Christi ecclesia (Wortlaut)

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Direktorium
Christi ecclesia

der Kongregation für den Gottesdienst
unseres Heiligen Vaters
Johannes Paul II.
Sonntäglicher Gemeindegottesdienst ohne Priester
2. Juni 1988
(Offizieller lateinischer Text: Notitiae 24 [1988] 366-378)

(Quelle: Deutsche Bischofskonferenz Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 94
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Vorwort

1. Die Kirche Christi kommt seit der Herabkunft des Heiligen Geistes am Pfingsttag zur Feier des österlichen Mysteriums immer gläubig an dem Tag zusammen, der im Gedenken an die Auferstehung des Herrn „Herrentag“ genannt wird. In der sonntäglichen Versammlung liest die Kirche, was in der gesamten Schrift über Christus steht[1], und feiert die Eucharistie als Gedächtnis des Todes und der Auferstehung des Herrn, bis er wiederkommt.

2. Nicht immer ist jedoch eine volle Feier des Herrentages möglich. Denn es gab und gibt viele Christen, denen „wegen Fehlens eines geistlichen Amtsträgers oder aus einem anderen schwerwiegenden Grund die Teilnahme an der Eucharistiefeier unmöglich ist“.[2]

3. In manchen Gegenden haben die Bischöfe nach der Erstverkündigung Katechisten beauftragt, die Gläubigen am Sonntag zu versammeln und ihr Gebet — in Form von Andachten — zu leiten. Denn mancherorts lebten die Christen, die an Zahl stark zugenommen hatten, weit verstreut auseinander, so daß nicht jeden Sonntag ein Priester zu ihnen kommen konnte.

4. An anderen Orten wird es den Gläubigen auf Grund von Christenverfolgungen oder anderen schwerwiegenden Einschränkungen der Religionsfreiheit völlig untersagt, sich am Sonntag zu versammeln. Und wie einst Christen wegen der Teilnahme an der sonntäglichen Versammlung das Martyrium auf sich nahmen[3], so gibt es auch heute Gläubige, die unter großen Schwierigkeiten am Sonntag zum Gebet in der Familie oder in kleinen Gruppen auch ohne Anwesenheit eines Priesters zusammenkommen.

5. Aus einem anderen Grunde — weil nämlich die Zahl der Priester zurückgegangen ist — kann in unserer Zeit in manchen Gebieten nicht jede Pfarrei jeden Sonntag Eucharistie feiern. Außerdem sind manche Pfarreien aus sozialen oder wirtschaftlichen Gründen entvölkert. So haben viele Priester die Verpflichtung, mehrmals am Sonntag in verschiedenen und auseinanderliegenden Kirchen die Messe zu feiern. Diese Praxis scheint aber weder für die Pfarreien, die keinen eigenen Hirten haben, noch für die Priester selbst in jedem Fall günstig zu sein.

6. Daher haben die Bischöfe in einigen Teilkirchen, in denen die dargestellten Verhältnisse bestehen, es für notwendig gehalten, dort, wo kein Priester zur Verfügung steht, andere sonntägliche Feiern einzuführen, damit auf die bestmögliche Weise eine wöchentliche Versammlung der Christen stattfinden kann und die christliche Tradition des Herrentages erhalten bleibt.

Nicht selten kommen auch — vor allem in Missionsgebieten — die Gläubigen, unterstützt von Katechisten oder Ordensleuten von sich aus zusammen, da sie sich der Wichtigkeit des Herrentages bewußt sind, um das Wort Gottes zu hören, zu beten und manchmal auch die heilige Kommunion zu empfangen.

7. Im Blick auf diese Tatsachen und unter Berücksichtigung von Dokumenten des Heiligen Stuhles[4] hält es die Gottesdienstkongregation für angebracht — und entspricht damit auch Wünschen von Bischofskonferenzen —‚ an einige Aussagen der Glaubenslehre über den Sonntag zu erinnern, die Bedingungen anzugeben, unter denen in den Diözesen Feiern dieser Art rechtmäßig sind, und außerdem einige Richtlinien für den ordnungsgemäßen Verlauf dieser Feiern zu geben.

Den Bischofskonferenzen kommt es — wo erforderlich — zu, weitere Einzelheiten zu regeln, die Bestimmungen der Eigenart sowie den unterschiedlichen Situationen der verschiedenen Völker anzupassen und darüber den Apostolischen Stuhl in Kenntnis zu setzen.

