vollziehen, insbesondere das Herz in echter Umkehr auf Gott auszurichten, “weil davon die Wahrheit der Buße abhängt” (381). Deshalb sollen Gottesdienste zur Vorbereitung auf das Bußsakrament angeboten werden, wie sie im Ordo Paenitentiae vorgesehen sind (382). So soll den Gläubigen durch das Hören und Betrachten des Wortes Gottes geholfen werden, das Sakrament fruchtbar zu empfangen. Wenigstens aber sollen den Gläubigen geeignete Texte zur Verfügung gestellt werden, die sie nicht nur zur Vorbereitung des Sündenbekenntnisses, sondern auch zum Verstehen einer echten Reue anleiten sollen.

- Die Wahl der rituellen Handlung soll die Gläubigen dazu führen, die kirchliche Dimension der Buße zu entdecken. In diesem Sinn soll die Feier des Ritus für die Versöhnung von mehreren Gläubigen mit Bekenntnis und individueller Lossprechung (Form 2), die gut vorbereitet sein muss, nicht die Ausnahme bilden, sondern muss der Normalfall sein, der vor allem zu bestimmten Zeiten und wiederkehrenden Festen im Kirchenjahr vorzusehen ist. Denn “die gemeinschaftliche Feier offenbart klarer die kirchliche Dimension der Buße” (383). Die Versöhnung ohne vollständige und individuelle Beichte mit Generalabsolution ist eine einzig für den Ausnahmefall vorgesehene außerordentliche Form, die mit den beiden ordentlichen Formen nicht austauschbar und nicht mit der alleinigen Begründung eines großen Andrangs von Beichtenden zu rechtfertigen ist, wie es oft bei Festen und Pilgerfahrten geschieht. (384)

Die Feier der Eucharistie

268. “Die Feier der Eucharistie ist Gipfel und sozusagen Angelpunkt aller seelsorglichen Tätigkeit an den Heiligtümern” (385). Deshalb muss man sie mit größter Aufmerksamkeit vollziehen, damit sie in ihrem rituellen Ablauf beispielhaft ist und die Gläubigen zu einer tiefen Begegnung mit Christus führt.

Häufig wollen mehrere Gruppen zur gleichen Zeit, aber jede für sich Eucharistie feiern. Dies stimmt nicht mit der ekklesialen Dimension des eucharistischen Geheimnisses überein, insofern auf diese Weise die Feier der Eucharistie, statt Feier der Einheit und Geschwisterlichkeit zu sein, zum Ausdruck eines Partikularismus wird, der die universale Bedeutung der Kirche als Communio verdunkelt.

Schon das einfache Nachdenken über die Natur der Eucharistiefeier als “Sakrament huldvollen Erbarmens, Zeichen der Einheit, Band der Liebe” (386) müsste die Priester, welche die Wallfahrten leiten, davon überzeugen, unterschiedliche Gruppen in einer gemeinsam gefeierten Eucharistie zu vereinen, gegebenenfalls auch in verschiedenen Sprachen. Bei Versammlungen von Gläubigen verschiedener Nationalitäten ist es angebracht, zumindest Teile des Messordinariums in lateinischer Sprache und nach einfachen Melodien zu singen, insbesondere das Glaubensbekenntnis und das Gebet des Herrn (387). Eine solche Feier wäre ein wahres Bild vom Wesen der Kirche und der Eucharistie, für Pilger ist es eine gute Gelegenheit gegenseitiger Annahme und Bereicherung.

Die Feier der Krankensalbung

269. Der Ordo unctionis infirmorum eorumque pastoralis curae sieht in den Heiligtümern die gemeinschaftliche Feier des Sakraments der Krankensalbung vor, vor allem anlässlich von Krankenwallfahrten (388). Das entspricht vollkommen dem Wesen des Sakraments wie auch der Funktion des Heiligtums: Dort, wo das Flehen um die Barmherzigkeit des Herrn intensiver ist als anderswo, soll auch die mütterliche Sorge der Kirche für jene ihrer Kinder, die aufgrund von Krankheit oder Altersschwäche in Gefahr geraten sind, eifriger sein. (389)

Der Ritus ist den Anweisungen des Ordo gemäß zu vollziehen, wonach, “wenn mehrere Priester anwesend sind, jeder einzelne den einzelnen Kranken einer Gruppe die Hände auflegt und die Salbung mit der entsprechenden Formel spendet. Die Orationen werden jedoch vom Hauptzelebranten gesprochen”. (390)

Die Feier der anderen Sakramente

270. In den Heiligtümern werden neben der Eucharistie, der Buße und der gemeinschaftlichen Krankensalbung – mehr oder weniger häufig – auch andere Sakramente gefeiert. Das verlangt von den Verantwortlichen der Heiligtümer über die Beachtung der vom Ortsordinarius erlassenen Anordnungen hinaus:

- dass sie um eine aufrichtige Verständigung und fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Heiligtum und Pfarrgemeinde bemüht sind;

- dass sie das Wesen eines jeden Sakraments aufmerksam beachten, zum Beispiel die Sakramente der christlichen Initiation, welche einer langen Vorbereitung bedürfen und die Verwurzelung der Taufe in der kirchlichen Gemeinschaft bewirken; deshalb sollen sie der Vorschrift entsprechend in der Pfarrei gefeiert werden;

- dass sie sich über eine angemessene Vorbereitung versichern, die der Feier eines jeden Sakraments vorangeht. Die Verantwortlichen eines Heiligtums dürfen die Feier des Ehesakraments nicht vornehmen, wenn die Erlaubnis des Ordinarius oder des Pfarrers nicht vorliegt; (391)

- dass sie die unterschiedlichen unvorhersehbaren Situationen bedenken, die es unmöglich machen, im Vorhinein strenge Vorschriften festzusetzen.

Die Feier des Stundengebets

271. Der Aufenthalt in einem Heiligtum, der unter zeitlichem und räumlichem Aspekt das persönliche und gemeinschaftliche Gebet fördert, ist eine besondere Gelegenheit, den Gläubigen die Schönheit des Stundengebets zu erschließen und sie teilhaben zu lassen am täglichen Lob, das die Kirche auf dem Weg ihrer irdischen Pilgerschaft dem Vater durch Christus im Heiligen Geist darbringt. (392)

Die Rektoren der Heiligtümer sollen darum geeignete und festliche Horen der Stundenliturgie, vor allem Laudes und Vesper, in den für die Pilger bestimmten Programmen vorsehen und zuweilen ein ganzes oder auch nur in Teilen verwirklichtes mit dem Heiligtum verbundenes Votivoffizium anbieten. (393)

Während der Wallfahrt und auf den Etappen, die sich dem Ziel nähern, sollen die Priester, welche die Gläubigen begleiten, es nicht versäumen, sie wenigstens mit dem Gebet einiger Tagzeiten des Offiziums vertraut zu machen.

Die Feier der Sakramentalien

272. Seit ihren Anfängen kennt die Kirche den Brauch, Personen, Orte, Speisen und Gegenstände zu segnen. Heute aber bereiten viele Segnungen wegen althergebrachter Gewohnheiten und festgefahrener Anschauungen heikle Probleme. Diese pastorale Problematik ist besonders stark an den Heiligtümern, wo die Gläubigen zusammenkommen, um die Gnade und die Hilfe des Herrn zu erflehen oder um Fürbitte der Mutter der Barmherzigkeit oder der Heiligen zu beten. Dabei werden die Priester oft um Segnungen aller Art gebeten. Im Sinne einer korrekten Segnungspastoral müssen die Rektoren der Heiligtümer folgendes beachten:

- Sie sollen geduldig und beharrlich die vom Rituale Romanum festgelegten Prinzipien anwenden (394), die darauf abzielen, jede Segnung zu einen echten Ausdruck des Glaubens an Gott, den Spender alles Guten, zu machen.

- Sie sollen nach Möglichkeit jene beiden Elemente deutlich hervortreten lassen, welche die “typische Struktur” einer jeden Segensfeier ausmachen: die Verkündigung des Wortes Gottes, die dem heiligen Zeichen erst seine Bedeutung verleiht, und das Gebet, in dem die Kirche Gott lobt und seine Wohltaten erbittet (395), wie auch das Kreuzzeichen, das der Geistliche als Zeichen des Segens macht.

- Die gemeinschaftliche Segensfeier ist einer individuellen oder privaten vorzuziehen. Die Gläubigen sind zu einer aktiven und bewussten Teilnahme zu bewegen. (396)

273. Es ist daher wünschenswert, dass in Zeiten vermehrten Pilgerandrangs die Rektoren der Heiligtümer im Lauf des Tages bestimmte Zeiten für Segnungsfeiern festlegen (397). Eine solche, von Wahrheit und Würde bestimmte Feier wird die Gläubigen dazu bewegen, den echten Sinn des Segens zu verstehen sowie die Verpflichtung zu erkennen, die Gebote Gottes zu halten, welche die “Bitte um Segen” mit sich bringt. (398)

Das Heiligtum als Stätte der Evangelisation

274. Zahllose Zentren der sozialen Kommunikation verbreiten täglich Nachrichten und Botschaften aller Art. Das Heiligtum dagegen ist ein Ort, an dem ohne Unterlass die Botschaft des Lebens verkündet wird: das “Evangelium Gottes” (Mk 1,14; Röm 1,1) oder das “Evangelium Jesu Christi” (Mk 1,1), das heißt die gute Nachricht, die von Gott kommt und Jesus Christus als Gegenstand hat. Er ist der Erlöser aller Völker. Durch seinen Tod und seine Auferstehung sind Himmel und Erde für immer versöhnt.

Dem Gläubigen, der sich zu einem Heiligtum begibt, müssen direkt oder indirekt die fundamentalen Inhalte des Evangeliums dargelegt werden: die programmatische Bergpredigt, die frohe Botschaft der Güte und Väterlichkeit Gottes wie seine liebevolle Vorsehung, das Gebot der Liebe, die Heilsbedeutung des Kreuzes, die transzendente Bestimmung des menschlichen Lebens.

Viele Heiligtümer sind in der Tat Orte der Verbreitung des Evangeliums. In ganz unterschiedlichen Formen wird die Botschaft Christi den Gläubigen weitergegeben: als Mahnung zur Umkehr, Einladung zur Nachfolge, Ermutigung zur Beständigkeit, als Aufruf zu den Forderungen der Gerechtigkeit, sowie als Wort des Trostes und des Friedens. Nicht zu vergessen ist die Unterstützung, die viele Heiligtümer auf unterschiedliche Weise dem Missionswerk der Kirche “ad gentes” zukommen lassen.

Das Heiligtum als Ort der Caritas

275. Eine beispielhafte Funktion der Heiligtümer ist auch die Caritas. Jedes Heiligtum ist, wenn es die barmherzige Gegenwart des Herrn, das Vorbild und die Fürbitte der Jungfrau Maria und der Heiligen feiert, “durch sich selbst ein Feuerherd, der das Licht und die Wärme der Liebe verbreitet” (399). Im allgemeinen Verständnis und in der Sprache der Demütigen ist “die Caritas die im Namen Gottes ausgesprochene Liebe” (400). Sie äußert sich in warmherziger Aufnahme, Werken der Barmherzigkeit, Solidarität, im Teilen, konkreten Helfen und Schenken.

