Catechismus Romanus II. Teil: Von den Sakramenten: Unterschied zwischen den Versionen

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Eingesetzt hat der Herr das Sakrament offenbar damals, als Er selbst sich von Johannes taufen ließ und damit dem Wasser heiligende Kraft verlieh. Der hl. Gregor von Nazianz (Greg. Naz. Or. 38) und der hl. Augustin (vgl. Aug. Serm. 136 in app.) sagen, in diesem Augenblick sei dem Wasser die Kraft mitgeteilt worden. An anderer Stelle schreibt Augustin: »Seit Christus ins Wasser stieg, wäscht das Wasser alle Sünden ab« (vgl. Aug. Serm. 135 in app.). Und wiederum: »Der Herr lässt sich taufen, nicht als ob er der Reinigung bedürfte, sondern sein reiner Leib reinigt durch seine Berührung das Wasser, damit es die Kraft zur Reinigung habe« (Aug. Ebda). Für die Richtigkeit dieser Auffassung musste auch der Umstand sprechen, dass im Augenblick der Taufe Christi die allerheiligste Dreifaltigkeit, in deren Namen die Taufe vollzogen wird, ihre göttliche Gegenwart offenbarte. Denn die Stimme des Vaters ließ sich vernehmen, der Sohn war persönlich zugegen, und der Heilige Geist stieg in Gestalt einer Taube herab. Zudem öffnete sich der Himmel (Mt 3, 16f; Mk 1, 9ff; Lk 3, 21f), in den wir nunmehr durch die Taufe eingehen können. - Wollte freilich jemand nach dem Vorgang fragen, wie dem Wasser vom Herrn solch große übernatürliche Kraft mitgeteilt wurde, so kann man nur sagen, dass dies die menschliche Fassungskraft übersteigt. Das eine aber können wir unschwer verstehen, dass bei der Taufe des Herrn das Wasser durch die Berührung mit seinem allerheiligsten, reinsten Leib geweiht wurde zum heiligenden Zweck der Taufe. Seine Kraft und Wirksamkeit allerdings hat das Sakrament, wenn es auch bereits vor dem Leiden des Herrn eingesetzt wurde, erst aus dem Leiden empfangen, das Ziel und Ende aller Taten Christi war: so lehrt unser Glaube.  
 
Eingesetzt hat der Herr das Sakrament offenbar damals, als Er selbst sich von Johannes taufen ließ und damit dem Wasser heiligende Kraft verlieh. Der hl. Gregor von Nazianz (Greg. Naz. Or. 38) und der hl. Augustin (vgl. Aug. Serm. 136 in app.) sagen, in diesem Augenblick sei dem Wasser die Kraft mitgeteilt worden. An anderer Stelle schreibt Augustin: »Seit Christus ins Wasser stieg, wäscht das Wasser alle Sünden ab« (vgl. Aug. Serm. 135 in app.). Und wiederum: »Der Herr lässt sich taufen, nicht als ob er der Reinigung bedürfte, sondern sein reiner Leib reinigt durch seine Berührung das Wasser, damit es die Kraft zur Reinigung habe« (Aug. Ebda). Für die Richtigkeit dieser Auffassung musste auch der Umstand sprechen, dass im Augenblick der Taufe Christi die allerheiligste Dreifaltigkeit, in deren Namen die Taufe vollzogen wird, ihre göttliche Gegenwart offenbarte. Denn die Stimme des Vaters ließ sich vernehmen, der Sohn war persönlich zugegen, und der Heilige Geist stieg in Gestalt einer Taube herab. Zudem öffnete sich der Himmel (Mt 3, 16f; Mk 1, 9ff; Lk 3, 21f), in den wir nunmehr durch die Taufe eingehen können. - Wollte freilich jemand nach dem Vorgang fragen, wie dem Wasser vom Herrn solch große übernatürliche Kraft mitgeteilt wurde, so kann man nur sagen, dass dies die menschliche Fassungskraft übersteigt. Das eine aber können wir unschwer verstehen, dass bei der Taufe des Herrn das Wasser durch die Berührung mit seinem allerheiligsten, reinsten Leib geweiht wurde zum heiligenden Zweck der Taufe. Seine Kraft und Wirksamkeit allerdings hat das Sakrament, wenn es auch bereits vor dem Leiden des Herrn eingesetzt wurde, erst aus dem Leiden empfangen, das Ziel und Ende aller Taten Christi war: so lehrt unser Glaube.  
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'''21''' Auch der zweite Zeitpunkt, wo das allgemeine Taufgesetz gegeben wurde, lässt sich mit Sicherheit angeben. Alle heiligen Lehrer sprechen sich dahin aus, dass dies jener AugenbIick war, wo der Herr nach der Auferstehung den Aposteln den Auftrag gab: »Gehet hin, lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes« (Mt 28, 19). Von diesem Augenblick an erhielt das Gesetz der Taufe für alle, die das ewige Heil erlangen wollen, bindende Kraft. Das zeigt das Wort des Apostelfürsten: » [Gott] hat uns wiedergeboren zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten« (1 Petr 1, 3). Dasselbe lässt sich dem Wort des hl. Paulus entnehmen: »Er hat sich für sie dahin gegeben, um sie zu heiligen (Paulus spricht von der Kirche) indem er sie wusch im Bad des Wassers durch das Wort« (Eph 5, 25 f). Damit scheint Petrus wie Paulus das Taufgesetz in die Zeit nach dem Tod des Herrn zu verlegen. Und so beziehen sich auch die Worte des Erlösers: »Wenn jemand nicht wieder geboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen« (Joh 3, 5) zweifellos auf eben diese Zeit nach dem Leiden.
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'''22''' Legt der Seelsorger das eben Gesagte eingehend dar, dann wird den Gläubigen gewiss der überaus hohe Wert dieses Sakraments zum Bewusstsein kommen und sie werden es mit großer Liebe und Hochachtung betrachten, zumal wenn sie erwägen, dass die herrlichen, überreichen Gnadengaben, die bei der Taufe Christi des Herrn durch die wunderbaren Begleiterscheinungen veranschaulicht wurden, jedem Täufling durch das innerliche Wirken des Heiligen Geistes geschenkt werden. Wenn uns wie dem Diener des Elisäus (2 Chr 6, 17) einmal die Augen aufgetan würden und wir die himmlischen Dinge zu sehen vermöchten, dann würde gewiss keiner so alles Gefühles bar sein, dass er nicht in helles Erstaunen geriete über die göttlich großen Geheimnisse der Taufe. Warum sollte aber nicht etwas Ähnliches möglich sein, wenn der Seelsorger die reichen Schätze dieses Sakraments in einer Weise darlegt, dass die Gläubigen sie, wenn auch nicht mit leiblichen, so doch mit dem geistigen, vom Glaubenslicht erleuchteten Auge bewundernd schauen können?
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'''23''' Weiterhin ist eine Unterweisung darüber, wer als Spender dieses Sakraments in Betracht kommt, von Nutzen, ja geradezu notwendig. Einmal damit jene, denen dieses Amt in erster Linie anvertraut ist, es auch in heiliger, gewissenhafter Weise versehen. Dann aber auch, damit niemand seine Befugnisse überschreite, indem er sich unschicklicherweise auf ein Gebiet begibt, das ihn nichts angeht, oder sich anmaßend eindränge. Denn in allem soll nach der Mahnung des Apostels die rechte Ordnung eingehalten werden (1 Kor 14, 40).
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Man kläre also die Gläubigen auf, dass die Spender eine dreifache StufenfoIge bilden. Auf der ersten stehen die Bischöfe und Priester. Ihnen ist das Amt zu taufen gegeben als ihr eigentliches Recht, nicht als außerordentliche Vollmacht. Sie sind es ja, die in der Person der Apostel vom Herrn den Auftrag erhielten: »Gehet hin und ... taufet«. Allerdings überlassen die Bischöfe, um nicht das noch wichtigere Lehramt vernachlässigen zu müssen, die Spendung der Taufe gewöhnlich den Priestern. Dass die Priester das Recht zu taufen haben (vgl. CIC 738), so zwar, dass sie selbst bei Anwesenheit des Bischofs die Taufe erteilen dürfen, ergibt sich aus der Überlieferung der Väter und der Praxis der Kirche. In der Tat, - wenn sie die Vollmacht zur Feier der Eucharistie haben, die das Sakrament des Friedens und der Einheit ist, so war es auch ganz entsprechend, wenn ihnen die Gewalt gegeben wurde, all das auszuspenden, was notwendig ist, um dieses Friedens, dieser Einheit teilhaft werden zu können. Wenn es manches Mal bei den Vätern heißt, die Priester hätten ohne Erlaubnis des Bischofs nicht das Recht zu taufen, so muss man das wohl von der Taufe verstehen, wie sie an bestimmten Tagen des Jahres unter feierlichen Zeremonien gespendet wurde.
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In zweiter Linie kommen als Spender die Diakone in Betracht. Sie dürfen jedoch nicht ohne Bewilligung des Bischofs oder Pfarrers die Taufe spenden (vgl. CIC 741), wie dies aus einer ganzen Reihe von Bestimmungen aus der Väterzeit hervorgeht.
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Die letzte Gruppe bilden jene, die im Notfall ohne feierliche Zeremonien taufen können. Dazu gehört nun jedermann, auch der Laie, Mann oder Frau, gleichviel welches Bekenntnisses. Auch der Jude, der Ungläubige, der Irrgläubige, darf im Notfall dieses Amt ausüben, wenn er nur dabei die Absicht hat, zu erreichen, was die Katholische Kirche bei der Spendung erreichen will. Das haben die Väter und Konzilien in einer Reihe von Dekreten bestätigt und das Konzil von Trient belegte schließlich jene mit dem Bann, die da sagen, die Taufe durch einen Häretiker sei ungültig, auch wenn sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes gespendet worden sei, und in der Absicht zu tun, was die Kirche dabei tut (Conc. Trid. VII de bapt. can. 4).
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Hier sollen wir wieder einmal die unendliche Güte und Weisheit unseres Herrn so recht bewundern. Da der Empfang dieses Sakraments für jeden notwendig ist, so hat er einerseits als Materie dafür das Wasser bestimmt, das Gebräuchlichste was es gibt, und anderseits keinen Menschen als Spender der Taufe ausgeschlossen. Allerdings darf, wie gesagt, nicht jeder die feierlichen Zeremonien vornehmen. Das sagt aber nicht, dass diesen Riten oder Zeremonien höherer Rang, sondern nur, dass ihnen geringere Notwendigkeit zukommt als dem Sakrament selbst.
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'''24''' Doch sollen die Gläubigen nicht denken, die Taufspendung sei so ganz ohne Unterschied jedem erlaubt; es ist vielmehr eine gewisse Rangfolge hinsichtlich der Spender ganz am Platz. So darf die Frau nicht in Gegenwart eines Mannes, der Laie nicht in Gegenwart eines Klerikers, ein Kleriker nicht in Gegenwart eines Priesters die Spendung der Taufe für sich beanspruchen. Gleichwohl ist es nicht zu tadeln, wenn Hebammen, die die Taufe häufig spenden, hin und wieder auch in Gegenwart eines Mannes, der sich jedoch auf die Spendung des Sakramentes nicht so versteht, selbst dieses Amt übernehmen, das sonst freilich mehr Sache des Mannes ist.
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'''25''' Zum Spender, der nach dem obigen die Taufe vollzieht, gesellt sich noch eine weitere Art von Helfern, die nach uraltem Brauch der Katholischen Kirche gewöhnlich zur feierlichen Taufe hinzugezogen werden - die Paten, wie sie heute heißen, früher von den kirchlichen Schriftstellern auch Susceptores (d. h. Übernehmer. die den Täufling vom Priester entgegennehmen), Taufzeugen oder Bürgen genannt. Ihren Aufgabenkreis muss der Seelsorger genau behandeln, da dies ja fast alle Laien angeht. Die Christen sollen wissen, was zur guten Ausübung dieses Amtes vor allern nötig ist.
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Zunächst erkläre man, warum außer dem Spender des Sakraments auch noch Paten oder Helfer beigezogen werden. Die besondere Berechtigung hierfür wird jedem verständlich, wenn er daran denkt, dass die Taufe die übernatürliche Wiedergeburt ist, durch die wir Kinder Gottes werden. Diese Wiedergeburt meint der hl. Petrus mit den Worten: »Als neugeborne Kinder tragt Verlangen nach der geistigen, lauteren Milch« (1 Petr 2, 2). Wie nun das Kind nach der Geburt Amme und Erzieher braucht, die es aufziehen und in Fertigkeiten und Wissen unterrichten, so muss in ähnlicher Weise auch der im Taufbrunnen zum übernatürlichen Leben Wiedergeborne einem treuen, erfahrenen Führer anvertraut werden, von dem er die Lehren der christlichen Religion kennen lernen und ins ganze christliche Leben eingeführt werden soll, damit er so allmählich in Christus heranwächst, bis er mit Gottes Hilfe endlich zum »vollen Mannesalter« gelangt. Der Pfarrer, dem die Sorge für alle Pfarrkinder obliegt, hat aber nicht so viel Zeit, um jene private religiöse Unterweisung der Täuflinge in die Hand nehmen zu können. Einen Beleg für diesen uralten Brauch haben wir in der Stelle des hl. Dionysius: »Unsre göttlichen Führer (so nennt er die Apostel) gedachten und beschlossen, die Kinder nach diesem hl. Brauch [in die Kirche] aufzunehmen, in der Art, dass die leiblichen Eltern des Kindes es einem in göttlichen Dingen Bewanderten wie einem Erzieher übergeben. Unter seiner Leitung sollte das Kind wie unter einem geistlichen Vater und Schützer seiner geistlichen Wohlfahrt das weitere Leben verbringen« (De eccl. hier. c. 7, 11). Dieselbe Anschauung bestätigt Hyginus (Corpus jur. can. c. 100 Dist. 5 de cons.).
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'''26''' Daher denn auch die weise Einrichtung in der hl. Kirche, dass nicht nur der Spender der Taufe mit dem Täufling, sondern auch der Pate mit dem Patenkind und mit dessen leiblichen Eltern in ein VerwandtschaftsverhäItnis tritt. So zwar, dass eine gültige Ehe zwischen ihnen nicht geschlossen werden kann und eine etwa eingegangene Ehe ungültig ist (Nach dem neuen kirchlichen Gesetzbuch besteht das trennende Ehehindernis nur mehr zwischen dem Taufpaten und dem Täufling (sowie dem Taufenden und dem Täufling) CIC 768 vgl. 1079 und 1990).
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'''27''' Der Seelsorger muss die Christen nun über die Pflichten des Taufpaten belehren. Wird doch dieses Amt in der Kirche so leicht genommen, dass es nur noch dem Namen nach übriggeblieben ist - von den heiligen Pflichten, die damit verbunden sind, scheint mancher nicht einmal eine Ahnung zu haben. Es sollte jeder, der Taufpate ist, immer daran denken, dass es für ihn oberstes Gesetz ist, sich immerdar seines geistlichen Kindes anzunehmen und in allem, was sich auf christliche Lebensführung bezieht, wohl dafür zu sorgen, dass sein Pflegekind in jeder Lebenslage sich so benimmt, wie er dies einst bei der feierlichen Taufzeremonie versprochen hat. Hören wir, was hierüber der hl. Dionysius schreibt, wenn er die Worte des Paten wiedergibt: »Ich gelobe, das Kind, wem das Verständnis für Heiliges in ihm erwacht ist, eifrig zu mahnen, dass es allem Entgegenstehenden widersagt, und dass es so sein heiliges Versprechen in Wort und Tat erfüllt« (De eccl. hier. c. 7, 11). Ähnlich spricht der hl. Augustin: :»Euch vor allem mahne ich, Männer wie Frauen, die ihr Kinder aus der Taufe gehoben habt, denkt daran, dass ihr vor Gott gutsteht für jene, die ihr vor aller Augen aus der Taufe gehoben habt« (Aug. im Corpus jur. can, c. 105. Dist. 5. de cons.). Es ist doch wahrhaftig Ehrenpflicht für jeden, der ein Amt auf sich nahm, in dessen treuer Erfüllung auch niemals zu ermüden. Und wer einmal öffentlich eines andern Erziehung und Schutz übernommen hat, darf doch jenen, den er einmal unter seine Obhut, unter seinen Schutz genommen, nicht im Stich lassen, solang er ihm seine Hilfe und seinen Schutz vonnöten sieht.
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Was die Paten aber ihren geistlichen Kindern beibringen sollen, fasst der hl. Augustin in einem Unterricht über das Patenamt kurz folgendermaßen zusammen: »Sie müssen sie mahnen, die Keuschheit zu bewahren, die Gerechtigkeit zu lieben und die Liebe zu beobachten; sie müssen sie vor allem das Glaubensbekenntnis und das Gebet des Herrn lehren, auch die zehn Gebote und was sonst noch zu den Anfangsgründen der christlichen Glaubenslehre gehört« (Aug. Ebda).
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'''28''' Es ist nach obigem klar, welchen Menschenklassen man dieses hl. Schutzamt nicht anvertrauen darf: allen, die es nicht treuausüben wollen oder es nicht eifrig und genau ausüben können. So sind (abgesehen von den leiblichen Eltern, die jenen Helferdienst deshalb nicht übernehmen dürfen, damit der große Unterschied zwischen der leiblichen und der geistlichen Erziehung um so mehr in die Augen springe) vor allem Irrgläubige, Juden und Ungläubige unbedingt von diesem Amt fernzuhalten, da sie ja doch nur immer daran denken, die Glaubenswahrheiten durch Lügen zu verdunkeln und die christliche Frömmigkeit zu vernichten (vgl. CIC 765).
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'''29''' Auch sollen es nach der Bestimmung des Konzils von Trient nicht mehrere Taufpaten sein, sondern nur eine Person männlichen oder weiblichen Geschlechts, oder höchstens zwei, ein Mann und eine Frau (Conc. Trid XXIV de ref. matr. 2; CIC 764); einmal weil eine geordnete Erziehung und Unterweisung Schaden leiden könnte, wenn der Lehrmeister zu viele sind; anderseits weil darauf gesehen werden muss, dass nicht mehr Personen als notwendig in die genannten verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander treten, da diese für die weitere Verbreitung der menschlichen Gesellschaft durch rechtmäßige Ehe ein Hindernis bilden würden.
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'''30''' Wohl ist all das, was bisher behandelt wurde, für die Christen sehr nützlich zu wissen; das Wichtigste aber ist sicher die Lehre von der pflichtmäßigen Notwendigkeit der Taufe für alle Menschen, wie es der Herr angeordnet hat; so zwar, dass ein Kind, gleichviel ob gläubiger oder ungläubiger Eltern, ohne die Wiedergeburt kraft der Taufgnade nur zum ewigen Unglück und Verderben geboren würde. Der Seelsorger muss daher immer wieder auf die Stelle im Evangelium hinweisen: »Wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen« (Joh 3, 5).
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'''31''' Das in diesen Worten ausgesprochene Grundgesetz gilt nicht nur für die Erwachsenen, sondern auch für die Kinder. So hat es die Kirche aus apostolischer Überlieferung gelernt, wie die allgemeine Anschauung und Autorität der Väter bestätigt. Es ist auch ganz unglaubhaft, dass Christus der Herr das Sakrament der Taufe und ihre Gnaden den Kindern habe vorenthalten wollen, Er, der über sie die Worte sprach: »Lasst die Kleinen zu mir kommen und wehret es ihnen nicht, denn ihrer ist das Himmelreich« (Mt 19, 14)! Er, der sie in seine Arme schloss, ihnen die Hände auflegte und sie segnete (Mk 10, 16)! Außerdem: wenn wir lesen, Paulus habe eine ganze Familie getauft (1 Kor 1, 16), so ist doch klar, dass er da auch die Kinder, die zur Familie gehörten, im Bad des Heils gewaschen hat. Auch die Beschneidung, die das Vorbild der Taufe war, legt den Brauch der Kindertaufe nahe. Bekanntlich wurden die Knäblein am achten Tag beschnitten. Wenn nun den Kindern damals die leibliche Beschneidung nützte, die mit der Hand vorgenommen wurde, so wird doch sicherlich die Taufe, die christliche Beschneidung, die nicht mit der Hand vorgenommen wird (KoI 2, 11), den Kindern nicht weniger von Nutzen sein. Endlich lehrt der Apostel: »Kam durch den Sündenfall des Einen um des Einen willen der Tod zur Herrschaft, so werden noch viel mehr jene, die die überströmende Gnadengabe der Rechtfertigung empfingen, durch den Einen Jesus Christus im Leben herrschen« (Röm 5, 17). Da also auch die Kinder durch Adams Schuld die Erbsünde haben, so können sie auch um so mehr durch Christus den Herrn die Gnadengabe der Rechtfertigung erlangen, um im Leben zu herrschen. Das ist aber unmöglich ohne die Taufe.
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Der Seelsorger lehre also, dass die Kinder unbedingt zu taufen sind, und dann schon in zarter Jugend stufenweise nach den Vorschriften der christlichen Religion zu einem Leben wahrer Frömmigkeit erzogen werden müssen. Denn der Weise spricht das wahre Wort: »Der Jüngling geht von seinem Weg nicht ab, auch wenn er alt geworden« (Spr 22, 6) '''32''' Die Kinder empfangen nämlich zweifellos bei der Taufe auch tatsächlich das Sakrament des Glaubens; nicht als ob sie dabei selbst den Glauben erweckten, dafür tritt vielmehr der Glaube der Eltern ein, wenn diese gläubig sind, sonst auf jeden Fall (um mit dem hl. Augustin zu sprechen) (Aug. ep. 98, 5) der Glaube der ganzen Gemeinschaft der Heiligen. Denn man kann mit Recht sagen, dass die Kinder von all denen zur Taufe gebracht werden, die sie gerne zur Taufe gebracht sehen und die durch ihre Liebe zur Eingliederung des Täuflings in die Gemeinschaft des Heiligen Geistes mitwirken.
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'''33''' Die Gläubigen sind jedoch eindringlich zu mahnen, dass sie ihre Kinder zur Kirche bringen müssen, so bald dies ohne Gefahr geschehen kann, damit sie dort feierlich die Taufe empfangen (CIC 770). Denn die einzige Möglichkeit zum Heil zu gelangen, ist für das Kind die Spendung der Taufe, und somit fällt, wie leicht ersichtlich, schwere Schuld auf jene, die das Kind länger als unbedingt notwendig ohne die Gnade des Sakramentes dahinleben lassen, zumal bei der kindlichen Schwäche dem jungen Leben eine solche Unzahl von Gefahren droht.
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'''34''' Anders ist das Vorgehen, das nach alter kirchlicher Gepflogenheit bei Erwachsenen und bei solchen, die den vollen Gebrauch der Vernunft erlangt haben, beobachtet werden muss, soweit sie nämlich von Ungläubigen abstammen. Ihnen ist zuerst der christliche Glaubensinhalt vorzulegen und zugleich müssen sie aufgefordert und in liebenswürdiger Weise eingeladen werden, den Glauben anzunehmen. Zeigen sie den Willen, sich zu ihrem Herrn und Gott zu bekehren, dann muss man sie mahnen, die Taufe nicht über die von der Kirche bestimmte Frist hinaus zu verschieben. Denn die Heilige Schrift sagt: »Zögere nicht, dich zum Herrn zu bekehren und verschieb es nicht von einem Tag zum andern« (Sir 5, 8)! So sage man ihnen denn, dass erst die Taufe mit ihrer Wiedergeburt der Schlussstein der Bekehrung ist. Außerdem: Je später sie zur Taufe kommen, um so länger müssen sie die übrigen Sakramente der christlichen Religion mit ihren Gnaden entbehren, da es ja ohne Taufe keinen Zugang zu ihnen gibt. Endlich bleiben sie so auch der unschätzbar köstlichen Frucht beraubt, die wir in der Taufe empfangen, indem der Taufquell nicht nur allen früheren Sündenschmutz und -makel vollständig abwäscht und wegnimmt, sondern außerdem uns noch mit der göttlichen Gnade schmückt, mit deren Hilfe wir fortan die Sünde meiden und die Heiligkeit und Unschuld bewahren können - und das ist ja mit einem Wort der Inhalt des ganzen christlichen Lebens.
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'''35''' Trotzdem spendet die Kirche solchen Taufbewerbern gewöhnlich noch nicht gleich das Sakrament, sie setzte vielmehr fest, dass es ihnen eine bestimmte Zeitlang aufgeschoben werden muss. Dieser Aufschub hat ja beim Erwachsenen keine solche Gefahr im Gefolge, wie dies bei den Kindern der Fall ist. Denn für jene, die den Gebrauch der Vernunft erlangt haben, genügt der Vorsatz und die Absicht der Taufe verbunden mit der Reue über die Sünden ihres früheren Lebens zur Erlangung der Rechtfertigungsgnade, falls ein unvorhergesehenes Ereignis den Empfang des heiligenden Bades unmöglich machen sollte. - Auf der andern Seite bringt dieser Aufschub mancherlei Nutzen. Einmal hat die Kirche die Pflicht, sorglich darauf zu achten, dass niemand etwa aus Verstellung und Heuchelei dies Sakrament empfange, und darum wird die Absicht der Taufbewerber in dieser Weise noch besser geprüft und durchschaut. Dies ist der Grund, weshalb wir in alten Konzilsbeschlüssen die Verordnung lesen, die Juden müssten beim Übertritt zum katholischen Glauben erst einige Monate Katechumenat durchmachen, bevor ihnen die Taufe gespendet würde. Außerdem werden die Taufkandidaten in dem Glauben, den sie fortan bekennen sollen, und in der christlichen Lebensführung noch besser ausgebildet. Weiterhin gibt es dem Sakrament eine besondere religiöse Weihe, wenn die Taufbewerber nur an bestimmten Tagen, an Ostern und Pfingsten, unter feierlichen Zeremonien die Taufe empfangen.
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'''36''' Zuweilen jedoch darf man die Spendung der Taufe doch nicht aufschieben aus gewissen berechtigten und triftigen Gründen, z. B. bei drohender Lebensgefahr und besonders dann, wenn es sich um Täuflinge handelt, die die Glaubensgeheimnisse schon ganz in sich aufgenommen haben. So handelte bekanntlich Philippus und der Apostelfürst: der eine taufte den Kämmerer der Königin Kandake, der andere Cornelius und zwar ohne jeden Aufschub, sofort nachdem diese das Bekenntnis ausgesprochen hatten, dass sie den Glauben annähmen (Apg 8, 36 f; 10,47 f ).
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'''37''' Nun muss man auch darlegen und dem Volk erklären, welche Herzensverfassung die Taufbewerber mitbringen müssen. Erstes Erfordernis ist der Wille und Vorsatz, die Taufe zu empfangen. Denn in der Taufe stirbt man der Sünde ab und beginnt ein neues Leben. Daher ist es nicht mehr als billig, dass die Taufe niemand gegen seinen Willen oder trotz seines Sträubens gespendet werde, sondern nur denen, die sie willig und gern empfangen. Daher auch der alte, auf heiliger Überlieferung gründende Brauch, dass jeder, dem die Taufe erteilt werden soll, vorher gefragt werde, ob er getauft werden will. Bei unmündigen Kindern darf man diesen Wunsch voraussetzen, da der Wille der Kirche, die für sie eintritt, klar zutage liegt.
  