I. Kapitel: Der Sonntag und die Feier des Sonntags

8. „Aus apostolischer Überlieferung, die ihrer Ursprung auf den Auferstehungstag Christi zurückführt, feiert die Kirche Christi das Pascha-Mysterium jeweils am achten Tage, der deshalb mit Recht Tag des Herrn oder Herrentag genannt wird.“[5]

9. Ausdrückliche Zeugnisse von der Versammlung der Gläubigen an dem Tag, der schon im Neuen Testament als „Herrentag“ bezeichnet wird[6], finden sich in frühen Dokumenten des ersten und zweiten Jahrhunderts[7]. Unter ihnen ragt das Zeugnis des heiligen Justin heraus: „Am Sonntag, wie dieser Tag genannt wird, kommen aus Stadt und Land alle an einem Ort zusammen …“[8] Jener Tag, an dem sich die Christen versammelten, fiel jedoch nicht zusammen mit den Feiertagen des griechischen und römischen Kalenders und wurde darum für die Mitbürger gewissermaßen zu einem Unterscheidungsmerkmal der Christen.

10. Von den ersten Jahrhunderten an haben die Hirten niemals aufgehört, die Gläubigen mahnend auf die Notwendigkeit der Zusammenkunft am Herrentag hinzuweisen: „Laßt euch also, da ihr Glieder Christi seid, nicht von der Kirche trennen, indem ihr nicht zusammen kommt ...; laßt nicht zu, daß die Glieder ihren Retter nicht kennen oder ihm fremd werden, und laßt nicht zu, daß sein Leib auseinandergerissen und zerstreut wird …“[9] Daran hat das Zweite Vatikanische Konzil mit den Worten erinnert: „An diesem Tag müssen die Christgläubigen zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken und Gott dankzusagen, der sie ‚wiedergeboren hat zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten‘ (1 Petr 1,3)“.[10]

11. Die Bedeutung der Feier des Sonntags für das Leben der Gläubigen beschreibt Ignatius von Antiochien so: „Die Christen feiern nicht mehr den Sabbat, sondern leben gemäß dem Herrentag, aus dem unser Leben durch Christus und seinen Tod hervorgegangen ist“.[11] Das gläubige Empfinden hat die Christen in der Vergangenheit wie in der Gegenwart den Sonntag so hoch in Ehren halten lassen, daß sie ihn auch in Zeiten der Verfolgung oder in Kulturen, die dem christlichen Glauben fremd oder entgegengesetzt sind, als Tag des Herrn nicht aufgeben wollten.

12. Die Kennzeichen der sonntäglichen Versammlung sind vor allem:

a) die Versammlung der Gläubigen als Zeichen, daß die Kirche nicht aus sich selbst entsteht, sondern von Gott zusammengerufen ist, d.h. das organisch aufgebaute Volk Gottes, dem der Priester vorsteht, der die Person Christi, des Hauptes, vertritt.

b) Die Unterweisung über das österliche Geheimnis durch die Schriftlesungen, die vorgetragen und vom Priester oder Diakon erklärt werden;

c) die Feier des eucharistischen Opfers, das der Priester in der Person Christi vollzieht, im Namen des ganzen christlichen Volkes darbringt und in welchem das österliche Mysterium gegenwärtig wird.

13. Die Seelsorge muß vor allem darauf ausgerichtet sein, daß an jedem Sonntag das Meßopfer gefeiert wird, durch das allein das Pascha des Herrn wahrhaft fortdauert[12] und die Kirche in ihrer Fülle dargestellt wird. „Deshalb ist der Herrentag der Ur-Feiertag, den man der Frömmigkeit der Gläubigen eindringlich vor Augen stellen soll ... Andere Feiern sollen ihm nicht vorgezogen werden, wenn sie nicht wirklich von höchster Bedeutung sind; denn der Herrentag ist Fundament und Kern des ganzen liturgischen Jahres“[13].

14. Solche Grundsätze sind von Anfang an in der christlichen Unterweisung einzuprägen, damit die Gläubigen das Gebot der Sonntagsheiligung aus Einsicht befolgen und auch verstehen, warum sie jeden Sonntag — von der Kirche gerufen[14] und nicht bloß aus privater Frömmigkeit — zur Eucharistiefeier zusammenkommen. So werden die Gläubigen den Herrentag als ein Zeichen der Transzendenz Gottes über alle menschlichen Werke erfahren können und nicht nur als einen Ruhetag. Sie werden auch Stärkung aus der sonntäglichen Versammlung empfangen und nach außen zeigen, daß sie Glieder der Kirche sind.