Aufgrund der Großzügigkeit der Gläubigen und des Eifers der Verantwortlichen sind viele Heiligtümer Orte der Vermittlung zwischen Gottes- und Nächstenliebe und Stätten der Sorge um den Menschen. In ihnen blüht die Liebe Christi auf, in ihnen leben die mütterliche Sorge der Jungfrau Maria und die solidarische Nähe der Heiligen. Die zeigt sich zum Beispiel: in der Gründung und in beständigen Unterstützung von sozialen Zentren, Krankenhäusern, Erziehungseinrichtungen für bedürftige Kinder und Seniorenwohnheimen;

- in der Aufnahme von Pilgern und Gastfreundschaft besonders den ärmsten gegenüber, denen im Maß des Möglichen Räume und Gelegenheit zur Erholung angeboten werden;

- in der Sorge und Mühe um alte, kranke und behinderte Pilger, denen man besondere Aufmerksamkeit zuwendet und die besseren Plätze in den Heiligtümern reserviert, für die zu geeigneten Stunden eigene Feiern vorbereitet werden, die ihre besondere Situation berücksichtigen ohne sie von den anderen Gläubigen zu trennen. Dafür wird aktiv mit Vereinigungen zusammengearbeitet, die sich großzügig um ihren Transport kümmern; in der Verfügbarkeit und Dienstbereitschaft all derer, die zum Heiligtum kommen: gebildete und weniger gebildete Gläubige, arme und reiche, einheimische und ausländische”. (401)

Das Heiligtum als kulturelle Stätte

276. Oft ist ein Heiligtum selbst schon “Kulturgut”: In ihm oder in seiner Nähe lassen sich wie in einer Synthese zusammengefasst, zahlreiche kulturelle Zeugnisse der umliegenden Bevölkerung finden: geschichtliche, künstlerisch wertvolle, typisch mundartliche, literarische und musikalische.

Unter diesem Aspekt ist das Heiligtum oft ein gültiger Bezugspunkt, um die kulturelle Identität eines Volkes zu definieren. Da sich im Heiligtum eine harmonische Synthese von Natur und Gnade, von Frömmigkeit und Kunst ausdrückt, kann es als Zeichen der via pulchritudinis (Straße der Schönheit) und der Betrachtung der Schönheit Gottes angesehen werden, als Geheimnis der Tota pulchra (der makellos Schönen) und der wunderbaren Geschehnisse im Leben von Heiligen.

Darüber hinaus lässt sich immer deutlicher die Tendenz erkennen, Heiligtümer zu “kulturellen Zentren” zu machen, wo Studienkurse und Konferenzen abgehalten sowie interessante Schriften publiziert werden, wo sakrale Aufführungen, Konzerte und Ausstellungen stattfinden und andere künstlerische Aktivitäten gefördert werden.

Die kulturelle Aktivität eines Heiligtums begleitet gleichsam den menschlichen Fortschritt. Sie unterstützt die primären Aufgaben des Ortes: Gottesdienst, Evangelisierung und Caritas. In diesem Sinne sollen die Verantwortlichen der Heiligtümer darüber wachen, dass die kulturelle Dimension gegenüber der gottesdienstlichen nicht die Überhand gewinnt.

Das Heiligtum als Ort ökumenischen Engagements

277. Das Heiligtum als Stätte der Verkündigung des Wortes, der Einladung zum Umkehr, der Fürbitte, des intensiven liturgischen Lebens und der Ausübung der Caritas ist gewissermaßen ein “geistliches Gut”, das gemäß dem Ökumenischen Direktorium (402) mit den Brüdern und Schwestern, die nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, zu teilen ist.

Darum soll das Heiligtum eine Stätte ökumenischen Engagements sein, offen für das ernste und dringende Anliegen der Einheit aller, die an Christus, den einzigen Herrn und Erlöser, glauben.

Deshalb mögen die Rektoren der Heiligtümer den Pilgern helfen, den “geistlichen Ökumenismus” zu bedenken, von dem im Konzilsdekret Unitatis redintegratio (403) und im Ökumenischen Direktorium (404) die Rede ist. Darum sollen die Christen in ihren Gebeten, in der Eucharistiefeier und in ihrem täglichen Leben immer das Ziel der Einheit vor Augen haben (405) . Daher soll in den Heiligtümern an bestimmten Tagen und Wochen das Gebet für die Einheit intensiviert werden, zum Beispiel in der Weltgebetsoktav für die Einheit der Christen und an den Tagen zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten, an denen die versammelte Gemeinde von Jerusalem im Gebet vereint das Kommen des Heiligen Geistes erwartete, damit er sie in der Einheit und in ihrer universalen Sendung bestärke. (406)

Darüber hinaus sollen die Rektoren der Heiligtümer dafür sorgen, dass zu guten Gelegenheiten Gebetstreffen zwischen Christen der verschiedenen Bekenntnisse stattfinden. Bei solchen Begegnungen, die sorgfältig und in ökumenischer Zusammenarbeit vorbereitet werden sollen, muss das Wort Gottes im Zentrum stehen. Spezifische Gebete und Ausdrucksformen der verschiedenen christlichen Bekenntnisse sollen Beachtung finden.

Unter Umständen kann es hin und wieder angezeigt sein, ausnahmsweise den Blick auf Mitglieder anderer Religionen auszuweiten. Manche Heiligtümer werden nämlich von Nichtchristen besucht, die sich von den spezifischen Werten des Christentums angezogen fühlen. Alle gottesdienstlichen Handlungen, die in diesen Heiligtümern vollzogen werden, müssen in Einklang mit der katholischen Identität stehen und dürfen niemals das verbergen, was zum Glauben der Kirche gehört.

278. Das ökumenische Engagement ist unter besonderen Aspekten zu betrachten, wenn es sich um Heiligtümer handelt, die der seligen Jungfrau Maria geweiht sind. Auf übernatürlicher Ebene hat die heilige Maria, die den Erlöser der ganzen Welt geboren hat und seine erste und vollkommene Jüngerin geworden ist, mit Sicherheit eine eigene Sendung hinsichtlich der Eintracht und der Einheit unter den Jüngern ihres Sohnes. Deshalb bezeichnet sie die katholische Kirche auch als Mater unitatis (Mutter der Einheit) (407). Auf geschichtlicher Ebene ist die Person Marias aber wegen der unterschiedlichen Deutungen ihrer Aufgabe in der Heilsgeschichte oftmals Ursache von Streit und Trennung der Christen gewesen. Gleichwohl muss man anerkennen, dass der ökumenische Dialog hinsichtlich der Stellung Marias beginnt, fruchtbar zu werden.

Die Wallfahrt

279. Die Wallfahrt ist eine religiöse Erfahrung universaler Art (408) und ein typischer Ausdruck der Volksfrömmigkeit. Wallfahrten sind mit Heiligtum eng verbunden und gehören unverzichtbar zu ihrem Leben dazu (409). Der Wallfahrer hat das Heiligtum ebenso nötig wie das Heiligtum den Wallfahrer.

Biblische Wallfahrten

280. Ihre religiöse Symbolik ist in der Bibel bezeugt zunächst durch die Wallfahrten der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob nach Sichem (vgl. Gen 12,6-7, 18-20), Bet-El (vgl. Gen 28,10-22; 35,1-15) und Mamre (Gen 13,18; 18,1-15), wo Gott sich offenbarte und ihnen das “Land der Verheißung” versprach.

Für die Stämme Israels, die aus Ägypten auszogen, wurde der Sinai, der Berg, auf dem Gott dem Mose erschien (vgl. Ex 19-20), zur heiligen Stätte. Der ganze Zug durch die Wüste Sinai war eine lange Wanderung in das heilige Land der Verheißung: eine Reise, die von Gott gesegnet war, der in der Bundeslade (vgl. Num 10,33-36) und in der Zeltwohnung (vgl. 2 Sam 7,6) als Zeichen seiner Gegenwart seinem Volk voranschritt, es leitete und mit Hilfe der Wolkensäule (vgl. Num 9,15-23) beschützte.

Jerusalem, der Ort des Tempels und der Bundeslade, wurde zur heiligen Stadt der Hebräer und zum bedeutendsten Ziel der ersehnten “Wallfahrt” (Ps 84,6), in welcher der Pilger “mit Jubel und Dank in feiernder Menge” (Ps 42,5) “zum Haus Gottes” schreitet, um vor Gottes Angesicht zu treten (vgl. Ps 84,6-8). (410)

Dreimal im Jahr mussten die Männer Israels “vor dem Herrn erscheinen” (vgl. Ex 23,17), das heißt sich zum Tempel von Jerusalem begeben: Er war das Ziel der drei Wallfahrten, die anlässlich des Festes der Ungesäuerten Brote (hebr. Pessach, gr./lat. Pascha, dt. Ostern), des Wochenfestes (gr./lat. Pentecoste, dt. Pfingsten) und des Laubhüttenfestes stattfanden. Wie jede fromme israelitische Familie pilgerte auch die Familie Jesu zur jährlichen Osterfeier in die heilige Stadt (vgl. Lk 2,41). Während seines öffentlichen Lebens begab Jesus sich regelmäßig als Pilger nach Jerusalem (vgl. Joh 11,55-56). Bekanntlich stellt der Evangelist Lukas das Heilshandeln Jesu als geheimnisvolle Wallfahrt dar (vgl. Lk 9,51-19,45) mit Jerusalem, der Stadt des Messias, als Ziel: Stätte seines österlichen Opfers und Hinübergangs zum Vater: “Vom Vater bin ich ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater” (Joh 16,28).

Auch der missionarische Weg der Kirche nahm seinen Anfang während einer Versammlung von Pilgern in Jerusalem, als “Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel” (Apg 2,5), zur Feier des Pfingstfestes versammelt waren.

Christliche Wallfahrt

281. Seit Jesus das Geheimnis des Tempels auf sich selbst bezogen (vgl. Joh 2,22-23) und in seiner Person den endgültigen Exodus vollzogen hat, indem er aus dieser Welt zum Vater heimgekehrt ist (vgl. Joh 13,1), gibt es für seine Jünger keine verpflichtende Wallfahrt mehr: Ihr ganzes Leben ist ein Weg zum himmlischen Heiligtum, und die Kirche selbst weiß, dass sie “auf dem Weg durch die Zeit” (411) ist.

Dennoch hat die Kirche aufgrund des Einklangs, der zwischen der Lehre Christi und den geistlichen Werten der Wallfahrt besteht, diese Form der Frömmigkeit nicht nur für rechtmäßig gehalten, sondern durch die Jahrhunderte hindurch auch gefördert.

282. In den ersten drei Jahrhunderten gehörten Pilgerfahrten, von Ausnahmen abgesehen, nicht zu den gottesdienstlichen Ausdrucksformen des Christentums: Die Kirche fürchtete eine Vermischung mit religiösen Praktiken des Judentums und des paganen Heidentums, die damals in hohem Ansehen standen.

Dejnoch wurden in diesen Jahrhunderten die Grundlagen des christlichen Wallfahrtswesens gelegt: Ausgehend von der Verehrung der Blutzeugen, zu deren Gräber die Gläubigen kamen, um die sterblichen Überreste dieser herausragenden Zeugen für Christus zu verehren, entwickelten sich aus “frommen Besuchen” die “Votivwallfahrten”.

283. Nach dem konstantinischen Frieden änderte die christliche Wallfahrt ihr Gesicht, nachdem man bestimmte heilige Stätten identifiziert und die Reliquien der Passion des Herrn gefunden hatte: Nun wurde Palästina besucht, das wegen seiner “heiligen Stätten”, angefangen mit Jerusalem, insgesamt zum “Heiligen Land” wurde. Dies bezeugen berühmte Pilgerberichte wie das Itinerarium Burdigalense oder das Itinerarium Egeriae, die beide aus dem vierten Jahrhundert stammen.

Über den “heiligen Stätten” wurden Basiliken errichtet, unter anderem die Anastasis über dem Heiligen Grab und das Martyrium auf dem Kalvarienberg. Beide standen bei den Pilgern in hohem Ansehen. Auch die Stätten der Kindheit des Erlösers und seines öffentlichen Lebens wurden Wallfahrtsziele. Die christliche Wallfahrt dehnte sich auch auf heilige Stätten des Alten Testaments aus, wie den Berg Sinai.