 
[Fortsetzung folgt]
 
[Fortsetzung folgt]

Version vom 20. Juni 2014, 08:19 Uhr

Catechismus Romanus
II. Teil: Von den Sakramenten

(Quelle: Das Religionsbuch der Kirche, Catechismus Romanus gemäß Beschluß des Konzils von Trient für die Seelsorger herausgegeben auf Geheiß des Papstes Pius V.. In deutscher Übersetzung herausgegeben von Dr. Michael Gatterer SJ, erstes Buch – II Bändchen, übersetzt von Anton Koch S.J., Verlag Felizian Rauch Innsbruck-Leipzig 1940, S. 1-269 (3. Auflage); Imprimatur Nr. 3106. Apostolische Administratur Innsbruck, 9. Dezember 1940 K. Lechleitner, Kanzler; Als Vorlage zur Übersetzung diente die bei Tauchnitz, Leipzig erschienene Ausgabe des Catechismus Romanus, die genau den Text des in Rom erstmals gedruckten Originals wiedergibt. Die Gliederung in Teile und Kapitel ist ursprünglich und offiziell. Die fetten Nummern geben die Nummerierung wieder, die Andreas Fabricius, Professor der Philosophie in Löwen († 1581) erstmals einführte; sie sind nicht in allen Ausgaben gleich. Die in eckigen Klammern stehenden Zusätze sind von Dr. Michael Gatterer (außer wenn sie innerhalb gewöhnlicher Klammer stehen). Die Anmerkungen wurden bei der Digitalisierung im Text in Klammer, die Stellen der Heiligen Schrift nach den Abkürzungen der Einheitsübersetzung [Anhang] wiedergegeben). Hie und da kommt ein Satz vor, der nur durch die Rücksicht auf die Zeit der Abfassung des Catechismus verständlich wird. Nicht wenige Belegstellen in diesem Teil, besonders beim Sakrament der Firmung, sind nach den Ergebnissen der kritischen Forschung nicht mehr beweiskräftig, weil unecht. Indes wird durch solche Mängel die Lehre nicht berührt.

siehe: Catechismus Romanus I. Teil: Vom Glaubensbekenntnis

Erstes Kapitel: Von den Sakramenten im allgemeinen

1 Der christliche Glaubensinhalt verlangt in all seinen Teilen gediegene Darbietung. Ganz besonders hohe Anforderungen an des Seelsorgers Lehrbefähigung und Lehreifer stellt jedoch die Lehre von den Sakramenten, deren Empfang einerseits kraft göttlicher Anordnung heilsnotwendig, anderseits auch überreich ist an Wert und Nutzen. Daher soll das christliche Volk durch eingehende und wiederholte Unterweisung darüber instand gesetzt werden, diese erhabenen, hochheiligen Gnadenmittel würdig und heilsam zu empfangen, ohne Gefahr für den Priester, von der Vorschrift abzuweichen, die im Verbot aus Gottes Munde liegt: »Gebt das Heilige nicht den Hunden und werft eure Perlen nicht den Schweinen vor!« (Mt 7, 6).