15. Die Gläubigen sollen in den sonntäglichen Versammlungen — wie überhaupt im Leben der christlichen Gemeinde — tätige Teilnahme und wahre Geschwisterlichkeit erfahren können sowie die Möglichkeit geistlicher Stärkung unter Führung des Geistes. So werden sie auch eher vor der Anziehungskraft von Sekten geschützt sein, die ihnen Hilfe in schmerzlicher Einsamkeit versprechen und eine bessere Befriedigung religiöser Bedürfnisse.

16. Schließlich soll die Pastoral die Bestrebungen unterstützen, „die dahin zielen, daß der Sonntag ‚auch ein Tag der Freude und der Muße sei‘“[15]; er könnte in der heutigen Gesellschaft allen als ein Zeichen der Freiheit erscheinen und so als ein zum Wohl der menschlichen Person bestimmter Tag, die ohne Zweifel wichtiger ist als Geschäfte und Produktionsprozesse.[16]

17. Das Wort Gottes, die Eucharistie und der priesterliche Dienst sind Gaben, die der Herr seiner Braut, der Kirche, darbietet. Als Geschenke Gottes sind sie zu empfangen, ja zu erbitten. Die Kirche, die sich dieser Gaben vor allem in der sonntäglichen Versammlung erfreut, sagt in ihr Gott Dank und erwartet die ewige Freude des Tages des Herrn, „vor Gott, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Lamm“[17].

II. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen für Sonntagsgottesdienste bei Abwesenheit eines Priesters

18. Wenn an einem Ort am Sonntag keine Messe gefeiert werden kann, ist zunächst zu überlegen, ob die Gläubigen eine in der Nachbarschaft gelegene Kirche aufsuchen können, um dort an der Feier der Eucharistie teilzunehmen. Diese Lösung ist auch heute noch zu empfehlen und — soweit möglich — beizubehalten. Erforderlich dafür ist, daß die Gläubigen — über die große Bedeutung der sonntäglichen Versammlung unterrichtet — sich den neuen Verhältnissen bereitwillig anpassen.

19. Auch wenn keine Messe stattfindet, ist es zu wünschen, daß den Gläubigen bei den verschiedenen Formen der sonntäglichen Versammlungen die Reichtümer der Heiligen Schrift und des Gebetes der Kirche dargeboten werden; sie sollen nicht auf die im Laufe des Jahres bei der Messe vorgetragenen Lesungen und auf die Gebete der verschiedenen Zeiten des Kirchenjahres verzichten müssen.

20. Von den verschiedenen Arten der Gottesdienste, die gemäß der liturgischen Überlieferung dann gehalten werden, wenn keine Meßfeier stattfinden kann, wird der Wortgottesdienst sehr empfohlen[18], der — wo es angemessen erscheint — durch die Kommunion abgeschlossen werden kann. So können die Gläubigen gleichzeitig mit dem Wort und dem Leib Christi genährt werden. „Wenn sie nämlich das Wort Gottes hören, erkennen sie, daß die Wundertaten des Herrn, die verkündigt werden, ihren Höhepunkt im Pascha-Mysterium erreichen, dessen Gedächtnis in der Messe sakramental gefeiert wird und an dem sie durch den Empfang der heiligen Kommunion teilhaben.“[19]

Darüber hinaus kann in bestimmten Fällen die Feier des Herrentages passend mit den Feiern von Sakramenten und vor allem auch von Sakramentalien entsprechend den Erfordernissen der jeweiligen Gemeinde verbunden werden.

21. Den Gläubigen muß der Ersatzcharakter derartiger Feiern klar sein, damit sie sie nicht für eine optimale Lösung der heutigen Schwierigkeiten oder für ein Zugeständnis an die Bequemlichkeit halten[20]. Versammlungen und Zusammenkünfte dieser Art dürfen daher niemals an einem Sonntag an Orten gehalten werden, an denen am selben Tag schon eine Messe gefeiert wurde oder noch gefeiert wird oder am Vorabend gefeiert wurde, auch nicht in einer anderen Sprache; zudem sollten nicht mehrere derartige Versammlungen stattfinden.

22. Jede Verwechslung von Versammlungen dieser Art mit einer Eucharistiefeier ist sorgfältig zu vermeiden. Solche Versammlungen dürfen bei den Gläubigen das Verlangen nach der Teilnahme an der Eucharistiefeier nicht mindern, sondern sollen es vielmehr verstärken und eine größere Bereitschaft zur Teilnahme wecken.