284. Das Mittelalter war das goldene Zeitalter der Wallfahrten. Über ihre herausragende religiöse Bedeutung hinaus haben sie für die Entwicklung des abendländischen Christentums, für die Verschmelzung verschiedener Völker und den Austausch von Werten der unterschiedlichen europäischen Zivilisationen Außerordentliches bewirkt.

Es gibt zahlreiche Wallfahrtszentren. Vor allem Jerusalem ist hier zu nennen, das trotz der islamischen Besetzung weiterhin Stätte großer geistlicher Anziehung für Christen ist und sogar die Kreuzzüge mit verursacht hat, deren Begründung war, den Gläubigen den Besuch des Grabes Christi zu gewährleisten. Auch die Reliquien der Passion des Herrn, wie die Tunica Christi, das heilige Antlitz, die heilige Stiege und das Grabtuch zogen und ziehen unzählige Gläubige und Pilger an. Nach Rom kommen Pilger, um die Gedenkstätten der Apostel Petrus und Paulus (ad limina Apostolorum – an die Schwellen der Apostelgräber) zu verehren, die Katakomben und Basiliken zu besuchen sowie den Dienst anzuerkennen, den der Nachfolger Petri für die Weltkirche leistet (ad Petri sedem). Vom neunten bis zum 16. Jahrhundert blühte die Wallfahrt nach Santiago de Compostela, das auch heute wieder sehr zahlreich besucht wird. Dorthin führen “Wege” aus verschiedenen Ländern, die sich nach den religiösen, sozialen und karitativen Gesichtspunkten der Wallfahrt herausgebildet haben. Außerdem ist Tours zu nennen, wo sich das Grab des heiligen Martin, des verehrten Gründers jener Kirche, befindet. Ebenso Canterbury, wo der heilige Thomas Becket das Martyrium erlitt, das in ganz Europa ein weites Echo hatte. Der Monte Gargano in Apulien, San Michele della Chiusa in Piemont und der Mont Saint-Michel in der Normandie sind dem Erzengel Michael geweiht. Walsingham, Rocamadour und Loreto sind berühmte Marienwallfahrtsorte.

285. In der Neuzeit erlebte das Wallfahrtswesen einen Niedergang, der durch den Protestantismus und aufklärerische Einflüsse verursacht worden war: Die “Reise in ein fernes Land” wird zur “geistlichen Wallfahrt”, zu einem “inneren Weg” oder einer “symbklischen Prozession” von nur kurzer Wegstrecke, wie die Via Crucis (der Kreuzweg).

Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts lässt sich jedoch eine Renaissance des Pilgerwesens erkennen, wenn auch das Erscheinungsbild der Wallfahrt sich teilweise verändert hat: Sie hat nun Heiligtümer zum Ziel, die in besonderer Weise Ausdruck der Glaubensidentität und Kultur einer Nation sind. Dazu gehören zum Beispiel Altötting, Antipolo, Aparecida, Assisi, Caacupé, Chartres, Coromoto, Czestochowa, Ernakulam-Angamaly, Fatima, Guadalupe, Kevelaer, Knock, La Vang, Loreto, Lourdes, Mariazell, Marienberg, Montevergine, Montserrat, Nagasaki, Namugongo, Padova, Pompei, San Giovanni Rotondo, Washington, Yamoussoukro und andere.

Die Spiritualität der Wallfahrt

286. Trotz der Veränderungen, die das Wallfahrtswesen im Lauf der Jahrhunderte erfahren hat, behält die Pilgerfahrt auch in unserer Zeit jene Wesenszüge, die ihre Spiritualität bestimmen.

Die eschatologische Dimension: Sie ist wesentliches und ursprüngliches Merkmal der Wallfahrt: Als “Weg zum Heiligtum” ist sie ein Gleichnis für den Weg ins Himmelreich. Denn sie hilft, die eschatologische Perspektive zu bedenken, in der sich der Christ als homo viator bewegt, zwischen der Dunkelheit des Glaubens und dem Verlangen nach einer Verheißung, zwischen Zeiten der Angst und dem Wunsch nach einem Leben ohne Ende, zwischen der Mühsal des beschwerlichen Weges und der Erwartung einer Rast, zwischen dem Weinen im Exil und dem brennenden Wunsch nach Freude im Vaterland, zwischen der Qual der Arbeit und der Sehnsucht nach heiterer Kontemplation. (412)

Auch in der Spiritualität der Wallfahrt betrachtet man das Ereignis des Exodus, den Weg Israels in das Land der Verheißung: Der Pilger weiß, dass “wir hier keine Stadt haben, die bestehen bleibt” (Hebr 13,14). So ist er über das unmittelbaren Ziel der Wallfahrt hinaus quer durch die Wüste des Lebens unterwegs hin zum Himmel, dem wahren Land der Verheißung.

Die Dimension der Buße: Die Wallfahrt wird zum “Weg der Umkehr”: Unterwegs zum Heiligtum legt der Pilger eine Strecke zurück, die vom Bewusstsein seiner eigenen Sünde und den Bindungen an oberflächliche und unnütze Dinge zu innerer Freiheit und einem tieferen Verständnis des Lebens führt.

Wie bereits gesagt wurde, ist der Besuch eines Heiligtums für viele Gläubige eine günstige und oft genutzte Gelegenheit, das Sakrament der Buße zu empfangen (413). Die Wallfahrt selbst wurde früher – aber auch in unserer Zeit – als Bußübung verstanden.

Wenn die Wallfahrt echt war, kehrte der Pilger vom Heiligtum mit dem Vorsatz zurück, sein “Leben zu ändern”, es entschiedener auf Gott hin auszurichten, seinem Leben eine klarere transzendente Perspektive zu geben.

Die Dimension des Festes: Bei einer Wallfahrt koexistieren die Dimension der Buße und die Dimension des Festes: Auch sie ist Wesensmerkmal des Wallfahrtswesens, das nicht wenige anthropologische Elemente des Festes aufweist.

Die Freude der christlichen Wallfahrt ist die Verlängerung des Jubels des frommen israelitischen Pilgers: “Ich freute mich, als man mir sagte: ,Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern‘ (Ps 122,1).” Sie ist Trost, weil die Eintönigkeit des Alltags durch neue Erlebnisse durchbrochen wird. Sie ist Erleichterung angesichts der Last des Lebens, die für viele, vor allem für Arme, sehr schwer ist. Sie ist eine Gelegenheit, christliche Gemeinschaft auszudrücken, um Momenten des Zusammenseins und der Freundschaft Raum zu geben und frei zu werden für spontane Ausdrucksformen, die oft unterdrückt werden.

Die gottesdienstliche Dimension: Eine Wallfahrt ist wesentlich gottesdienstliches Tun. Der Pilger schreitet zum Heiligtum, um Gott zu begegnen, um in seiner Gegenwart zu verharren, indem er ihm die geschuldete Anbetung bezeugt und ihm sein Herz schenkt.

Im Heiligtum vollzieht der Pilger zahlreiche gottesdienstliche Handlungen, die zur Liturgie oder zur Volksfrömmigkeit gehören. Sein Gebet nimmt verschiedene Formen an: Lob und Anbetung des Herrn wegen seiner Güte und Heiligkeit, Dank für empfangene Gaben, Einlösung eines Gelübdes, zu dem sich Pilger dem Herrn gegenüber verpflichtet fühlen, flehentliche Bitte um die notwendigen Gnaden, das Leben zu bestehen, Bitte um Verzeihung für begangene Sünden. Sehr häufig richtet sich der Pilger im Gebet an die selige Jungfrau, an Engel und an Heilige, die am Thron des Allerhöchsten als Fürsprecher anerkannt sind. Außerdem sind die im Heiligtum verehrten Bilder Zeichen der Gegenwart der Mutter und der Heiligen an der Seite des auferstandenen Herrn, “der allezeit lebt, um einzutreten” (Hebr 7,25) für die Menschen und immer in der Gemeinde gegenwärtig zu sein, die sich in seinem Namen versammelt (vgl. Mt 18,20; 28,20). Das heilige Bild im Heiligtum, ob von Christus, von der Jungfrau Maria, von Engeln oder Heiligen, ist heiliges Zeichen der Gegenwart und der fürsorglichen Liebe Gottes. Das wird auch durch das Gebet bezeugt, das von Generation zu Generation davor verrichtet worden ist, sei es der Flehruf eines Bedürftigen, das Seufzen eines Betrübten oder der freudige Jubel dessen, der Gnade und Barmherzigkeit empfangen hat.

Die apostolische Dimension: Die Wanderschaft des Pilgers greift in einem gewissen Sinne diejenige Jesu und seiner Jünger auf, welche durch Palästina zogen, um das Evangelium von der Erlösung zu verkündigen. So gesehen ist die Wallfahrt Verkündigung des Glaubens. Die Pilger werden zu “wandernden Boten Christi”. (414)

Die Dimension der Gemeinschaft: Der Pilger, der zu einem Heiligtum aufbricht, hat nicht nur mit den Gefährten, mit denen er die “Wallfahrt” (vgl. Ps 84,6) unternimmt, Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe, sondern auch mit dem Herrn selbst, der mit ihm geht wie an der Seite der Emmausjünger (vgl. Lk 24,13-35). Er steht in Gemeinschaft mit seiner Heimatgemeinde und durch diese mit der ganzen Kirche, der himmlischen und derjenigen, die noch auf dem Weg durch die Zeit ist. Er steht in Gemeinschaft mit den Gläubigen, die im Lauf der Jahrhunderte in diesem Heiligtum gebetet haben; mit der Natur, die das Heiligtum umgibt, deren Schönheit er bewundert und die er zu respektieren weiß; mit der Menschheit, deren Schmerzen und Hoffnung sich im Heiligtum in unterschiedlichen Formen kundtun, deren Talent und Kunst in ihm vielfältige Spuren hinterlassen haben.

Gestaltung der Wallfahrt

287. Wie das Heiligtum Stätte des Gebets ist, so ist die Wallfahrt Weg des Gebets. Auf jeder ihrer Etappen soll das Gebet die Wallfahrt beseelen und das Wort Gottes ihr Licht und Führung, Nahrung und Stütze sein.

Der gute Ausgang einer Wallfahrt, die als Gottesdienst betrachtet wird, und die zu erwartenden geistlichen Früchte können durch einen geordneten Ablauf der Feiern und eine angemessenen Betonung ihrer verschiedenen Phasen sichergestellt werden.

Am Aufbruch zur Wallfahrt wird sinnvollerweise ein Gebet in der Pfarrkirche oder einer anderen geeigneten Kirche stehen. Es kann auch die Eucharistie oder ein Teil des Stundengebets (415) gefeiert oder ein besonderer Pilgersegen gegeben werden. (416)

Der letzte Teil des Hinweges soll durch besonders intensives Gebet beseelt sein. Es ist ratsam, dass jene letzte Etappe, auf der das Heiligtum schon in Sichtweite ist, wirklich zu Fuß, betend und singend zurückgelegt wird, bei Kapellen am Weg sollte innegehalten werden.

Der Empfang der Pilger kann als eine Art “Tor-Liturgie” stattfinden, in der sich Pilger und Hüter des Heiligtums auf einer betont geistlichen Ebene begegnen. Wo es möglich ist, sollen sie den Pilgern entgegenkommen, um mit ihnen das letzte Stück des Weges gemeinsam zu gehen.