2 Es sei also zunächst einiges über die Sakramente im allgemeinen vorausgeschickt.

Um den Sinn, den das Wort »Sakrament« hier hat, leichter zu verstehen, muss mit der Worterklärung begonnen und die verschiedene Bedeutung dieses Ausdrucks erläutert werden. Das Wort »Sakrament« (so sage man den Gläubigen) wurde von den Profanschriftstellern in einem vom kirchlichen Sprachgebrauch abweichenden Sinn verwendet. Sie gebrauchten das Wort zur Bezeichnung einer eidlichen Bindung, durch die man sich zu einer bestimmten Dienstleistung verpflichtet. So bezeichnete man z. B. den Eid, mit dem die Soldaten sich dem Staat gegenüber zu treuem Dienst verpflichten, als »sacramentum militare« (Fahneneid). Es scheint, dass dies seinerzeit die gebräuchlichste Bedeutung des Wortes war. - Bei den lateinischen kirchlichen Schriftstellern jedoch bezeichnet das Wort Sakrament etwas Heiliges, das dem Auge verborgen ist; in demselben Sinn etwa, in dem die Griechen das Wort Mysterium gebrauchen. Diese Bedeutung hat offenbar der Ausdruck Sakrament, wenn es z. B. im Brief an die Epheser heißt: »Er hat uns das Geheimnis (sacramentum) seines Willens kundgetan« (Eph 1, 9); oder im Brief an Timotheus: »Anerkannt erhaben ist das Geheimnis (sacramentum) der Frömmigkeit«(1 Tim 3, 16); oder etwa im Buch der Weisheit: »Sie (die Sünder) kennen nicht die Geheimnisse (sacramenta) Gottes« (Weish 2, 22). Aus diesen wie manch anderen Stellen lässt sich ersehen, dass das Wort sacramentum einfach zur Bezeichnung einer heiIigen, geheimnisvoll verborgenen Sache dient. - Damit hängt die Anschauung bei lateinischen kirchlichen Lehrern zusammen, man könne auch berechtigterweise solche sinnlich wahrnehmbare Zeichen Sakramente nennen, die die Gnade, die sie bewirken, zugleich auch äußerlich andeuten und gewissermaßen sichtbar machen. Allerdings können diese Zeichen, wie der heilige Gregor meint (Greg. M. in 1 Reg. 6. 3), den Namen Sakrament auch deshalb haben, weil Gottes Allmacht unter der Hülle körperlicher Dinge hier im Verborgenen die Heilsgnade wirkt.

Unrichtig wäre es zu glauben, das Wort Sakrament sei erst in neuerer Zeit in der Kirche eingeführt worden. Wer den hl. Hieronymus und Augustinus liest, findet ohne weiters, dass unsre alten kirchlichen Schriftsteller zur Bezeichnung der in Frage stehenden Dinge sehr oft den Ausdruck Sakrament verwenden, wenn auch manchmal der Ausdruck Symbol, mystisches oder heiliges Zeichen dafür eintritt.

Soweit über das Wort Sakrament. Es lässt sich zwar auch auf die Sakramente des Alten Bundes anwenden, doch braucht der Seelsorger hierüber keine Belehrung geben, da die alttestamentlichen Sakramente durch das Gesetz der Gnade des Evangeliums aufgehoben sind.

3 Nach der Worterklärung gehe man nun näher auf die Natur der Sache selbst ein und zeige den Christen das Wesen des Sakramentes auf. Die Sakramente gehören zweifelsohne zu den Heils- und Gnadenmitteln. Zur Erläuterung ihrer Eigenart ist unter den verschiedenen Erklärungsmöglichkeiten wohl die beste und klarste die vom hl. Augustin gegebene Begriffsbestimmung, der sich in der Folge alle Theologen der ,Schule' angeschlossen haben. Augustin sagt: »Sakrament ist das Zeichen für eine heilige Sache« (De civ. Dei 10, 5). Oder wie man denselben Gedanken auch ausgedrückt hat: »Sakrament ist das sichtbare Zeichen unsichtbarer Gnade, das zu unsrer Rechtfertigung eingesetzt ist«.

4 Zum bessern Verständnis dieser Begriffsbestimmung wird der Seelsorger sie in ihren Einzelheiten zu entfalten haben. Er beginne also mit der Erklärung, wie alle sinnlich wahrnehmbaren Dinge sich in zwei große Hauptgruppen scheiden: Die einen sind eigens zu dem Zweck erfunden, Zeichen zu sein für etwas anderes.

Die andern sind nicht Zeichen für andere Dinge; sie haben außerdem in ihnen selbst liegenden Zweck keine weitere Bedeutung. Zur letzten Gruppe gehören die Naturdinge fast ausnahmslos. Zur ersten Gattung, der Klasse der »Zeichen«, gehört das Wort, die Schrift, gehören Fahnen, Bilder, Klangsignale u. a. m. Nimmt man etwa den Worten ihren Charakter als Zeichen, d. h. ihre Bedeutung, dann haben sie offenbar ihren ganzen Daseinszweck verloren. Solche Dinge sind Zeichen im eigentlichen Sinn. Denn ein Zeichen ist nach der Erklärung des hl. Augustin (De doctr. christiana 2, 1) ein Ding, das über den eigenen sinnlich wahrnehmbaren Eindruck hinaus noch die Wirkung hat, dass wir durch diese Wahrnehmung zur Erkenntnis von etwas anderem geführt werden. Sehen wir z. B. Fußspuren im Boden ein, gedrückt, so erkennen wir daraus ohne weiters auch, dass jemand hier vorübergegangen ist.

5 Aus dem Gesagten folgt offenbar, dass die Sakramente zur Klasse der Zeichen gehören. Zeigen sie doch wie durch ein sinnfälliges, wahrnehmbares Gleichbild äußerlich an, was Gott innerlich in unsrer Seele mit seiner unsichtbaren Macht wirkt. Ein Beispiel möge den Sachverhalt beleuchten. Bei der Taufe wird der Körper unter einer bestimmten Weiheformel äußerlich abgewaschen. Diese Waschung soll das Zeichen sein, dass innerlich durch die Kraft des Heiligen Geistes alle entstellende Sündenmakel abgewaschen und die Seele mit dem herrlichen Geschenk der heiligmachenden Gnade geschmückt wird. Zugleich aber bringt diese körperliche Abwaschung, wie später gezeigt werden soll, in der Seele auch eben die Wirkung hervor, die sie sinnbildlich andeutet.

Dass die Sakramente zur Klasse der Zeichen gehören, lässt sich auch aus der Heiligen Schrift klar erkennen. Der Apostel schreibt im Brief an die Römer von der Beschneidung, einem Sakrament des Alten Bundes, das Abraham, dem Stammvater aller Gläubigen, gegeben wurde, in folgenden Worten: »Er empfing das Zeichen der Beschneidung als Siegel der Rechtfertigung aus dem Glauben« (Röm 4,11). Und anderswo sagt er: »Wir alle, die wir in Christus Jesus getauft sind, sind in seinem Tod getauft«, und gibt damit zu erkennen, dass die Taufe den Hinweis auf den Tod Christi sinnbildlich in sich schließt, weil wir (nach einem weitem Wort des Apostels) »mit ihm begraben sind durch die Taufe (das ,Eintauchen') in seinen Tod« (Röm 6,3.4).

Der Nutzen, der sich für die Gläubigen aus der Erkenntnis dieser Zugehörigkeit. der Sakramente zur Klasse der Zeichen ergibt, ist nicht gering anzuschlagen. Denn daraus werden sie sich leichter von der Heiligkeit und Erhabenheit dessen überzeugen, was durch die Sakramente bezeichnet, beinhaltet und bewirkt wird. Und diese Erkenntnis wiederum ist eine Anregung für jeden, Gottes Güte gegen uns um so dankbarer und ehrfürchtiger anzuerkennen.

6 Nun erkläre man den zweiten Teil der Begriffsbestimmung: [Zeichen] »einer heiligen Sache«. Zur größeren Erleichterung seien hier etwas ausführlicher die scharfsinnig feinen Untersuchungen des hl. Augustin (De doctr. christ. 2,1 f) über die verschiedenen Arten von Zeichen dargelegt.

Es gibt zunächst so genannte »natürliche« Zeichen, die außer dem eigenen sinnlichen Eindruck in uns den Gedanken an etwas anderes wachrufen, welch letzteres, wie oben bemerkt, eine allgemeine Eigenschaft der Zeichen ist, z. B. der Rauch, aus dem wir sofort auf ein Feuer schließen. »Natürlich« heißen wir dieses Zeichen deshalb, weil der Rauch auf das Feuer hinweist nicht auf Grund einer willkürlichen Vereinbarung, sondern der natürlichen Erfahrung, da man ihn nur zu sehen braucht, um sofort auf das wenn auch noch nicht sichtbare Feuer zu schließen, das dieser Raucherscheinung zugrunde liegt.

Außerdem gibt es aber noch eine zweite Art von Zeichen. Diese sind nicht von Natur gegeben, sondern beruhen auf freier Vereinbarung und sind vom Menschen erfunden, um mit andern verkehren, seine Gedanken ausdrücken, und umgekehrt zur Kenntnis der Gedanken und Absichten des Nebenmenschen gelangen zu können. Wie groß die Zahl und Mannigfaltigkeit solcher Zeichen ist, sieht man schon daraus, dass es solche fürs Auge, sehr viele fürs Gehör und eine ganze Reihe für die übrigen Sinne gibt. Winken wir z. B. einem andern zu oder geben wir mit der Fahne ein Zeichen, so wendet sich das Zeichen offenbar ausschließlich an den Gesichtssinn; während etwa T rompeten-, Pfeifen- oder Saitenklang, der ja sehr oft nicht nur zum Spiel, sondern auch zum Zeichen- oder Signalgeben verwendet wird, für den Gehörsinn bestimmt ist. Der Gehörsinn nimmt ferner auch das Wort in sich auf, das für den Ausdruck unsrer innersten Gedanken von der größten Bedeutung ist.

Außer den bisher besprochenen, auf freier menschlicher Vereinbarung beruhenden Zeichen gibt es noch eine dritte Art, solche Zeichen nämlich, die von Gott selbst eingesetzt sind. Sie gliedern sich nach allgemeiner Anschauung wieder in zwei Gruppen. Die eine Art wurde den Menschen nur zu dem Zweck von Gott gegeben, dass sie auf etwas anderes hinweisen, daran erinnern sollten. Solche rein symbolische Zeichen waren z. B. die gesetzlichen Reinigungen, das ungesäuerte Brot und eine Reihe anderer Dinge, die zum mosaischen Zeremonialgesetz gehörten. - Dann hat aber Gott noch andere Zeichen eingesetzt, die nicht nur hinweisende, sondern auch bewirkende Kraft haben sollten. Und zu dieser letztgenannten Art gehören offenbar die Sakramente des Neuen Bundes. Es sind dies nämlich von Gott eingesetzte, nicht von den Menschen erfundene Zeichen, die, wie der Glaube lehrt, auf etwas Heiliges hin, weisen und zugleich die Kraft enthalten, es zu bewirken.

7 Wie es nach dem Gesagten Zeichen von sehr verschiedener Art gibt, so ist auch der Begriff »heilige Sache« durchaus nicht eindeutig. In der oben aufgestellten Begriffsbestimmung des Sakraments bedeutet der Ausdruck »heilige Sache« nach der Lehre der kirchlichen Schriftsteller die Gnade Gottes, die uns heilig macht und uns mit allen göttlichen Tugenden schmückt. Der heiligmachenden Gnade kommt nach der Ansicht derselben Schriftsteller die Bezeichnung »heilige Sache« mit besonderem Recht zu, weil kraft dieser Gnade unsere Seele für Gott geheiligt und mit Ihm verbunden wird.

8 Will man also das Wesen der Sakramente noch genauer entfalten, so wird man sagen müssen: die Sakramente sind sinnfällige, von Gott festgesetzte Dinge, die in sich die Kraft haben, die Heiligkeit und Gerechtigkeit zu bezeichnen und damit zugleich zu bewirken. Hieraus ergibt sich sofort die leicht begreifliche Folgerung, dass man Bilder von Heiligen, Kreuze u. a. dgl. nicht Sakramente nennen kann, obwohl sie Zeichen von heiligen Dingen sind.

Die Richtigkeit der eben gegebenen Erklärung lässt sich an den einzelnen Sakramenten leicht der Reihe nach aufzeigen. Man braucht nur für jedes Sakrament einen ähnlichen Nachweis führen, wie es oben für die Taufe geschah, da wir sagten, dass die sakramentale Abwaschung des Körpers Hinweis ist und zugleich Wirkursache für jene »heilige Sache«, die innerlich durch die Kraft des Hl. Geistes zustande kommt.

Eine weitere und wichtige Eigenart dieser von Gott eingesetzten sakramentalen Zeichen ist auch diese, dass sie kraft göttlicher Bestimmung nicht nur eine, sondern mehrfache Bedeutung haben. Ein Blick auf die einzelnen Sakramente zeigt ja, dass sie nicht nur auf unsre Heiligung und Rechtfertigung hindeuten, sondern außerdem noch auf zwei weitere mit eben dieser Heiligung im innigsten Zusammenhang stehende Tatsachen, auf das Leiden Christi des Erlösers als auf die Ursache aller Heiligkeit, und auf das ewige Leben sowie die himmlische Seligkeit als auf das Ziel unsrer Heiligung. Da man diese Sinnbeziehung an jedem Sakrament ersehen kann, ist es die wohlbegründete Lehre der Theologen, dass einem jeden Sakrament eine dreifach hinweisende Kraft innewohnt: einmal erinnert es an eine Tatsache der Vergangenheit [Leiden Christi] , dann weist es bildlich auf einen Vorgang in der Gegenwart hin [Heiligung], und endlich kündet es das voraus, was in der Zukunft liegt [Seligkeit]. - Man glaube nicht, das sei eine theologische Anschauung, die eine Stütze in der Heiligen Schrift etwa nicht besitze. Denn wenn der Apostel sagt: »Wir alle, die wir getauft sind in Christus Jesus, sind in seinem Tod getauft« (Röm 6, 3), so zeigt er damit klar, dass die Taufe ein Erinnerungszeichen an Leiden und Tod des Herrn ist. Wenn er dann weiter sagt: »So sind wir also durch die Taufe auf den Tod mit ihm begraben, und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferstanden ist, so sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln« (Röm 6, 4), so ist die Taufe offenbar als ein Zeichen angedeutet, das Sinnbild für die innere Eingießung der himmlischen Gnade ist; die Gnade ist es ja, die es uns ermöglicht, ein neues Leben zu führen und alle Pflichten eines wahrhaft frommen Wandels leicht und gern zu erfüllen. Wenn er dann endlich noch beifügt: »Sind wir durch die Ähnlichkeit mit seinem Tod lebendig mit ihm verbunden, so werden wir es auch sein durch die Ähnlichkeit mit seiner Auferstehung« (Röm 6, 5), so liegt in der Taufe offenbar auch ein deutlicher Hinweis auf das ewige Leben, das wir durch sie erlangen sollen.

Zu den bisher genannten verschiedenen Sinnbeziehungen kommt noch hinzu, dass ein Sakrament nicht selten nicht nur auf ein, sondern auf mehrere in der Gegenwart gelegene Dinge hinweist. Ein Blick auf das heiligste Sakrament des Altars lässt dies leicht erkennen. Hier wird angedeutet die Gegenwart des wahren Leibes und Blutes des Herrn und außerdem die Gnade, deren jene teilhaft werden, die mit reinem Herzen die heiligen Geheimnisse empfangen.