23. Die Gläubigen müssen wissen, daß das eucharistische Opfer nicht ohne Priester möglich ist und daß die Kommunion, die sie bei Sonntagsgottesdiensten ohne Priester empfangen können, auf das engste mit dem Meßopfer verbunden ist. Von daher kann den Gläubigen deutlich gemacht werden, wie notwendig es ist, darum zu beten: „daß die Zahl der Ausspender der heiligen Geheimnisse wachse und sie in der Liebe des Herrn bleiben“.[21]

24. Es ist Sache des Diözesanbischofs — nach Anhörung des Priesterrates — zu entscheiden, ob in seinem Bistum regelmäßig sonntägliche Gemeindegottesdienste ohne die Feier der Eucharistie stattfinden sollen, und dafür unter Berücksichtigung der örtlichen und personellen Umstände nicht nur allgemeine, sondern auch ins einzelne gehende Bestimmungen zu erlassen. Solche Versammlungen sollen also nur nach Weisung des Bischofs und unter der pastoralen Verantwortung des Pfarrers eingeführt werden.

25. „Eine christliche Gemeinde wird nur auferbaut, wenn sie ihre Wurzel und ihren Angelpunkt in der Feier der Eucharistie hat.“[22] Bevor daher ein Bischof die Einführung sonntäglicher Versammlungen ohne Eucharistiefeier beschließt, soll er nicht nur die Organisation der Pfarreien überprüfen (vgl. Nr. 5), sondern auch die Möglichkeiten, auf Priester (auch Ordensleute) zurückzugreifen, die nicht direkt in der Seelsorge tätig sind; ebenso ist die Meßhäufigkeit in den verschiedenen Pfarreien und Kirchen zu überprüfen[23]. Die Feier der Eucharistie muß Vorrang vor anderen pastoralen Tätigkeiten behalten, vor allem am Sonntag.

26. Der Bischof soll persönlich oder durch jemand anderen die diözesane Gemeinschaft über die Gründe unterrichten, die zu solchen Maßnahmen führen, und dabei ihre Bedeutung aufzeigen sowie zur Solidarität und Zusammenarbeit auffordern. Er soll einen Beauftragten oder eine eigene Kommission einsetzen, die für die rechte Durchführung dieser Feiern sorgt. Er wähle Leute aus, die sich dieser Feiern annehmen, und er sorge dafür, daß sie entsprechend unterwiesen werden. Sein Bestreben sollte zugleich dahin gehen, daß die betroffenen Gläubigen mehrmals im Jahr auch an einer Eucharistiefeier teilnehmen können.

27. Aufgabe des Pfarrers ist es, den Bischof darüber zu unterrichten, ob in seinem Gebiet solche Feiern angebracht sind; er hat ferner die Gläubigen darauf vorzubereiten, sie zwischendurch an den Wochentagen zu besuchen und zu passenden Zeiten für sie die Sakramente, vor allem das der Buße, zu feiern. So wird eine solche Gemeinde wirklich erfahren können, daß sie sich am Sonntag nicht „ohne Priester“ versammelt, sondern nur „in seiner Abwesenheit“, besser noch „in seiner Erwartung“.

28. Wenn eine Messe nicht möglich ist, wird der Pfarrer dafür sorgen, daß die heilige Kommunion ausgeteilt werden kann. Er wird auch Vorsorge treffen, daß in jeder Gemeinde zu passenden Zeiten die Eucharistie gefeiert wird. Die konsekrierten Hostien sollen häufig erneuert und an einem sicheren Ort aufbewahrt werden.

29. Zum Vorsteherdienst für solche sonntäglichen Versammlungen sind als erste Helfer der Priester Diakone heranzuziehen. Weil nämlich der Diakon zur Leitung und Förderung des Wachstums des Volkes Gottes geweiht ist, kommt es ihm zu, das Gebet zu leiten, das Evangelium zu verkünden, die Homilie zu halten und die Kommunion auszuteilen[24].

30. Wenn weder ein Priester noch ein Diakon da ist, soll der Pfarrer Laien benennen, denen die Verantwortung für solche Feiern übertragen wird, d.h. die Leitung des Gebets, der Dienst des Wortes und die Austeilung der heiligen Kommunion.