Der Aufenthalt im Heiligtum sollte die intensivsten Phase der Wallfahrt bilden, gekennzeichnet vom Bewusstsein der Umkehr, das sinnvollerweise durch das Sakrament der Versöhnung vollzogen wird. Er sollte geprägt sein von besonderen Ausdrucksformen des Glaubens wie Dank, Bitte oder Fürsprache, die in Beziehung zu den Charakteristika des Heiligtums und den Zielen der Wallfahrt stehen, außerdem von der Eucharistiefeier als Höhepunkt der Wallfahrt. (417)

Der Abschluss der Wallfahrt soll üblicherweise die Form eines Gebets haben, sei es im Heiligtum selbst oder in der Kirche, von der man ausgezogen ist (418). Die Gläubigen danken Gott für das Geschenk der Wallfahrt und bitten den Herrn um die notwendige Hilfe, damit sie nach ihrer Rückkehr nach Hause entsprechend ihrer christlichen Berufung in Zukunft mit größerem Einsatz leben.

Seit den frühesten Zeiten wollen Pilger “Erinnerungen” an das besuchte Heiligtum mitbringen. Man achte darauf, dass die Gegenstände, Bilder und Bücher dem authentischen Geist des heiligen Ortes entsprechen. Verkaufsstände sollen sich nicht innerhalb des heiligen Bezirks des Heiligtums befinden, damit keine Marktatmosphäre entsteht.

ZUSAMMENFASSUNG

288. Das vorliegende Direktorium legt in seinen beiden Teilen zahlreiche Anweisungen, Vorschläge und Orientierungspunkte vor, um die vielfältigen Formen der Volksfrömmigkeit im Einklang mit der Liturgie zu erläutern und zu fördern.

Indem es die verschiedenen Überlieferungen und Umstände sowie konkrete Andachtsübungen und Verehrungsformen unterschiedlicher Art behandelt, will das Direktorium Grundlagen darlegen, an entsprechende Weisungen erinnern und Anregungen für eine fruchtbare Seelsorge geben.

Es ist Aufgabe der Bischöfe, unter Mitwirkung ihrer unmittelbaren Mitarbeiter, vor allem der Rektoren der Heiligtümer, unter Berücksichtigung der örtlichen Überlieferungen und der partikularen Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit, entsprechende Normen zu erlassen und praktische Orientierungen zu geben.

Anmerkungen

(1) SC 10.

(2) Vgl. SC 12 und 13.

(3)Vgl. SC 13.

(4) RITENKONGREGATION, Instruktion Eucharisticum mysterium (25.4.1967), 58-67; PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus (2.2.1974), 24-58; Apostolisches Mahnschreiben Evangelii nuntiandi (8.12.1975), 48; JOHANNES PAUL II., Apostolisches Mahnschreiben Catecesi tradendae (16.10.1979), 54; Apostolisches Mahnschreiben Familiaris consortio (22.11.1981), 59-62; KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Direttorio Generale per la Catechesi (15.8.1997) Vatikanstadt 1997, Nrn. 195-196.

(5) Man beachte zum Beispiel die III. GENERALKONFERENZ DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Puebla, 444-469, 910-915, 935-937, 959-963; SPANISCHE BISCHOFSKONFERENZ, Documento pastoral de la Comisión episcopal de Liturgia, Evangelización y renovación de la piedad popular, Madrid 1989; Liturgia y piedad popular, Directorio Litúrgico-Pastoral, Secretariado Nacional de Liturgia, Madrid 1989; GENERALKONFERENZ DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Santo Domingo 36, 39, 53.

(6) JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Vicesimus quintus annus (4.12.1988), 18.

(7) JOHANNES PAUL II., Apostolische Konstitution Pastor Bonus (28.6.1988), 70.

(8) Vgl. LG 21; SC 41; Dekret Christus Dominus, 15; KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE, Directorium de pastorali ministerio Episcoporum, 1973, 75-76, 82, 90-91; CIC can. 835 § 1 und can. 839 § 2; JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Vicesimus quintus annus, 21.

(9) Man beachte zum Beispiel, dass PAUL VI. sich in der Apostolischen Mahnschrift Evangelii nuntiandi in Nr. 48, die diese Materie behandelt, nachdem er den Reichtum der Werte angesprochen hat, wie folgt äußert: “Darum nennen wir sie besser Volksfrömmigkeit, das heißt Religion des Volkes, anstatt Volksreligiosität”. Das Apostolische Mahnschreiben Catechesi tradendae übernimmt in Nr. 54 den Ausdruck “Volksfrömmigkeit”. Auch der Codex verwendet ihn in can. 1234 § 1. Im Apostolischen Schreiben Vicesimus quintus annus übernimmt Johannes Paul II. den Ausdruck “Volksfrömmigkeit”. Der Katechismus der Katholischen Kirche verwendet in den Nrn. 1674-1676 den Ausdruck “Volksreligiosität”, kennt aber auch “Volksfrömmigkeit” (Nr. 1679). Die IV. Instruktion zur korrekten Anwendung der Konzilskonstitution über die heilige Liturgie (Nrn. 37-40) Varietates legitimae, die von der Kongregation für den Gottesdienst und die Disziplin der Sakramente veröffentlicht wurde (25.1.1994) spricht in Nr. 45 von “Volksfrömmigkeit”.

(10) Vgl. SC 13.

(11) Vgl. SC 13.

(12) SC 13.

(13) Vgl. KONZIL VON TRIENT, Decretum de invocatione, veneratione et reliquiis Sanctorum, et sacris imaginibus (3. Dezember 1563), in: DS 1821-1825; PIUS XII., Enzyklika Mediator Dei, in: AAS 39 (1947), 581-582; SC 104; LG 50.

(14) JOHANNES PAUL II., Homilie gehalten während der Feier des Wortes in La Serena (Chile) 2, in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, X/1 (1987) Città del Vaticano 1988, 1078.

(15) PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Evangelii nuntiandi, 48.

(16) SC 7.

(17) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG, IV. Instruktion für eine korrekte Anwendung der Konzilskonstitution über die heilige Liturgie (Nrn. 37-40) Varietates legitimae, 48.

(18) Vgl. CIC can. 826 § 3.

(19) Vgl. SC 118.

(20) Vgl. ZWEITES KONZIL VON NIZÄA, Definitio de sacris imaginibus (23. Okt. 787), in: DS 601; KONZIL VON TRIENT, Decretum de invocatione, veneratione et reliquiis Sanctorum, et sacris imaginibus (3. Dez. 1563), in: DS 1823-1825.

(21) Vgl. SC 124-125.

(22) Vgl. CIC can. 1188.

(23) Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Vicesimus quintus annus, 18; KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG, IV. Instruktion für eine korrekte Anwendung der Konzilskonstitution über die heilige Liturgie (Nrn. 37-40) Varietates ligitimae, 45.

(24) Vgl. CIC can. 826 § 3.

(25) Aus einer Volksweise sind beispielsweise zurückzuführen di Oblatio casei et olivarum (Nr. 6) und die Benedikctio fructuum (Nr. 32) bei B. BOTTE (Hrsg.), La tradition apostolique de saint Hippolyte. Essai de reconstitution, Münster 1989, 18, 78.

(26) Bekannt sind einige Ausdrucksformen des den Blutzeugen geschenkten Kultes von sicherer Herkunft des Volkes: die Leuchter, die am Grab brannten, Kränze von Blättern und Blumen, die dem heiligen Ort eine festliche Note gaben, Düfte und Aromen, die über das Grab des Blutzeugen gesprüht wurden, verschiedene Gegenstände und vor allem Stoffe wie brandea, palliola, sanctuaria, nomina, die, mit dem verehrten Grab in Berührung gebracht, als wertvoll galten, authentische Reliquien, die Praxis des refrigerium an den Gräbern der Blutzeugen.

(27) Der berühmte Apokryphon De Nativitate Mariae (2. Jh.), bekannter unter dem Namen Protoevangelium Iacobi und die zahlreichen Apokrypha De Dormitione Mariae, deren Wurzeln in das zweite Jahrhundert zurückgehen, sind in sich selbst Zeugen der Frömmigkeit der alten christlichen Gemeinden gegenüber der Mutter des Herrn. Der Wissenschaft zufolge haben beide nicht wenige Volkstraditionen aufgenommen und einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der marianischen Frömmigkeit gehabt.

(28) “[Placuit] ut nemo in preibus vel Patrem pro Filio, vel Filium pro Patre nominet. Et cum altari assistitur, semper ad patrem dirigatur oratio. Et quicumque sibi preces aliunde describit, non eis utatur, nisi prius cum instructioribus fratribus contulerit”: DRITTES KONZIL VON KARTHAGO, can. 23, in: MANSI, Sacrorum Conciliorum nova et amplissima collectio, III, Florenz 1759, Sp. 884; “Placuit etiam oc, ut preces quae probatae fuerint in concilio, sive praefationes sive commendationes, seu manus impositiones, ab ombnius celebrentur, nec aliae omnino contra fidem praeferantur: sed quecumque a prudentioribus fuerint collectae, dicantur”: Codex canonum Ecclesiae Africae, can. 103 (ebd., Sp. 807).

(29) In: DS 600-603.

(30) Text in Annales Camaldulensis IX, Venedig 1773, Sp. 612-719.

(31) Vgl. FÜNFTES LATERANKONZIL, [Bulla reformationis Curiae], in Conciliorum Oecumenicorum Decreta, a cura dell’Istituto per le scienze religiose di Bologna, Bologna 1991, 625.

(32) So im Decretum de sacramentis (DS 1600-1630) und im Decretum de ss. Eucharistia (DS 1635-1650), in der Behandlung der Doctrina de sacramento paenitentiae (DS 1667-1693), der Doctrina de sacramento extremae unctionis (DS 1694-1700), der Doctrina de communione sub utraque specie et parvulorum (DS 1725-1730), der Doctrina de ss. Missae sacrificio (DS 1738-1750), die wesentliche Fragen des katholischen Glaubens über die Eucharistie als Opfer und spezifische Punkte ihrer liturgischen Feier berührt, das Decretum super petitione concessionibus calicis (DS 1760), die Doctrina de sacramento ordinis (DS 1763-1770), die Doctrina de sacramento matrimonii (DS 1797-1800), das Decretum de purgatorio (DS 1820), das Decretum de invocatione, veneratione et reliquiis Sanctorum, et sacris imaginibus (DS 1821-1825), mit breiter Anwendung auf das Gebiet der Volksfrömmigkeit.

(33) In Conciliorum Oecumenicorum Decreta, a.a.O. 784-796.

(34) Am 9. Juli 1568 promulgiertte Pius V. mit der Bulle Quod a nobis das Breviarium Romanum ex decreto SS. Concilii restitutum. Mit der Bulle Quo primum tempore vom 14. Juli 1570 veröffentlichte Pius V. das Missale Romanum ex decreto sacrosancti Concilii tridentini restitutum. Am 16. Juni 1614 vervollständigte Paul V. die Reform der liturgischen Bücher, indem er in dem Apostolischen Schreiben Apostolicae Sedi das Rituale Romanum promulgierte.

(35) Die Sacra Congregatio Rituum wurde von Sixtus V. durch die Apostolische Konstitution Immensa aeterni Dei vom 22. Januar 1588 errichtet.

(36) In der Promulgationsbulle des Missale Romanum wird ausdrücklich bestätigt, dass die Experten des Apostolischen Stuhles “ad pristinam Missale ipsum sanctorum Patrum normam ac ritum restituerunt”.

(37) “Motu proprio” Tra le sollecitudini (22.11.1903), in: Pii X Pontificis Maximi Acta I, Graz 1971, 77.

(38) Vgl. PIUS XII., Ansprache an die Teilnehmer des I. Internationalen Kongresses für Pastoralliturgik in Assisi – Rom (22.9.1956), in: AAS 48 (1956), 712; SC 43.