Nach alle dem wird es dem Seelsorger nicht an Stoff fehlen, um die Größe der göttlichen Macht und die Menge verborgener Wunder darzulegen, die sich in den Sakramenten des Neuen Bundes finden, und um alle von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Sakramente hoch in Ehren zu halten und mit großer Andacht zu empfangen.

9 Das beste Mittel jedoch, zum rechten Gebrauch der Sakramente anzuspornen, ist eine eingehende Erklärung der Gründe, die für ihre Einsetzung maßgebend waren. Man führt gewöhnlich deren mehrere an. Zunächst einmal die geringe Kraft des menschlichen Erkenntnisvermögens. Es ist ja erfahrungsgemäß schon von Natur so, dass der Mensch nur durch Vermittlung sinnlicher Wahrnehmungen zur Erkenntnis rein geistiger Dinge gelangt. Damit wir nun die Wirkungen der unsichtbaren Gottesmacht leichter erfassen können, hat es der erhabene Schöpfer aller Dinge in seiner unendlichen Weisheit so eingerichtet. dass Er aus Liebe zu uns eben diese verborgen wirkende Kraft durch einige sinnfällige Zeichen veranschaulicht. Der hl. Chrysostomus spricht das schöne Wort: »Wenn der Mensch keinen Körper hätte, würden ihm die geistigen Gaben offen und ohne jede Hülle gegeben; da aber seine Seele mit einem Leib verbunden ist, war es durchaus notwendig, dass sie sich der Hilfe sinnfälliger Dinge zur Erkenntnis dieser Gaben bediene« (Homilien über Matthäus: 82, 4).

Ein zweiter Grund liegt darin: Unser Herz erschwingt sich so schwer zum Glauben an das, was uns verheißen wird. Deshalb hat Gott seine Pläne von Anbeginn der Welt zwar auch durchs Wort immer und immer wieder angekündigt; beschloss Er aber ein Werk, dessen Erhabenheit den Glauben an seine Verheißungen gefährden konnte, dann fügte Er zu seinem Wort noch andere Zeichen, die nicht selten den Charakter eines Wunders an sich trugen. Als Gott z. B. Moses die Sendung zur Befreiung des Volkes Israel übertrug, jener aber, selbst durch Gottes unmittelbaren Befehl nicht zum Vertrauen auf seine Hilfe gelangt, die Befürchtung äußerte, es möchte die ihm zugedachte Aufgabe untragbar schwer für ihn sein, oder seine Volksgenossen würden den göttlichen Verheißungsworten doch keinen Glauben schenken, da gab der Herr seiner Verheißung Nachdruck durch eine ganze Reihe verschiedener Wunderzeichen. Wie es nun Gott im Alten Bunde hielt, indem Er die Unumstößlichkeit einer großen Verheißung durch Zeichen bekräftigte, so hat auch im Neuen Bund Christus unser Erlöser bei der Verheißung der Sündennachlassung, der göttlichen Gnade und der Mitteilung des Heiligen Geistes zugleich bestimmte sinnlich wahrnehmbare Zeichen dafür eingesetzt, die uns wie ein Ihn bindendes Pfand sein und jeden Zweifel an seiner Verheißungstreue bei uns ausschließen sollten.

Ein dritter Grund: Die Sakramente sollen nach einem Wort des hl. Ambrosius (De sacram. 5 c. 4) für uns sein wie eine Arznei, wie das Heilmittel des Samaritans im Evangelium, zur Wiederherstellung oder Bewahrung der Gesundheit unsrer Seele. Die Kraft, die dem Leiden Christi entströmt, d. h. die Gnade, die Er uns am Kreuzaltar verdiente, soll durch die Sakramente wie durch einen Kanal in uns übergeleitet werden. Ohne diese Mittel wird niemand sich irgend, welche Hoffnung auf seine Rettung machen können. So ließ denn der Herr in seiner Güte die Sakramente unter Einsatz seiner Verheißungsworte in der Kirche zurück mit der Verpflichtung für uns, fest für wahr zu halten, dass uns durch die Sakramente die Frucht seines Leidens tatsächlich mitgeteilt wird, wenn nur jeder aus uns diese Heilsmittel fromm und gewissenhaft bei sich zur Anwendung bringt.

Dazu kommt ein viertes, was die Einsetzung der Sakramente notwendig erscheinen lässt: sie sollten zugleich Unterscheidungszeichen sein, an denen man die Christen als solche erkennt. Es kann sich ja nach einem Wort des hl. Augustin keine menschliche Vereinigung, sie mag sich zur wahren oder zu einer falschen Religion bekennen, ohne das Bindemittel irgendwelcher sichtbarer Zeichen zu einer Körperschaft zusammenschließen (Contra Faustum 19 c. 11). Die Sakramente des Neuen Bundes nun leisten diese Doppelaufgabe: sie unterscheiden die Anhänger des christlichen Glaubens von den Ungläubigen, und verbinden die Gläubigen selbst untereinander wie durch ein heiliges Band.

Einen an der n schwerwiegenden Grund für die Einsetzung der Sakramente zeigen die Worte des Apostels: »Mit dem Herzen glaubt man, um gerechtfertigt zu werden, mit dem Mund bekennt man, um zum Heil zu gelangen« (Röm 10, 10). Die Sakramente bedeuten ein Glaubensbekenntnis vor aller Welt, ein Kundgeben des Glaubens nach außen. So bezeugen wir z. B. durch den Hintritt zur Taufe öffentlich unsern Glauben daran, dass in der Kraft des Taufwassers, das uns sakramental reinigt, die geistige Reinigung der Seele vollzogen wird.

Doch die Sakramente haben nicht nur großer Bedeutung für die Weckung und Betätigung des Glaubens in uns, sie entzünden weiterhin auch in hohem Maß jene Liebe, in der wir einander zugetan sein sollen. Sind sie doch Erinnerungszeichen daran, dass wir durch die gemeinsame Teilnahme an den heiligen Geheimnissen mit den engsten Banden einander verbunden und zu Gliedern Eines Leibes geworden sind.

Endlich noch eines, was für ein wahrhaft christliches Leben von der größten Bedeutung ist: die Sakramente bändigen und dämpfen den menschlichen Geistesstolz und sind für uns eine Schule der Demut, indem sie uns nötigen, uns den sinnfälligen Dingen zu unterwerfen und so Gott unsern Gehorsam zu zeigen, dem wir einst treulos den Rücken gewandt, um uns den Dingen der Welt als Knechte zu verschreiben. Damit ist das Wichtigste über Name, Wesen und Einsetzung der Sakramente gesagt, soweit es zur Unterweisung des christlichen Volkes in Betracht kommt.

Hat der Seelsorger dies alles genau auseinandergesetzt, so muss er weiterhin die Wesensbestandteile in jedem Sakrament erklären und außerdem die Riten und Zeremonien, die zu den einzelnen Sakramenten hinzugefügt wurden. 10 Zunächst erläutere man also, dass das Sinnfällige am Sakrament, von dem oben bei der Begriffsbestimmung gesprochen wurde, nicht eine unteilbare Einheit bildet, wenngleich es als ein einziges Zeichen aufgefasst werden muss. Zwei Dinge sind es nämlich, aus denen jedes Sakrament besteht. Das eine hat die Eigenart der Materie und wird als »EIement« bezeichnet. Das andere besitzt den Charakter der Form und heißt gewöhnlich » Wort« [des Sakraments]. So lehren nämlich die Kirchenväter. Bekannt und allgemein verwendet ist z. B. das Wort des hl. Augustin: »Es tritt das Wort zum Element und dieses wird zum Sakrament« (Tract. in Joh. 80, 3). Unter dem Ausdruck »sinnfällig« verstehen sie also erstens die Materie oder das Element (z. B. bei der Taufe das Wasser, bei der Firmung den Chrisam, bei der Letzten Ölung das Öl) - was mit dem Auge wahrgenommen wird; und zweitens die Worte, die die Form darstellen und sich an den Gehörsinn wenden. Der Apostel deutet beide Teile klar an, wenn er sagt: »Christus hat die Kirche geliebt und sich für sie dahingegeben, um sie zu heiligen, indem er sie reinigte durch das Wasserbad und das Wort des Lebens« (Eph 5, 25 f). Hier wird Materie und Form des Sakramentes zum Ausdruck gebracht.

11 Die Beifügung von Worten zur Materie war notwendig, damit der Sinn des sakramentalen Vorgangs verständlicher und eindeutiger würde. Das Wort hat offenbar unter allen Zeichen am meisten bezeichnende Kraft. Fehlte das Wort, so wäre es sehr unklar, was die Materie des Sakraments eigentlich andeuten will. Ein Blick z. B. auf die Taufe zeigt das: Das Wasser hat ebenso gut die Kraft zu erfrischen, der Kühlung wie zur Reinigung; es kann somit Sinnbild für beides sein. Würden keine erläuternden Worte beigefügt, so könnte einer wohl vielleicht irgendwelche Vermutung, aber keine sichere Behauptung aufstellen, für welches von beiden das Taufwasser Sinnbild ist. Werden aber noch Worte dazu gesprochen, so wird sofort verständlich, dass das Wasser hier die Wirkung und sinnbildliche Bedeutung der Reinigung hat.

12 In diesem Punkt sind unsre Sakramente denen des Alten Bundes weit überlegen. Bei ihrer Spendung gab es, soweit wir wissen, keine bestimmte Form. Infolgedessen waren sie denn auch gar unbestimmt und unklar in sich. Bei unsern Sakramenten dagegen ist die Form der Worte so fest bestimmt, dass im Fall eines Abgehens von ihr auch das Sakrament nicht zustande kommt. Dadurch sind unsre Sakramente aber auch ganz eindeutig klar und lassen für Zweifel keinen Raum. Materie und Form sind also zwei Teile, die zu Natur und Wesen eines jeden Sakraments gehören und aus denen jedes notwendig besteht.

13 Hierzu kommen nun noch die Zeremonien. Ihre Unterlassung wäre außer dem Notfall zwar eine Sünde, würde jedoch, wie der Glaube uns lehrt, die Gültigkeit des Sakraments sicher nicht beeinträchtigen, weil sie dessen Wesen unberührt lassen. Seit der Urzeit der Kirche war es immer Brauch, die Sakramente unter bestimmten feierlichen Zeremonien zu spenden und mit Recht. Denn erstens ist es höchst entsprechend, den heiligen Geheimnissen auch jene äußern religiösen Formen zu geben, die beweisen, dass wir das Heilige auch heilig behandeln. Weiterhin machen die Zeremonien die Wirkungen des Sakraments noch deutlicher, stellen sie gleichsam anschaulich dar und durch, dringen die Gläubigen tiefer mit dem Bewusstsein von der Heiligkeit dieser Gnadenmittel. Endlich aber lenken sie das Herz des Zuschauers und aufmerksamen Beobachters auf erhabene Gedanken hin und erwecken darin den Glauben und die Liebe. Um so mehr muss sich daher der Seelsorger Mühe geben, dass die Christen mit dem Sinn der Zeremonien bei der Spendung der einzelnen Sakramente recht vertraut gemacht werden.

14 Nächste Aufgabe ist, nun auch die Zahl der Sakramente zu erklären. Der Unterricht hierüber hat den Nutzen: je mehr Heils- und Gnadenmittel es sind, die das christliche Volk von Gottes Hand für uns bereitet sieht, um so größer wird auch der fromme Eifer sein, mit dem es aus allen Herzenskräften Gottes einzigartige Freigebigkeit gegen uns loben und preisen wird.

Es gibt also in der Katholischen Kirche sieben Sakramente, wie das die Schrift beweist und die Überlieferung von Väterzeiten her sowie die Konzilsentscheidungen dartun. 15 Dass es gerade sieben sind und nicht mehr oder weniger, dafür lässt sich ein recht guter Grund aus ein e m Vergleich zwischen dem natürlichen und dem geistlichen Leben aufzeigen. Damit der Mensch zum Leben kommt, sein Leben erhält und zum eigenen wie zum allgemeinen Wohl fortführt, braucht es diese sieben Dinge: Geburt, körperliches Wachstum, Nahrung, in Krankheitsfällen Heilung, Wiederherstellung der angegriffenen Kräfte; in sozialer Beziehung das Vorhandensein einer staatlichen Obrigkeit, in deren Händen die Autorität und Verwaltung ruht; und endlich die menschliche Selbst- und Arterhaltung durch rechtmäßig fortgepflanzte Nachkommenschaft. All das hat, wie leicht ersichtlich, entsprechende Ähnlichkeiten auch in jenem Leben, das die Seele für Gott zu leben hat, und so lässt sich die Zahl der Sakramente ohne weiters daraus ableiten.

Das erste Sakrament also ist die Taufe, gleichsam das Tor zu den übrigen Sakramenten, in der wir für Christus wiedergeboren werden. - Dann die Firmung, deren Wirkung darin besteht, dass wir in der göttlichen Gnade wachsen und erstarken. So wurde auch den Aposteln, wie der hl. Augustin bemerkt (Epist. 265, 5), erst nach ihrer Taufe vom Herrn gesagt: »Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe ausgerüstet werdet« (Lk 24, 49)! - Dann die Eucharistie, die unsre Seele als wahre Himmelsspeise nährt und erhält. Von ihr hat ja der Erlöser das Wort gesprochen: »Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank« (Joh 6, 56). - Es folgt nun an vierter Stelle die Buße, die, wenn wir uns Sündenwunden zugezogen haben, die verlorne Gesundheit wiederherstellt. - Darauf die Letzte Ölung, die die Überbleibsel der Sünde von uns nimmt und die seelischen Kräfte neu belebt. Sagt doch der hl. Jakobus, wo er von diesem Sakrament spricht: »Und wenn er [der Kranke] Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben« (Jak 5, 15). - Nun folgt die Priester weihe, die die dauernde Vollmacht zur Sakramentenspendung in der Kirche und zum Vollzug aller heiligen Handlungen verleiht. - Endlich die Ehe, deren Zweck es ist, dass aus der rechtmäßigen und geheiligten Verbindung zwischen Mann und Frau Kinder geboren und in Gottesfurcht aufgezogen werden zu Gottes Dienst und zur Erhaltung des menschlichen Geschlechts.

16 Nun ein Punkt, der sehr wohl zu beachten ist. Die Sakramente enthalten zwar alle in sich göttliche, wunderbare Kraft, jedoch ist: die Notwendigkeit des Empfangs, die Rangstufe und der besondere Zweck nicht bei allen gleich. Hinsichtlich der Notwendigkeit stehen, wenn auch je unter verschiedener Rücksicht, drei Sakramente an der Spitze. Zunächst die Taufe. Ihre unbedingte Notwendigkeit für jeden Menschen hat der Erlöser mit den Worten ausgesprochen: »Wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen«(Joh 3, 5). - Die Buße ist nur für jene notwendig, die nach der Taufe in eine schwere Sünde gefallen sind. Diese können dem ewigen Verderben nur dadurch entgehen, dass sie für die begangene Sünde die vorgeschriebene Buße tun. - Die Priesterweihe endlich ist, nicht zwar für die einzelnen Gläubigen, wohl aber für die ganze kirchliche Gemeinschaft unbedingt erforderlich.

Was die Rangordnung unter den Sakramenten anbelangt, so überragt die heilige Eucharistie weit alle übrigen Sakramente, sowohl durch ihre Heiligkeit, wie durch die Zahl und Größe der in ihr gewirkten Wunder. Doch wird sich das alles später bei der Einzelerklärung der Sakramente leichter erkennen lassen.

