Diakonisse

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Diakonisse (weibliche Form von altgriechisch διάκονος diákonos ‚Diener, Knecht‘: spätgriechisch διακονίσσα diakoníssa; kirchenlateinisch diaconissa ‚[Kirchen-]Dienerin‘, Ehefrau eines Diakons), auch Diakonin (Duden. Die deutsche Rechtschreibung, 25. Auflage, S. 243) war von der Zeit des Urchristentums bis ins Mittelalter eine Frau (oft eine Witwe oder Jungfrau), die mit gewissen Hilfeleistungen bezüglich der Frauen im Kirchendienst und in der Seelsorge betraut war, wie z. B. der Hilfe bei der Taufe von Frauen, der Bewachung der Kirchentüren, durch die die Frauen eintraten, seelsorglichen oder caritativen Hausbesuchen bei Frauen, Unterricht der Frauen zur Vorbereitung auf die Taufe und ähnlichem. Diakonissen empfingen eine Weihe, die genau wie die Abtsweihe kein Sakrament war, sondern ein Sakramentale. In der Spätantike konnte mit diaconissa auch die Frau eines Diakons gemeint sein.<ref>Konzil von Tours (567), can. 20 Diaconus cum sua diaconissa, zitiert nach: J.F. Niermeyer & C. van de Kieft: Mediae Latinitatis Lexicon Minus, Bd. 1 A - L, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. Aufl., Leiden 2002, S. 432.</ref>

Aufgaben

Die Didaskalia Apostolorum (Syrien, um 280), Kapitel XVI (Die syrische Didaskalia, übersetzt und erklärt von Hans Achelis und Johs. Flemming, Band 2, Leipzig 1904 online) sagt zu den Aufgaben:

Deshalb, o Bischof, sollst du um dich Arbeiter der Gerechtigkeit berufen, die dir lebenslange Helfer sind. Unter allen Leuten sollst du die, die dir gut erscheinen, als Diakone wählen und berufen, einen Mann, um viele nötige Dinge zu tun, und eine Frau für den Dienst an den Frauen. Denn es gibt Häuser, wohin du den Diakon nicht zu Frauen senden kannst wegen der Heiden, sondern du sollst die Diakonin senden. Denn es ist auch in vielen andern Dingen das Amt einer Frau erforderlich. (85,4)

Diese Quelle zeigt, dass Diakoninnen spezifisch für solche Dienste notwendig waren, bei denen ein Mann aus sittlichen Gründen nicht eingesetzt werden konnte. Dazu gehörten:

  • der Beistand bei der Taufe erwachsener Frauen: „Es ist erforderlich, dass die, die in das Taufbecken hinein gehen, von einer Diakonin mit dem Salböl gesalbt werden.“ (85,13) Der Hintergrund ist hier die Ganzkörpersalbung vor der Taufe.
  • die Instruktion neugetaufter Frauen: „Wenn die Getaufte aus dem Wasser kommt, soll die Diakonin sie empfangen und sie lehren, wie das Siegel der Taufe in Keuschheit und Heiligkeit ungebrochen bleibt.“ (85,22) Hierzu gehörten auch klare Worte zu sexuellen Dingen, deshalb kam ein Mann für dieses Gespräch nicht in Frage.
  • das Überbringen von Botschaften des Bischofs an Frauen (85,33)
  • Kranke und Arme zu betreuen (85,33).

Im Westen verlor sich das Institut der Diakonissen schon im frühen Mittelalter, wenn sich auch Formulare für deren Weihe vereinzelt noch in Pontifikalien der zweiten Hälfte desselben finden.<ref>Joseph Braun: Handlexikon der katholischen Dogmatik, Herder & Co., Freiburg im Breisgau 1926, Diakonissen: S. 53 (Imprimatur Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.)</ref>

Papst Paul VI. knüpfte an die Tradition an, indem er 1970 die Jungfrauenweihe wiederbelebte. Die Empfängerinnen der Weihe werden "geweihte Jungfrau" genannt.

Der Begriff "Diakonisse" wird im katholischen Sprachgebrauch heute nur in historisch-beschreibender Bedeutung benutzt. Als Diakonisse wird im Deutschen heute eine "in einer Schwesterngemeinschaft lebende, in der Diakonie tätige Frau" bezeichnet, gemeint sind nahezu ausschließlich die Mitglieder evangelischer Schwesterngemeinschaften.

Neuzeitliche Wiederbelebungen

Evangelisch: Diakonissen

Eine Diakonisse im aktuellen deutschen Sprachgebrauch<ref>Duden, Die deutsche Rechtschreibung; Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Bd. 3</ref> ist eine Frau, die in einer evangelischen, verbindlichen Lebens-, Glaubens- und Dienstgemeinschaft (Schwesterngemeinschaft) lebt und in der Diakonie tätig ist. Diakonissen leben in der Regel in einem Diakonissenhaus oder einer Diakonissenanstalt.<ref>Reinhard Turre: Art. "Diakonissen" in Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Bd. 3, Sp. 187f.</ref>

Die Diakonissen-Gemeinschaften entstanden im 19. Jahrhundert. Theodor Fliedner gab 1836 den Diakonissen eine Lebensordnung und beschrieb ihre Sendung: "Diakonissen, das heißt Dienerinnen sein; Dienerinnen des Herrn Jesus, Dienerinnen der Hilfsbedürftigen um Jesu willen, Dienerinnen untereinander." Ihnen entspricht im katholischen Bereich die Gründung zahlreicher Kongregationen von Ordensschwestern zur selben Zeit, die sich der Krankenpflege und anderen sozialen und erzieherischen Aufgaben widmeten.<ref>Benedikt XVI.: Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), Nr. 27.</ref>

Katholisch: Geweihte Jungfrau

Das Institut der geweihten Jungfrau nimmt in der Katholischen Kirche ebenfalls den urchristlichen Gedanken der Berufung zu einem geweihten Leben einer Frau als Diakonisse auf.

Lehramtliche Stellungnahme

Die Studie der Internationalen Theologenkommission Der Diakonat: Entwicklung und Perspektiven des Vatikans hat im Jahre 2002 festgestellt:

"Was die Ordination von Frauen zum Diakonat betrifft, sei angemerkt, dass sich aus dem bisher Dargelegten zwei wichtige Hinweise ergeben: Die Diakonissen, die in der Überlieferung der frühen Kirche erwähnt werden, sind - entsprechend dem, was der Ritus der Einsetzung und die ausgeübten Funktionen nahelegen - nicht schlicht und einfach mit den Diakonen gleich zu setzen. [...]"

Literatur

  • Leo Scheffczyk (Hrsg.): Diakonat und Diakonissen, EOS Verlag St. Ottilien 2002 (376 Seiten; ISBN 3-8306-7119-9).
  • Gerta Scharffenorth, Schwestern. Leben und Arbeit Evangelischer Schwestern in: Kennzeichen, Band 10; Burckhardthaus, Offenbach am Main 1984; ISBN 3-7664-0111-4.

Anmerkungen

<references/>