(39) Unter ihnen Lambert Beauduin († 1960), Odo Casel († 1948), Pius Parsch († 1954), Bernard Botte († 1960), Romano Guardini († 1968), Josef A. Jungmann († 1975), Cipriano Vagaggini († 1999), Aimé-Georges Martimort († 2000).

(40) In: AAS 39 (1947), 521-600.

(41) Vgl. SC 7, 10, 13.

(42) Vgl. SC 13.

(43) Vgl. JOHANNES PAUL II., Homilie, gehalten während der Feier des Wortgottesdienstes in La Serena (Chile) 2, in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, X/1 (1987), a.a.O., 1078.

(44) SC 10.

(45) SC 7.

(46) Vgl. SC 5-7.

(47) SC 2.

(48) Vgl. oben Nr. 9.

(49) Vgl. KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Brief Orationis forma an die Bischöfe der katholischen Kirche über einige Gesichtspunkte der christlichen Meditation (15.10.1989): AAS 82 (1990), 362-379.

(50) SC 13.

(51) III. GENERALVERSAMMLUNG DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Puebla, 465 e.

(52) Vgl. ebd.

(53) Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Vicesimus Quintus Annus, 15.

(54) JOHANNES PAUL II. in seiner an die Vollversammlung der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung gerichteteten Botschaft (21. September 2001); nachdem er auf die zentrale und unersetzbare Bedeutung der Liturgie für das Leben der Kirche hingewiesen hatte, unterstrich er, “dass die Volksfrömmigkeit ihren natürlichen Höhepunkt in der liturgischen Feier hat, an der sie sich, um nicht ständig mit ihr zu kollidieren, idealerweise zu orientieren hat; dies muss mit einer geeigneten Katechese gezeigt werden”, in: Notitiae 37 (2001), 403. Vgl. auch KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Allgemeines Direktorium für die Katechese, a.a.O., 195-196.

(55) SC 12.

(56) Vgl. oben Nr. 2.

(57) JOHANNES PAUL II., Homilie im Heiligtum der Jungfrau Maria “von Zapopan”, 2, in: AAS 71 (1979), 228.

(58) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 31; JOHANNES PAUL II., Ansprache an die Bischöfe der Basilikata und von Apulien anlässlich des Ad-Limina-Besuchs, 4, in: AAS 74 (1982), 211-213.

(59) JOHANNES PAUL II., Homilie während des Wortgottesdienstes in La Serena (Chile), 2, in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II , XI/1 (1987), 1078.

(60) PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Evangelii nuntiandi, 48.

(61) Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Mahnschreiben Catechesi tradendae, 54.

(62) III. GENERALKONFERENZ DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Puebla, 913.

(63) PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Evangelii nuntiandi, 48.

(64) III. GENERALKONFERENZ DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Puebla, 913.

(65) Vgl. ebd., 912.

(66) Vgl. JOHANNES PAUL II., Homilie im Heiligtum der Jungfrau Maria “von Zapopan”, 2, in: AAS 71 (1979), 228-229; III. GENERALKONFERENZ DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Puebla, 283.

(67) JOHANNES PAUL II., Apostolisches Mahnschreiben Catechesi tradendae, 54.

(68) JOHANNES PAUL II., Ansprache zur Eröffnung der IV. Generalkonferenz des Lateinamerikanischen Episkopates in Santo Domingo (12.10.1992), 12, in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II XV/2 (1992), Vatikanstadt 1994, 323.

(69) III. GENERALKONFERENZ DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Puebla, 913.

(70) Ebd., 960.

(71) JOHANNES PAUL II., Ansprache an die Konferenz der Bischöfe der Abruzzen und des Molise anlässlich des Ad-Limina-Besuchs, 3, in: AAS 78 (1986), 1140.

(72) JOHANNES PAUL II., Rede in Popayan (Kolumbien), in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II IX/2, Vatikanstadt 1986, 115.

(73) Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Vicesimus quintus annus, 18; Ansprache an die Konferenz der Bischöfe der Abruzzen und der Molise anlässlich des Ad-Limina-Besuchs, 6, in: AAS 78 (1986), 1142; III. GENERALKONFERENZ DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Puebla, 458-459; KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano (3.4.1987), 68.

(74) JOHANNES PAUL II., Ansprache an die Konferenz der Bischöfe der Abruzzen und der Molise anlässlich des Ad-Limina-Besuchs, 6, in: AAS 78 (1986), 1142.

(75) Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG, IV. Instruktion für eine korrekte Anwendung der Konzilskonstitution über die heilige Liturgie (Nrn. 37-40) Varietates legitimae, 9-20.

(76) SC 12.

(77) Vgl. Institutio generalis de Liturgia Horarum, 9.

(78) Bezug nehmend auf die Liturgie ist auch die folgende Empfehlung aus Institutio generalis de Liturgia Horarum, 27 zu verstehen: “Es ist lobenswert, dass die Familie, das häusliche Heiligtum der Kirche, über die allgemeinen Gebete auch – je nach Gelegenheit – einige Teile des Stundengebetes verrichte, indem sie sich auf diese Weise noch enger an die Kirche anschließt”.

(79) JOHANNES PAUL II., Apostolisches Mahnschreiben Familiaris consortio, 61.

(80) Vgl. CIC can. 301 und can. 312.

(81) Vgl. SC 13; LG 67.

(82) Vgl. SC 13.

(83) JOHANNES PAUL II., Homilie während des Wortgottesdienstes in La Serena (Chile), 2, in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II X/1 (1987), a.a.O., 1079.

(84) Vgl. SC 13.

(85) SC 13.

(86) Vgl. CIC can. 23.

(87) Vgl. EI, Aliae concessiones, 50-77.

(88) Vgl. SC 7.

(89) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 54.

(90) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 31, 48.

(91) ITALIENISCHE BISCHOFSKONFERENZ, BISCHÖFLICHE KOMMISSION FÜR DIE LITURGIE, Pastorale Note Il rinnovamento liturgico in Italia (23.9.1983), 18, in: Enchiridion CEI 3, Bologna 1986, 886.

(92) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 31; III. GENERALKONFERENZ DES LATEINAMERIKANISCHEN EPISKOPATES, Documento de Puebla, 915.

(93) Vgl. HL. KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE, Directorium de pastorali ministerio Episcoporum, a.a.O., 91; PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 24-38.

(94) Vgl. ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Konstitution Dei Verbum, 2.

(95) DS 150; MISSALE ROMANUM, Ordo Missae, Symbololum Nicaeno-Constantinopolitanum.

(96) Ebd.

(97) HL. CYPRIAN, De oratione dominica, 23: CSEL 3/1, Vindobonae 1868, 285.

(98) Vgl. SC 5-7.

(99) Vgl. SC 13; LG 67.

(100) Vgl. ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Konstitution Dei Verbum, 25.

(101) Ebd.

(102) Zum Argument vgl. den Beitrag von J. RATZINGER, Commento teologico, in: KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Il messaggio di Fatima, Vatikanstadt 2000, 32-44; vgl. L’Osservatore Romano, 26-27. Juni 2000.

(103) Ebd., 35.

(104) Vgl. PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE KULTUR, Per una pastorale della Cultura, Vatikanstadt 1999, 28: “Die Volksfrömmigkeit bleibt eine der hauptsächlichen Ausdrucksformen einer wahren Inkulturation des Glaubens, da in ihr Glaube und Liturgie sich vereinigen, das Gefühl und die Künste, während sich das Bewusstsein der eigenen Identität in den örtlichen Traditionen bestätigt. So hat ,Amerika, das früher und jetzt ein Schmelztiegel von Völkern ist, im Mestizen-Antlitz der Jungfrau von Tepeyax, der heiligen Maria von Guadalupe, ein hervorragendes Beispiel einer vollkommenen Inkulturation des Evangeliums erfasst (Ecclesia in America, Nr. 11). (...) Die Volksfrömmigkeit erlaubt einem Volk, seinen Glauben auszudrücken, seine Beziehungen zu Gott und seiner Vorsehung, mit der Jungfrau und den Heiligen, mit dem Nächsten, mit den Verstorbenen, mit der Schöpfung und verstärkt seine Zugehörigkeit zur Kirche.”

(105) Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, IV. Instruktion für eine korrekte Anwendung der Konzilskonstitution über die heilige Liturgie (Nrn. 37-40) Varietatis legitimae, 45.

(106) Vgl. SC 7, 13.

(107) Vgl. oben Nrn. 61-64.

(108) Vgl. oben Nr. 74.

(109) SC 102.

(110) PAUL VI., Apostolisches Schreiben Mysterii paschalis, in: AAS 61 (1969), 222.

(111) SC 106. Vgl. CALENDARIUM ROMANUM ex decreto Sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate Pauli PP. VI. promulgatum, Vatikanstadt 1969, Normae universales (Grundordnung des Kirchenjahres und des Neuen Römischen Generalkalenders), 4.

(112) Vgl. ebd., 58.

(113) JOHANNES PAUL II, Apostolisches Schreiben Dies domini (31.5.1998), 80.

(114) Vgl. ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Konstitution Gaudium et spes, 34, 35, 67.

(115) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 4.

(116) Ebd.

(117) JOHANNES PAUL II., Ansprache beim Engel des Herrn am 24. Januar 1999, Mexiko- Stadt.

(118) DS 150; MISSALE ROMANUM, Ordo Missae Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum.

(119) Vgl. Institutio generalis de Liturgia Horarum, 215.

(120) Vgl. Actus consecrationis familiarum, in: EI, Aliae concessiones, 1, 50.

(121) Vgl. RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo benedictionis filiorum, Vatikanstadt 1985, 174-194.

(122) Vgl. ebd., Ordo benedictionis desponsatorum, 195-204.

(123) Errichtet von Leo XIII. mit dem Apostolischen Schreiben Neminem fugit (14. Juni 1892), in: Leonis XIII Pontificis Maximi Acta, XII, Rom 1893, 149-158; von Johannes Paul II. mit dem Dekret des Päpstlichen Laienrates (25. November 1987) bestätigt.

(124) Vgl. EI, Piae invocationes, 83.

(125) PRUDENTIUS, Cathemerinon XII, 130: CCL 126, Turnholti 1966, 69; LITURGIA HORARUM: die 28 decembris, Ss. Innocentium, martyrum, Ad Laudes, Hymnus “Audit tyrannus anxius”.

(126) Vgl. EI, Aliae concessiones, 26, 71.

(127) MISSALE ROMANUM, diei 1 ianuarii, In octava Nativatis Domini, Sollemnitas sanctae Dei Genetricis Mariae, Collecta.

(128) Vgl. ebd., In Vigilia paschali, Praeparatio cerei.

(129) Vgl. EI, Aliae concessiones 26, 70.

(130) Im byzantinischen Osten ist das Fest auf das Geheimnis der Hypapante, das heißt der Begegnung des Erlösers mit denen, die zu erlösen er gekommen ist, konzentriert, repräsentiert in den Personen Simeon und Hanna, nach den Wort des Nunc dimittis (Lk 2,29-32), das in den liturgischen Gesängen des Festes unaufhörlich wiederholt wird: “Licht zur Erleuchtujg der Heiden und Herrlichkeit des Volkes Israel”.

(131) RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo benedictionis mulieris ante partum, 219-231.

(132) Ebd., Ordo benedictionis mulieris post partum, 236-253.

(133) PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 7.

(134) MISSALE ROMANUM, Feria IV Cinerum, Collecta.

(135) Vgl. CIC cann. 989 und 920.

(136) Vgl. RITUALE ROMANUM, Ordo unctionis infirmorum eorumque pastoralis curae, Vatikanstadt 1972, Nrn. 224-229.

(137) Vgl. EI, Aliae concessiones, 13, 59-60.

(138) Es handelt sich um den “Kreuzweg”, der sich im Libro del pellegrino befindet, das vom Zentralkomitee für die Feier des Heiligen Jahres 1975 vorbereitet wurde.