Er soll zunächst Akolythen und Lektoren dafür heranziehen, die für den Dienst am Altar und am Wort Gottes beauftragt sind. Wenn keine zur Verfügung stehen, können andere Laien — Männer und Frauen — benannt werden, die diesen Dienst kraft Taufe und Firmung ausüben können[25]. Bei ihrer Auswahl ist auf ihre Lebensführung zu achten, die mit dem Evangelium übereinstimmen muß; es soll auch darauf geachtet werden, daß sie von den Gläubigen angenommen werden. Die Benennung für diesen Dienst soll gewöhnlich für eine bestimmte Zeitdauer gelten und der Gemeinde bekanntgegeben werden. Es ist angebracht, daß in einem Gottesdienst für sie gebetet wird[26].

Der Pfarrer soll für eine geeignete Ausbildung und Fortbildung dieser Laien sorgen und mit ihnen würdige Feiern vorbereiten (vgl. III. Kapitel).

31. Die benannten Laien sollen die ihnen anvertraute Aufgabe nicht nur als Ehre, sondern mehr noch als Verpflichtung ansehen, vor allem als Dienst — unter der Leitung des Pfarrers — für ihre Brüder und Schwestern. Es handelt sich ja nicht um eine ihnen eigene Aufgabe, sondern um eine Vertretung, die sie wahrnehmen, „wo es ein Bedarf der Kirche nahelegt, weil für diese Dienste Beauftragte nicht zur Verfügung stehen“[27].

Sie sollen „nur das und all das tun, was zu dem anvertrauten Dienst gehört“[28]. Sie sollen ihre Aufgabe in aufrichtiger Frömmigkeit und in Ordnung erfüllen, wie sie ihrem Dienst ziemt und wie sie das Volk Gottes mit Recht von ihnen verlangt[29].

32. Wenn am Sonntag ein Wortgottesdienst mit Austeilung der heiligen Kommunion nicht stattfinden kann, wird den Gläubigen sehr empfohlen, „daß sie sich eine entsprechende Zeit lang dem persönlichen Gebet oder dem Gebet in der Familie oder gegebenenfalls in Familienkreisen widmen“[30]. In diesen Fällen können auch Radio- oder Fernsehübertragungen von Gottesdiensten eine Hilfe sein.

33. Vor allem soll man die Möglichkeit in Betracht ziehen, einen Teil der Stundenliturgie — z. B. die Laudes oder die Vesper — zu feiern, in die auch die Sonntagslesungen eingefügt werden können. Denn wenn „die Gläubigen zur Feier des Stundengebetes gerufen werden und in ihrer Versammlung Herz und Stimme vereinen, wird in ihnen Kirche sichtbar, die das Mysterium Christi feiert“[31]. Am Ende dieser Feier kann die Kommunion ausgeteilt werden (vgl. Nr. 46).

34. „Die einzelnen Gläubigen oder Gemeinden, die aufgrund von Verfolgungen oder durch den Mangel an Priestern für kürzere oder längere Zeit die Eucharistiefeier entbehren müssen, gehen deshalb der Gnade des Erlösers keineswegs verlustig. Wenn sie, zutiefst vom Wunsch nach dem Sakrament geleitet und im Gebet mit der ganzen Kirche vereint, den Herrn anrufen und ihre Herzen zu ihm erheben, haben sie in der Kraft des Heiligen Geistes Gemeinschaft mit der Kirche, die der lebendige Leib Christi ist, und mit dem Herrn selbst ... und sie empfangen daher die Früchte des Sakramentes.“[32]

III. Kapitel: Die gottesdienstliche Feier

35. Die Feier eines Sonntagsgottesdienstes anstelle einer Messe besteht aus zwei Teilen: dem Wortgottesdienst und der Austeilung der Kommunion. In die Feier soll nichts eingefügt werden, was typisch für die Messe ist, vor allem keine Gabenbereitung und kein Eucharistisches Hochgebet. Der Gottesdienst soll so gestaltet werden, daß er ganz dem Beten dient und als eine liturgische Versammlung erscheint und nicht als ein bloßes Treffen.

36. Die Texte der Gebete und der Lesungen für den jeweiligen Sonntag oder Feiertag werden in der Regel aus dem Meßbuch und aus dem Lektionar genommen. So folgen die Gläubigen in ihrem Gebet dem Lauf des Kirchenjahres und hören das Wort Gottes in Einheit mit den anderen Gemeinden der Kirche.

37. Der Pfarrer kann bei der gemeinsamen Vorbereitung mit den benannten Laien Anpassungen vornehmen im Hinblick auf die Zahl der Teilnehmer, die Fähigkeiten der Gottesdiensthelfer und die gesanglichen und musikalischen Gestaltungsmöglichkeiten.