17 Eine weitere Frage wird sein, aus wessen Hand wir diese heiligen, göttlichen Geheimnisse empfangen. Eine kostbare Gabe gewinnt ja zweifellos noch ganz besonders an Wert durch die Erhabenheit und Größe des Gebers. Die Antwort auf diese Frage kann übrigens nicht schwer fallen. Denn da Gott es ist, der den Menschen rechtfertigt, die Sakramente aber nur gleichsam die wundervollen Werkzeuge zu dieser Rechtfertigung sind, so ist offenbar der Urheber der Rechtfertigung ebenso wohl wie der Sakramente niemand anderer als Gott in Christus. Ein weiterer Beweis dafür: die Wirksamkeit, die die Sakramente in sich bergen, dringt vor bis in den innersten Seelengrund. Nun ist es aber einzig und allein der göttlichen Allmacht eigen, Herz und Geist des Menschen zu durchdringen, und so zeigt sich auch aus dieser Überlegung, erstens dass die Sakramente von Gott selbst durch Christus eingesetzt sind, und zweitens dass wir unumstößlich fest glauben müssen, dass Gott sie auch innerlich spendet. Diese Wahrheit hat dem hl. Johannes nach seiner Aussage Christus selbst bezeugt: »Der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen«, so sagt der Täufer, »sprach zu mir: Auf den du den Geist herabsteigen und über ihm schweben siehst, der ist es, der mit dem Heiligen Geiste tauft« (Joh 1, 33). 18 Gott ist also der Urheber der Sakramente und deren eigentlicher Spender.

Ihre Verwaltung jedoch in der Kirche geschieht nach seiner Anordnung nicht durch Engel, sondern durch Menschen. So sagt nämlich die ununterbrochene Überlieferung der heiligen Väter: Es ist für das Zustandekommen der Sakramente außer Materie und Form auch das Amt des menschlichen Spenders [Verwalters] erforderlich. 19 Der menschliche Spender handelt beim sakramentalen Akt nicht in eigener Person, sondern in der Person Christi. Der Spender mag folglich ein guter oder schlechter Mensch sein - gebraucht er die auf Christi Einsetzung hin in der Katholischen Kirche stets festgehaltene Form und Materie, und hat er die Absicht zu tun was die Kirche bei der Spendung tut, so vollzieht und spendet er gültig das Sakrament, und nichts vermag dessen Gnadenfrucht zu hindern, es sei denn, dass der Empfänger selbst die Himmelsgabe fruchtlos machen und dem Heiligen Geist widerstehen wollte.

Dass die eben vorgelegte Lehre in der'Kirche stets als sicher ausgemacht galt, zeigt mit aller Klarheit der hl. Augustin in seinen Streitschriften gegen die Donatisten (Aug. Contra Donat III 10, IV 4, V 19). Sollte jemand auch nach einem Beweis aus der Heiligen Schrift suchen, dann höre er des Apostels eigene Worte: »Ich habe gepflanzt, Apollo hat begossen, das Wachstum aber hat Gott verliehen. Darum kommt es weder auf den an, der pflanzt, noch auf den, der begießt, sondern nur auf Gott, der das Gedeihen gibt« (1 Kor 3. 6 f). Die Stelle zeigt deutlich, dass jemand, der durch die Tätigkeit eines schlechten Spenders Christus einverleibt wurde, infolge der Schlechtigkeit des Spenders keinerlei eigene Schädigung erleidet, so wenig es etwa einem Baum schadet, wenn die Hände, die ihn pflanzten, von Sünde befleckt waren. So hat, wie unsre heiligen Väter auf Grund des Johannesevangeliums lehren, auch Judas Ischariot manche getauft; von keinem aus ihnen aber lesen wir, dass er etwa später noch einmal getauft worden wäre. Der hl. Augustin hat darüber die treffende Bemerkung geschrieben: »Judas tauft, und keine Wiedertaufe folgt nach seiner Taufe. Johannes tauft, und es folgt die Wiedertaufe nach der Johannestaufe. Der Grund hierfür? Die Taufe, die Judas spendete, ist Christi Taufe; die Taufe, die Johannes gab, war Johannis Taufe. Nicht als ob wir einen Judas einem Johannes vorzögen. Aber die Taufe Christi, auch wenn sie aus der Hand eines Judas gespendet wird, ziehen wir, und zwar mit Recht, der Taufe des Johannes vor, auch wenn sie durch die Hand eines Johannes erteilt wird« (Aug. Tract. in Joh. 5, 18).

20 Damit sollen aber die Seelsorger und andere, die zur Sakramentenspendung in Betracht kommen, nicht meinen, es sei also schon genug, wenn sie nur genau darauf achten, dass sie die Sakramente in der vorgeschriebenen Weise spenden, gleichgültig, wie es um die Reinheit ihres Lebens und Gewissens steht. Gewiss ist auf das Erstgenannte genau zu achten, aber damit ist noch nicht alles getan, was für die heilige Handlung von Bedeutung ist. Sie müssen sich vielmehr stets vor Augen halten, dass die Sakramente zwar der ihnen innewohnenden Gotteskraft nie verlustig gehen, dass sie aber jedem, der sie im Zustand der Sünde spendet, ewigen Tod und Verdammnis bringen. Heiliges ist (was immer und immer wieder betont werden muss) heilig und mit Ehrfurcht zu behandeln. Beim Propheten steht das Wort: »Zum Sünder spricht Gott: Was zählst du meine Satzungen daher und nimmst meinen Bund in deinen Mund? In Wirklichkeit hassest du die Zucht« (Ps 49, 16 f)! Wenn also ein sündebefleckter Mensch von göttlichen Dingen schon nicht sprechen soll, was muss es dann nicht für ein Verbrechen sein, wenn einer, der sich vielfacher Vergehen schuldig weiß, trotzdem sich nicht scheut, die heiligen Geheimnisse mit beflecktem Munde zu vollziehen, sie in die entweihten Hände zu nehmen, sie anzutasten, andern zu reichen und auszuspenden! Der hl. Dionysius schreibt geradezu, ein Unwürdiger dürfe die Symbole (so nennt er die Sakramente) nicht einmal berühren (De eccl. hier.c. 1, 1). Heiligkeit also vor allem sollen die Spender der heiligen Güter sich angelegen sein lassen, sollen mit reinem Herzen zur Spendung der Sakramente herantreten und ein so frommes Leben führen, dass sie durch den häufigen Vollzug und Genuss der heiligen Geheimnisse mit Gottes Hilfe täglich reichere Gnaden erwerben.

21 Hierauf lehre man, welches die Wirkung der Sakramente ist. Die Erklärungen hierüber werden zugleich die oben gegebene Begriffsbestimmung vom Sakrament noch mehr beleuchten.

Es lassen sich vor allem zwei Wirkungen angeben. An erster Stelle steht mit Recht jene Gnade, die wir nach dem Sprachgebrauch der Kirchenlehrer die Gnade der Rechtfertigung nennen. So belehrt uns nämlich schon ganz klar der Apostel, wenn er sagt, Christus habe die Kirche geliebt und sich für sie dahin gegeben, um sie zu heiligen, indem Er sie reinigte durch das Bad des Wassers in seinem Wort (Eph 5,25 f). Wie eine solch große wunderbare Wirkung durch das Sakrament hervorgebracht wird, dass nach dem berühmten Wort des hl. Augustin »das Wasser den Leib abwäscht und zugleich die Seele berührt« (Aug. Tract. in Joh. 80, 3), das übersteigt alle menschliche Fassungskraft. Denn das Eine steht fest, dass etwas Sinnfälliges aus sich selbst nicht die Kraft hat, wesenhaft bis in die Seele vorzudringen. Im Licht des Glaubens aber wissen wir, dass in den Sakramenten die Kraft des allmächtigen Gottes tätig ist; und in dieser Kraft wirken sie, was die Dinge wie sie sind, aus sich selbst nicht zu leisten vermögen.

22 Um aber jeden Zweifel an dieser inneren Wirkung auch für die Folgezeit in den Christenherzen auszuschIießen, hat Gott in der ersten Zeit der Sakramentenspendung in seiner unendlichen Güte es so gefügt, dass diese innern Wirkungen durch Wunderzeichen auch nach außen kund wurden, damit wir ohne Schwanken auch später an diese Wirkungen glaubten, wenn sie sich auch vollständig unsrer Wahrnehmung entziehen. Wir wollen hier absehen von der Tatsache, dass nach der Taufe unsres Heilands im Jordan der Himmel sich öffnete und der Heilige Geist in Gestalt einer Taube erschien, um an die Eingießung der Gnade in unsre Seele beim Bade des Heils zu erinnern (wir sehen deswegen davon ab, weil sich dies mehr auf den Sinn und die Bedeutung der Taufe als auf deren Spendung bezog): aber lesen wir nicht, wie an Pfingsten, als die Apostel den Heiligen Geist empfingen, der sie für die kommende Glaubenspredigt und zur Übernahme aller Gefahren zur Verherrlichung Christi begeisterte und stärkte, »sich vom Himmel her ein Brausen erhob, als ob ein Sturmwind dahin führe, und wie ihnen dann Zungen erschienen wie von Feuer und sich zerteilten«(Apg 2, 2 f)? Daraus ließ sich ersehen, dass das Sakrament der Firmung auch uns diesen Geist verleiht und ähnliche Kraft gibt, in der wir dem Fleisch, der Welt und dem Satan, unsern drei Erbfeinden, tapfer Widerstand leisten können. Und solche Wunder haben sich in der Urkirche bei jeder Spendung dieser Sakramente durch die Apostel eine ganze Zeit hindurch wiederholt, bis der Glaube bereits gefestigt und erstarkt war und sie deshalb aufhörten.

23 Die Ausführungen über die erste Wirkung der Sakramente, die heiligmachende Gnade, zeigen auch klar, dass die Kraft, die den Sakramenten des Neuen Bundes innewohnt, weit höher und erhabener ist als dies seinerzeit bei den Sakramenten des Alten Bundes der Fall war. Diese waren »kraftlose, arme Elemente« (Gal 4, 9), »sie heiligten die Unreinen nur zu äußerer Reinigkeit« (Hebr 9, 13) nicht aber zur Reinheit der Seele. So waren sie denn ihrer ganzen Bestimmung nach nur Vorbilder dessen, was durch unsre sakramentalen Handlungen bewirkt werden sollte. Die Sakramente des Neuen Bundes hingegen, aus Christi Seitenwunde entflossen, der sich im Heiligen Geiste selbst als makelloses Opfer Gott dargebracht, reinigen unser Gewissen von todbringenden Werken, damit wir dem lebendigen Gott dienen (Hebr 9, 14). Und so bewirken sie in der Kraft des Blutes Christi eben jene Gnade, die sie bezeichnen. Mit den Sakramenten des Alten Bundes verglichen, haben sie also nicht nur eine höhere Wirkkraft, sie sind außerdem auch viel reicher an Segen und erhabener an innerer Heiligkeit.

24 Die zweite Wirkung besitzen nicht alle Sakramente, sie ist vielmehr nur drei von ihnen eigen: der Taufe, der Firmung und der Priesterweihe. Sie besteht in dem so genannten Charakter, den sie der Seele einprägen. Wenn der Apostel sagt: »Gott hat uns gesalbt, er hat uns das Siegel eingeprägt und den Geist als Unterpfand ins Herz gegeben« (2 Kor 1,21 f), so umschreibt er mit dem Ausdruck »er hat das Siegel eingeprägt« ziemlich deutlich diesen »Charakter« [=Siegel oder Stempel], der eben dazu dient, etwas zu siegeln oder mit einem Zeichen zu versehen.

Es ist der Charakter gleichsam ein der Seele eingeprägtes Abzeichen, unauslöschlich und für immer in der Seele verbleibend. Der hl. Augustin hat darüber folgende Stelle: »Sollten die Sakramente der christlichen Religion weniger leisten können als etwa das äußere Abzeichen, das der Soldat trägt? Das Militärabzeichen wird dem Soldaten, falls er fahnenflüchtig wird und dann wieder zur Truppe zurückkehrt, nicht von neuem eingedrückt, sondern das alte dient auch jetzt noch als Erkennungszeichen« (Aug. Tract. in Joh. 6, vgl. contra Crescon. 1, 35).

25 Der Charakter hat eine zweifache Bedeutung: er soll uns erstens befähigen zum Empfang oder zur Ausübung heiliger Geheimnisse; zweitens soll er ein Unterscheidungszeichen zwischen den einzelnen darstellen. So hat der Taufcharakter beides zur Folge: Wir erhalten die Befähigung zum Empfang der andern Sakramente, und anderseits empfängt der Christ da, mit ein Merkmal, das ihn vom Heiden, der den Glauben nicht hat, unterscheidet. Ähnliches lässt sich vom Firm- und Weihecharakter feststellen. Der Firmcharakter waffnet und schult uns gleichsam als Kriegsleute Christi zum öffentlichen Bekenntnis und zur Verteidigung seines Namens sowie gegen den Feind im eigenen Innern und die bösen Geister in der Luft; zugleich bildet der Firmcharakter ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber jenen, die als Neugetaufte gleichsam wie neugeborene Kinder sind. Der Charakter der Priesterweihe aber verleiht die Gewalt, die Sakramente zu vollziehen und auszuspenden und unterscheidet die mit dieser Gewalt Begnadeten von den übrigen Gläubigen. Es ist also an dem Glaubenssatz (Vgl. Conc. Trid. VII can. 9 de sacr.) der Katholischen Kirche festzuhalten, wonach diese drei Sakramente einen Charakter einprägen und somit auch nie wiederholt werden dürfen.

Soweit also über die Sakramente im allgemeinen. 26 Bei der Darlegung dieses Lehrabschnittes soll der Seelsorger vor allem auf zwei Ziele mit aller Kraft hinarbeiten. Erstens sollen sich die Gläubigen klar darüber werden, welch hohe Achtung, ehrwürdige Behandlung und Verehrung diesen göttlichen Himmelsgaben gebührt. Zweitens sollen sie die Sakramente, wie Gott sie in seiner unendlichen Güte zu aller Heil gegeben hat, auch fromm und gewissenhaft gebrauchen. Ja, das Verlangen nach christlicher Vollkommenheit sollte so lebendig in ihnen entbrennen, dass sie es als empfindlichsten Schaden betrachten, wenn sie den so heilsamen Genuss der Sakramente, insbesondere des Sakramentes der Buße und des Altares, längere Zeit entbehren müssen.

Diese beiden Ziele wird der Seelsorger unschwer erreichen können, wenn er die eben behandelten Wahrheiten über den göttlichen Ursprung und den Nutzen der Sakramente öfter den Gläubigen einprägt. Einmal, dass sie von unserm Herrn und Heiland eingesetzt sind, von dem nur das Allerbeste kommen kann. Dann dass bei ihrer Spendung die Gottheit des Heiligen Geistes mit ihrer Allmacht zugegen ist, der dabei unser innerstes Herz durchdringt. Weiter, wie die Sakramente solch wunderbare und unfehlbare Heilkraft für unsre Seele besitzen. Endlich, dass sie die Kanäle sind, die die unendlichen Schätze des Leidens unsres Herrn in uns überleiten. Abschließend weise man dann darauf hin, dass der ganze Bau des Christentums allerdings auf der unerschütterlichen Grundfeste des gottgesetzten Ecksteins beruht, dass er aber wohl sie her zum großen Teil ins Wanken und zum Einsturz käme, wenn nicht die Predigt des Gotteswortes und der Empfang der Sakramente ihn allseits stützten. Denn wie wir durch die Sakramente ins Leben eingeführt werden, so sind sie für uns auch gleichsam die Speise, die uns nährt, die uns erhält und stärkt.