(139) So das Formular, das vom Heiligen Vater Johannes Paul II. beim “Kreuzweg am Kolosseum” in den Jahren 1991, 1992 und 1994 verwendet wurde.

(140) Vgl. LEO XIII, Apostolisches Schreiben Deiparae Perdolentis, in: Leonis XIII Pontificis Maximi Acta III, Rom 1884, 220-222.

(141) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundschreiben über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung (16.1.1988), 27.

(142) Ebd., 28.

(143) HL. AUGUSTINUS, Epistula 55, 24: CSEL 34/2, Vindobonae 1895, 195. Vgl. HL. RITENKONGREGATION, Allgemeines Dekret Maxima redemptionis nostrae mysteria, in: AAS 47 (1955), 338.

(144) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundschreiben über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung, 38.

(145) Die Prozession und die Aufbewahrung des allerheiligsten Sakramentes sollte in jenen Kirchen, in denen man an Karfreitag das Leiden des Herrn nicht feiert, nicht geschehen. Vgl. ebd., 54.

(146) Vgl. ebd., 55; HL. RITENKONGREGATION, Instruktion über die eucharistische Verehrung Eucharisticum mysterium, 49, in: AAS 59 (1967), 566-567.

(147) Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundschreiben über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung, 55.

(148) Vgl. ebd., 56.

(149) Vgl. SC 5; HL. AUGUSTINUS, Enarratio in Psalmum 138,2: CCL 40, Turnholti 1956, 1991.

(150) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundschreiben über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung, 72.

(151) Ebd., 73.

(152) RUPERT VON DEUTZ, De glorificatione Trinitatis VIII, 13: PL 169,155D.

(153) Vgl. LITURGIA HORARUM, Commune beatae Mariae Virginis, II. Vesperae, Preces; Collectio missarum de beata Maria Virgine I, Form. 15: Beata Maria Virgo in Resurrectine Domini, Praefatio.

(154) Vgl. oben Nr. 143.

(155) Vgl. RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo benedictionis mensae, a.a.O., 782-784, 806-807.

(156) Vgl. Ebd., Ordo benedictionis annuae familiarum in propis domibus, 68-89.

(157) Vgl. die Bekanntmachung der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung (5.5.2000).

(158) JOHANNES PAUL II., Enzyklika Dives in misericordia, 8.

(159) Vgl. PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE EINHEIT DER CHRISTEN, Directoire pour l’application des Principes et des Normes sur l’Oecuménisme (25.3.1993), 110: AAS 85 (1993), 1084.

(160) Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief über die Vorbereitung und Feier der österlichen Feste, 107; die Modalitäten, die biblischen Texte und Gebete für die Pfingstvigil – in einigen Ausgaben des Römischen Messbuches in verschiedenen Sprachen bereits vorhanden – sind in Notitiae 24 (1988), 156-159 angegeben.

(161) JOHANNES PAUL II., Homilie, während der Feier des Wortgottesdienstes in La Serena (Chile) gehalten 2, in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, X/I (1987), a.a.O., 1078.

(162) Vgl. EI, Aliae concessiones 26,70-71.

(163) Vgl. Gal 5,16.22; ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Ad gentes, 4; Gaudium et spes, 26.

(164) JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris missio, 78, in: AAS 83 (1991), 325.

(165) KKK 234.

(166) Ebd. 233.

(167) Ebd. 234.

(168) Vgl. Nrn. 76-80.

(169) RITUALE ROMANUM, De sacra communione et de cultu mysterii eucharistici extra Missam, Vatikanstadt 1973, 80.

(170) Ebd., 101; vgl. CIC can. 944.

(171) Vgl. RITUALE ROMANUM, De sacra communione et de cultu mysterii eucharistici extra Missam, a.a.O., 101-108.

(172) Vgl. ebd., 101-102.

(173) Ebd., 104.

(174) Ebd., 81.

(175) Vgl. PIUS XII., Enzyklika Mediator Dei, in: AAS 39 (1947), 568-572; PAUL VI., Enzyklika Mysterium fidei, in: AAS 57 (1965), 769-772; HL. RITENKONGREGATION, Instruktion Eucharisticum mysterium, Nrn. 49-50, in: AAS 59 (1967), 566-567; RITUALE ROMANUM, De sacra communione et de cultu mysterii eucharistici extra Missam, a.a.O., 5.

(176) HL. RITENKONGREGATION, Instruktion Eucharisticum mysterium, Nrn. 49 und 50.

(177) Bezüglich der bei der eucharistischen Anbetung und Prozession gewährten Ablässe vgl. EI, Aliae concessiones 7, 54-55.

(178) Vgl. RITUALE ROMANUM, De sacra communione et de cultu mysterii eucharistici extra Missam, a.a.O., 82-90; CIC can. 941.

(179) Vgl. CIC can. 942.

(180) Vgl. Antwort auf den Zweifel über Nr. 62 der Instruktion Eucharisticum mysterium, in: Notitiae 4 (1968), 133-134; bezüglich des Rosenkranzes siehe die folgende Anmerkung.

(181) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 46; Schreiben der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung (15.1.1997), in: Notitiae 34 (1998), 506-510; siehe auch das Reskript der Apostolischen Pönitenziarie vom 8. März 1996, in: Notitiae 34 (1998), 511.

(182) Vgl. LEO XIII., Enzyklika Annum sacrum (25.5.1899) über die Weihe des Menschengeschlechtes an das heilige Herz, in: Leonis XIII Pontificis Maximi Acta XIX, Rom 1900, 71-80; PIUS XII., Enzyklika Haurietis aquas, in: AAS 48 (1956), 311-329; PAUL VI., Apostolisches Schreiben Investigabiles divitias Christi (6.2.1965), in: AAS 57 (1965), 298-301; JOHANNES PAUL II., Botschaft anlässlich der Jahrhundertfeier der Weihe des Menschengeschlechtes an das göttliche Herz Jesu (11.6.1999), in: L’Osservatore Romano 12. Juni 1999.

(183) SC 5; vgl. HL. AUGUSTINUS, Enarratio in Psalmum 138: CCL 40, a.a.O., 1991.

(184) HL. AUGUSTINUS, Sermo 311,3: PL 38,1415.

(185) PIUS XI., Enzyklika Miserentissimus Redemptor, in: AAS 20 (1928), 167.

(186) Vgl. EI, Aliae concessiones 1, 50.

(187) Vgl. EI, Aliae concessiones 3, 51-53.

(188) SC 106.

(189) Unter den Weihen an das unbefleckte Herz Mariens ragt jene von Pius XII. am 31. Oktober 1942 an die Welt vollzogene heraus (vgl. AAS 34 [1942], 318), die von Johannes Paul II. in Gemeinschaft mit allen Bischöfen der Kirche am 25. März 1984 erneuert wurde (vgl. Insegnamenti di Giovanni Paolo II VII/1 [1984], Vatikanstadt 1984, 774-779).

(190) Vgl. oben Nr. 171.

(191) Vgl. SC 5.

(192) LITURGIA HORARUM, Tempus Nativitatis I, Ad Vesperas, Hymnus “Christe, Redemptor omnium”.

(193) MISSALE ROMANUM, Feria IV in Passione Domini, Adoratio sanctae Crucis, Hymnus “Crux fidelis”.

(194) LITURGIA HORARUM, Tempus paschale I, Ad Vesperas, Hymnus “Ad cenam Agni providi”. Analog im wechselseitigen Hymnus: “O rex aeterne, Domine”: Tu crucem propter hominem / suspicere dignatus es; / dedisti tuum sanguinem / nostrae salutis premium – Du hast dich gewürdigt, um des Menschen willen das Kreuz auf dich zu nehmen; du hast dein Blut als Lösepreis unseres Heiles gegeben.

(195) Der Text befindet sich in: AAS 52 (1960), 412-413; vgl. EI, Aliae concessiones 22, 68.

(196) SC 103.

(197) PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 6.

(198) SC 103.

(199) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 6.

(200) Vgl. RITUALE ROMANUM, Pauli V Pontificis Maximi iussu editum … SS.mi D. N. Pii Papae XII auctoritate auctum et ordinatum, Rom 1952, 444-449.

(201) Vgl. MISSALE ROMANUM, Ordo Missae, das Gebet Domine Iesu Christe, vor dem Friedensgruß.

(202) Siehe zum Beispiel die Fürbitten an den Sonntagsvespern und am Montag der 1. Woche, am Mittwoch der 3. Woche, ferner die Anrufungen bei den Laudes am Mittwoch der 4. Woche.

(203) Vgl. ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Dekret Unitatis redintegratio, 3.

(204) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 32-33.

(205) ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Dekret Unitatis redintegratio, 8.

(206) PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE EINHEIT DER CHRISTEN, Directoire pour l’application des Principes et des Normes sur l’Oecuménisme (25.3.1993), 110: AAS 85 (1993), 1084.

(207) Vgl. EI, Aliae concessiones 11,58.

(208) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano (3.4.1987), 67.

(209) Vgl. LG 67; Dekret Presbyterorum Ordinis, 18; Dekret Optatam totius, 8; Dekret Apostolicam actuositatem, 4; CIC can 276 § 2, 5°; 663 § 2-4; 246 § 3.

(210) Vgl. KKK 971.2673-2679.

(211) Vgl. oben Nrn. 47-59, 70-75.

(212) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 1; KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 7; Collectio missarum de beata Maria Virgine, Praenotanda, 9-18.

(213) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 24.

(214) Ebd., Einf.

(215) Vgl. ebd., 25-39; KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 8.

(216) Vgl. ebd., 8.

(217) Vgl. später Nr. 232.

(218) Das Römische Messbuch enthält verschiedene Formulare für die Feier der Messe zu Ehren der Seligen Jungfrau Maria an den Morgenstunden der Samstage im Jahreskreis, an denen freiwillige Gedächtnisse erlaubt sind; siehe Collectio missarum de beata Maria Virgine, Praenotanda 34-36; ähnlich auch die Liturgia Horarum für die Samstage im Jahreskreis, bei denen das Offizium der heiligen Maria am Samstag erlaubt ist.

(219) Vgl. ALKUIN, Le sacramentaire grégorien, II, hrsg. von J. DESHUSSES, Fribourg 1988, 25-27 und 45; PL 101, 455-456.

(220) Vgl. UMBERTO DE ROMANIS, De vita regulari, II. Kap. XXIV, Quare sabbatum attribuitur Beatae Virgini, Rom 1889, 72-75.

(221) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 5.

(222) Es handelt sich um die glückliche Felicitación sabatina a María Inmaculada, zusammengestellt von dem Priester Manuel García Navarro, der später Kartäuser wurde († 1903).

(223) Im byzantinischen Ritus bildet der Monat August, dessen Liturgie auf das Hochfest der Entschlafung Mariens (15. August) konzentriert ist, ab dem 13. Jahrhundert einen ganzen “Marienmonat” aus; im koptischen Ritus überschneidet sich der “Marienmonat” wesentlich mit dem Monat kiahk (Dezember bis Januar) und ist liturgisch um Weihnachten herum angesiedelt. Im Westen gibt es die ersten Zeugnisse eines der Jungfrau Maria geweihten Monats Mai gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Im 18. Jahrhundert ist ein “Marienmonat” im modernen Wortsinn schon gut bezeugt. Es handelt sich aber um eine Zeit, in der die Bischöfe ihre apostolische Tätigkeit – bis auf Buße und Eucharistie – weniger auf die Liturgie als auf die Andachtsübungen konzentrierten und die Gläubigen mit Vorliebe auf diese hinleiteten.

(224) Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 64-65.

(225) Bezüglich einiger Angaben über Maria und die Sakramente der christlichen Initiation vgl. ebd., 23-31.