38. Wenn ein Diakon der Feier vorsteht, hält er es bei den Grußrufen, bei den Gebeten, der Verkündigung des Evangeliums, der Homilie, der Kommunionausteilung und der Entlassung mit Segen so, wie es seinem Amt zukommt. Er trägt die Gewänder, die seinem Dienst entsprechen (Albe mit Stola und gegebenenfalls Dalmatik), und benutzt den Vorstehersitz.

39. Ein Laie, der die Versammlung leitet, verhält sich wie einer unter gleichen, d.h. so wie beim Stundengebet, wenn kein geweihter Amtsträger vorsteht, und wie bei Segnungsfeiern, wenn der Leiter ein Laie ist („Der Herr segne uns...“, „Singet Lob und Preis“ ...).

Er darf nicht die Worte verwenden, die dem Priester oder dem Diakon eigen sind, und muß jene liturgischen Elemente auslassen, die allzu sehr an die Messe erinnern, z.B. Grußrufe, vor allem „Der Herr sei mit euch“, und die Entlassung, die den die Feier leitenden Laien als geweihten Amtsträger erscheinen lassen könnte[33].

40. Der Laie soll eine Kleidung tragen, die für diesen Dienst nicht unziemlich oder eventuell vom Bischof vorgeschrieben ist[34]. Den Vorstehersitz soll er nicht benutzen, vielmehr soll außerhalb des Altarraumes ein eigener Sitz aufgestellt werden[35]. Der Altar — Tisch des Opfers und des österlichen Mahles — soll nur zum Niederstellen des konsekrierten Brotes vor der Austeilung der Eucharistie verwendet werden.

Bei der Vorbereitung der Feier soll man für eine entsprechende Verteilung der Aufgaben sorgen, z.B. bei den Lesungen, Gesängen usw., sowie bei der Herrichtung und der Ausschmückung des Raumes.

41. Die Feier enthält folgende Elemente:

a) Eröffnung.
Sie dient dazu, aus den versammelten Gläubigen eine Gemeinschaft werden zu lassen und sie entsprechend auf die Feier einzustimmen.

b) Wortgottesdienst.
In ihm spricht Gott selbst zu seinem Volk, um das Geheimnis der Erlösung und des Heiles zu offenbaren; das Volk antwortet durch das Glaubensbekenntnis und durch das Fürbittgebet.

c) Danksagung.
In ihr wird Gott gepriesen wegen seiner großen Herrlichkeit (vgl. Nr. 45).

d) Kommunionteil.
Durch ihn wird die Gemeinschaft mit Christus und mit den Brüdern und Schwestern ausgedrückt und bewirkt, vor allem mit jenen, die an diesem Tag am eucharistischen Opfer teilnehmen.

e) Abschluß.
Durch ihn wird der Zusammenhang zwischen der Liturgie und dem christlichen Leben verdeutlicht.

Die Bischofskonferenz oder der einzelne Bischof kann unter Berücksichtigung der örtlichen und personellen Verhältnisse die Feier noch genauer ordnen, wofür die nationale oder diözesane Liturgiekommission Hilfen zur Verfügung stellt. Der Aufbau der Feier soll nicht ohne Notwendigkeit verändert werden.

42. Es ist gut, wenn der Leiter bei den einführenden Worten oder an einer anderen Stelle der Feier die Gemeinde erwähnt, mit der an diesem Sonntag der Pfarrer die Eucharistie feiert, und wenn er die Gläubigen einlädt, sich geistlich mit dieser Gemeinde zu verbinden.

43. Damit die Teilnehmer das Wort Gottes besser behalten können, soll entweder eine gewisse Erklärung der Lesungen stattfinden oder eine Zeit der Stille gehalten werden, um das Gehörte zu betrachten. Da die Homilie dem Priester oder Diakon vorbehalten ist[36], ist zu wünschen, daß der Pfarrer eine vorher von ihm vorbereitete Homilie dem Leiter der Versammlung zur Verfügung stellt, der sie dann vorliest. Diesbezügliche Bestimmungen der Bischofskonferenz sind zu beachten.

44. Beim Fürbittgebet soll die übliche Reihe der Anliegen eingehalten werden[37]. Nicht ausgelassen werden sollen die Anliegen, die gegebenenfalls vom Bischof für die ganze Diözese vorgeschrieben sind. Ebenso sollen häufig Bitten um Priesterberufe, für den Bischof und den Pfarrer vorkommen.