Zweites Kapitel: Vom Sakrament der Taufe

1 Aus den bisherigen Darlegungen über die Sakramente im allgemeinen lässt sich bereits ersehen, wie notwendig für das Verständnis der christlichen Religion und für die Lebensführung des Christen die Kenntnis der Glaubenslehren ist, die die Katholische Kirche über die einzelnen Sakramente uns vorlegt. Die besondere Dringlichkeit jedoch einer möglichst vollkommenen Kenntnis der Taufe ergibt sich zweifellos einem jeden, der nur etwas aufmerksam die Briefe des Apostels liest. Nicht nur, dass er immer wieder an dieses Geheimnis erinnert, er tut es auch in den eindringlichsten, von Gottes Geist erfüllten Worten, spricht von dessen göttlich hoher Bedeutung und stellt uns in ihm den Tod, das Begräbnis und die Auferstehung unsres Erlösers zur Betrachtung wie zur Nachahmung vor Augen.

So soll denn auch der Seelsorger es sich nie genug sein lassen, dieses Sakrament ausgiebig und sorgfältig zu behandeln. 2 Es eignen sich dazu vor allem die Tage, an denen nach altem Herkommen das Taufmysterium ganz besonders das Thema der Unterweisung bilden soll, der Karsamstag und der Samstag vor Pfingsten - an diesen beiden Tagen spendete die Kirche altem Brauch gemäß dieses Sakrament hochfeierlich und unter reichen Zeremonien. Aber auch sonst sollte der Seelsorger die Gelegenheit zu einem Unterricht über diese Glaubenswahrheit fleißig wahrnehmen. Eine solche bietet sich vor allem dann, wenn man sieht, dass sich zu einer Tauffeier viele Gläubige eingefunden haben.

In solchem Fall könnte der Priester viel leichter, wenn auch nicht alles, so doch das eine oder andere zu diesem Sakrament gehörige Kapitel erklären, weil die Gläubigen die eben gehörten Lehren zugleich in den heiligen Taufzeremonien anschaulich dargestellt sehen und infolgedessen dann auch alles mit Andacht und Aufmerksamkeit verfolgen. So würde jeder durch das, was er an jemand anderem geschehen sieht gemahnt, auch an die Verpflichtungen zu denken, die er selber durch das Versprechen bei der Taufe Gott gegenüber eingegangen hat. Und er würde sich seine Gedanken machen, ob er in Handel und Wandel sich auch tatsächlich so benimmt, wie man es von einem Bekenner Christi erwarten muss.

Um die einzelnen Lehrstücke lichtvoll darzulegen, zeige man zuerst Natur und Wesen der Taufe, nicht ohne jedoch zunächst den Namen selbst zu erklären. 3 Der [kirchliche] Ausdruck »Baptismus« ist bekanntlich ein griechisches Wort. In der Heiligen Schrift wird er nicht nur für jene Waschung, die mit dem Sakrament verbunden ist, sondern auch für jede andere Waschung gebraucht. Einige Male erscheint das Wort auch übertragen auf das Leiden [Christi] (Mk 10, 38 f; Lk 12, 50). Bei den kirchlichen Schriftstellern jedoch bezeichnet das Wort nicht jede körperliche Abwaschung, sondern wird nur noch für die sakramentale verwendet, die nie ohne die vorgeschriebene Taufformel gespendet wird. In dieser Bedeutung haben die Apostel nach dem Willen Christi unsres Herrn das Wort sehr oft gebraucht.

4 Die heiligen Väter benützten für die Taufe auch noch andere Bezeichnungen. Der hl. Augustin schreibt an einer Stelle, dass sie »Sakrament des Glaubens« heißt, weil man sich durch ihren Empfang zum Gesamtinhalt des christlichen Glaubens bekennt (Aug. Epist. 98, 9). Andere nannten das Sakrament »die Erleuchtung«, weil der Glaube, den wir in der Taufe bekennen, die Herzen erleuchtet. Auch der Apostel spricht in diesem Sinn: »Denkt an die Vergangenheit, wo ihr nach eurer Erleuchtung einen schweren Leidenskampf bestanden habt« (Hebr 10, 32). Er meint damit die Zeit nach ihrer Taufe. Chrysostomus nennt die Taufe in einer Rede an die Neugetauften einmal »Reinigung« (weil wir durch die Taufe »ausfegen den alten Sauerteig, auf dass wir ein neuer Teig seien« (1 Kor 5, 7), ein andermal »das Begrabenwerden«, »das Eingepflanztwerden«, »das Kreuz Christi«. Alles Bezeichnungen, die er offenbar dem Brief an die Römer entnommen hat. Der hl. Dionysius (De eccl. hier. 2) nennt die Taufe den »Beginn des heiligen Gesetzes«; der Grund ist klar: ist doch das Sakrament der Taufe gleichsam die Tür, durch die wir in die christliche Lebensgemeinschaft eintreten, womit wir den Anfang mit dem Gehorsam gegen Gottes Gesetz machen. Soweit in Kürze die Worterklärung.

5 Als Wesensbestimmung - es ließen sich deren eine ganze Reihe aus den kirchlichen Schriffstellern anführen - dient wohl am besten jene, die sich aus den Worten des Herrn bei Johannes und denen des Apostels an die Epheser ergibt. Unser Erlöser sagt: »Wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, so kann er ins Reich Gottes nicht eingehen« (Joh 3, 5). Und der Apostel, wo er von der Kirche spricht: »Christus hat sie gereinigt, durch das Bad des Wassers im Wort des Lebens« (Eph 5, 26). Hieraus lässt sich die Taufe kurz und gut bestimmen als »das Sakrament der Wiedergeburt durch das Wasser im Worte«. - Von Natur werden wir aus Adam als Kinder des Zorns geboren, durch die Taufe aber werden wir in Christus als Kinder der Erbarmung wieder geboren. Denn Er gab den Menschen »die Gewalt, Kinder Gottes zu werden, jenen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Geblüt, nicht aus dem Begehren des Fleisches, nicht aus dem Begehren des Mannes, sondern aus Gott geboren sind« (Joh 1, 12f).

6 Mag man das Wesen der Taufe so oder anders in Worte fassen, auf jeden Fall ist das Volk darüber zu belehren, dass die Taufe durch Abwaschung vollzogen wird, zu der nach dem Befehl unsres Herrn und Erlösers notwendig bestimmte Weiheworte zu sprechen sind, wie dies die Überlieferung von jeher gelehrt hat. Ganz klar erhellt dies aus dem Wort des hl. Augustin: »Es tritt das Wort zum Element und dieses wird zum Sakrament« (Aug. Tract. in Joh 80, 3). - Man mache darauf besonders eindringlich aufmerksam, damit nicht etwa die Gläubigen irrtümlich meinen (was man wohl manchmal sagen hört), das Wasser, das zur Spendung der Taufe im Taufbrunnen aufbewahrt wird, sei selbst schon das Sakrament. Erst dann kann man vom Taufsakrament sprechen, wenn man das Wasser unter gleichzeitigem Aussprechen der vom Herrn eingesetzten Taufformel tatsächlich zur Abwaschung des Täuflings benutzt.

Es wurde bereits im einleitenden Kapitel über die Sakramente im allgemeinen gesagt, dass jedes Sakrament aus Materie und Form besteht. Nun hat also der Seelsorger zu zeigen, worin diese beiden bei der Taufe bestehen. 7 Materie oder Element dieses Sakraments ist jedes natürliche Wasser, gleichviel ob Meerwasser, Fluss- oder stehendes Wasser, Brunnen- oder Quellwasser, wenn es nur schlechthin ohne Einschränkung als »Wasser« bezeichnet werden kann. Denn so sprach der Erlöser: »Wenn jemand nicht wieder geboren ist aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, kann er in das Reich Gottes nicht eingehen« (Joh 3,5). Der Apostel nennt die Kirche gereinigt im Bad des Wassers (Eph 5, 26). Und im ersten Brief des hl. Johannes heißt es: »Drei sind, die Zeugnis geben auf Erden, der Geist, das Wasser und das Blut« (1 Joh 5,8). Andere Stellen der Heiligen Schrift beweisen dasselbe. - 8 Wenn aber der hl. Johannes der Täufer sagte, es komme der Herr, der »im Heiligen Geist und im Feuer« taufe (Mt 3, 11), so ist dieses Wort sicher nicht von der Materie der Taufe zu verstehen, sondern entweder von dem innersten Wirken des Heiligen Geistes oder aber von dem Wunder, das am Pfingsttag in Erscheinung trat, da der Heilige Geist in Gestalt des Feuers vom Himmel auf die Apostel herabkam (Apg 2, 1). Wovon Christus der Herr an anderer Stelle das Wort gesprochen hatte: »Johannes taufte mit Wasser.- Ihr aber werdet, und zwar nach wenigen Tagen, mit dem Heiligen Geist getauft werden« (Apg 1, 5).

9 Die Taufe wurde übrigens von Gott in Vorbildern und Prophetenworten vorausverkündigt, was ein Blick in die Heilige Schrift uns zeigt. So war die Sintflut nach dem Wort des Apostelfürsten in seinem ersten Brief (1 Petr 3, 19 ff) ein Vorbild des Taufwassers, indem sie reinigend über die Erde hinspülte, weil die Schlechtigkeit der Menschen auf Erden so groß geworden und all ihr Sinnen und Trachten auf Böses gerichtet war. Auch der Durchzug durchs Rote Meer war ein Vorbild für das Taufwasser, wie der hl. Paulus den Korinthern darlegt (1 Kor 10, 1f)! Die Abwaschung des Syrers Naaman (2 Chr 5,14), die wundertätige Kraft des Wassers im Teich Bethesda (Joh 5, 2ff) und manch anderes, in dem sich unschwer ein Vorzeichen dieses Geheimnisses erkennen lässt, sei nur eben erwähnt. - Hinsichtlich der Weissagungen ist zweifellos in jenen Wassern, zu denen der Prophet Isaias so allumfassend alle Dürstenden einlädt (Jes 55, 1), oder die Ezechiel im Geist dem Tempel entströmen sah (Ez 47, 1), zugleich ein Hinweis auf die Heilswasser der Taufe und ein Vorbild gegeben, ebenso wie in dem Quell, den Zacharias dem Haus Davids und den Bewohnern Jerusalems zur Abwaschung aller Schuld und Unreinheit vorausverkündete (Sach 13, 1).

10 Wie sehr gerade die Einsetzung des Wassers als Materie dem Wesen und der Wirksamkeit der Taufe entspricht, zeigt der hl. Hieronymus in einer Reihe von Gründen in seinem Brief an Oceanus. Der Seelsorger kann hinsichtlich dieses Punktes vor allem darauf hinweisen, wie dieses Sakrament allen ohne Ausnahme zur Erlangung des Lebens notwendig ist und wi^e eben deshalb das Wasser sich am besten als Materie eignet, da es ja wohl niemals fehlt und von jedermann leicht beschafft werden kann. Außerdem sinnbildet das Wasser auch sehr gut die Wirkung der Taufe. Denn wie das Wasser den Schmutz abwäscht, so bezeichnet es auch überaus treffend Sinn und Wirksamkeit der Taufe, die die Sündenmakel der Seele tilgt. - Dazu kommt ein drittes: Wasser ist ein sehr geeignetes Mittel, den Körper zu erfrischen; ganz ähnlich löscht die Taufe wenigstens zum großen Teil die Glut der Begierlichkeit.

11 Eins ist noch zu beachten: Es ist zwar auch einfaches Wasser ohne jede Beimischung geeignete Materie für dieses Sakrament, dann nämlich, wenn die Nottaufe gespendet werden muss; wenn jedoch die Taufe unter feierlichen Zeremonien erteilt wird, muss nach einem aus apostolischer Überlieferung stammenden stets gepflegten Gebrauch der Katholischen Kirche dem Wasser auch heiliges Chrisam beigemengt werden, offenbar damit die Wirkung der Taufe dadurch noch klarer angedeutet wird. - Manches Mal mag man vielleicht nicht sicher sein, ob dies oder jenes richtiges Wasser ist, wie es zur Gültigkeit des Sakraments erforderlich ist. Das eine aber ist auf jeden Fall gewiss, so sage man dem Volk, dass die Taufe unmöglich mit einem andern Stoff gültig gespendet werden kann, als einzig und allein mit der Flüssigkeit natürlichen Wassers.

12 Nachdem so von den beiden Wesensbestandteilen der Taufe der erste, die Materie erklärt ist, behandle der Seelsorger ebenso sorgfältig auch den zweiten unbedingt notwendigen Bestandteil, die Form. Hierbei wende er um so mehr Sorgfalt und Eifer an, da die Kenntnis eines so heiligen Geheimnisses nicht bloß an sich schon den Christen große Freude macht (eine Erscheinung, die sich übrigens gewöhnlich einstellt, wenn man über göttliche Dinge neues Wissen empfängt), sondern auch für die Praxis außerordentlich wünschenswert ist. Wie oft kommt ein Christ, besonders Frauen, in die Lage (es wird davon später noch ausführlicher die Rede sein), die Taufe spenden zu müssen. Daher sollen alle Gläubigen beiderlei Geschlechts sich über das Wesentliche bei diesem Sakrament gut und genau auskennen.

13 Der Seelsorger lehre also klar, deutlich und in einer für jedermann leicht verständlichen Art, dass die vollständige, genaue Form der Taufe in folgenden Worten besteht: »Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«. So hat es unser Herr und Heiland vorgeschrieben in seinem Befehl an die Apostel bei Matthäus: »Geht hin und lehret alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes« (Mt 28, 19). Aus dem Wort »taufet« hat die Katholische Kirche unter göttlicher Leitung ganz richtig gefolgert, dass in der Form dieses Sakraments die Tätigkeit des Spenders zum Ausdruck gebracht werden muss. Und das geschieht in den Worten: »Ich taufe«. Außer dem Spender musste aber auch der Empfänger der Taufe sowie deren höchste Wirkursache bezeichnet werden. Deshalb der Beisatz des Fürworts »dich« und die Nennung der einzelnen göttlichen Personen. So ergeben sich als die vollständige Form des Sakraments die eben erläuterten Worte: »Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«. Es wirken eben beim Taufsakrament alle drei Personen der heiligsten Dreieinigkeit mit, nicht nur Gott Sohn, von dem der hl. Johannes schreibt: »Dieser ist's, der tauft« (Joh 1, 33). Außerdem heißt es ,»im Namen« und nicht »in den Namen«, was ganz klar die Einheit der Natur und Gottheit in der Dreieinigkeit zum Ausdruck bringt. Denn das Wort »Namen« bezieht sich hier nicht auf die einzelnen Personen, sondern bezeichnet die göttliche Wesenheit, Wirksamkeit und Allmacht, die in allen drei Personen eine und dieselbe ist.