(226) SC 108.

(227) Vgl. SC 35, 4.

(228) Vgl. PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 30.

(229) Vgl. ebd., 17; Collectio missarum de beata Maria Virgine, Praenotanda ad lectionarium 10.

(230) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 60.

(231) PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 41.

(232) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 61.

(233) Die Antiphon ist im Antiphonarium (7. Jahrhundert) der Abtei des heiligen Lupus von Benevent bezeugt. Vgl. R. J. HESBERT (Hrsg.), Corpus Antiphonalium Officii, Bd. II, Rom 1965, XX-XXIV; Bd. III, Rom 1968, 440.

(234) Bezüglich der gewährten Ablässe vgl. EI, Aliae concessiones 17, 62. Bezüglich eines Kommentars zum Ave Maria vgl. KKK 2676-2677.

(235) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 62.

(236) PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 47.

(237) Vgl. CIC cann. 246 § 3; 276 § 2, 5°; 663 § 4; KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Direttorio per il ministero e la vita dei presbiteri, Vatikanstadt 1994, 39.

(238) Vgl. RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo benedictionis coronarum Rosarii, a.a.O., 1183-1207.

(239) Ebd.

(240) Vgl. ebd., 1183-1184.

(241) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 62 a.

(242) Ebd., 62 b.

(243) Vgl. SC 90.

(244) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 62 c.

(245) PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 55.

(246) Die Lauretanischen Litaneien wurden zum ersten Mal im Rituale Romanum, im Anhang, in der Edition des Jahres 1874 eingefügt. Bezüglich der gewährten Ablässe vgl. EI, Aliae concessiones 22, 68.

(247) Vgl. Ordo coronandi imaginem beatae Maria Virginis, Vatikanstadt 1981, Nr. 41, 27-29.

(248) Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 63 c.

(249) Im 16. Jahrhundert wurden die Litaneiformulare vermehrt, die nicht selten Ausdruck schlechten Geschmacks oder Resultat eines wenig erleuchteten Frömmigkeit waren. Um eine übertriebene und unkontrollierte Erstellung von Litaneien zu begrenzen, liess Clemens VIII. am 6. September 1601 durch das Heilige Offizium das strenge Dekret Quoniam multi erlassen, nach dem ausschließlich die alten im Brevier, in den Messbüchern, in den Pontifikalien und Ritualien enthaltenen sowie die Lauretanischen Litaneien als gebilligt galten (vgl. Magnum Bullarium Romanum III, Lyon 1656, 1609).

(250) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 63 d.

(251) Siehe den Akt der vertrauensvollen Hingabe an die selige Jungfrau Maria, den Johannes Paul II. am Sonntag, den 8. Oktober 2000, in Gemeinschaft mit den in Rom zum Großen Jubiläum versammelten Bischöfen verkündet hat.

(252) JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris Mater, 48.

(253) Vgl. LG 61; JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris Mater, 40-44.

(254) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 86.

(255) LG 67; vgl. PAUL VI., Schreiben an Card. Silva Henríquez, den Päpstlichen Legaten beim Mariologischen Kongress in Santo Domingo, in: AAS 57 (1965), 376-379.

(256) RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo benedictionis et impositionis scapularis, a.a.O., 1213.

(257) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 88.

(258) RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo benedictionis rerum quae ad pietatem et devotionem exercendam destinatur, a.a.O., 1168.

(259) Ebd.

(260) Vgl. LG 67; PAUL VI., Apostolisches Mahnschreiben Marialis cultus, 38; KKK 2111.

(261) Über den Hymnus Akathistos hinaus gibt es andere Gebete verschiedener östlicher Tradition, die mit Ablässen bereichert wurden: vgl. EI, Aliae concessiones 23, 68-69.

(262) Mit dem Gesang des Akatisthos in der Basilika von Groß St. Marien am 7. Juni 1981 wurden der Jahrestage der Konzilien von Konstantinopel I (381) und von Ephesus (431) gedacht. Der Hymnus wurde auch anlässlich des 450. Jahrestages der Erscheinung der Jungfrau Maria in Mexika, vom 10. bis 12. Dezember 1981, gesungen. Während des Marianischen Jahres stand Johannes Paul II. in der Kirche S. Maria sopra Minerva der Matutin mit dem Akatisthos im byzantinisch-slawischen Ritus vor. Der Akatisthos wurde ausdrücklich in der Bulla Incarnationis Mysterium unter den Jubiläumspraktiken für den Ablass des Heiligen Jahres erwähnt – gesungen in den Sprachen griechisch, altslawisch, ungarisch, ukrainisch, rumänisch und arabisch – und war der Anlass einer feierlichen vom Papst am 8. Dezember 2000 geleiteten Feier in der Basilika Groß St. Marien in Rom, zusammen mit Vertretern verschiedener byzantinisch-katholischer Kirchen.

(263) Er ist anonym überliefert, die heutige Wissenschaft neigt dazu, ihn in die dem Konzil von Chalzedon folgenden Jahre zu datieren. Die lateinische Version, die von Bischof Christophorus von Venedig um 800 redigiert worden ist und großen Einfluss auf die Frömmigkeit des Mittelalters hatte, trägt den Namen des Germanus von Konstantinopel († 733).

(264) JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris Mater, 34.

(265) Vgl. EUSEBIUS VON CÄSAREA, Storia ecclesiastica V, XV, 42-47: SCh 31, Paris 1952, 189-190.

(266) SC 104.

(267) DS 150; MISSALE ROMANUM, Ordo Missae, Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum.

(268) JOHANNES PAUL II., Apostolische Konstitution Divinus perfectionis magister, in: AAS 75 (1983), 349.

(269) Vgl. LG 4.

(270) Ebd. 48.

(271) Ebd. 48.

(272) Symbolum Apostolicum, in: DS 19.

(273) KKK 1472.

(274) LG 49.

(275) Vgl. ebd.

(276) KONZIL VON FLORENZ, Decretum pro Graecis, in: DS 1305.

(277) Vgl. MISSALE ROMANUM, Die 1 nov. Omnium Sanctorum sollemnitas, Praefatio.

(278) Ebd., Praefatio I de Sanctis.

(279) LG 51.

(280) KKK 328.

(281) Ebd. 336.

(282) So beispielsweise am hohen Osterfeiertag und am Hochfest der Verkündigung (25. März), von Weihnachten (25. Dezember), der Himmelfahrt, der unbefleckten Empfängnis (8. Dezember), des heiligen Josef (19. März), der heiligen Petrus und Paulus (29. Juni), Mariä Aufnahme in den Himmel (15. August) und Allerheiligen (1. November).

(283) MISSALE ROMANUM, Praefatio de Angelis.

(284) Vgl. ebd., Prex eucharistica, Sanctus.

(285) Ebd., Prex eucharistica I, Supplices te rogamus.

(286) Vgl. HL. BENEDIKT, Regula 19,5: CSEL 75, Vindobonae 1960, 75.

(287) Vgl. RITUALE ROMANUM, Ordo Paenitentiae, Vatikanstadt 1974, 54.

(288) Vgl. LITURGIA HORARUM, Die 2 octobris, Ss. Angelorum Custodum memoria, Ad Vesperas, Hymnus “Custodes hominum psallimus angelos”.

(289) Vgl. ebd., Ad Completorium post II Vesperas Dominicae et Sollemnitatum, Oratio “Visita quaesumus”.

(290) Vgl. RITUALE ROMANUM, Ordo unctionis infirmorum eorumque pastoralis curae, a.a.O., 147.

(291) Vgl. RITUALE ROMANUM, Ordo exsequiarum, Vatikanstadt 1969, 50.

(292) HL. BASILIUS VON CÄSAREA, Adversus Eunomium III,1: PG 29, 656.

(293) HL. BERNHARD VON CLAIRVAUX, Sermo XII in Psalmum “Qui habibat”, 3: Sancti Bernardi Opera IV, Rom 1966, 459.

(294) Vgl. EI, Normae et cnoncessiones 18, 65.

(295) MISSALE ROMANUM, Die 19 martii, Sollemnitas s. Joseph sponsi beatae Mariae Virginis, Collecta.

(296) HL. RITENKONGREGATION, Dekret Quemadmodum Deus, in: Pii IX Pontificis Maximi Acta, Pars Prima, vol. V, Graz 1971, 282; vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Mahnschreiben Redemptoris Custos, 1, in: AAS 82 (1990), 6.

(297) Die Erklärung des heiligen Josef zum Schutzheiligen der Universalkirche fand am 8. Dezember 1870 mit dem Dekret Quemadmodum Deus, das in der vorgenannten Anmerkungen zitiert wurde, statt.

(298) LEO XIII., Enzyklika Quamquam pluries (15. August 1889), in: Leonis XIII Pontificis Maximi Acta IX, Rom 1890, 180.

(299) Vgl. PIUS XII., Allocutio ad adscriptos Societatibus Christianus Operariorum Italicorum (A.C.L.I.) (1. Mai 1955), in: AAS 47 (1955), 402-407, in der er das Fest des heiligen Josefs, des Handwerkers, als solches ausrief, das auf den 1. Mai festgelegt wurde (vgl. HL. RITENKONGREGATION, Dekret [24. April 1956], in: AAS 48 [1956], 237); JOHANNES PAUL II., Apostolisches Mahnschreiben Redemptoris Custos, 22-24, in: AAS 82 (1990), 26-28.

(300) Vgl. HL. BERNHARDIN VON SIENA, De sancto Joseph sponso beatae Virginis Art. II, Kap. III, in: S. Bernardini opera omnia VII Ad Claras Aquas 1959, 28.

(301) Insbesondere an den Tagen, an denen das zentrale Thema der Liturgie der Stammbaum des Erlösers (Mt 1,1-17: 17. Dezember) oder die Verkündigung des Engels an Josef (Mt 1,18-24: 18. Dezember: 4. Adventssonntag, Einf. A) ist: Beide Perikopen möchten unterstreichen, dass Jesus der Messias und “Sohn Davids” (Mt 1,1) durch Josef ist, der eben aus dem Geschlecht Davids stammt (vgl. Mt 1,20; Lk 1,27.32).

(302) Vgl. CALENDARIUM ROMANUM, Litaniae Sanctorum, a.a.O., 33-39.

(303) Vgl. RITUALE ROMANUM, Ordo unctionis infirmorum eorumqe pastoralis curae, a.a.O., 143.

(304) Ebd., 146.

(305) Vgl. EI, Piae invocationes, 83.

(306) Vgl. EI, Aliae concessiones 19, 66.

(307) Vgl. EI, Aliae concessiones 22, 68.

(308) JOHANNES PAUL II, Apostolisches Mahnschreiben Redemptoris Custos, 1, in: AAS 82 (1990), 31.

(309) Vgl. RITUALE ROMANUM, Pauli V Maximi iussu editum … Pii XII auctoritate ordinatum et auctum. Tit. IX, cap. III, 13: Benedictio rogi in Vigilia Nativitatis S. Ioannis Baptistae.

(310) Die Überlieferung spricht vom Todestag der Märtyrer als “dies natalis”. Der Brauch geht wenigstens auf das fünfte Jahrhundert zurück. Vgl. HL. AUGUSTINUS, Sermo 310, 1: PL 38, 1412-1413.

(311) MARTROLOGIUM ROMANUM ex decreto Sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate Ioannis Pauli PP. II promulgatum, Vatikanstadt 2001.

(312) Der Römische Generalkalender ist am 14. Februar 1969 von Paul VI. veröffentlicht worden, und zwar mit dem Apostolischen Schreiben Mysterii paschalis, in: AAS 69 (1969), 222-226.

(313) SC 111.

(314) Ebd.