45. Die Danksagung soll in einer der beiden nachstehenden Weisen erfolgen:

1) Nach dem Fürbittgebet oder nach der Austeilung der Kommunion. Der Leiter lädt alle zur Danksagung ein, in der die Gläubigen Gottes Herrlichkeit und Barmherzigkeit bekennen. Das kann geschehen durch einen Psalm (z.B. Psalm 100, 113, 118, 136, 148, 150), durch einen Hymnus oder einen Gesang (z.B. Gloria, Magnifikat ...) oder auch ein litaneiartiges Gebet, das der Leiter gemeinsam mit allen Gläubigen betet; dabei steht er mit ihnen zum Altar gewandt.

2) Vor dem Vaterunser. Der Leiter geht zum Tabernakel oder dorthin, wo die Eucharistie aufbewahrt wird, macht ein Zeichen der Verehrung und überträgt die Schale mit dem Allerheiligsten zum Altar. Dann kniet er vor dem Altar nieder und betet zusammen mit den Gläubigen einen Hymnus, einen Psalm oder ein litaneiartiges Gebet, die in diesem Fall an den in der heiligen Eucharistie gegenwärtigen Christus gerichtet sind. Diese Danksagung darf auf keinen Fall die Form des Eucharistischen Hochgebetes haben. Die im Römischen Meßbuch für die Präfation und das Eucharistische Hochgebet vorgesehenen Texte dürfen nicht verwendet werden, damit jede Gefahr einer Verwechslung vermieden wird.

46. Für die Kommunionausteilung gelten die Bestimmungen des Ritualeteils „Kommunionspendung und Eucharistieverehrung außerhalb der Messe“[38]. Die Gläubigen sollen öfter daran erinnert werden, daß sie auch bei der Kommunion außerhalb einer Meßfeier mit dem eucharistischen Opfer verbunden sind.

47. Für die Kommunion soll nach Möglichkeit Brot verwendet werden, das am selben Sonntag in einer an einem anderen Ort gefeierten Messe konsekriert wurde, von dort von einem Diakon oder einem Laien in einem entsprechenden Gefäß (Ziborium oder Burse) übertragen und vor der Feier in den Tabernakel gestellt worden ist. Es kann auch Brot verwendet werden, das in der letzten Messe am selben Ort konsekriert wurde. Vor dem Gebet des Herrn geht der Leiter der Feier zum Tabernakel oder dorthin, wo die Eucharistie aufbewahrt wird, nimmt das Gefäß mit dem Leib des Herrn und stellt es auf den Altar. Dann spricht er die Einleitung zum Gebet des Herrn, sofern nicht an dieser Stelle die in Nr. 45, 2 erwähnte Danksagung folgt.

48. Das Gebet des Herrn wird immer von allen gesprochen oder gesungen, auch wenn keine heilige Kommunion ausgeteilt wird. Es kann der Friedensgruß ausgetauscht werden. Nach der Kommunionausteilung „kann gegebenenfalls eine Stille gehalten oder ein Psalm bzw. ein Lobgesang vorgetragen werden“[39]. Es kann aber auch die in Nr. 45, 1 erwähnte Danksagung stattfinden.

49. Bevor die Versammlung schließt, können Vermeidungen oder Hinweise auf das pfarrliche oder diözesane Leben gegeben werden.

50. „Man kann gar nicht hoch genug die grundlegende Bedeutung der sonntäglichen Versammlungen einschätzen: als Quelle des christlichen Glaubens des einzelnen wie der Gemeinden und als Zeugnis des Heilsplanes Gottes, alle Menschen in seinem Sohn Jesus Christus zu einen.

Alle Christen müssen überzeugt sein, daß sie ihren Glauben nicht leben und nicht an der universalen Sendung der Kirche in der ihnen zukommenden Weise teilhaben können, wenn sie sich nicht mit dem eucharistischen Brot nähren. Ebenso müssen sie überzeugt sein, daß die sonntägliche Versammlung vor der Welt ein Zeichen für das Geheimnis der Gemeinschaft — die Eucharistie — ist.“[40]

Papst Johannes Paul II. hat am 21. Mai 1988 dieses von der Gottesdienstkongregation erstellte Direktorium gebilligt, bestätigt und seine Veröffentlichung angeordnet.