14 Jedoch sind in dieser Formel, die soeben als die in jeder Beziehung vollständige erwiesen wurde, einige Worte (was wohl zu beachten ist) unbedingt wesentliche Bestandteile, bei deren Unterlassung kein gültiges Sakrament zustande kommen kann, andere hingegen sind nicht ebenso wesentlich, dass das Sakrament im Fall ihrer Unterlassung nicht doch gültig sein könnte. Hierher gehört z. B. [in der lateinischen Formel] das Wort »ego«, das ja der Bedeutung nach im Tätigkeitswort »baptizo« enthalten ist. In den griechischen Kirchen, die eine andere Formel haben, wird es sogar ganz weggelassen, da man dort von der Anschauung ausging, der Spender brauche nicht genannt werden. Daher ist dort die allenthalben gebräuchliche Formel: »Es wird getauft der Diener Christi im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«. Nach Ansicht und Entscheid des Konzils von Florenz (Conc. Flor. decr. pro Arm. 5 2) Apg 2, 38; 8, 12) wird jedoch das Sakrament auch so gültig gespendet; denn diese Worte erklären hinlänglich den Sinn dessen, was das Wesen der Taufe ausmacht, nämlich die Abwaschung, die eben in diesem Augenblick vorgenommen wird.

15 Sollten die Apostel seinerzeit vielleicht auch nur im Namen unsres Herrn Jesus Christus getauft haben (2), so muss für uns doch feststehen, dass sie das sicher nur auf Eingebung des Heiligen Geistes getan haben. Etwa um den Namen Jesu Christi in diesem ersten Entwicklungsstadium der Kirche noch eindrucksvoller zu verkünden und seine göttlich erhabene Macht noch mehr zu verherrlichen. Übrigens wären die vom Heiland selbst vorgeschriebenen Teile der Form auch in diesem Fall vorhanden gewesen, wie eine genauere Betrachtung leicht zeigt; denn wer den Namen Jesus Christus ausspricht, bezeichnet damit zugleich auch die Person des Vaters, der Ihn salbte, und den Heiligen Geist, mit dem Er gesalbt wurde. 16 Jedoch ist es wohl überhaupt zweifelhaft, ob die Apostel je unter dieser Form getauft haben, wenigstens wenn wir uns der Ansicht des Ambrosius und Basilius, dieser beiden heiligen und großen Väter, anschließen (Ambr. De Spir. s. 1, 3; Basil. De Spir. s. 12). Diese haben die Taufe »im Namen Jesu Christi« folgendermaßen erklärt: der besagte Ausdruck bezeichnet im Gegensatz zur Johannestaufe die Taufe, die Christus der Herr eingesetzt hat; im übrigen haben sich die Apostel durchaus an die allgemein gebräuchliche Form gehalten, die den Namen jeder der drei göttlichen Personen enthält. Eine ähnliche Ausdrucksweise scheint ja auch beim hl. Paulus in seinem Brief an die Galater vorzuliegen, wenn er schreibt: »Ihr alle, die ihr in Christus getauft seid, habt Christus angezogen« (Gal 3, 27). Er will damit sagen, sie seien getauft »im Glauben an Christus«, jedoch nicht etwa mit einer andern Formel, als sie unser Herr und Heiland vorgeschrieben hat.

Das dürfte genügen für die Belehrung der Gläubigen über die beiden Wesensbestandteile der Taufe, Materie und Form. 17 Es muss aber beim Vollzug dieses Sakramentes auch die Abwaschung in der richtigen Art vorgenommen werden, und darum muss der Seelsorger auch hierüber die nötige Unterweisung geben. Er erläutere also kurz, wie es in der Kirche allgemein der Brauch sei, dass die Taufe auf eine der nachgenannten drei Arten gespendet werden kann: entweder wird der Täufling im Wasser untergetaucht oder es wird ihm Wasser aufgegossen, oder endlich er wird mit Wasser besprengt. Welche von den drei Arten man auch beobachtet, auf jeden Fall kommt (wie der Glaube lehrt) die Taufe gültig zustande. Das Wasser wird nämlich bei der Taufe angewendet, um die Abwaschung der Seele anzudeuten, die sie bewirkt. Deshalb wurde die Taufe vom Apostel ein »Bad« genannt ���������������(Eph 5, 26; Tit 3, 5). Die Abwaschung aber kann nicht nur durch Eintauchen geschehen (wie wir dies von den ersten Zeiten an lange in der Kirche beobachtet sehen), sondern ebenso gut durch Aufgießen von Wasser (was offenbar jetzt die gewöhnliche Praxis ist), oder auch durch Besprengen mit Wasser (wie es wohl Petrus getan haben mag, als er an einem einzigen Tag dreitausend zum wahren Glauben bekehrte und taufte. 18 Ob eine einmalige oder dreimalige Abwaschung erfolgt, ist nicht von Belang. Tatsächlich wurde die Taufe früher in der Kirche auf beide Arten gespendet und kann auch heute noch in dieser Weise gespendet werden, wie sich aus dem Brief des hl. Gregor d. Gr. an Leander klar genug ergibt. Doch sollen die Gläubigen sich an die Art halten, wie sie ein jeder in seiner Kirche in Gebrauch sieht.

19 Man mache noch besonders darauf aufmerksam, dass die Abwaschung nicht an jedem beliebigen Körperteil, sondern vorzüglich am Haupt vorgenommen werden muss, das der Sitz aller innern und äußern Sinne ist. Und weiterhin, dass der Spender die sakramentale Taufformel zur gleicher Zeit, wo er die Abwaschung vollzieht, aussprechen muss, nicht vorher oder nachher.

Nun erinnere und belehre man die Christen, dass die Taufe wie alle andern Sakramente von Christus dem Herrn eingesetzt worden ist. 20 Darüber soll der Seelsorger öfter sprechen. Zunächst erkläre er, dass hinsichtlich der Taufe zwei Zeitpunkte zu unterscheiden sind: einmal jener der Einsetzung durch den Erlöser und dann der Augenblick, wo Christus das allgemeine Gesetz der Taufverpflichtung gab.

Eingesetzt hat der Herr das Sakrament offenbar damals, als Er selbst sich von Johannes taufen ließ und damit dem Wasser heiligende Kraft verlieh. Der hl. Gregor von Nazianz (Greg. Naz. Or. 38) und der hl. Augustin (vgl. Aug. Serm. 136 in app.) sagen, in diesem Augenblick sei dem Wasser die Kraft mitgeteilt worden. An anderer Stelle schreibt Augustin: »Seit Christus ins Wasser stieg, wäscht das Wasser alle Sünden ab« (vgl. Aug. Serm. 135 in app.). Und wiederum: »Der Herr lässt sich taufen, nicht als ob er der Reinigung bedürfte, sondern sein reiner Leib reinigt durch seine Berührung das Wasser, damit es die Kraft zur Reinigung habe« (Aug. Ebda). Für die Richtigkeit dieser Auffassung musste auch der Umstand sprechen, dass im Augenblick der Taufe Christi die allerheiligste Dreifaltigkeit, in deren Namen die Taufe vollzogen wird, ihre göttliche Gegenwart offenbarte. Denn die Stimme des Vaters ließ sich vernehmen, der Sohn war persönlich zugegen, und der Heilige Geist stieg in Gestalt einer Taube herab. Zudem öffnete sich der Himmel (Mt 3, 16f; Mk 1, 9ff; Lk 3, 21f), in den wir nunmehr durch die Taufe eingehen können. - Wollte freilich jemand nach dem Vorgang fragen, wie dem Wasser vom Herrn solch große übernatürliche Kraft mitgeteilt wurde, so kann man nur sagen, dass dies die menschliche Fassungskraft übersteigt. Das eine aber können wir unschwer verstehen, dass bei der Taufe des Herrn das Wasser durch die Berührung mit seinem allerheiligsten, reinsten Leib geweiht wurde zum heiligenden Zweck der Taufe. Seine Kraft und Wirksamkeit allerdings hat das Sakrament, wenn es auch bereits vor dem Leiden des Herrn eingesetzt wurde, erst aus dem Leiden empfangen, das Ziel und Ende aller Taten Christi war: so lehrt unser Glaube.

21 Auch der zweite Zeitpunkt, wo das allgemeine Taufgesetz gegeben wurde, lässt sich mit Sicherheit angeben. Alle heiligen Lehrer sprechen sich dahin aus, dass dies jener AugenbIick war, wo der Herr nach der Auferstehung den Aposteln den Auftrag gab: »Gehet hin, lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes« (Mt 28, 19). Von diesem Augenblick an erhielt das Gesetz der Taufe für alle, die das ewige Heil erlangen wollen, bindende Kraft. Das zeigt das Wort des Apostelfürsten: » [Gott] hat uns wiedergeboren zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten« (1 Petr 1, 3). Dasselbe lässt sich dem Wort des hl. Paulus entnehmen: »Er hat sich für sie dahin gegeben, um sie zu heiligen (Paulus spricht von der Kirche) indem er sie wusch im Bad des Wassers durch das Wort« (Eph 5, 25 f). Damit scheint Petrus wie Paulus das Taufgesetz in die Zeit nach dem Tod des Herrn zu verlegen. Und so beziehen sich auch die Worte des Erlösers: »Wenn jemand nicht wieder geboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen« (Joh 3, 5) zweifellos auf eben diese Zeit nach dem Leiden.

22 Legt der Seelsorger das eben Gesagte eingehend dar, dann wird den Gläubigen gewiss der überaus hohe Wert dieses Sakraments zum Bewusstsein kommen und sie werden es mit großer Liebe und Hochachtung betrachten, zumal wenn sie erwägen, dass die herrlichen, überreichen Gnadengaben, die bei der Taufe Christi des Herrn durch die wunderbaren Begleiterscheinungen veranschaulicht wurden, jedem Täufling durch das innerliche Wirken des Heiligen Geistes geschenkt werden. Wenn uns wie dem Diener des Elisäus (2 Chr 6, 17) einmal die Augen aufgetan würden und wir die himmlischen Dinge zu sehen vermöchten, dann würde gewiss keiner so alles Gefühles bar sein, dass er nicht in helles Erstaunen geriete über die göttlich großen Geheimnisse der Taufe. Warum sollte aber nicht etwas Ähnliches möglich sein, wenn der Seelsorger die reichen Schätze dieses Sakraments in einer Weise darlegt, dass die Gläubigen sie, wenn auch nicht mit leiblichen, so doch mit dem geistigen, vom Glaubenslicht erleuchteten Auge bewundernd schauen können?

23 Weiterhin ist eine Unterweisung darüber, wer als Spender dieses Sakraments in Betracht kommt, von Nutzen, ja geradezu notwendig. Einmal damit jene, denen dieses Amt in erster Linie anvertraut ist, es auch in heiliger, gewissenhafter Weise versehen. Dann aber auch, damit niemand seine Befugnisse überschreite, indem er sich unschicklicherweise auf ein Gebiet begibt, das ihn nichts angeht, oder sich anmaßend eindränge. Denn in allem soll nach der Mahnung des Apostels die rechte Ordnung eingehalten werden (1 Kor 14, 40).

Man kläre also die Gläubigen auf, dass die Spender eine dreifache StufenfoIge bilden. Auf der ersten stehen die Bischöfe und Priester. Ihnen ist das Amt zu taufen gegeben als ihr eigentliches Recht, nicht als außerordentliche Vollmacht. Sie sind es ja, die in der Person der Apostel vom Herrn den Auftrag erhielten: »Gehet hin und ... taufet«. Allerdings überlassen die Bischöfe, um nicht das noch wichtigere Lehramt vernachlässigen zu müssen, die Spendung der Taufe gewöhnlich den Priestern. Dass die Priester das Recht zu taufen haben (vgl. CIC 738), so zwar, dass sie selbst bei Anwesenheit des Bischofs die Taufe erteilen dürfen, ergibt sich aus der Überlieferung der Väter und der Praxis der Kirche. In der Tat, - wenn sie die Vollmacht zur Feier der Eucharistie haben, die das Sakrament des Friedens und der Einheit ist, so war es auch ganz entsprechend, wenn ihnen die Gewalt gegeben wurde, all das auszuspenden, was notwendig ist, um dieses Friedens, dieser Einheit teilhaft werden zu können. Wenn es manches Mal bei den Vätern heißt, die Priester hätten ohne Erlaubnis des Bischofs nicht das Recht zu taufen, so muss man das wohl von der Taufe verstehen, wie sie an bestimmten Tagen des Jahres unter feierlichen Zeremonien gespendet wurde.

In zweiter Linie kommen als Spender die Diakone in Betracht. Sie dürfen jedoch nicht ohne Bewilligung des Bischofs oder Pfarrers die Taufe spenden (vgl. CIC 741), wie dies aus einer ganzen Reihe von Bestimmungen aus der Väterzeit hervorgeht.

Die letzte Gruppe bilden jene, die im Notfall ohne feierliche Zeremonien taufen können. Dazu gehört nun jedermann, auch der Laie, Mann oder Frau, gleichviel welches Bekenntnisses. Auch der Jude, der Ungläubige, der Irrgläubige, darf im Notfall dieses Amt ausüben, wenn er nur dabei die Absicht hat, zu erreichen, was die Katholische Kirche bei der Spendung erreichen will. Das haben die Väter und Konzilien in einer Reihe von Dekreten bestätigt und das Konzil von Trient belegte schließlich jene mit dem Bann, die da sagen, die Taufe durch einen Häretiker sei ungültig, auch wenn sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes gespendet worden sei, und in der Absicht zu tun, was die Kirche dabei tut (Conc. Trid. VII de bapt. can. 4).

Hier sollen wir wieder einmal die unendliche Güte und Weisheit unseres Herrn so recht bewundern. Da der Empfang dieses Sakraments für jeden notwendig ist, so hat er einerseits als Materie dafür das Wasser bestimmt, das Gebräuchlichste was es gibt, und anderseits keinen Menschen als Spender der Taufe ausgeschlossen. Allerdings darf, wie gesagt, nicht jeder die feierlichen Zeremonien vornehmen. Das sagt aber nicht, dass diesen Riten oder Zeremonien höherer Rang, sondern nur, dass ihnen geringere Notwendigkeit zukommt als dem Sakrament selbst.

24 Doch sollen die Gläubigen nicht denken, die Taufspendung sei so ganz ohne Unterschied jedem erlaubt; es ist vielmehr eine gewisse Rangfolge hinsichtlich der Spender ganz am Platz. So darf die Frau nicht in Gegenwart eines Mannes, der Laie nicht in Gegenwart eines Klerikers, ein Kleriker nicht in Gegenwart eines Priesters die Spendung der Taufe für sich beanspruchen. Gleichwohl ist es nicht zu tadeln, wenn Hebammen, die die Taufe häufig spenden, hin und wieder auch in Gegenwart eines Mannes, der sich jedoch auf die Spendung des Sakramentes nicht so versteht, selbst dieses Amt übernehmen, das sonst freilich mehr Sache des Mannes ist.

25 Zum Spender, der nach dem obigen die Taufe vollzieht, gesellt sich noch eine weitere Art von Helfern, die nach uraltem Brauch der Katholischen Kirche gewöhnlich zur feierlichen Taufe hinzugezogen werden - die Paten, wie sie heute heißen, früher von den kirchlichen Schriftstellern auch Susceptores (d. h. Übernehmer. die den Täufling vom Priester entgegennehmen), Taufzeugen oder Bürgen genannt. Ihren Aufgabenkreis muss der Seelsorger genau behandeln, da dies ja fast alle Laien angeht. Die Christen sollen wissen, was zur guten Ausübung dieses Amtes vor allern nötig ist.