(315) PAUL VI., Apostolisches Schreiben Mysterii paschalis, 1, in: AAS 61 (1969), 222.

(316) SC 111.

(317) Vgl. CALENDARIUM ROMANUM, a.a.O., Normae universales, 58-59; HL. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Instruktion De Calendariis particularibus, 8-12, in: AAS 62 (1970), 653-654.

(318) LITURGIA HORARUM, Commune Sanctorum virorum, Ad Invitatorium.

(319) MISSALE ROMANUM, Prex eucharistica I, Supra quae propitio.

(320) Ebd., Communicantes. Im dritten Hochgebet ist eine Stelle vorgesehen, um des Tagesheiligen oder des Patrons zu gedenken.

(321) Vgl. Ordo Romanus XXI, in: A. ANDRIEU (Hrsg.), Les “Ordines Romani” du Haut Moyen-Age, III, Louvain 1951, 249. Bzgl. der Ablässe vgl. EI, Aliae concessiones 22, 68.

(322) Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG, Notification de cultu Beatorum, 13, in: Notitiae 35 (1999), 446.

(323) SC 111; vgl. KONZIL VON TRIENT, Decretum de invocatione, veneratione et reliquiis Sanctorum, et sacris imaginibus (3. Dez. 1563), in: DS 1822.

(324) Vgl. ebd.

(325) Institutio generalis Missalis Romani, 302.

(326) Vgl. PONTIFICALE ROMANUM, Ordo dedicationis ecclesiae et altaris, Vatikanstadt 1977, Kap. IV, Praenotanda, 5.

(327) Vgl. ebd., Kap. II, Praenotanda, 5.

(328) Ebd.

(329) Vgl. CIC can. 1190.

(330) Vgl. HL. AMBROSIUS, Epistula LXXVII (Maur. 22), 13: CSEL 82/3, Vindobonae 1982, 134-135; PONTIFICALE ROMANUM, Ordo dedicationis ecclesiae et altaris, a.a.O., Kap. IV, Praenotanda, 10.

(331) ZWEITES KONZIL VON NIZÄA, Defintio de sacris imaginibus (23. Okt. 787), in: DS 600.

(332) KKK 1161.

(333) Vgl. ZWEITES KONZIL VON NIZÄA, Defintio de sacris imaginibus (23. Okt. 787), in: DS 600-603; KONZIL VON TRIENT, Decretum de invocatione, veneratione et reliquiis Sanctorum, et sacris imaginibus (3. Dez. 1563), in: DS 1821-1825; SC 111.

(334) Vgl. Nrn. 1159-1162.

(335) ZWEITES KONZIL VON NIZÄA, Definitio de sacris imaginibus, in: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, a.a.O., 135 (liegt in DS nicht vor).

(336) KKK 1161.

(337) Ebd.

(338) ZWEITES KONZIL VON NIZÄA, Definitio de sacris imaginibus, in: DS 601.

(339) KONZIL VON TRIENT, Decretum de invocatione, veneratione et reliquiis Sanctorum, et sacris imaginibus, in: DS 1824.

(340) Ebd. 1823.

(341) RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo ad benedicendas imagines quae fidelium venerationi publicae exhibentur, a.a.O., 985.

(342) Vgl. RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo benedictionis imaginis Sanctorum, a.a.O., 1018-1031.

(343) Ebd., 1027.

(344) Vgl. CIC can. 1188; Institutio generalis Missalis Romani, 318.

(345) Vgl. PONTIFICALE ROMANUM, Ordo dedicationis ecclesiae et altaris, a.a.O., Kap. IV, Praenotanda 10.

(346) Vgl. RITUALE ROMANUM, De sacra communione et de cultu mysterii eucharistici extra Messam, a.a.O., 101; CIC can. 944; oben Nr. 162.

(347) Institutio generalis de Liturgia Horarum, 213.

(348) ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Konstitution Gaudium et spes, 18.

(349) DS 150; MISSALE ROMANUM, Ordo Missae, Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum.

(350) KKK 989.

(351) HL. AMBROSIUS, De excessu fratris I, 70: CSEL 73, Vindobonae 1955, 245.

(352) KKK 1007.

(353) Ebd. 1013.

(354) Ebd. 1008; vgl. KONZIL VON TRIENT, Decretum de peccato originali (17. Juni 1546), in: DS 1511.

(355) KKK 1009.

(356) MISSALE ROMANUM, Praefatio defunctorum I.

(357) Vgl. ebd., Prex eucharistica IV; Commemoratio pro defunctis.

(358) KKK 1031; vgl. DS 1304; 1820; 1580.

(359) LG 50.

(360) Vgl. ZWEITES KONZIL VON LYON, Professio fidei Michaelis Paleologi (6. Juli 1274), in: DS 856; HL. CYPRIAN, Epistula I, 2: CSEL 3/2, Vindobonae 1871, 466-467; HL. AUGUSTINUS, Confessiones IX, 12, 32: CSEL 33/1, Vindobonae 1896, 221-222.

(361) Vgl. HL. AUGUSTINUS, De cura pro mortuis gerenda 6: CSEL 41, 629-631; HL. JOHANNES CHRYSOSTOMUS, Homilia in primam ad Corinthios 41,4: PG 61, 494-495; KKK 1032.

(362) Vgl. EI, Normae de Indulgentiis 3, 21; Aliae concessiones 29, 74-75.

(363) Vgl. RITUALE ROMANUM, Ordo exsequiarum, a.a.O., Praenotanda 4.

(364) Diese Vigil, in den anglofonen Ländern noch “wake” genannt, auch wenn jedes Verständnis seines geschichtstheologischen Sinnes verloren gegangen ist, ist ein Akt des Glaubens an die Auferstehung der Toten, die Vigil der “von Furcht ergriffenen” Frauen des Evangeliums nachahmend, welche die aromatischen Salben mitbrachten, um den Leib des Herrn zu salben, die auf diese Weise die ersten Zeugen der Auferstehung wurden.

(365) RITUALE ROMANUM, Ordo exsequiarum, a.a.O., Praenotanda, 11.

(366) Ebd., 41.

(367) KKK 1689.

(368) RITUALE ROMANUM, Ordo exsequiarum, a.a.O., Praenotanda, 10.

(369) Ebd., 15; OBERSTE HEILIGE KONGREGATION DES HL. OFFIZIUMS, Instruktion De cadaverum crematione, 2-3, in: AAS 56 (1964), 822-823; CIC can 1184 § 1, 2°.

(370) MISSALE ROMANUM, Prex eucharistica I, Commemoratio pro defunctis.

(371) Bezüglich der Messen für die Verstorbenen vgl. Institutio generalis Missalis Romani, 355.

(372) LG 49.

(373) KKK 958.

(374) DS 150; MISSALE ROMANUM, Ordo Missae, Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum.

(375) CIC can. 1234 § 1.

(376) Vgl. PÄPSTLICHER RAT DER SEELSORGE FÜR DIE MIGRANTEN UND DIE MENSCHEN UNTERWEGS, Il Santuario. Memoria, presenza e profezia del Dio vivente (8.5.1999), Vatikanstadt 1999.

(377) JOHANNES PAUL II., Ansprache an die Rektoren der franziskanischen Heiligtümer (22.1.1981), in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II IV/1, Vatikanstadt 1981, 138.

(378) CIC can. 1230. Bezüglich der Gewährung von Ablässen vgl. EI, Aliae concessiones 33 § 1, 4, 77.

(379) Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptoris Mater, 28.

(380) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 75.

(381) RITUALE ROMANUM, Ordo Paenitentiae, a.a.O., 6 a.

(382) Vgl. ebd., Appendix II, Specimina celebrationum paenitentalium, 1-73.

(383) Ebd., Praenotanda, 22.

(384) Vgl. CIC can. 961 § 2.

(385) Collectio missarum de Beata Maria Virgine, Praenotanda, 30.

(386) SC 47.

(387) Vgl. Institutio generalis Missalis Romani, 41.

(388) Vgl. Nr. 83.

(389) Vgl. CIC can. 1004.

(390) RITUALE ROMANUM, Ordo unctionis infirmorum eorumque pastoralis curae, a.a.O., 90.

(391) Vgl. CIC can. 1115.

(392) Vgl. Institutio generalis de Liturgia Horarum, 27.

(393) Vgl. ebd., 245.

(394) Vgl. RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, a.a.O., Praenotanda, 1-34.

(395) Vgl. ebd., 22-24.

(396) Vgl. ebd., 24 a.

(397) Vgl. ebd., 30.

(398) Vgl. ebd., 15.

(399) ZENTRALKOMITEE FÜR DAS MARIANISCHE JAHR, Die marianischen Heiligtümer, 4 (Rundbrief vom 7.10.1987).

(400) Ebd.

(401) KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST, Rundbrief Orientamenti e proposte per la celebrazione dell’Anno mariano, 76.

(402) Vgl. PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE EINHEIT DER CHRISTEN, Directoire pour l’application des Principes et des Normes sur l’Oecuménisme (25.3.1993): AAS 85 (1993), 1039-1119.

(403) Nr. 8.

(404) Nr. 25, in: AAS 85 (1993), 1049.

(405) Vgl. ebd., Nr. 27, 1049.

(406) Vgl. ebd., Nr. 110, 1084.

(407) Vgl. Collectio missarum de beata Maria Virgine, Form. 38: “Sancta Maria, mater unitatis”; HL. AUGUSTINUS, Sermo 192, 2: PL 38, 1013; PAUL VI., Homilie am Fest der Darstellung Jesu im Tempel (2.2.1965), in: Insegnamenti di Paolo VI III (1965), Vatikanstadt 1966, 68; JOHANNES PAUL II., Homilie im Marienheiligtum von Jasna Góra (4.6.1979), in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II II/1 (1979), Vatikanstadt 1979, 1418; Ansprache vor dem marianischen Gebet des “Engel des Herrn” (12.6.1988), in: Insegnamenti di Giovanni Paolo II XI/2 (1988), Vatikanstadt 1989, 1997.

(408) Vgl. PÄPSTLICHER RAT DER SEELSORGE FÜR DIE MIGRANTEN UND DIE MENSCHEN UNTERWEGS, Il Pellegrianaggio nel Grande Giubileo del 2000 (25.4.1998), Vatikanstadt 1998.

(409) Nach dem Kodex des Kanonischen Rechtes ist die Häufigkeit der Wallfahrten ein integrierendes Element des Konzeptes des Heiligtums: “Unter Heiligtum versteht man eine Kirche oder einen anderen heiligen Ort, zu dem aus besonderem Frömmigkeitsgrund zahlreiche Gläubige mit Gutheißung des Ortsordinarius pilgern” (can. 1230).

(410) Ein bezeichnendes Zeugnis der Wallfahrt nach Jerusalem ist die Sammlung der “Wallfahrtslieder”, die Psalmen 120 bis 134 nämlich, die zur Verwendung an diejenigen bestimmt ist, die sich zur heiligen Stadt aufmachen. In der christlichen Auslegung besingen sie die Freude der Kirche auf dem Weg durch die Zeit, auf dem Weg zum himmlischen Jerusalem.

(411) MISSALE ROMANUM, Prex eucharistica III, Intercessiones.

(412) Vgl. HL. AUGUSTINUS, Tractatus CXXIV in Johannis Evangelium, 5: CCL 36, Turnholti 1954, 685.

(413) Vgl. oben Nr. 267.

(414) ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL, Dekret Apostolicam actuositatem, 14.

(415) Vgl. RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo ad benedicendos peregrinos, a.a.O., 407.

(416) Vgl. ebd., 409-419.

(417) Vgl. oben, Nrn. 265-273.

(418) Vgl. RITUALE ROMANUM, De Benedictionibus, Ordo benedictionis peregrinorum ante vel post reditum, a.a.O., 420-430.

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