Am Sitz der Gottesdienstkongregation, den 2. Juni 1988, am Hochfest des Leibes und Blutes Christi.
Paulus Augustinus Kardinal Mayer OSB
Präfekt
Virgilius Noè

Titular-Erzbischof von Voncaria

Sekretär

Anmerkungen

[1] Vgl. Lk 24,27.

[2] C.I.C., can. 1248, §2.

[3] Vgl. Acta Martyrum Bytiniae. In: D. Ruiz Bueno, Actas de los Martires (BAC 75). Madrid 1951, S. 973.

[4] Ritenkongregation und Consilium, Instruktion Inter Oecumenici (26. Sept. 1964), Nr. 37: AAS, 56(1964), S. 884f.; C.I.C., can. 1248, §2.

[5] Zweites Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, Nr. 106. Vgl. ebd., Anhang, Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Kalenderreform.

[6] Vgl. Offb 1,10. Vgl. auch Joh 20,19.26; Apg 20,7-12; 1 Kor 16,2; Hebr 10,24f.

[7] Didache 14,1; ed. F. X. FUNK, Doctrina duodecim Apostolorum, 42.

[8] Justin, Apologia I, 67; PG 6, 430.

[9] DidascaliaApostolorum, 2, 59, 1-3; ed. F. X. FUNK 1, 170.

[10] Zweites Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, Nr. 106.

[11] Ignatius von Antiochien, Ad Magnesios 9,1; ed. F.X. FUNK 1, 199.

[12] Vgl. Paul VI., Ansprache an französische Bischöfe beim Ad-limina-Besuch, 26. März 1977: AAS, 69 (1977), S. 465: „Das Ziel muß die Feier des Meßopfers, der einzigen wahren Verwirklichung des Pascha des Herrn, bleiben.”

[13] Zweites Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, Nr. 106.

[14] Vgl. Ritenkongregation, Instruktion Eucharisticum mysterium (25. Mai 1967), Nr. 25: AAS, 59 (1967), S. 555.

[15] Ebd.; Zweites Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, Nr. 106.

[16] Vgl. „Le sens du dimanche dans une société pluraliste. Réflexions pastorales de la Conférence des évêques du Canada.“ In: La Documentation Catholique, Nr. 1935 (1987), S.273-276.

[17] Offb 7,9.

[18] Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, Nr. 35,4.

[19] Kommunionspendung und Eucharistieverehrung außerhalb der Messe, Nr. 26.

[20] Vgl. Paul VI., Ansprache an französische Bischöfe beim Ad-limina-Besuch, 26. März 1977: AAS, 69 (1977), S. 465: „Gehen Sie mit Umsicht vor, aber ohne diese Art von gottesdienstlichen Versammlungen so zu vermehren, als wären sie die beste Lösung oder eine letzte Chance.“

[21] Missale Romanum, Pro vocationibus ad Sacros Ordines, Gabengebet.

[22] Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis, Nr. 6.

[23] Ritenkongregation, Instruktion Eucharisticum mysterium (25. Mai 1967) Nr. 26: AAS, 59 (1967), S. 555.

[24] Vgl. Paul VI., Motu proprio Ad pascendum (15. August 1972), Nr. 1: AAS, 64 (1972), S. 534.

[25] C.I.C. can. 230, §3.

[26] Rituale Romanum, De Benedictionibus, caput IV, 1, B.

[27] C.I.C., can. 230, §3.

[28] Zweites Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, Nr. 28.

[29] Vgl. ebd., Nr. 29.

[30] C.I.C., can. 1248, §2.

[31] Allgemeine Einführung in das Stundengebet, Nr. 22.

[32] Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben ... über einige Fragen bezüglich des Dieners der Eucharistie (6. August 1983): AAS, 75 (1983), S. 1007.

[33] Vgl. Allgemeine Einführung in das Stundengebet, Nr. 258; vgl. Rituale Romanum, De Benedictionibus, Nr. 48, 119, 130, 181.

[34] Kommunionspendung und Eucharistieverehrung außerhalb der Messe, Nr. 20.

[35] Vgl. Allgemeine Einführung in das Stundengebet, Nr. 258.

[36] Vgl. C.I.C., can. 766-767.

[37] Vgl. Allgemeine Einführung in das Meßbuch, Nr. 45-47.

[38] Kommunionspendung und Eucharistieverehrung außerhalb der Messe, Nr. 1.

[39] Vgl. ebd., Nr. 37.

[40] Johannes Paul II., Ansprache an französische Bischöfe beim Ad-limina-Besuch, 27. März 1987.