Zunächst erkläre man, warum außer dem Spender des Sakraments auch noch Paten oder Helfer beigezogen werden. Die besondere Berechtigung hierfür wird jedem verständlich, wenn er daran denkt, dass die Taufe die übernatürliche Wiedergeburt ist, durch die wir Kinder Gottes werden. Diese Wiedergeburt meint der hl. Petrus mit den Worten: »Als neugeborne Kinder tragt Verlangen nach der geistigen, lauteren Milch« (1 Petr 2, 2). Wie nun das Kind nach der Geburt Amme und Erzieher braucht, die es aufziehen und in Fertigkeiten und Wissen unterrichten, so muss in ähnlicher Weise auch der im Taufbrunnen zum übernatürlichen Leben Wiedergeborne einem treuen, erfahrenen Führer anvertraut werden, von dem er die Lehren der christlichen Religion kennen lernen und ins ganze christliche Leben eingeführt werden soll, damit er so allmählich in Christus heranwächst, bis er mit Gottes Hilfe endlich zum »vollen Mannesalter« gelangt. Der Pfarrer, dem die Sorge für alle Pfarrkinder obliegt, hat aber nicht so viel Zeit, um jene private religiöse Unterweisung der Täuflinge in die Hand nehmen zu können. Einen Beleg für diesen uralten Brauch haben wir in der Stelle des hl. Dionysius: »Unsre göttlichen Führer (so nennt er die Apostel) gedachten und beschlossen, die Kinder nach diesem hl. Brauch [in die Kirche] aufzunehmen, in der Art, dass die leiblichen Eltern des Kindes es einem in göttlichen Dingen Bewanderten wie einem Erzieher übergeben. Unter seiner Leitung sollte das Kind wie unter einem geistlichen Vater und Schützer seiner geistlichen Wohlfahrt das weitere Leben verbringen« (De eccl. hier. c. 7, 11). Dieselbe Anschauung bestätigt Hyginus (Corpus jur. can. c. 100 Dist. 5 de cons.).

26 Daher denn auch die weise Einrichtung in der hl. Kirche, dass nicht nur der Spender der Taufe mit dem Täufling, sondern auch der Pate mit dem Patenkind und mit dessen leiblichen Eltern in ein VerwandtschaftsverhäItnis tritt. So zwar, dass eine gültige Ehe zwischen ihnen nicht geschlossen werden kann und eine etwa eingegangene Ehe ungültig ist (Nach dem neuen kirchlichen Gesetzbuch besteht das trennende Ehehindernis nur mehr zwischen dem Taufpaten und dem Täufling (sowie dem Taufenden und dem Täufling) CIC 768 vgl. 1079 und 1990).

27 Der Seelsorger muss die Christen nun über die Pflichten des Taufpaten belehren. Wird doch dieses Amt in der Kirche so leicht genommen, dass es nur noch dem Namen nach übriggeblieben ist - von den heiligen Pflichten, die damit verbunden sind, scheint mancher nicht einmal eine Ahnung zu haben. Es sollte jeder, der Taufpate ist, immer daran denken, dass es für ihn oberstes Gesetz ist, sich immerdar seines geistlichen Kindes anzunehmen und in allem, was sich auf christliche Lebensführung bezieht, wohl dafür zu sorgen, dass sein Pflegekind in jeder Lebenslage sich so benimmt, wie er dies einst bei der feierlichen Taufzeremonie versprochen hat. Hören wir, was hierüber der hl. Dionysius schreibt, wenn er die Worte des Paten wiedergibt: »Ich gelobe, das Kind, wem das Verständnis für Heiliges in ihm erwacht ist, eifrig zu mahnen, dass es allem Entgegenstehenden widersagt, und dass es so sein heiliges Versprechen in Wort und Tat erfüllt« (De eccl. hier. c. 7, 11). Ähnlich spricht der hl. Augustin: :»Euch vor allem mahne ich, Männer wie Frauen, die ihr Kinder aus der Taufe gehoben habt, denkt daran, dass ihr vor Gott gutsteht für jene, die ihr vor aller Augen aus der Taufe gehoben habt« (Aug. im Corpus jur. can, c. 105. Dist. 5. de cons.). Es ist doch wahrhaftig Ehrenpflicht für jeden, der ein Amt auf sich nahm, in dessen treuer Erfüllung auch niemals zu ermüden. Und wer einmal öffentlich eines andern Erziehung und Schutz übernommen hat, darf doch jenen, den er einmal unter seine Obhut, unter seinen Schutz genommen, nicht im Stich lassen, solang er ihm seine Hilfe und seinen Schutz vonnöten sieht.

Was die Paten aber ihren geistlichen Kindern beibringen sollen, fasst der hl. Augustin in einem Unterricht über das Patenamt kurz folgendermaßen zusammen: »Sie müssen sie mahnen, die Keuschheit zu bewahren, die Gerechtigkeit zu lieben und die Liebe zu beobachten; sie müssen sie vor allem das Glaubensbekenntnis und das Gebet des Herrn lehren, auch die zehn Gebote und was sonst noch zu den Anfangsgründen der christlichen Glaubenslehre gehört« (Aug. Ebda).

28 Es ist nach obigem klar, welchen Menschenklassen man dieses hl. Schutzamt nicht anvertrauen darf: allen, die es nicht treuausüben wollen oder es nicht eifrig und genau ausüben können. So sind (abgesehen von den leiblichen Eltern, die jenen Helferdienst deshalb nicht übernehmen dürfen, damit der große Unterschied zwischen der leiblichen und der geistlichen Erziehung um so mehr in die Augen springe) vor allem Irrgläubige, Juden und Ungläubige unbedingt von diesem Amt fernzuhalten, da sie ja doch nur immer daran denken, die Glaubenswahrheiten durch Lügen zu verdunkeln und die christliche Frömmigkeit zu vernichten (vgl. CIC 765).

29 Auch sollen es nach der Bestimmung des Konzils von Trient nicht mehrere Taufpaten sein, sondern nur eine Person männlichen oder weiblichen Geschlechts, oder höchstens zwei, ein Mann und eine Frau (Conc. Trid XXIV de ref. matr. 2; CIC 764); einmal weil eine geordnete Erziehung und Unterweisung Schaden leiden könnte, wenn der Lehrmeister zu viele sind; anderseits weil darauf gesehen werden muss, dass nicht mehr Personen als notwendig in die genannten verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander treten, da diese für die weitere Verbreitung der menschlichen Gesellschaft durch rechtmäßige Ehe ein Hindernis bilden würden.

30 Wohl ist all das, was bisher behandelt wurde, für die Christen sehr nützlich zu wissen; das Wichtigste aber ist sicher die Lehre von der pflichtmäßigen Notwendigkeit der Taufe für alle Menschen, wie es der Herr angeordnet hat; so zwar, dass ein Kind, gleichviel ob gläubiger oder ungläubiger Eltern, ohne die Wiedergeburt kraft der Taufgnade nur zum ewigen Unglück und Verderben geboren würde. Der Seelsorger muss daher immer wieder auf die Stelle im Evangelium hinweisen: »Wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen« (Joh 3, 5).

31 Das in diesen Worten ausgesprochene Grundgesetz gilt nicht nur für die Erwachsenen, sondern auch für die Kinder. So hat es die Kirche aus apostolischer Überlieferung gelernt, wie die allgemeine Anschauung und Autorität der Väter bestätigt. Es ist auch ganz unglaubhaft, dass Christus der Herr das Sakrament der Taufe und ihre Gnaden den Kindern habe vorenthalten wollen, Er, der über sie die Worte sprach: »Lasst die Kleinen zu mir kommen und wehret es ihnen nicht, denn ihrer ist das Himmelreich« (Mt 19, 14)! Er, der sie in seine Arme schloss, ihnen die Hände auflegte und sie segnete (Mk 10, 16)! Außerdem: wenn wir lesen, Paulus habe eine ganze Familie getauft (1 Kor 1, 16), so ist doch klar, dass er da auch die Kinder, die zur Familie gehörten, im Bad des Heils gewaschen hat. Auch die Beschneidung, die das Vorbild der Taufe war, legt den Brauch der Kindertaufe nahe. Bekanntlich wurden die Knäblein am achten Tag beschnitten. Wenn nun den Kindern damals die leibliche Beschneidung nützte, die mit der Hand vorgenommen wurde, so wird doch sicherlich die Taufe, die christliche Beschneidung, die nicht mit der Hand vorgenommen wird (KoI 2, 11), den Kindern nicht weniger von Nutzen sein. Endlich lehrt der Apostel: »Kam durch den Sündenfall des Einen um des Einen willen der Tod zur Herrschaft, so werden noch viel mehr jene, die die überströmende Gnadengabe der Rechtfertigung empfingen, durch den Einen Jesus Christus im Leben herrschen« (Röm 5, 17). Da also auch die Kinder durch Adams Schuld die Erbsünde haben, so können sie auch um so mehr durch Christus den Herrn die Gnadengabe der Rechtfertigung erlangen, um im Leben zu herrschen. Das ist aber unmöglich ohne die Taufe.

Der Seelsorger lehre also, dass die Kinder unbedingt zu taufen sind, und dann schon in zarter Jugend stufenweise nach den Vorschriften der christlichen Religion zu einem Leben wahrer Frömmigkeit erzogen werden müssen. Denn der Weise spricht das wahre Wort: »Der Jüngling geht von seinem Weg nicht ab, auch wenn er alt geworden« (Spr 22, 6) 32 Die Kinder empfangen nämlich zweifellos bei der Taufe auch tatsächlich das Sakrament des Glaubens; nicht als ob sie dabei selbst den Glauben erweckten, dafür tritt vielmehr der Glaube der Eltern ein, wenn diese gläubig sind, sonst auf jeden Fall (um mit dem hl. Augustin zu sprechen) (Aug. ep. 98, 5) der Glaube der ganzen Gemeinschaft der Heiligen. Denn man kann mit Recht sagen, dass die Kinder von all denen zur Taufe gebracht werden, die sie gerne zur Taufe gebracht sehen und die durch ihre Liebe zur Eingliederung des Täuflings in die Gemeinschaft des Heiligen Geistes mitwirken.

33 Die Gläubigen sind jedoch eindringlich zu mahnen, dass sie ihre Kinder zur Kirche bringen müssen, so bald dies ohne Gefahr geschehen kann, damit sie dort feierlich die Taufe empfangen (CIC 770). Denn die einzige Möglichkeit zum Heil zu gelangen, ist für das Kind die Spendung der Taufe, und somit fällt, wie leicht ersichtlich, schwere Schuld auf jene, die das Kind länger als unbedingt notwendig ohne die Gnade des Sakramentes dahinleben lassen, zumal bei der kindlichen Schwäche dem jungen Leben eine solche Unzahl von Gefahren droht.

34 Anders ist das Vorgehen, das nach alter kirchlicher Gepflogenheit bei Erwachsenen und bei solchen, die den vollen Gebrauch der Vernunft erlangt haben, beobachtet werden muss, soweit sie nämlich von Ungläubigen abstammen. Ihnen ist zuerst der christliche Glaubensinhalt vorzulegen und zugleich müssen sie aufgefordert und in liebenswürdiger Weise eingeladen werden, den Glauben anzunehmen. Zeigen sie den Willen, sich zu ihrem Herrn und Gott zu bekehren, dann muss man sie mahnen, die Taufe nicht über die von der Kirche bestimmte Frist hinaus zu verschieben. Denn die Heilige Schrift sagt: »Zögere nicht, dich zum Herrn zu bekehren und verschieb es nicht von einem Tag zum andern« (Sir 5, 8)! So sage man ihnen denn, dass erst die Taufe mit ihrer Wiedergeburt der Schlussstein der Bekehrung ist. Außerdem: Je später sie zur Taufe kommen, um so länger müssen sie die übrigen Sakramente der christlichen Religion mit ihren Gnaden entbehren, da es ja ohne Taufe keinen Zugang zu ihnen gibt. Endlich bleiben sie so auch der unschätzbar köstlichen Frucht beraubt, die wir in der Taufe empfangen, indem der Taufquell nicht nur allen früheren Sündenschmutz und -makel vollständig abwäscht und wegnimmt, sondern außerdem uns noch mit der göttlichen Gnade schmückt, mit deren Hilfe wir fortan die Sünde meiden und die Heiligkeit und Unschuld bewahren können - und das ist ja mit einem Wort der Inhalt des ganzen christlichen Lebens.

35 Trotzdem spendet die Kirche solchen Taufbewerbern gewöhnlich noch nicht gleich das Sakrament, sie setzte vielmehr fest, dass es ihnen eine bestimmte Zeitlang aufgeschoben werden muss. Dieser Aufschub hat ja beim Erwachsenen keine solche Gefahr im Gefolge, wie dies bei den Kindern der Fall ist. Denn für jene, die den Gebrauch der Vernunft erlangt haben, genügt der Vorsatz und die Absicht der Taufe verbunden mit der Reue über die Sünden ihres früheren Lebens zur Erlangung der Rechtfertigungsgnade, falls ein unvorhergesehenes Ereignis den Empfang des heiligenden Bades unmöglich machen sollte. - Auf der andern Seite bringt dieser Aufschub mancherlei Nutzen. Einmal hat die Kirche die Pflicht, sorglich darauf zu achten, dass niemand etwa aus Verstellung und Heuchelei dies Sakrament empfange, und darum wird die Absicht der Taufbewerber in dieser Weise noch besser geprüft und durchschaut. Dies ist der Grund, weshalb wir in alten Konzilsbeschlüssen die Verordnung lesen, die Juden müssten beim Übertritt zum katholischen Glauben erst einige Monate Katechumenat durchmachen, bevor ihnen die Taufe gespendet würde. Außerdem werden die Taufkandidaten in dem Glauben, den sie fortan bekennen sollen, und in der christlichen Lebensführung noch besser ausgebildet. Weiterhin gibt es dem Sakrament eine besondere religiöse Weihe, wenn die Taufbewerber nur an bestimmten Tagen, an Ostern und Pfingsten, unter feierlichen Zeremonien die Taufe empfangen.

36 Zuweilen jedoch darf man die Spendung der Taufe doch nicht aufschieben aus gewissen berechtigten und triftigen Gründen, z. B. bei drohender Lebensgefahr und besonders dann, wenn es sich um Täuflinge handelt, die die Glaubensgeheimnisse schon ganz in sich aufgenommen haben. So handelte bekanntlich Philippus und der Apostelfürst: der eine taufte den Kämmerer der Königin Kandake, der andere Cornelius und zwar ohne jeden Aufschub, sofort nachdem diese das Bekenntnis ausgesprochen hatten, dass sie den Glauben annähmen (Apg 8, 36 f; 10,47 f ).

37 Nun muss man auch darlegen und dem Volk erklären, welche Herzensverfassung die Taufbewerber mitbringen müssen. Erstes Erfordernis ist der Wille und Vorsatz, die Taufe zu empfangen. Denn in der Taufe stirbt man der Sünde ab und beginnt ein neues Leben. Daher ist es nicht mehr als billig, dass die Taufe niemand gegen seinen Willen oder trotz seines Sträubens gespendet werde, sondern nur denen, die sie willig und gern empfangen. Daher auch der alte, auf heiliger Überlieferung gründende Brauch, dass jeder, dem die Taufe erteilt werden soll, vorher gefragt werde, ob er getauft werden will. Bei unmündigen Kindern darf man diesen Wunsch voraussetzen, da der Wille der Kirche, die für sie eintritt, klar zutage liegt.

[Fortsetzung folgt]